Arbeitsrecht

aktives und passives Wahlrecht eines an einer anderen Dienststelle eingesetzten Beschäftigten, faktische Arbeitgeberstellung (verneint)

Aktenzeichen  AN 8 PE 21.00909

Datum:
21.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16573
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayPVG Art. 13, 14

 

Leitsatz

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Antragsteller bei der Wahl zum Personalrat am 22. Juni 2021 beim Landratsamt …aktiv und passiv wahlberechtigt ist.
2. Der Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, den Antragsteller in die Wählerliste des Personalrats beim Landratsamt … aufzunehmen.

Gründe

I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten im einstweiligen Rechtschutzverfahren über das aktive und passive Wahlrecht des Antragstellers bei den Wahlen des örtlichen Personalrats am Landratsamt … Der Antragsteller ist seit dem 1. Oktober 2005 als Arbeitnehmer des Landkreises … als Hausmeister tätig. Seit dem 1. Oktober 2007 wird er überwiegend in der Staatlichen Realschule in …eingesetzt. Der zwischen dem Landkreis und dem Antragsteller geschlossene Arbeitsvertrag vom 10. Juli/13. August 2007 sieht als Dienstort …vor (§ 1 des Arbeitsvertrages). Unter § 8 des Vertrages erklärt sich der Antragsteller ausdrücklich bereit, an allen Einrichtungen und Dienststellen des Landkreises entsprechend den dienstlichen Erfordernissen tätig zu werden, ohne dass ihm durch den Wechsel des Dienstortes Ansprüche entstehen, wobei sich der Landkreis verpflichtet, Änderungen des Dienstortes nur aus zwingenden dienstlichen Gründen anzuordnen. Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wird unter § 4 auf 48 Stunden festgesetzt. Hinsichtlich der Aufgaben des Hausmeisters verweist § 6 auf die förmliche Dienstanweisung des Landratsamtes, in der geregelt ist, dass der Schulhausmeister der Dienstaufsicht des Landratsamtes untersteht und in diesem Rahmen dienstliche Weisungen des Schulleiters ausführt.
Der Antragsteller hatte sich bereits bei den Personalratswahlen 2011, 2014 und 2016 um die Feststellung seiner aktiven und passiven Wahlberechtigung beim Landratsamt … bemüht. Auf seine Nachfragen verwies ihn das Landratsamt regelmäßig an den Wahlvorstand für die Personalratswahlen an der Realschule* … und vertrat die Auffassung, es bestehe außer dem rechtlichen Band des Arbeitsverhältnisses keine weitere Verbindung des Antragstellers zur kommunalen Körperschaft bzw. deren Behörde, er sei vielmehr in die Dienststelle „Staatliche Realschule …“ eingegliedert. Die vom Antragsteller gegen die Richtigkeit des Wählerverzeichnisses für die Wahl des örtlichen Personalrats am Landratsamt … eingelegten Einsprüche wurden zurückgewiesen. Auch der Wahlvorstand für die Personalratswahl an der Realschule …lehnte die Eintragung des Antragstellers in das Wählerverzeichnis ab und teilte diesem mit, dass er nicht an den Wahlen bei der Realschule … teilnehmen könne, weil er ein Beschäftigungsverhältnis beim kommunalen Arbeitgeber innehabe und daher bei diesem wahlberechtigt sei. Demzufolge konnte der Antragsteller an keiner der genannten Personalratswahlen teilnehmen.
In der Folgezeit versuchte der Antragsteller außerhalb der turnusmäßig stattfindenden Personalratswahlen eine Klärung der Personalratszuständigkeit für die beim Landkreis beschäftigten Schulhausmeister zu erreichen. Das Landratsamt blieb bei seinem Standpunkt, dass der Antragsteller bei der Wahl des örtlichen Personalrats an der staatlichen Realschule … teilnahmeberechtigt sei. Nachdem der Schulleiter der Realschule … in einem Schreiben an das Landratsamt unter Berufung auf das Staatsministerium für Unterricht und Kultus sowie auf den Hauptpersonalrat für die Realschulen darauf hingewiesen hatte, dass der Antragsteller nicht dem örtlichen Personalrat der Schule zuzuordnen sei und er als Schulleiter keine faktische Arbeitgeberrolle einnehme, holte der Landkreis ebenfalls eine Stellungnahme beim Staatsministerium für Unterricht und Kultus ein. Dieses ist kam in einer Stellungnahme vom 20. Januar 2020 zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller personalvertretungsrechtlich nicht dergestalt in die Realschule … eingegliedert sei, dass er für den dortigen Personalrat wahlberechtigt wäre. Daraufhin schaltete der Landkreis den Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e. V. ein, der in seiner Stellungnahme vom 17. Februar 2020 ausführte, dass aus seiner Sicht in der Gesamtschau die Schule als Arbeitgeber fungiere. Der Landkreis leitete dieses Schreiben im August 2020 dem Antragsteller zu und schloss sich der darin vertretenen Rechtsauffassung an.
