Aktenzeichen 25 W (pat) 104/09
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 306 42 943
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) am 30. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternich
beschlossen:
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Die Marke 306 42 943
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Tysonor
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ist am 6. November 2006 in das Markenregister eingetragen worden, und zwar ursprünglich für folgende Waren:
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“Klasse 5: Pharmazeutische Erzeugnisse, Präparate für die Gesundheitspflege”.
5
Dagegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren IR-Marke 849 191
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THYMONOR
,
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die für die Waren
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“Pharmaceutical and veterinary preparations; sanitary preparations for medical purposes; dietetic substances adapted for medical use”
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registriert ist, Widerspruch erhoben.
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Im Widerspruchsverfahren vor der Markenstelle hat die Markeninhaberin das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke wie folgt eingeschränkt:
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“Klasse 5: pharmazeutische Erzeugnisse zur Behandlung des Zentralen Nervensystems insbesondere von Alzheimer Demenz, Parkinson Demenz, Tinnitus, Schmerz, Autismus, Amyotrophe Lateralsklerose, Reizdarm, Essgelage; Präparate für die Gesundheitspflege”.
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Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch eine Beamtin des höheren Dienstes wegen dieses Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke mit Beschluss vom 17. Dezember 2008 angeordnet.
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Aus Sicht der Markenstelle begegnen sich beide Marken auf identischen Waren, da auch nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke die für sie registrierten Waren unter den im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Oberbegriff “Pharmaceutical and veterinary preparations” fielen. Ausgehend von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke den gebotenen Abstand nicht ein. Aufgrund Silbengliederung und Vokalfolge bestehe eine hohe klangliche Ähnlichkeit, die durch die Unterschiede bei der Konsonantenfolge nicht beseitigt werden könne. Auf die schriftbildliche oder begriffliche Ähnlichkeit komme es nicht mehr an, da schon aufgrund der klanglichen Ähnlichkeit Verwechslungsgefahr gegeben sei.
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Die Markeninhaberin hat dagegen Beschwerde erhoben. Sie ist der Auffassung, dass keine hinreichende klangliche Ähnlichkeit gegeben sei. Die Aussprache der Widerspruchsmarke sei getragen und leicht gezogen und erhalte eine weiche und runde klangliche Färbung, bei der das “M” in der Mitte nur leicht anklinge. Demgegenüber führe das “s” in der angegriffenen Marke zu einer markanten und harten Aussprache. Ferner nehme der Verkehr den Wortanfang “
Thymo
” der Widerspruchsmarke, der als solcher stärkere Beachtung finde, als klangliche und bildliche Einheit wahr. Es handele sich insoweit um keine fiktive Wortschöpfung, da “
Thymo
” seinen Ursprung in der griechischen Sprache finde und “Lebens-” bedeute, während “Thy”, “Ty” oder “Tys” in Alleinstellung keine eigenständige Bedeutung zukomme. Die Widerspruchsmarke habe demgegenüber ihren assoziativen Schwerpunkt im zweiten Teil des Markenwortes; “sonor” komme die Bedeutung “klingend/Ton”, abgeleitet aus dem lateinischen “sonorus”, zu, was mit Blick auf den Einsatz bei Tinnitus-Präparaten auch gewollt sei. Die Wortendung “
monor
” der Widerspruchsmarke habe keine eigene Bedeutung. Die Wahrnehmungs- und Bedeutungsschwerpunkte fielen damit bei den gegenüberstehenden Marken erheblich auseinander. Auch sei keine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben, da der Verkehr aufgrund der Unterschiede der Marken keine Serie oder identische Zugehörigkeit der Zeichen unterstelle.
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Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß),
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Dezember 2008 aufzuheben.
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Die Widersprechende beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie geht davon aus, dass zwischen den gegenüberstehenden Marken Verwechslungsgefahr besteht. Beide Marken könnten sich auf identischen Waren begegnen. Die Zeichen selbst seien hochgradig ähnlich. Es bestehe hohe klangliche Ähnlichkeit. Beide Marken würden identisch auf der ersten Silbe ausgesprochen und betont, wobei das “h” in der angegriffen Marke stumm bleibe. Sie seien identisch gegliedert und wiesen die identische Vokalfolge “Y-O-O” auf. Der einzige klangliche Unterschied bestehe beim Anfang der zweiten Silbe mit dem Buchstaben “s” statt “m”. Demgegenüber würden die Übereinstimmungen überwiegen. Auch schriftbildlich seien überwiegende Übereinstimmungen gegeben, und zwar durch identische Schlüsselelemente (“-onor”), hochgradig ähnliche Anfangselemente und nahezu identische Ober- und Unterlängen, wobei die einzige Unterlänge in beiden Marken im “y” bestehe. Ferner wiesen die Marken keine abweichenden Begriffsgehalte auf. Die Ableitungen von “
Thymo
-” aus dem Griechischen und von “-sonor” aus dem Lateinischen würden allenfalls vom Fachpublikum und von diesem erst nach einem weitergehenden Denkvorgang, nicht aber von den Endverbrauchern erkannt. Außerdem sei mittelbare Verwechslungsgefahr aufgrund der klanglichen und schriftbildlichen Übereinstimmungen gegeben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, aber nicht begründet. Die Markenstelle hat zutreffend angenommen, dass zwischen den gegenüberstehenden Marken Verwechslungsgefahr besteht (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Sie hat daher zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG angeordnet.
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Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238 –
PICASSO
; GRUR 1998, 387, 389 f. – Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 – Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 32).
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1. Da Benutzungsfragen keine Rolle spielen, ist von der Registerlage auszugehen. Danach können sich beide Marken teilweise auf identischen, im Übrigen auf sehr ähnlichen Waren begegnen.
