Aktenzeichen 7 BV 15.1956
Leitsatz
Der Rundfunkbeitrag im privaten Bereich ist vom Wohnungsinhaber auch dann zu entrichten, wenn sich in der Wohnung eine beitragspflichtige Betriebsstätte (Rechtsanwaltskanzlei) befindet. (amtlicher Leitsatz)
Verfahrensgang
6a K 15.409 2015-07-17 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils (§ 130b Satz 2 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren zu bemerken:
a) Für die gerichtliche Entscheidung ist unerheblich, ob das vom Kläger in der Maisonette-Wohnung bewohnte Zimmer als Wohnung im Sinn des § 3 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2011 (GVBl S. 258; BayRS 2251S) anzusehen ist oder nicht. Denn zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Maisonette-Wohnung selbst sämtliche Kriterien des gesetzlichen Wohnungsbegriffs erfüllt (§ 3 Abs. 1 RBStV). Der Kläger wohnt – ebenfalls unstreitig – in einem der Zimmer der Maisonette-Wohnung und ist dort nach dem Melderecht gemeldet. Es gibt deshalb keinen Zweifel daran, dass er als Wohnungsinhaber und Beitragsschuldner den Rundfunkbeitrag im privaten Bereich (§ 2 Abs. 1 und 2 RBStV) zu entrichten hat.
b) Auf den Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers für die Maisonette-Wohnung – aufgrund der Nutzung der sonstigen Räumlichkeiten der MaisonetteWohnung als Rechtsanwaltskanzlei – einen Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 RBStV (Betriebsstättenbeitrag) zu zahlen hat, kommt es vorliegend ebenfalls nicht an. Der Rundfunkbeitrag im privaten Bereich ist vom Wohnungsinhaber auch dann zu entrichten, wenn sich in der Wohnung eine beitragspflichtige Betriebsstätte (Rechtsanwaltskanzlei) befindet. Denn entgegen der Ansicht des Klägers entspricht es nicht dem Willen des Gesetzgebers, den Rundfunkbeitrag im privaten Bereich (für eine Wohnung) dann entfallen zu lassen, wenn – aufgrund der gleichzeitigen Nutzung der Wohnung als Betriebsstätte – zugleich ein Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich zu entrichten ist.
Zwar hat der Gesetzgeber geregelt, dass ein Betriebsstättenbeitrag nach § 5 Abs. 1 RBStV nicht zu zahlen ist für Betriebsstätten, die sich innerhalb einer beitragspflichtigen Wohnung befinden, für die bereits ein Rundfunkbeitrag entrichtet wird (§ 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV). Dieser begünstigende Tatbestand kommt jedoch nicht dem Kläger, sondern lediglich seinem Prozessbevollmächtigten zugute und diesem auch erst dann, wenn tatsächlich für die Wohnung der streitgegenständliche Rundfunkbeitrag im privaten Bereich entrichtet wird. Nach der Grundkonzeption des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags ist im privaten Bereich für jede Wohnung vom Wohnungsinhaber der Rundfunkbeitrag zu entrichten (§ 2 Abs. 1 RBStV). Dass diese Beitragspflicht nicht deshalb entfällt, weil in Bezug auf dieselbe Raumeinheit wegen der Nutzung als Betriebsstätte ein Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich zu entrichten ist (für eine Betriebsstätte mit keinem oder bis acht Beschäftigten beträgt der zu entrichtende Beitrag nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 RBStV ohnehin lediglich ein Drittel des Rundfunkbeitrags), entspricht auch dem Anliegen des Gesetzgebers, neben dem privaten Bereich auch den nicht privaten („unternehmerischen“) Bereich an der Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks zu beteiligen, weil beide Bereiche vom Programmangebot des öffentlichrechtlichen Rundfunks profitieren (vgl. z. B. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12 u. a. – NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723; BayVGH, U.v. 30.10.2015 – 7 BV 15.344 – DVBl 2016, 120).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
3. Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung
Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 321,66 Euro festgesetzt.
(§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG)