Arbeitsrecht

Altersruhegeld, Bindungswirkung von Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsge-richtshofs, Anhebung der Regelaltersgrenze, Versorgungsanwartschaft, Anfangsbestand der Rechtsanwälte, kein Grundrechtsverstoß, Vertrauensschutz

Aktenzeichen  W 10 K 20.638

Datum:
21.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 40130
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 101 Abs. 2
Satzung der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
BV Art. 103
BV Art. 118 Abs. 1
VfGHG Art. 29

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsakts, mit dem die Zahlung der begehrten höheren monatlichen Altersrente bewilligt wird. Auch ein Zinsanspruch besteht nicht. Der angefochtene Bescheid vom 27. März 2020 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
1. Für die rechtliche Beurteilung ist auf die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Satzung des Versorgungswerks abzustellen. Einer Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage ist begründet, wenn dem Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der von ihm geltend gemachte Anspruch zusteht. Ob ein solcher Anspruch besteht, ergibt sich aus dem materiellen Recht. Die materiell-rechtliche Prüfung muss danach bei der Rechtslage ansetzen, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gilt (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 55, 57 m.w.N.).
Maßgebend für die Entscheidung des Gerichts ist hiernach die Satzung der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung in der Fassung der 18. Änderungsatzung vom 3. Dezember 2020 (StAnz Nr. 50 – im Folgenden: Satzung).
2. Die Klage ist zulässig. Statthafte Klageart ist die Verpflichtungsklage in Gestalt der Versagungsgegenklage. Der wörtlich gestellte Antrag, die Beklagte zu einer über die bereits gewährte monatliche Altersrente hinausgehenden Zahlung zu verurteilen, ist zugunsten des Klägers dem erkennbaren Begehren entsprechend nach § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass er die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsakts begehrt, mit dem die beantragte Geldleistung festgesetzt wird.
Denn eine Leistungsklage – wie sie der Kläger dem reinen Wortlaut nach erhoben hat – ist nur statthaft, wenn es um einen Rechtsanspruch auf eine Geldleistung geht, der nicht zwingend ein Verwaltungsakt vorgeschaltet ist. Das ist der Fall, wenn es um einen unstreitigen Anspruch bzw. die Durchsetzung von Ansprüchen ohne Rücksicht auf das vorgängige Entscheidungsverhalten der Behörde geht. Eine Verpflichtungsklage ist dagegen statthaft, wenn es um eine öffentlich-rechtliche Zahlung des Staats an den Bürger geht, für die das Gesetz ausdrücklich oder konkludent den vorherigen Erlass eines Bewilligungsbescheids vorschreibt (vgl. zum Ganzen Sennekamp in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 42 VwGO Rn. 39; Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 42 Rn. 13; Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 42 Rn. 66 f.; Sennekamp in Quaas/Zuck/Funke-Kaiser, Prozesse in Verwaltungssachen, 3. Aufl. 2018, § 3 Rn. 98; Jakobs, Verpflichtungsklage bei auf Geldleistung gerichteten Klagebegeh…, NVwZ 1984, 28).
Im vorliegenden Fall ist ein der Auszahlung vorangehender Verwaltungsakt erforderlich, sodass die Verpflichtungsklage statthaft ist. Denn § 28 der Satzung regelt den Anspruch nur dem Grunde nach, weshalb die Beklagte insbesondere noch die Höhe der Altersrente (§§ 32, 50 der Satzung) durch Verwaltungsakt festzusetzen hat (vgl. VG Stuttgart, U.v. 24.8.2020 – 4 K 722/19 – juris Rn. 46 unter Verweis auf NdsOVG, U.v. 12.6.2014 – 8 LC 130/12 – juris Rn. 28).
3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf das begehrte ungekürzte Altersruhegeld.
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Satzung besteht ein Anspruch auf Altersruhegeld ab dem Ersten des Monats, der auf die Vollendung des 67. Lebensjahrs (Regelaltersgrenze) folgt. Für Mitglieder der Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1969 sieht § 48b Abs. 1 der Satzung eine davon abweichende, gestaffelte Regelaltersgrenze vor, die beim Geburtsjahr des Klägers (1956) 65 Jahre und 5 Monate beträgt. Dementsprechend hat die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend lediglich ein vorgezogenes Altersruhegeld gemäß § 30 der Satzung gewährt.