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Die Waren “pharmazeutische Erzeugnisse zur Behandlung des Zentralen Nervensystems insbesondere von Alzheimer Demenz, Parkinson Demenz, Tinnitus, Schmerz, Autismus, Amyotrophe Lateralsklerose, Reizdarm, Essgelage” der angegriffenen Marke fallen unter den weiten Warenbegriff “Pharmaceutical and veterinary preparations” im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke. Der Zusatz “zur Behandlung des zentralen Nervensystems” bei den Waren der angegriffenen Marke lässt zudem einen sehr weiten Indikationsbereich offen. Die weiteren, im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke genannten Indikationsbereiche sind eine nicht abschließende Aufzählung von Beispielen (“insbesondere”) und führen damit zu keiner inhaltlichen Beschränkung.
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Zwischen den weiteren Waren “Präparate für die Gesundheitspflege” der angegriffenen Marke und den Waren, für die die Widerspruchsmarke registriert ist, liegt eine hochgradige Ähnlichkeit vor. Die jeweiligen Waren können bei gleichen Beschwerden und Krankheiten indiziert sein, gleiche Inhalts- und Wirkstoffe enthalten und über gleiche Vertriebswege und Verkaufsstätten zu den Verbrauchern gelangen. Es handelt sich somit um Waren, bei denen eine gemeinsame betriebliche Herkunft für das Publikum sehr naheliegt.
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2. Bei der Widerspruchsmarke ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin führt der Wortbestandteil “Tymo-” der Widerspruchsmarke nicht zu einer Schwächung ihrer Kennzeichnungskraft. Auch wenn es sich um ein Wortbildungselement handelt, dem die Bedeutung “die Thymusdrüse betreffend” oder “Gemüt, Gemütsbewegung” zugeschrieben werden kann (vgl. Duden, Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl. 2007, S. 1351) oder auch im Zusammenhang mit “Thymol” (antiseptisch wirkender Bestandteil der ätherischen Öle des Thymian; vgl. Duden, Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl. 2007, a. a. O.) bzw. “
Thymolepktika
” (zur Behandlung von Depressionen verwendete Arzneimittel; vgl. Duden, Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl. 2007, a. a. O.) gesehen werden könnte, so löst dieser Wortbestandteil allenfalls undeutliche Assoziationen zu diesen möglichen Bedeutungen oder Bedeutungsinhalten aus. Der Wortbestandteil “
Thymo
” ist in eine Gesamtbezeichnung, die einen Phantasiebegriff darstellt, eingebunden und geht in ihr auf. Die Widerspruchsmarke als Ganzes weist keine naheliegenden warenbeschreibenden Bezüge auf, die ihre Kennzeichnungskraft in relevantem Umfang mindern könnte.
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3. Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist anhand des klanglichen und des schriftbildlichen Eindrucks sowie des Sinngehalts zu ermitteln, wobei für die Annahme einer Verwechslungsgefahr bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügen kann (BGH GRUR 2010, 235 Tz. 18 –
AIDA
/
AIDU
m. w. N.). Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit ist zudem der das Kennzeichenrecht beherrschende Grundsatz zugrunde zu legen, dass es auf den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ankommt (vgl. BGH
AIDA
/
AIDU
a. a. O.).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen ist zwischen den gegenüberstehenden Marken eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben. Denn unter Berücksichtigung der teilweise gegebenen Warenidentität und der hochgradigen Warenähnlichkeit im Übrigen sowie der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke zu der Widerspruchsmarke jedenfalls in klanglicher Hinsicht den gebotenen Abstand nicht ein.
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Die gegenüberstehenden Marken sind klanglich hochgradig ähnlich. Sie weisen die gleiche Silbenzahl, den gleichen Sprechrhythmus und die gleiche Vokalfolge y – o – o auf. Die Anfangskonsonanten “T” bzw. “Th” werden gleich ausgesprochen. Der Auffassung der Markeninhaberin, das “h” in der Widerspruchsmarke habe phonetische Auswirkungen und beeinflusse den Silbenfluss, kann nicht gefolgt werden. Im deutschen Sprachgebrauch bleibt gerade bei einem “Th” am Wortanfang das “h” stumm, so dass “Th” und “T” klanglich identisch artikuliert werden. Identisch ist auch der Endkonsonant “r” in beiden Marken. Klanglich ergibt sich mithin nur ein Unterschied bei dem Anfangskonsonanten der zweiten Silbe. Angesichts der dargelegten, erheblichen Übereinstimmungen der gegenüberstehenden Marken im Übrigen fällt dieser Unterschied aber nicht ins Gewicht. Auch wenn bei Arzneimitteln und Produkten der Gesundheitspflege von einer erhöhten Aufmerksamkeit des Verkehrs ausgegangen werden kann, so ändert dieser einzige Unterschied nichts an der klanglich hochgradigen Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken.
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Da zwischen den gegenüberstehenden Marken bereits aufgrund ihrer hochgradig klanglichen Ähnlichkeit Verwechslungsgefahr zu bejahen ist, kommt es nach den vorgenannten Grundsätzen auf die schriftbildliche Ähnlichkeit nicht mehr an. Ferner sind deutliche begriffliche Unterschiede, die die Verwechslungsgefahr in entscheidungserheblichem Umfang mindern könnten, in den Markenwörtern nicht enthalten.
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4. Die Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Keiner der Beteiligten hat einen entsprechenden Antrag gestellt (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Der Senat hat eine mündliche Verhandlung auch nicht für sachdienlich erachtet (§ 69 Nr. 3 MarkenG).