Das Landratsamt forderte den Wahlvorstand für die Wahl des örtlichen Personalrats der Realschule … am 9. Februar 2021 auf, den Antragsteller in das Wählerverzeichnis der Personalratswahlen für den örtlichen Personalrat der Realschule … aufzunehmen. Der dortige Wahlvorstand stellte klar, dass er dieser Bitte nicht nachkommen werde. Eine weitere Aufforderung des Antragstellers, ihn zur Vorbereitung der Personalratswahl 2021 in die Namensliste des Landratsamtes aufzunehmen, lehnte das Landratsamt ab.
Daraufhin leitete der Antragsteller am 19. April 2021 ein unter dem Aktenzeichen AN 8 P 21.00715 geführtes Hauptsacheverfahren beim Verwaltungsgericht Ansbach ein mit dem Ziel, seine aktive und passive Wahlberechtigung bei der Wahl zum Personalrat am Landratsamt … feststellen zu lassen und den Beteiligten zu 2 zu verpflichten, ihn in die Wählerliste zur Personalratswahl 2021 am Landratsamt aufzunehmen. Nachdem er in Erfahrung gebracht hatte, dass sich sein Name nicht auf der mittlerweile ausgehängten Wählerliste befindet, legte er wiederum Einspruch gegen das Wählerverzeichnis ein, dem bislang nicht abgeholfen wurde.
Der Antragsteller beantragte daraufhin beim Verwaltungsgericht Ansbach den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Zur Begründung führte er aus, er sei der Dienststelle Landratsamt des Landkreises … zugehörig. Zwar übe er seine tägliche Arbeit größtenteils an der Staatlichen Realschule …aus, er sei jedoch nicht in den eigentlichen Dienststellenbetrieb einbezogen. Der Schulleiter habe keine faktische Arbeitgeberstellung ihm gegenüber inne. Dessen Weisungsrecht sei durch die Dienstanweisung stark eingeschränkt. Zudem lehne er eine faktische Arbeitgeberrolle gegenüber dem Antragsteller ab. Auch fänden die an der Staatlichen Realschule geltenden Dienstvereinbarungen, die zwischen dem dortigen Personalrat und dem Freistaat Bayern abgeschlossen worden seien, auf sein Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Zudem sei er der „äußeren Ordnung“ des Landratsamts … unterstellt. Das für die Liegenschaftsverwaltung verantwortliche Sachgebiet sei Ansprechpartner für den Antragsteller in den zentralen Fragen seines Arbeitsverhältnisses. Es seien die Dienstanweisungen und Dienstvereinbarungen der Dienststelle Landratsamt …, die auf das Arbeitsverhältnis des Antragstellers Anwendung fänden. Demzufolge sei der Antragsteller aktiv und passiv wahlberechtigt bei den anstehenden Personalratswahlen am Landratsamt … Im Hinblick auf den Wahltag am 22. Juni 2021 sei eine Eilbedürftigkeit vorliegend gegeben.
Der Antragsteller beantragt die Feststellung, dass der Antragsteller bei der Wahl zum Personalrat beim Landkreis am Landratsamt …aktiv und passiv wahlberechtigt ist sowie die Verpflichtung des Beteiligten zu 2, den Antragsteller in die Wählerliste zur Wahl des Personalrats beim Landratsamt … aufzunehmen.
Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen die Ablehnung des Antrags.
Der Antragsteller sei in die Dienststelle „Realschule …“ eingegliedert. Ihm sei als Einsatzort bzw. Arbeitsplatz seit dem 1. Juli 2007 die Realschule … zugewiesen, an der er seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen tätig sei. Da der Dreimonatszeitraum des Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayPVG überschritten sei, dürfte kein aktives und passives Wahlrecht zum örtlichen Personalrat beim Landratsamt … mehr bestehen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist aufgrund der Ausführungen in der Antragsschrift dahingehend auszulegen, dass er auf die Feststellung der aktiven und passiven Wahlberechtigung des Antragstellers zu der Personalratswahl 2021 zielt.
Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entscheidet wegen der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit die Fachkammer für Personalvertretungsrecht durch die Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung, Art. 81 Abs. 2 BayPVG i.V.m. § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG und § 937 Abs. 2, 944 ZPO. Die Möglichkeit der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden der Fachkammer in dringenden Fällen entspricht der allgemeinen personalvertretungsrechtlichen und arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BayVGH, B.v. 22.5.1990 – 17 PC 90.01454 – und B.v. 23.2.1990 – 18 PC90.1430 – jeweils juris; Grunsky, Arbeitsgerichtsgesetz, § 85 Rn. 18.). Diese Dringlichkeit ist hier aufgrund der terminierten Personalratswahlen am 22. Juni 2021 gegeben; eine Entscheidung nach mündlicher Anhörung durch die mit Ehrenamtlichen Richterinnen bzw. Richtern besetzten Kammer ist vor diesem Zeitpunkt nicht möglich und für die Verfahrensbeteiligten nicht zumutbar.
Der Antrag des Antragstellers ist zulässig und begründet.
1. Der Antrag ist zulässig; die Statthaftigkeit des Antrags gegeben.
Aus der Zuständigkeitsregelung des Art. 83 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BayPVG ergibt sich, dass bestimmte Fragen im Zusammenhang mit der Wahl von Personalräten, insbesondere die Fragen der Wahlberechtigung und Wählbarkeit im Wege eines personalvertretungsrechtlichen Feststel-lungs- bzw. Beschlussverfahrens geklärt werden können. Zur Überprüfung von Fragen der Personalratswahl existiert nach Art. 25 BayPVG aber auch das Wahlanfechtungsverfahren. Rechtsprechung und Literatur folgern aus diesem Nebeneinander der gesetzlichen Regelungen, dass Wahlmängel weder anstelle noch nach Ablauf der Wahlanfechtung über ein Beschlussverfahren geltend gemacht werde können, da es sonst zu einer Umgehung der speziellen Voraussetzungen der Wahlanfechtung kommt. Solange eine Wahlanfechtung aber (noch) nicht möglich ist, da die Wahl noch nicht durchgeführt worden ist, ist es mittlerweile allgemein anerkannt, dass ein letztlich auf Verhinderung der Wahl oder auf eine Wahl mit anderem Personenkreis gerichteter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung noch zulässig ist.
Die unberechtigte Aufnahme oder Nichtaufnahme in ein Wählerverzeichnis kann vor der Wahl damit statthafter Gegenstand eines Beschlussverfahrens sein.
Auch im Übrigen bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Voraussetzung für den Erfolg eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nach Art. 81 Abs. 2 Satz 1 BayPVG i.V.m. § 85 Abs. 2 ArbGG, §§ 935, 940, 920 Abs. 2 ZPO, dass ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund glaubhaft gemacht werden.
Nach § 940 ZPO ist für den Erlass einer einstweilige Verfügung Voraussetzung, dass diese zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist. Die Gefährdung des Rechts bzw. die Notwendigkeit einer Regelung, d.h. der Verfügungsgrund, und der Verfügungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Darüber hinaus darf die einstweilige Verfügung grundsätzlich nicht mehr zusprechen, als im Hauptsacheverfahren möglich ist, und die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Zu einer solchen Vorwegnahme der Hauptsache bzw. zu einer ähnlich einschneidenden Konsequenz, nämlich zur Verschiebung der Personalratswahl, käme es vorliegend im Fall des Erlasses der mit dem zweiten Hilfsantrag begehrten einstweiligen Verfügung.
Allerdings kann es die Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erfordern, durch eine einstweilige Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sofern wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreichbar ist und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde, insbesondere wenn die Versagung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung zu einem endgültigen Rechtsverlust oder einem sonstigen irreparablen Zustand führt (Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPVG, Art. 81 Rn. 141f m.w.N.). Gerade in Wahlsachen ist das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache aber von besonderer Bedeutung, weil sie einen massiven Eingriff in das laufende Wahlverfahren darstellt. Deshalb ist es hier nicht nur (wie bei jeder Vorwegnahme der Hauptsache) erforderlich, dass die Versagung der Maßnahme für den Antragsteller zu schlechthin untragbaren Folgen führt, sondern der Verfügungsanspruch muss auch ersichtlich, d. h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, gegeben sein (Ballerstedt/Schleicher/Faber a.a.O. Rn. 141g m.w.N.).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe (vgl. auch VGH BW, B.v. 24.2.2005 – PL 15 S 3286/20 – juris Rn. 17 m.w.N.) war dem Antrag auf einstweilige Verfügung hier stattzugeben, weil der Antragsteller ersichtlich bei der Wahl zum Personalrat beim Landratsamt …aktiv und passiv wahlberechtigt ist und daher einen Anspruch darauf hat, in das dortige Wählerverzeichnis aufgenommen zu werden.