Ein Anspruch des Klägers auf ein ungekürztes Altersruhegeld ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass für ihn infolge der Unwirksamkeit der Anhebung der Regelaltersgrenze durch die 9. Änderungssatzung nach wie vor die ursprüngliche Regelaltersgrenze von 63 Jahren maßgeblich wäre.
Denn die 9. Änderungssatzung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies wurde bereits durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof im Rahmen einer Popularklage sowie den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Rahmen von Normenkontrollanträgen rechtskräftig festgestellt (vgl. BayVerfGH, E.v. 30.8.2017 – Vf. 7-VII-15 -; BVerwG, B.v. 15.8.2016 – 10 BN 3.15 -; B.v. 11.8.2016 – 10 BN 2/15 -; BayVGH U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.2 -; U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 -; alle juris). Während die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Umkehrschluss aus § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO nur inter partes wirken, ist die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VfGHG) für alle anderen Verfassungsorgane sowie für Gerichte und Behörden – und damit auch für das vorliegende Verfahren – bindend. Diese Bindungswirkung ist zwar auf die Vereinbarkeit mit der Bayerischen Verfassung beschränkt, bezieht sich jedoch insoweit auch auf die tragenden Entscheidungsgründe (vgl. Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 60 Rn. 16, 21; Holzner in PdK Bayern, Verfassung des Freistaates Bayern, Oktober 2017, Art. 60 Rn. 3 f., 6; Becker/Heckmann/Manssen/Kempen, Öffentliches Recht in Bayern, 7. Aufl. 2017, 1. Teil Bayerisches Verfassungsrecht Rn. 227).
Ihre Ermächtigungsgrundlage findet die 9. Änderungssatzung in Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 5 VersoG. Darüber hinaus ist sie formell wie materiell rechtmäßig (vgl. BayVerfGH, E.v. 30.8.2017 – Vf. 7-VII-15 – BeckRS 2017, 126516 Rn 111 f.; BayVGH, U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.2 – BeckRS 2015, 113024 Rn. 22, 23 ff.; U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 – BeckRS 2015, 52449 Rn. 29, 30 ff.).
a) Insbesondere ist kein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 GG, Art. 103 BV gegeben (vgl. BayVerfGH a.a.O., Rn. 129 ff.; BayVGH, U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.2 – a.a.O., Rn. 29 ff.; U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 – a.a.O., Rn. 34 ff.).
aa) Die Versorgungsanwartschaften der Mitglieder der Beklagten unterliegen dem eigentumsrechtlichen Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG sowie des Art. 103 BV. Die Versorgungsanwartschaften beruhen auf eigenen Beitragsleistungen der Mitglieder, sind diesen rechtlich zugeordnet und sollen im Versorgungsfall die materielle Lebensgrundlage der Mitglieder und ihrer Angehörigen sicherstellen (vgl. BayVerfGH a.a.O., Rn. 130 ff. m.w.N., insbesondere Rn. 133; BVerwG, B.v. 15.8.2016 – 10 BN 3.15 – BeckRS 2016, 51403 Rn. 6 m.w.N.; B.v. 11.8.2016 – 10 BN 2.15 – juris Rn. 4 m.w.N.; BayVGH, U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.2 – a.a.O., Rn. 30 f. m.w.N.; U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 – a.a.O., Rn. 34 ff. m.w.N.).
bb) Sämtliche Eigentumspositionen im Sinn des Art. 14 Abs. 1 GG sind indes einer Inhalts- und Schrankenbestimmung zugänglich, da die Eigentumsgarantie ein normgeprägtes Grundrecht ist. Ein absoluter Bestandsschutz ist deshalb auch bei eigenfinanzierten kapitalgedeckten Versorgungsanwartschaften nicht gewährleistet (vgl. BayVerfGH a.a.O., Rn. 134 ff., 143 ff. jeweils m.w.N.; BVerwG, B.v. 15.8.2016 a.a.O.; B.v. 11.8.2016 a.a.O.; BayVGH, U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.2 – a.a.O., Rn. 30 f. m.w.N., insbesondere zum Solidaritätsprinzip: Rn. 31; U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 – a.a.O., Rn. 34 ff. m.w.N.).
Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Versorgungsverhältnis, das – wie das gesetzliche Rentenversicherungsverhältnis – im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Insbesondere eine Anpassung an veränderte Bedingungen lässt die Eigentumsgarantie grundsätzlich zu, auch wenn dies zu einer wertmäßigen Verminderung von Anwartschaften führt. Allerdings sind einschränkende Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach Art. 14 Abs. 1 GG nur gerechtfertigt, wenn sie einem Gemeinwohlzweck dienen, verhältnismäßig sind, den Vertrauensschutz der Betroffenen wahren und das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot beachten. Das gilt auch für die Umgestaltung berufsständischer Versorgungsanwartschaften. Der Gestaltungsspielraum des Normgebers ist dabei umso geringer, je stärker die Anwartschaft durch eigene personale Leistung des Anwartschaftsberechtigten geprägt ist. Nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes ist zudem insbesondere auf die Nähe des Versicherten zum Zeitpunkt des Bezugs einer Regelaltersversorgung Rücksicht zu nehmen.
Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte den ihr im Rahmen ihrer Satzungsautonomie zustehenden (eingeschränkten) Gestaltungsspielraum beanstandungsfrei ausgeübt:
cc) Der Satzungsgeber hat mit der Änderung der Regelaltersgrenze einen legitimen Gemeinwohlzweck verfolgt, nämlich die Aufrechterhaltung der finanziellen Stabilität der Beklagten bzw. die Wahrung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Altersversorgung bzw. Solidargemeinschaft. Diese Ziele stellen einen wichtigen Gemeinwohlbelang dar, der in der Verantwortung des jeweiligen Normgebers liegt (vgl. BayVerfGH a.a.O., Rn. 138, 143 ff., 146 jeweils m.w.N.; BayVGH, U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.2 – a.a.O., Rn. 34; U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 – a.a.O., Rn. 39).
dd) Die Anhebung der Regelaltersgrenze im Rahmen der 9. Änderungssatzung ist auch geeignet und erforderlich, um diese Ziele zu erreichen. Das Gericht macht sich die diesbezüglichen Ausführungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVerfGH a.a.O., Rn. 143 ff.; BayVGH, U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.2 – a.a.O., Rn. 34 ff. m.w.N.; U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 – a.a.O., Rn. 39 ff. m.w.N.) sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht zu eigen, soweit es nicht ohnehin schon nach Art. 29 Abs. 1 VfGHG gebunden ist. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof führt hierzu Folgendes aus:
„Der Vergleich der – bei Gründung des Versorgungswerks im Jahr 1984 noch maßgeblichen – Allgemeinen Sterbetafel 1970/1972 und der Allgemeinen Sterbetafel 2000/2002 zeigt eine Zunahme der Lebenserwartung bei 65-jährigen Männern von 12,06 auf 15,93 Jahre und bei 65-jährigen Frauen von 15,18 auf 19,55 Jahre. Zieht man die vom Antragsteller vorgetragenen Zahlen des Statistischen Bundesamts heran, stieg die Lebenserwartung in Deutschland von 1984/86 bis 2000/2002 bei 65-jährigen Männern von 13,65 auf 15,93 Jahre und bei 65-jährigen Frauen von 17,46 auf 19,55 Jahre, bis 2008/2010 auf 17,33 bzw. 20,56 Jahre. Dieser Steigerung der Lebenserwartung um ca. 20% entspricht ein im gleichen Umfang längerer Leistungsbezug. Die daraus folgende Mehrbelastung auf der Ausgabenseite verschob zunehmend das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben der Versorgungsanstalt. Ihr konnte die BRAStV einerseits durch Beitragserhöhungen begegnen, wobei dadurch aber einseitig die aktiven Mitglieder belastet worden wären. Andererseits kamen Änderungen auf der Leistungsseite in Betracht. Eine Kürzung bereits erworbener Anwartschaften zum Ausgleich des längeren Rentenbezugs hätte zur Folge gehabt, dass die betroffenen Mitglieder neben der Pflichtversorgung bei der Versorgungsanstalt zusätzliche Aufwendungen zum Ausgleich ihrer Versorgungslücke hätten erbringen müssen, und in besonderem Maß diejenigen Mitglieder getroffen, die bereits nahe am Ruhestandseintritt standen oder aus finanziellen Gründen zu einem Ausgleich nicht in der Lage waren. Zugleich wäre ihre berechtigte Erwartung enttäuscht worden, die zugesagten Leistungen später auch