Aktenzeichen 3 ZB 20.1834
GG Art. 3, Art. 33 Abs. 2
Leitsatz
1. Im Fall einer Auswahl unter Bewerbern um einen im Wege der ämtergleichen Umsetzung zu besetzenden Dienstposten kann sich ein Beamter grundsätzlich nicht auf die Garantien eines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG berufen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Kann dem Kläger der geltend gemachte Anspruch offensichtlich und eindeutig nicht zustehen, so fehlt es an der Klagebefugnis. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die bloße Verweisung auf die erstinstanzliche Klagebegründung genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RO 1 K 17.2208 2020-07-01 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der allein auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die darauf gerichtet war, den Beklagten zu verurteilen, über die am 26. Oktober 2017 für die Dienststelle Regensburg ausgeschriebene Sachgebietsleiterfunktion (Regierungsrat/Regierungsrätin mit Einstieg in der dritten Qualifikationsebene bzw. mit Ausbildungsqualifizierung oder modularen Qualifikation nach Besoldungsgruppe A 10 im fachlichen Schwerpunkt Steuern) im Dienstzweig Steuerfahndung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, mangels Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO als unzulässig abgewiesen. Als Umsetzungsbewerber könne sich der als Regierungsrat (Besoldungsgruppe A 13) im Dienstzweig Steuerfahndung beim Finanzamt Regensburg tätige Kläger nicht auf den Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG berufen. Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
1.1. Es fehlt an der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO), da dem Kläger ein Bewerbungsverfahrensanspruch offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise zustehen kann (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 28.2.1997 – 1 C 29.95 – juris Rn. 18). Im Fall einer Auswahl unter Bewerbern um einen – wie hier – im Wege der ämtergleichen Umsetzung zu besetzenden Dienstposten kann sich ein Beamter grundsätzlich nicht auf die Garantien eines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG berufen (BVerwG, B.v. 12.7.2018 – 2 B 13.18 – juris Rn. 4; U.v. 19.11.2015 – 2 A 6.13 – juris Rn. 15 ff.; U.v. 28.10.2004 – 2 C 23.03 – juris Rn. 21). Entgegen der Zulassungsbegründung bezieht sich die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf Auswahlentscheidungen des Dienstherrn für die ämtergleiche Besetzung eines Dienstpostens. Der strittige Dienstposten stellt im Verhältnis zu dem vom Kläger und Beigeladenen inne gehabten Dienstposten keine höherwertige Verwendung dar. Sowohl der gegenwärtige Dienstposten des Klägers und des Beigeladenen als auch der von ihnen angestrebte strittige Dienstposten sind besoldungsrechtlich nach Besoldungsgruppe A 13 bewertet. Soweit der Kläger in seiner Zulassungsbegründung vom 29. Oktober 2020 meint, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. November 2015 (1 A 6.13 – juris) sei mit dem vorliegenden Fall unter anderem deshalb nicht vergleichbar, weil hier wegen der völlig anderen Dienstposten (Sachbearbeiter zum einen, Führungskraft zum anderen) keine „ämtergleiche Umsetzung“ vorliege, verkennt er, dass es allein auf die Frage des Amts im statusrechtlichen Sinne bzw. im abstrakt-funktionellen Sinne ankommt und nicht auf den jeweiligen Dienstposten.
1.2 Die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls, in dem die Maßgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreifen, sind nicht erfüllt. Woraus der Kläger den Schluss zieht, die Ausschreibung vom 26. Oktober 2017 sei sowohl an Umsetzungs-/Versetzungsbewerber als auch an Beförderungsbewerber gerichtet gewesen, legt die Zulassungsbegründung vom 16. September 2020 schon nicht substantiiert dar. Ihr gelingt es damit nicht ernsthafte Zweifel an der Feststellung des Verwaltungsgerichts zu begründen, dass der Stellenausschreibung in der Gesamtschau unter Berücksichtigung des Auswahlvermerks (v. 21.11.2017), der Negativmitteilung (v. 6.12.2017) und den Auswahl- und Beförderungsgrundsätzen für die Beamten und Beamtinnen im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat (im Folgenden: Beförderungsgrundsätze) keine freiwillige Unterwerfung des Dienstherrn unter den Grundsatz der Bestenauslese zu entnehmen sei. Die bloße Verweisung auf die erstinstanzliche Klagebegründung genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Aber auch die in der Erläuterung der Zulassungsbegründung (Schriftsatz v. 29.10.2020) angeführte Formulierung in der Stellenausschreibung: „Bei den Sachgebietsleitungsfunktionen steht zum Ablauf der vorgeschriebenen Bewährungszeit jeweils eine Planstelle der BesGr A 13 zur Verfügung“, ist kein hinreichender Beleg dafür, dass die Ausschreibung auch an Beförderungsbewerber gerichtet gewesen wäre. Denn damit wird per se lediglich die Wertigkeit des zu besetzenden Dienstpostens erläutert. Die Bewährungszeit nimmt auf die Ausübung der Sachgebietsleitungsfunktion Bezug und kann damit nicht allein als Beförderungsvoraussetzung verstanden werden. Ebenso wenig reicht es aus, dass die Ausschreibung gleichzeitig auch für die Dienststellen München und Landshut erfolgt ist und sich für die Stelle in der Dienststelle Landshut ein Bewerber der Besoldungsgruppe A 12 beworben hat. Denn auf den konkreten Bewerberkreis hat der Dienstherr keinen Einfluss, so dass dieses Kriterium nicht maßgeblich für die Beurteilung herangezogen werden kann, ob sich der Dienstherr dem Leistungsgrundsatz freiwillig unterworfen hat.
