Aktenzeichen 9 ZB 17.429
TierSchG § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 lit. f, § 2 Nr. 1
TierSchG aF § 21 Abs. 5 S. 1, § 11 Abs. 2a S. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
Leitsatz
1. Die Erlaubnispflicht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchst. f TierSchG soll nach der Intention des Gesetzgebers sicherstellen, dass Personen, die gewerblich Hunde ausbilden oder die Ausbildung der Hunde durch den Tierhalter anleiten, die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten haben, weil sich Fehler bei der Ausbildung oder Erziehung von Hunden auf das Wohlergehen der Tiere auswirken können. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Einführung eines normativ nicht vorgesehenen Impfgebots im Zusammenhang mit der Führung des Sachkundenachweises für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Hundeschule überschreitet das mit dem Erlaubnisverfahren verfolgte gesetzgeberische Ziel. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
3. Den Verantwortlichen einer Hundeschule trifft das tierschutzrechtliche Pflegegebot nur im Umfang der von ihm ausgeübten erlaubnispflichtigen Tätigkeit. Die Impfung der auszubildenden Hunde ist hiervon ebenso wenig erfasst wie deren Überwachung. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 10 K 15.338 2016-12-19 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Die Berufung wird zugelassen.
II. Der Streitwert wird vorläufig auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 2. Februar 2015 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9. Oktober 2015 die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchst. f TierSchG für die gewerbsmäßige Ausbildung von Hunden oder die Anleitung der Ausbildung durch den Tierhalter erteilt. Unter Nr. 2.3 wurde die Auflage festgelegt, dass am Gruppenunterricht nur Hunde teilnehmen dürfen, die über bestimmte Impfungen verfügen; das Vorliegen des Impfschutzes sei zu dokumentieren. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage, die sich zuletzt nur mehr gegen diese Auflage richtete, in der Sache abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Klägerin.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Dezember 2016 ist zuzulassen, weil ernstliche Zweifel an dessen Richtigkeit dargelegt wurden und bestehen, § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 und 5 VwGO.
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht zunächst davon aus, dass die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Ausbildung von Hunden nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchst. f TierSchG unter Befristungen, Bedingungen und Auflagen erteilt werden kann, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist (vgl. § 21 Abs. 5 Satz 1 TierSchG i.V.m. § 11 Abs. 2a Satz 1 TierSchG in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung – im Folgenden TierSchG a.F.).
Nicht zutreffend dürfte aber aller Voraussicht nach die Auffassung des Verwaltungsgerichts sein, dass die in Rede stehende Auflage (vgl. Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG) zum Schutz der Tiere erforderlich und verhältnismäßig ist. Die Erlaubnispflicht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchst. f TierSchG soll nach der Intention des Gesetzgebers sicherstellen, dass Personen, die gewerblich Hunde ausbilden oder die Ausbildung der Hunde durch den Tierhalter anleiten, die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten haben, weil sich Fehler bei der Ausbildung oder Erziehung von Hunden auf das Wohlergehen der Tiere auswirken können (vgl. BT-Drs. 17/11811 S. 29). Dass auf der Ebene des Erlaubnisverfahrens, insbesondere zur Führung des Sachkundenachweises für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Hundeschule, gleichsam ein Impfgebot eingefordert wird, das normativ nicht vorgesehen ist, überschreitet dieses gesetzgeberische Ziel.
Auch wenn die Gesundheitsvorsorge durch Impfungen Bestandteil des in § 2 Nr. 1 TierSchG enthaltenen Pflegegebots und damit Grundlage für einzelfallbezogene behördliche Anordnungen sein kann, dürfen bei der Festlegung von Auflagen nach § 11 Abs. 2a TierSchG a.F. die Erlaubnisvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 TierSchG a.F. nicht aus dem Blick geraten. Dies sind die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten der für die Tätigkeit verantwortlichen Person (Nr. 1), deren Zuverlässigkeit (Nr.2) sowie Anforderungen an die der Tätigkeit dienenden Räume und Einrichtungen (Nr. 3; Nr. 4 ist nicht einschlägig). Weitergehende Anforderungen mögen im Einzelfall gerechtfertigt sein. Allein aus dem ggf. sogar bestimmungsgemäßen Aufeinandertreffen von Hunden folgt aber ebenso wenig ein Vorsorgegebot oder eine Vermeidungspflicht des Betreibers bzw. Verantwortlichen einer Hundeschule hinsichtlich Ansteckungen, zu denen es kommen kann, weil die Halter ihre Hunde nicht haben impfen lassen, wie bei sonstigen nicht vom Erlaubnisvorbehalt des § 11 Abs. 1 TierSchG erfassten gewerblichen und nichtgewerblichen Tätigkeiten. Insbesondere trifft den Verantwortlichen einer Hundeschule das Pflegegebot des § 2 Nr. 1 TierSchG nur im Umfang der von ihm ausgeübten erlaubnispflichtigen Tätigkeit. Die Impfung der auszubildenden Hunde ist hiervon ebenso wenig erfasst wie deren Überwachung.
Ob aus der vom Verwaltungsgericht geprüften und bejahten Verhältnismäßigkeit der Auflage geschlossen werden kann, dass die Ermessensausübung der Beklagten nach § 114 Satz 1 VwGO überprüft wurde, erscheint zumindest fraglich. Nach § 11 Abs. 2a TierschG a.F. „kann“ die Erlaubnis unter Auflagen erteilt werden. Weder der Bescheid vom 2. Februar 2015 noch der Änderungsbescheid vom 9. Oktober 2015 enthalten Ausführungen hierzu.