zu erhalten. Die Anhebung der Regelaltersgrenze als Folge zunehmender Rentenbezugsdauer und zur Gewährleistung der sonst gefährdeten Rentenleistungen stellt vor diesem Hintergrund eine zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit des Versorgungssystems geeignete und erforderliche Maßnahme dar, weil ohne Gegenmaßnahmen die gestiegene Lebenserwartung der Mitglieder und die damit verbundene Entwicklung der Rentenbezugsdauer auf längere Sicht zu einer Deckungslücke bei der Finanzierung der Leistungen geführt hätten (vgl. BayVGH vom 30.4.2015 – 21 N 14.2 – juris Rn. 40). Den Nachfinanzierungsaufwand bezifferte die BRAStV zum 31. Dezember 2007 mit 201,459 Mio. €, dem Einsparungen durch die Leistungsanpassung von 147,679 Mio. € zum 31. Dezember 2009 gegenüberstanden (vgl. Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 16. Oktober 2015 auf eine Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze, LT-Drs. 17/8646 S. 3, 5).“
Dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. April 2015 – 21 N 14.2 – lässt sich insbesondere Folgendes entnehmen (ebenso U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 – a.a.O., Rn. 43 ff.):
„Wegen der gestiegenen Lebenserwartung der Mitglieder bestand Handlungsbedarf. Nach den beigezogenen Unterlagen zu Tagesordnungspunkt 7 der Verwaltungsratssitzung vom 26. Oktober 2009, in der die Neunte Änderungssatzung letztlich beschlossen wurde, hatte der Verwaltungsrat der Antragsgegnerin die Verwaltung mit Beschlüssen vom 18. Mai 2009 beauftragt, verschiedene Alternativen auszuarbeiten. Auf der Grundlage dieser Beschlüsse wurden zunächst zwei Handlungsoptionen diskutiert. Zum einen die Anhebung der Regelaltersgrenze mit einer für die Mitglieder wertneutralen Umsetzung durch eine der vier Jahre späteren Fälligkeit entsprechenden Erhöhung der erworbenen Anwartschaften („Zuschlagsmodell“). Zum anderen eine Verringerung der Rentenlaufzeit durch einen späteren Rentenbeginn oder eine Kürzung der Rentenhöhe ohne Wertausgleich („Stufenmodell“). Berechnungen dazu ergaben, dass eine sofortige Umsetzung der „Rente mit 67“ ohne Übergangsregelungen und Wertausgleich die höhere Belastung des Versorgungswerks durch die Biometrie nicht nur ausgeglichen, sondern sogar überkompensiert hätte. Statt der benötigten ca. 7,5 v.H. wären Mittel in Höhe von ca. 8 v.H. der Deckungsrückstellung zugeflossen. Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin gab in seiner Sitzung vom 28. September 2009 grundsätzlich dem „Stufenmodell“ wegen seiner Transparenz den Vorzug, empfand aber die damit verbundene Belastung der Mitglieder (Einsparung von ca. 8 v.H. der Deckungsrückstellung) als zu hoch. Deshalb wurde die Verwaltung beauftragt, ein Stufenmodell zu entwickeln, bei dem nur eine Deckungsrückstellung in Höhe von 4 bis 5 v.H. freigesetzt wird. Nach diesen Vorgaben wurde für den Verwaltungsrat zusätzlich eine dritte Variante, das sogenannte „Mischmodell“ ausgearbeitet. Dieses Modell beinhaltete ebenso wie das „Zuschlagsmodell“ zunächst eine wertneutrale Anhebung (Ausgleichszuschlag) des Rentenalters von 63 auf 65 Jahre und dann eine stufenweise Anhebung von 65 auf 67 Jahre nach dem „Stufenmodell“. Freigesetzt würde in diesem Fall eine Deckungsrückstellung in Höhe von ca. 4,2 v.H.. Aus der Niederschrift zu TOP 7 (Satzungsänderung) der Sitzung des Verwaltungsrats vom 26. Oktober 2009 geht hervor, dass die Antragsgegnerin letztlich diese drei Lösungsvarianten in Betracht gezogen hat: das „Zuschlagsmodell“, das „Stufenmodell“ und das „Mischmodell“. Das „Zuschlagsmodell“ wurde aufgrund seiner Intransparenz und des daraus resultierenden erhöhten Beratungsaufwands für die Mitglieder verworfen. Das „Stufenmodell“ wurde wegen der damit verbundenen Belastungen als für die Mitglieder zu einschneidend nicht mehr weiter verfolgt. Der Verwaltungsrat einigte sich schließlich auf das „Mischmodell“ mit den Regelungen, wie sie in der Neunten Änderungssatzung ihren Niederschlag gefunden haben. Aus diesen für die Satzungsänderung relevanten Unterlagen wird deutlich, dass die Antragsgegnerin das ihr grundsätzlich zustehende, wenn auch eingeschränkte Ermessen ausgeübt hat und welche Erwägungen dabei für die Entscheidung maßgebend waren.