2.1 Ein Verfügungsgrund ist gegeben, weil die Personalratswahl am 22. Juni 2021 stattfindet und daher unmittelbar bevorsteht.
2.2 Der Antragsteller hat auch einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht, da er für die Personalratswahl beim Landratsamt …aktiv und passiv wahlberechtigt ist.
Die aktive Wahlberechtigung richtet sich nach Art. 13 BayPVG, die passive Wahlberechtigung (Wählbarkeit) darauf fußend nach Art. 14 BayPVG. Wählbar im Sinne des Art. 14 BayPVG kann nur derjenige sein, der auch wahlberechtigt im Sinne des Art. 13 BayPVG ist.
Wahlberechtigt für die Personalvertretung einer Dienststelle ist nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 BayPVG, wer dieser Dienststelle als Beschäftigter angehört, also Beschäftigteneigenschaft hat und in die Dienststelle eingegliedert ist („2-Komponenten-Lehre“, vgl. BAG, B.v. 5.12.2012 – 7 ABR 48/11 – juris Rn. 18), im Besitz des aktiven öffentlichen Wahlrechts ist und bei dem nicht die wahlrechtliche Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt ist.
Der Antragsteller ist aufgrund des mit dem Landkreis geschlossenen Arbeitsvertrags vom 1. Oktober 2007 Beschäftigter im Sinne des Art. 4 BayPVG. Streitig zwischen den Verfahrensbeteiligten ist in seinem Fall allein die Frage seiner Dienststellenzugehörigkeit. Im Regelfall ist der Beschäftigte der Dienststelle zuzuordnen, zu der die rechtliche Beziehung, also das Arbeitsverhältnis besteht. Einen Ausnahmefall stellt es aber dar, wenn ein Beschäftigter trotz rechtlicher Zugehörigkeit zu einer bestehenden Dienststelle in eine andere Dienststelle eingegliedert ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Dienststellenzugehörigkeit, auf welche die Wahlberechtigung abstellt, nicht die auf dem Dienstvertrag beruhende rechtliche Beziehung, sondern das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis ausschlaggebend. Fallen die rechtliche und die tatsächliche Zugehörigkeit zu einer Dienststelle nicht nur vorübergehend auseinander, bestimmt in der Regel das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis die Zugehörigkeit des Beschäftigten (st. Rspr., vgl. schon BVerwG, B.v. 18.3.1982 – 6 P 8.79 – juris Rn. 39; Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPVG, Art.13 Rn. 9c m.w.N.). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die Belange des Beschäftigten von der Personalvertretung wahrgenommen werden sollen, die am ehesten zu seinem Wohl tätig werden kann. Das ist regelmäßig der Personalrat, der bei der Dienststelle gebildet ist, die die konkreten Bedingungen der Dienstleistung des Beschäftigten in persönlicher und sachlicher Hinsicht festlegt und der die Beachtung ihrer Anweisungen überwacht (BVerwG, B.v. 2.9.1983 – 6 P 29.82 – juris Rn. 16; Ballerstedt/Schleicher/Faber, a.a.O. m.w.N.). Maßgeblich ist insoweit nicht die räumliche, sondern die organisatorische Eingliederung in die Dienststelle. Ob der Beschäftigte in die Dienststelle, in der er tätig ist, eingegliedert ist, bestimmt sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls.
Danach ist der Antragsteller trotz seines Einsatzes in der Staatlichen Realschule …beim Landratsamt … wahlberechtigt, weil er zwar seit mehr als drei Monaten (vgl. Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayPVG) dort den Dienstort hat, aber nicht in den Dienststellenbetrieb der Schule einbezogen und nicht deren „äußerer Ordnung“ unterstellt ist.
