Verwaltungsrecht

Dienstliche Beurteilung 2018 (… 2015 bis … 2018), Konrektorin, Konflikt mit Schulleiter, Verwendungseignung Rektorin

Aktenzeichen  M 5 K 19.2143

Datum:
17.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 29659
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LlbG Art. 54 ff.

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Es bestehen bereits erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage, da fraglich ist, ob das Rechtsschutzbedürfnis noch gegeben ist. Denn möglicherweise besteht das Beamtenverhältnis der Klägerin nicht mehr.
Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn die angegriffene dienstliche Beurteilung ihre rechtliche Zweckbestimmung verliert, Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen zu sein (BVerwG, U.v. 28.8.1986 – 2 C 26/84 – ZBR 1987, 44, juris Rn. 10; U.v. 13.6.1985 – 2 C 6/83 – ZBR 1985, 347, juris Rn. 16; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Auflage 2020, § 11 Rn. 66). Dies wird unter anderem dann angenommen, wenn der beurteilte Beamte in den Ruhestand getreten, wenn er bestandskräftig entlassen worden ist oder bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr befördert werden darf. In diesen Fällen kann die dienstliche Beurteilung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt noch als Grundlage einer künftigen, die Beamtenlaufbahn des Beurteilten betreffenden Personalentscheidung dienen (Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Auflage 2020, § 11 Rn. 66).
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, nicht mehr als Lehrerin, sondern nun als angestellte Professorin zu arbeiten. Möglicherweise besteht das Beamtenverhältnis der Klägerin daher nicht mehr. Das Gericht hat zu den genauen Umständen jedoch keine weiteren Erkenntnisse.
2. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, da die Klage im Übrigen auch unbegründet ist.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung ihrer periodischen Beurteilung vom … Januar 2019 für den Beurteilungszeitraum vom … Januar 2015 bis … Dezember 2018 sowie des Widerspruchsbescheids vom … April 2019 und Erstellung einer neuen periodischen Beurteilung mit dem Gesamtergebnis „Leistung, die die Anforderungen übersteigt (UB) sowie der Zuerkennung der Verwendungseignung als Rektorin. Auch der Anspruch auf Erstellung einer neuen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts besteht nicht. Denn die angefochtene Beurteilung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO analog, da eine dienstliche Beurteilung keinen Verwaltungsakt darstellt).
a) Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind (BVerwG, U.v. 13.5.1965 – 2 C 146.62 – BVerwGE 21, 127/129; U.v. 26.6.1980 – 2 C 8/78 – BVerwGE 60, 245 ständige Rechtsprechung).
Nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherrn zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu.
Demgegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Beurteiler den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.
Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (BVerwG, U.v. 11.1.1999 – 2 A 6/98 – ZBR 2000, 269).
Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, U.v. 26.6.1980, a.a.O.).
Innerhalb des durch die Art. 54 ff. Gesetz über die Leistungslaufbahn und die Fachlaubahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG) gezogenen Rahmens unterliegt es grundsätzlich dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wie er die ihm aufgegebene, für zukünftige Personalentscheidungen verwertbare Aussage zu den einzelnen Beurteilungsmerkmalen gestalten und begründen und worauf er im einzelnen sein Gesamturteil stützen will (BVerwG, U.v. 17.12.1981 – 2 C 69/81 – BayVBl 1982, 348). Tatsächliche Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, sind nicht notwendig in die dienstliche Beurteilung aufzunehmen (BVerwG, U.v. vom 16.10.1967 – VI C 44.64 – Buchholz 232, § 15 BBG Nr. 1; U.v. 26.6.1980, a.a.O.). Der Dienstherr kann einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung des Beamten für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten verschiedenen Möglichkeiten, über die Eignung und Leistung des Beamten ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form miteinander verwenden bzw. miteinander verbinden. Alle diese Gestaltungsformen einer dienstlichen Beurteilung halten sich in dem von den Laufbahnvorschriften vorgezeichneten rechtlichen Rahmen (vgl. BayVGH, U.v. 23.5.1990 – 3 B 89.02832 m.w.N.; vgl. zum Ganzen auch: VG München, U.v. 11.1.2017 – M 5 K 16.2729 – juris Rn. 15).
Maßgebend ist, welches Beurteilungssystem und welche Regelungen zum Beurteilungsstichtag gegolten haben (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – NVwZ-RR 2000, 621 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 14.2.1990 – 1 WB 181/88 – BVerwGE 86, 240).
b) Zugrunde zu legen sind hier Art. 54 ff. LlbG, die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen v. 18.11.2010 – VV-BeamtR, Abschnitt 3: Dienstliche Beurteilung – allgemeine Beurteilungsrichtlinien), sowie die Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte sowie der Schulleiterinnen und Schulleiter an Schulen in Bayern (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 7. September 2011 in der Fassung vom 15. Juli 2015 [KWMBl S. 306] – nachfolgend: Richtlinien).
c) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene dienstliche Beurteilung vom … Januar 2019 rechtlich nicht zu beanstanden.
Zur Begründung wird vollumfänglich auf den ausführlich begründeten Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 4. April 2019 verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend wird ausgeführt:
Der Zeuge M. – an dessen Glaubwürdigkeit das Gericht keinen Anlass zu Zweifeln sieht – hat in der mündlichen Verhandlung seine Vorgehensweise bei der Erstellung der Beurteilung der Klägerin plausibel und nachvollziehbar dargestellt. Seine Angaben plausibilisieren das Gesamturteil „VE“ sowie die Nichtvergabe der Verwendungseignung als Rektorin. So hat der Zeuge insbesondere dargelegt, dass die Klägerin eloquent und sicher auftrete, ein gutes Organisationstalent habe und strukturiert arbeiten könne. Die Klägerin sei im Beurteilungszeitraum befördert worden, daher sei das vergebene Gesamtergebnis äquivalent zu dem Gesamtergebnis der Anlassbeurteilung 2017. Eine „Herabstufung“ habe gerade nicht stattgefunden. Aufgrund von wiederholten Problemen im kommunikativen und sozialen Bereich mit zwei verschiedenen Schulleitungen, habe die Verwendungseignung nicht mehr vergeben werden können. Diesbezüglich hat der Zeuge plausibel und nachvollziehbar ausgeführt, wie mit den beiden Konflikten an den zwei Schulen umgegangen worden ist und inwiefern das in die Beurteilung miteingeflossen ist. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
Soweit der Klägerbevollmächtigte einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens, der Anhörungsgrundsätze sowie ein einseitiges Vorgehen rügt, kann er damit nicht durchdringen. Zum Einen legen die Verwaltungsakten dar, dass auch die Klägerin ausführlich zu dem Konflikt angehört worden ist (Gespräch mit dem Schulamt vom … Juli 2018) und es umfassende Bemühungen gegeben hat, den Konflikt zu lösen (u.a. Schlichtungsverfahren). Zum Anderen obliegt die Einwertung und Gewichtung dieses Konflikts in die dienstliche Beurteilung allein dem zuständigen Beurteiler. Der Zeuge M. hat in der mündlichen Verhandlung plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass sowohl die Stellungnahme des Schulleiters F. als auch die Probleme mit der Schulleiterin W. in die Beurteilung eingeflossen seien. Er habe das abgewogen. Wesentlich sei für ihn gewesen, dass es die gleichen Probleme mit den beiden Schulleitern gegeben habe, obwohl beide völlig unterschiedliche Charaktere seien. Er sei daher zu dem Schluss gekommen, dass die Ursache bei der Klägerin liege. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Wenn der Klägerbevollmächtigte meint, dass die Bewertung der als positiv hervorgehobenen Eigenschaften der Klägerin als negativ widersprüchlich sei, kann dem nicht gefolgt werden. Widersprüche in der Bewertung sind entgegen der Ansicht des Klägervertreters nicht erkennbar. Der Zeuge M. hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die Klägerin eloquent und sicher auftrete, gut organisieren könne und den Schulleiter während dessen Krankheitszeiten gut vertreten habe. Diese positive Bewertung zeigt, dass er grundsätzlich mit den Leistungen der Klägerin zufrieden ist. Darüber hinaus ist der Klägerin jedoch im Umgang mit dem Konflikt eine fehlende Sozial- und Kommunikationskompetenz bescheinigt worden. Es ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, wenn diese Kompetenzen als wesentlich für die Position eines Rektors angesehen werden und der Klägerin daher die Verwendungseignung nicht zugesprochen wurde.
Dies gilt auch für den weiteren Einwand, wonach für die Verwendungseignung „Rektor“ ein falscher Beurteilungsmaßstab angelegt worden sei durch Hervorhebung der Konflikte im Verhältnis zwischen Konrektorin und Rektor. Die Verwendungseignung stellt eine Prognose für eine künftige Verwendung dar. Grundlage für die Prognose ist naturgemäß das bisherige Verhalten, hier als Konrektorin. Der Klägerin ist im Umgang mit dem Konflikt eine fehlende Sozial- und Kommunikationskompetenz bescheinigt worden. Selbst wenn sich als Rektorin die Probleme im ÜberUnterordnungsverhältnis nicht mehr in der Form stellen würden, wie es in der Position als Konrektorin der Fall war, ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, wenn aus dem Verhalten als Konrektorin Rückschlüsse gezogen werden und die Kommunikations- und Sozialkompetenz allgemein als wesentliche Kompetenz für einen Rektor angesehen wird.
Schließlich steht auch die faktische Bestätigung der Verwendungseignung im vertretungsweisen Einsatz als Schulleiterin nicht im Widerspruch zur Aberkennung der Verwendungseignung. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Beurteiler darlegt, dass die Klägerin die Aufgaben als Konrektorin und insbesondere die Vertretung des Schulleiters gut erledigt habe, es aber in der Zusammenarbeit mit der Schulleitung Probleme gegeben habe, die auf eine mangelnde Kommunikations- und Sozialkompetenz hingewiesen hätten. Wie oben bereits dargelegt, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn diese Kompetenzen als wesentlich für die Position eines Rektors angesehen werden und der Klägerin daher die Verwendungseignung nicht zugesprochen wurde.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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