Arbeitsrecht

Verweis wegen verspäteten Dienstantritts eines Feuerwehrmanns

Aktenzeichen  15 A 15/20 MD

Datum:
1.2.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Magdeburg 15. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:VGMAGDE:2022:0201.15A15.20MD.00
Normen:
§ 47 Abs 1 S 1 BeamtStG
§ 70 Abs 1 S 1 BG ST 2009
§ 47 Abs 1 S 1 BeamtStG
§ 70 Abs 1 S 1 BG ST 2009
Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Ein Feuerwehrmann der als Disponent auf der Einsatzleitstelle eingesetzt ist, trifft eine besondere Pflicht zur Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit des Dienstantritts.(Rn.15)
2. Auch ein einmaliger Verstoß gegen seine Dienstleistungspflicht kann mit einem Verweis disziplinarrechtlich geahndet werden.(Rn.16)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist seit dem 01.01.1995 bei der Beklagten als Feuerwehrmann im Einsatzdienst und seit dem 01.10.2000 als Hauptbrandmeister bei der Berufsfeuerwehr in der Leitstelle eingesetzt.
Mit der streitbefangenen Disziplinarverfügung vom 27.04.2020 sprach der Oberbürgermeister der Beklagten gegenüber dem Kläger die Disziplinarmaßnahme eines Verweises aus. Zur Begründung führte die Beklagte im angefochtenen Bescheid aus, dass der Kläger seine Nachtschicht am 11.05.2018 um 18.40 Uhr unentschuldigt nicht angetreten und damit seine Dienstleistungspflicht fahrlässig verletzt habe. Die Dienstplanung sei auf Wunsch des Klägers am 21.04.2018 geändert worden. Er sei mehrfach in der Lage gewesen, sich über die Änderung durch Einsichtnahme in den Dienstplan zu informieren.
Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2020 mit den Ausführungen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück.
Mit der fristgerecht erhobenen Klage wendet sich der Kläger weiter gegen die Disziplinarmaßnahme und ist der Auffassung, dass es sich um eine einmalige Bagatellverfehlung unterhalb der Erheblichkeitsschwelle handele. Der Kläger habe sich nach dem Tausch der Schicht aufgrund eines Übertragungsversäumnisses geirrt. Schließlich habe er an dem besagten Tag und nach der telefonischen Information unverzüglich seinen Dienst angeboten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2020 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
verteidigt die streitbefangene Disziplinarverfügung und weist auf die Besonderheiten des Dienstes in der Feuerwehrleitstelle hin.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachwalters und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitbefangene Disziplinarbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Ebenso ist die Disziplinarverfügung zweckmäßig (§ 59 Abs. 3 DG LSA).
Auch zur Überzeugung des Disziplinargerichts hat der Kläger ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen, indem er am 11.05.2018 seine Nachtschicht um 18.40 Uhr auf der Feuerwehrleitstelle nicht angetreten hat. Der diesbezügliche Sachverhalt wird von dem Kläger nicht bestritten; vielmehr sieht er darin keine disziplinarwürdige Dienstpflichtverletzung.
Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 LBG LSA dürfen Beamte dem Dienst nicht ohne Genehmigung fernbleiben. Gegen diese Dienstleistungspflicht hat der Kläger fahrlässig verstoßen, was die Ahndung mittels eines Verweises nach sich zieht.
Mit der Beklagten ist das Disziplinargericht der Auffassung, dass hinsichtlich der Evidenz und dem Gewicht einer Dienstpflichtverletzung auf die hier vorliegenden Besonderheiten des Feuerwehrdienstes auf der Feuerwehrleitstelle abzustellen ist ohne dadurch die Grenzen der sog. disziplinarrechtlichen Bagatellverfehlung zu missachten (vgl. dazu nur ausführlich: VG Magdeburg, Urteil vom 24. November 2020 – 15 A 12/19 –, Rn. 200, juris).
Gerade die Tätigkeit auf der Feuerwehrleitstelle setzt eine besondere zuverlässige und pflichtbewusste Dienstverrichtung voraus, was auch die Pünktlichkeit des Dienstantritts beinhaltet. Von der Anwesenheit und Professionalität der eingeplanten Mitarbeit hängt die Annahme der eingehenden Hilfeanrufe ab. Sind nicht alle Plätze belegt, können ggf. Anrufe nicht angenommen werden, was wiederum Auswirkungen auf das Vertrauen der Bevölkerung in die Zuverlässigkeit und Professionalität der Berufsfeuerwehr hat. Gerade die Leitstelle einer Feuerwehr muss jederzeit vollständig besetzt sein, um alle Anrufe entgegen nehmen zu können. Dies führt die Beklagte nachvollziehbar in den streitbefangenen Bescheiden und der Klageerwiderung aus und konnte dies auch in der mündlichen Verhandlung untermauern.
Dem Kläger ist die Pflichtnotwendigkeit aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Feuerwehrmann auch bewusst. Daher sind diesbezüglich hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit des Dienstantritts zu stellen. Der Kläger handelte fahrlässig indem er bei der Verfolgung seines Dienstplans nicht die erforderliche Sorgfaltspflicht an den Tag legte. Gerade weil die Änderung der Schicht auf seinen Anstoß hin geschah, mit ihm abgesprochen und in den ihm zugänglichen Dienstplan eigetragen wurde, trifft ihn eine besondere Sorgfaltspflicht. Unverschuldete Irrtumsvoraussetzungen sind bei dem Kläger nicht gegeben (vgl. zu den Irrtumsvoraussetzungen im Disziplinarrecht nur: VG Magdeburg, Urteil v. 19.10.2021; 15 A 5/21; juris). Zutreffend hat die Beklagte bei der Sanktionierung dieser Pflichtverletzung auf deren Einmaligkeit und der ansonsten unbescholtenen Dienstführung des Klägers abgestellt und so auf den Verweis ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig erkannt.
Dementsprechend folgt das Gericht der Bewertung durch die Beklagte und hält auch den Ausspruch eines Verweises (§ 6 DG LSA) als erste der im Stufenverhältnis (§ 5 DG LSA) stehenden Disziplinarmaßnahmen als erforderlich und tatangemessen an. Zur weiteren Begründung darf das Disziplinargericht auf die zutreffenden Ausführungen und Bewertungen in den streitbefangenen Bescheiden und der Klageerwiderung verweisen (§ 3 DG LSA; § 117 Abs. 5 VwGO).
Dies gilt auch für die Zweckmäßigkeit der Disziplinarverfügung, welche nach § 59 Abs. 3 DG LSA auch vom Disziplinargericht zu prüfen ist (vgl. dazu ausführlich: VG Magdeburg, Urt. v. 18.12.2013, 8 A 15/13 MD; Urt. v. 27.11.2014, 8 A 5/14 MD; VG Magdeburg, Urteil v. 09.12.2014, 8 A 3/14; alle juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 72 Abs. 4 DG LSA, 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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