Dass das beschlossene stufenweise Hinausschieben der Regelaltersgrenze und die damit verbundenen kürzeren Rentenlaufzeiten in Form des „Mischmodells“ geeignet sind, die Finanzkraft der Antragsgegnerin im Hinblick auf die steigende Lebenserwartung der Mitglieder zu stabilisieren, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung.
Die Erhöhung des Renteneintrittsalters in der von der Antragsgegnerin beschlossenen Form ist auch erforderlich, weil sonst durch den Anstieg der Lebenserwartung eine Deckungslücke entstünde und ebenso geeignete mildere Mittel nicht ersichtlich sind. Das „Stufenmodell“ hätte nach den beigezogenen Sitzungsunterlagen vom 26. Oktober 2009 ca. 8 v.H. statt der notwendigen ca. 7,5 v.H. der Deckungsrückstellung freigesetzt und wäre damit für die Mitglieder übermäßig belastend, also nicht erforderlich gewesen. Für die Variante „Zuschlagsmodell“ und das ausgewählte „Mischmodell“ ergeben sich aus den beigezogenen Unterlagen in finanzieller Hinsicht keine unterschiedlichen Auswirkungen auf die Mitglieder. Sie sind deshalb als vergleichbar geeignet und belastend einzustufen. Die Auswahl des „Mischmodells“ erfolgte dann in nicht zu beanstandender Weise aus einem anderen Gesichtspunkt heraus, nämlich wegen des aufgrund der Intransparenz höheren Beratungsaufwands des „Zuschlagsmodells“ gegenüber den Mitgliedern.“
Der pauschale Einwand des Klägers, aus den Daten der Geschäftsberichte der Beklagten ergebe sich keine konkrete Veranlassung für eine Anhebung des Rentenalters, vermag an der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme nichts zu ändern. Der Kläger führt hierzu aus, die Beklagte verfüge über ein außerordentliches Vermögen und es sei derzeit nicht erkennbar, dass sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen werde. Eine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn sich eine wirtschaftliche Schieflage konkret abzeichnen würde. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn erkennbar würde, dass die laufenden Versorgungsleistungen zunehmend den Vermögensbestand verzehrten und konkret erkennbar wäre, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt die Versorgungsleistungen nicht mehr erbracht werden könnten.
Unabhängig davon, dass diese Argumentation durch die in Bezug genommenen Ausführungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs widerlegt ist, die sich das Gericht in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht zu eigen macht, lässt sie sich nicht mit der Vorgabe des Art. 32 Abs. 2 Satz 1 VersoG in Einklang bringen, wonach satzungsmäßige Leistungszusagen im Verhältnis zu den Beiträgen so festgelegt werden, dass die Versorgungsanstalt unter Zugrundelegung angemessen vorsichtiger versicherungsmathematischer Annahmen auf Dauer allen ihren Verpflichtungen nachkommen kann. Die angewandten Finanzierungssysteme und versicherungsmathematischen Modelle der Versorgungsanstalten müssen die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versorgungsverhältnissen sicherstellen und dürfen nicht zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der verschiedenen Jahrgänge von Versicherten führen. Bereits vor diesem Hintergrund kann der Kläger mit seinem Einwand, dass die Beklagte genug Geld habe, um das bisherige Regelalter beizubehalten, nicht durchdringen. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Abwägung, welcher Weg zu beschreiten ist, insoweit bereits vorgezeichnet. Derart angemessen vorsichtigen versicherungsmathematischen Annahmen ist es immanent, dass sich die tatsächliche Lage positiver darstellen kann. Zudem muss die Beklagte tätig werden, bevor sich eine wirtschaftliche Schieflage „konkret“ abzeichnet. Dementsprechend hatte auch der Bayerische Oberste Rechnungshof ein Tätigwerden in seinem Jahresbericht 2008 angemahnt (vgl. BayVerfGH a.a.O., Rn. 11).
ee) Die Maßnahme ist auch angemessen, da sie die Mitglieder im Verhältnis zum angestrebten Ziel nicht unverhältnismäßig belastet (vgl. BayVerfGH a.a.O., Rn. 146 ff.; BayVGH, U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.2 – a.a.O., Rn. 42; U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 – a.a.O., Rn. 46 f.).