Den Beteiligten ist zwar zuzugeben, dass der Antragsteller an dem Schulbetrieb mitwirkt. Die Schule bzw. der Schulleiter haben jedoch aufgrund der hier konkret vorliegenden Umstände nicht die Stellung eines faktischen Arbeitgebers des Antragstellers. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen dem Antragsteller und dem Landkreis außer dem rechtlichen Band des Arbeitsverhältnisses keinerlei Verbindung besteht. Vielmehr übt der Landkreis weiterhin die Personalhoheit über den Antragsteller aus. Das wird bereits daraus deutlich, dass der Antragsteller nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet ist, an allen Einrichtungen bzw. Dienststellen des Landkreises tätig zu werden, auch wenn dies zu einem mehrmaligen Wechsel des Dienstortes führen sollte. Danach ist der Landkreis – wenn er sich auch verpflichtet hat, dies lediglich aus zwingenden dienstlichen Gründen anzuordnen – jederzeit berechtigt, den Antragsteller an einer anderen Dienststelle einzusetzen, ohne dass der Schulleiter dies verhindern könnte. Der Schulleiter ist als Leiter der Dienststelle Realschule* … zwar gemäß Art. 52 Abs. 2 Satz 2 BayEUG, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BaySchFG auch ihm gegenüber weisungsberechtigt, die Aufgaben des Antragstellers an sich sind jedoch in der förmlichen Dienstanweisung des Landkreises festgelegt. Darin ist ausdrücklich geregelt, dass er der Dienstaufsicht des Landratsamts unterliegt und dass diese alle dienstrechtlichen Entscheidungen bezüglich seines Aufgabenbereichs, seines Arbeitsplatzes sowie der Arbeitszeit umfasst. Der Schulleiter gibt zwar die Unterrichtszeiten vor, der Umfang der Arbeitszeit in Höhe von 48 Wochenstunden ist aber im Arbeitsvertrag zwischen dem Antragsteller und dem Landkreis geregelt. Zudem kann das Landratsamt dem Antragsteller nach der Dienstanweisung Anweisungen erteilen, die gegenüber den Anweisungen des Schulleiters vorrangig sind. Demzufolge ist es nachvollziehbar, dass der Schulleiter in seinem Schreiben vom 25. März 2019 den Standpunkt vertritt, dass er gegenüber dem Antragsteller keine faktische Arbeitgeberrolle einnimmt. Soweit von Seiten des Landkreises behauptet wurde, der Schulleiter bewillige den Urlaub des Antragstellers, ergibt sich aus dessen Ausführungen, dass dieser lediglich die Urlaubsmeldung an das Landratsamt weiterreicht, ohne eine eigene Entscheidung hierüber zu treffen. Der Antragsteller erhält zudem seinen Lohn nicht etwa von der Schule, sondern vom Landratsamt, das auch über seine Höhergruppierung entscheidet (vgl. Schreiben des Landratsamts vom 18.4.2011 an die Schule zum Leistungsentgelt nach § 18 TVöD). Dort wird er vom für die Liegenschaftsverwaltung zuständige Sachgebiet (vgl. die vorgelegte E-Mail vom 7.3.2017) betreut. Das Landratsamt ist, auch wenn der Schulleiter einen Bewertungsvorschlag erbringt, letztlich auch für die Leistungsbewertung des Antragstellers zuständig, wie das vom Antragsteller vorgelegte Schreiben des Landratsamts vom 8. August 2020 hinsichtlich der Unterschrift auf dem Leistungsbewertungsbogen belegt. Gegen die Annahme, der Antragsteller sei in den Schulbetrieb eingegliedert, spricht zudem, dass dessen Entlohnung auf dem TVöD für die Landkreisbeschäftigten sowie auf der Dienstvereinbarung beruht, die zwischen dem Landkreis und dem Personalrat des Landratsamtes abgeschlossen wurde (vgl. Schreiben des Landratsamts vom 18.4.2011). Dies macht deutlich, dass der Personalrat des Landratsamtes am ehesten zum Wohl des Antragstellers (vgl. BVerwG, B.v. 2.9.1983 – 6 P 29.82 – juris Rn. 16) tätig werden kann.
Danach liegt keine Abordnung des Antragstellers an die Realschule … im personalvertretungsrechtlichen Sinn (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayPVG; vgl. BVerwG, B.v. 18.3.1982 – 6 P 8.79 – juris Rn. 39) vor. Der Antragsteller ist daher nicht hinsichtlich des örtlichen Personalrats der Schule, sondern hinsichtlich des örtlichen Personalrats des Landratsamtes wahlberechtigt im Sinne des Art. 13 BayPVG. Da er bereits seit 2005 beim Landkreis beschäftigt ist, erfüllt er auch die zeitlichen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayPVG, weshalb ihm auch das passive Wahlrecht im Hinblick auf diese Personalvertretung zusteht. Als Wahlberechtigter ist er in das Wählerverzeichnis des Landratsamtes aufzunehmen (§ 2 Abs. 2 WO-BayPVG).
Dem Antrag war daher stattzugeben.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, vgl. Art. 82 Abs. 2 BayPVG, § 80 Abs. 1, § 2a Abs. 1 und 2 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG.


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