Nichts anderes folgt aus der in der Ausschreibung erwähnten Verfügung des Landesamtes für Steuern vom 22. Oktober 2012 über die künftige Besetzung von Sachgebietsleitungsfunktionen bzw. von Planstellen der Besoldungsgruppe A 13 und A 12 (im Folgenden: Verfügung vom 22.10.2012; VG-Akte RO 1 E 17.2207, S. 49 ff.). Darin heißt es (unter 4. S. 6): „Beförderungen in die Besoldungsgruppen A 13 und A 12 bzw. Sachgebietsleitungsbesetzungen erfolgen nach dem Leistungsprinzip“ (Hervorhebung nicht im Original). Diese Formulierung hat rein deklaratorischen Charakter, da sie lediglich auf den Grundfall einer Ausschreibung abstellt, in der die Bewerberinnen und Bewerber eine Statusveränderung anstreben. Dass unter das Leistungsprinzip nur Sachgebietsleiterbesetzungen im Rahmen einer Beförderungsauswahl fallen sollen, ergibt sich auch aus dem Folgesatz, demzufolge für die Auswahlentscheidung die Reihung der „Beförderungskandidaten/innen“ auf Grundlage der Auswahl- und Beförderungsgrundsätze des Staatsministeriums entscheidend sei (vgl. UA S. 18). Die Zulassungsbegründung setzt sich mit dieser Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht auseinander. Ziffer 4 der Verfügung vom 22. Oktober 2012 befasst sich – wie eingangs des Abschnitts deutlich wird – mit allgemeinen Regelungen zum Ausschreibungsverfahren von „Beförderungsdienstposten“, wohingegen Ziffer 5 die „Berücksichtigung von Versetzungsanträgen im gebundenen Bereich (Besoldungsgruppe A 13 bzw. A 12)“ zum Gegenstand hat.
Mit der Rüge, der Beigeladene habe zum Zeitpunkt, „ab“ dem die ausgeschriebene Stelle der Sachgebietsleitung besetzbar war (1.3.2018; vgl. Ausschreibung v. 26.10.2017), seine vorgeschriebene zweijährige Mindestverweildauer noch nicht erfüllt (vgl. Ziffer 5 der Verfügung v. 22.10.2012; LT-Drs. 11/12593), weil er erst zum 26. April 2016 an das Finanzamt L. abgeordnet worden ist, vermag der Kläger bereits deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung darzulegen, weil das Verwaltungsgericht keine entsprechende Aussage getroffen hat. Überdies verkennt der Kläger, dass die tatsächliche Rückversetzung des Beigeladenen zum 1. August 2018, mithin unter Beachtung der zweijährigen Mindestverweildauer, erfolgte, so dass der Verweis auf den Beschluss des Senats vom 1. September 2015 (3 CE 15.1327 – juris) hier nicht weiterführt.
Soweit der Kläger auf Nr. 2.1.2.1 der Beförderungsgrundsätze rekurriert, versäumt er es ebenfalls, sich mit den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts substantiiert auseinanderzusetzen, wonach ausweislich des Wortlauts von Nr. 2.1 die (nachfolgenden) Auswahlgrundsätze (nur) für die – hier nicht vorliegende – Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens und Beförderungen gelten würden (UA S. 19). Soweit die Zulassungsbegründung (v. 16.9.2020, S. 5) hierzu lediglich anmerkt, die Begründung des Verwaltungsgerichts sei „nicht nachvollziehbar und auch nicht zutreffend“ erfüllt sie nicht die Darlegungsvoraussetzungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Der Einwand, „aus Sicht des Klägers“ sei die Besetzung einer Sachgebietsleitungsfunktion ein höherwertiger Dienstposten, trifft offenkundig nicht zu, da sowohl die ausgeschriebene Stelle als auch der bisher vom Kläger ausgeübte Dienstposten als „Fahndungsprüfer“ der Besoldungsgruppe A 13 zugewiesen sind. In Folge dessen hat sich das Verwaltungsgericht mangels Entscheidungserheblichkeit zu der Frage, ob dem Beigeladenen als sog. „Amts- oder Funktionsinhaber“ (Nr. 2.1.6 der Beförderungsgrundsätze) Vorrang bei der Stellenbesetzung einzuräumen war (vgl. Verfügung v. 22.10.2012, Nr. 5), nicht geäußert, so dass die klägerischen Ausführungen hierzu ins Leere gehen.
Mit seinem nach Ablauf der Zulassungsbegründungsfrist erstmals mit Schreiben vom 29. Oktober 2020 neu erhobenem Einwand eines Verstoßes gegen Art. 3 GG ist der Kläger wegen des Ablaufs der Begründungsfrist ausgeschlossen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 53). Ungeachtet dessen liegt eine Ungleichbehandlung nicht etwa deshalb vor, weil der Dienstherr – sofern kein geeigneter Versetzungsbewerber vorhanden war – in der Vergangenheit ausnahmslos Auswahlentscheidungen nach den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG getroffen habe. Denn insofern fehlt es bereits wegen der im hiesigen Verfahren konkurrierenden beiden Umsetzungs-/Versetzungsbewerber an einem vergleichbaren Sachverhalt.
2. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, wenn er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).