Hierbei ist zunächst zu beachten, dass den Mitgliedern mit Versorgungsanwartschaften ein verzögerter Eintritt in den Ruhestand oder im Fall eines vorgezogenen Ruhestands ein durch Abschläge vermindertes Altersruhegeld als Ausgleich für ihre längere durchschnittliche Rentenbezugsdauer zugemutet werden kann. Sie konnten berechtigterweise nicht erwarten, dass die zusätzliche Belastung allein von den Erwerbern künftiger Anwartschaften in Form geringerer Rentenaussichten getragen würde. Die Verlängerung der Zeit, in der Beiträge zu erbringen sind, und die durch den späteren Versorgungsbeginn verkürzte Rentenbezugsdauer werden zudem durch die stufenweise Umsetzung abgemildert, § 48b Abs. 1 der Satzung. Diese erstreckt sich über einen Zeitraum von 26 Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der 9. Änderungssatzung am 1. Januar 2010, sodass auf die Angehörigen der ruhestandsnahen Jahrgänge geringere Belastungen zukommen als auf die jüngeren Mitglieder, die genügend Zeit haben, um sich auf die Veränderungen einzustellen. Zusätzlich erhalten die am 31. Dezember 2009 vorhandenen Mitglieder – und damit auch der Kläger – für ihre bis dahin erworbenen Anwartschaften einen anteiligen Wertausgleich, § 48b Abs. 2 der Satzung. Für die Anhebung der Regelaltersgrenze von der Vollendung des 63. auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs werden ihre vor dem 1. Januar 2010 erworbenen Anwartschaften einmalig zum 1. Januar 2010 um einen versicherungsmathematischen Zuschlag von 11,81% erhöht. Damit ist die Erhöhung der Regelaltersgrenze bis zum 65. Lebensjahr für diese Mitglieder wertneutral, was auch für den Kläger gilt, der die Regelaltersgrenze beim Jahrgang 1956 mit 65 Jahren und 5 Monaten erreicht, worauf die Beklagte zutreffend hinweist.
Soweit der Kläger einwendet, weder bei den Normenkontrollanträgen noch bei der Popularklage habe man sich mit seinem speziellen Fall als Rechtsanwalt des Anfangsbestands befasst, ist dem entgegenzuhalten, dass sich sowohl der Bayerische Verfassungsgerichtshof als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gerade auch mit den Interessen der rentennahen Jahrgänge auseinandergesetzt haben. Davon sind auch die Rechtsanwälte des Anfangsbestands, § 47 der Satzung, umfasst. Gegen eine weitere Privilegierung des Anfangsbestands spricht zudem die deutliche Mahnung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, darauf zu achten, dass es nicht zu einer übermäßigen Belastung von Mitgliedern kommt, die künftig Anwartschaften erwerben (BayVerfGH a.a.O., Rn. 148):
„Dass im Rahmen der 9. Änderungssatzung nicht der gesamte aus der höheren Rentenbezugsdauer folgende Nachfinanzierungsbedarf ausgeglichen wurde, macht die Regelung nicht unverhältnismäßig zum Nachteil der Mitglieder, die künftig Anwartschaften erwerben. Es hätte sonst entweder der Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand auf mehr als 67 Jahre angehoben oder der Rentenbemessungsfaktor (§ 32 Abs. 6 der Satzung) auf weniger als 1 festgesetzt werden müssen. Im ersten Fall wären alle noch nicht zum Rentenbezug berechtigten Mitglieder betroffen gewesen, weil sie erst später Leistungen erhalten würden und länger Beiträge hätten zahlen müssen. Im anderen Fall hätten sich Auswirkungen für Mitglieder und Hinterbliebene ergeben, sobald sie wegen des niedrigeren Rentenbemessungsfaktors geringere Versorgungsleistungen erhalten hätten. Die getroffene Lösung vermeidet diese Nachteile; sie hat jedoch zur Folge, dass der nicht gedeckte Teil des Aufwands, der durch die längere Bezugsdauer der Versorgungsleistungen entsteht, anderweitig zu finanzieren ist. Dies muss jedoch nicht zwingend aus den künftigen Beiträgen oder durch einen niedrigeren Rentenbemessungsfaktor für künftige Versorgungsempfänger geschehen. Es liegt noch im Beurteilungsspielraum des Satzungsgebers, wenn er davon ausgeht, dieser Teil des Aufwands – der über einen längeren Zeitraum hin anfällt – könne über wieder ansteigende Zinserträge gedeckt werden, und er sich insoweit eine Kürzung bereits entstandener Anwartschaften lediglich vorbehält. Der Satzungsgeber wird allerdings sorgfältig zu beobachten haben, ob seine Erwartungen hinsichtlich einer angemessenen Abwägung der betroffenen Interessen eintreffen oder ob – bei Fortdauer der Niedrigzinsphase – eine Stabilisierung der Leistungsfähigkeit allein über den niedrigeren Rechnungszins und den Rentenbemessungsfaktor zu einer nicht mehr gerechtfertigten einseitigen Heranziehung der Mitglieder führt, die künftig Anwartschaften erwerben.“
ff) Schließlich genügt die 9. Änderungssatzung auch dem Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl. BayVerfGH a.a.O., Rn. 149 m.w.N.; BayVGH, U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.2 – a.a.O., Rn. 43 f. m.w.N.; U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 – a.a.O., Rn. 48 f. m.w.N.).
Zwar entfaltet die Anhebung der Regelaltersgrenze eine unechte Rückwirkung, da sie an zum Teil in der Vergangenheit liegende Vorgänge für die Zukunft Rechtsfolgen knüpft, die von den bisher geltenden Vorschriften abweichen. Diese Rechtsfolgen sind jedoch mit keinen unangemessenen Belastungen verbunden. Ein Vertrauen darauf, dass eine erworbene Ruhegeldanwartschaft einschließlich der Regelaltersgrenze von 63 Jahren gegen demographische Entwicklungen oder Veränderungen innerhalb des Mitgliederbestands abgesichert sei, ist rechtlich nicht geschützt. Dem mit zunehmender Rentennähe steigenden Vertrauensschutz, den grundsätzlich auch der Kläger für sich in Anspruch nehmen kann, wird durch die stufenweise Anhebung der Regelaltersgrenze sowie den anteiligen Wertausgleich angemessen Rechnung getragen, s.o. Darüber hinaus hätte der Kläger seit dem Inkrafttreten der 9. Änderungssatzung immerhin noch etwa zehn Jahre lang Zeit gehabt, sich in seiner Lebensführung auf die veränderten Verhältnisse einzustellen und gegebenenfalls eine ergänzende Alterssicherung aufzubauen – wenn auch im Hinblick auf den begrenzten Zeitraum in bescheidenem Ausmaß.
Das vom Kläger geltend gemachte uneingeschränkte Vertrauen in den Fortbestand der ursprünglichen Regelaltersgrenze ist mithin nicht schützenswert, zumal – wie ausgeführt – Versorgungsanwartschaften von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen innewohnt. Vor diesem Hintergrund geht die Argumentation des Klägers ins Leere, die Regelaltersgrenze von 63 Jahren sei für ihn „Geschäftsgrundlage“ für die Entscheidung gewesen, Mitglied der Beklagten zu werden. Eine solche einseitige Erwartungshaltung ist nicht geschützt und für sich genommen von vornherein nicht geeignet, die Satzungsautonomie der Beklagten einzuschränken. Zudem bedeutet der Umstand, dass sich die Anwartschaft auf der Basis der damals geltenden Satzungsregelungen der Höhe nach beziffern ließ, nicht, dass dem Kläger aufgrund der bisherigen Beiträge später auf jeden Fall ungeachtet zwischenzeitlicher Veränderungen ein Rentenanspruch in dieser Höhe zustehen muss.
Auch der Einwand des Klägers, er habe sich als Rechtsanwalt des Anfangsbestands unter bestimmten Voraussetzungen von einer Mitgliedschaft befreien lassen können, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hat sich letztlich ganz bewusst auf die Mitgliedschaft eingelassen und sich damit vorbehaltlos unter das Regelungsregime der Satzung der Beklagten begeben, das grundsätzlich für alle Mitglieder gleichermaßen gilt. Die Vor- und Nachteile dieses Systems treffen grundsätzlich alle Mitglieder des vom Gedanken der Solidarität getragenen Versorgungswerks in gleicher Weise.
Der Kläger kann sich darüber hinaus auch nicht darauf berufen, dass nicht ausreichend deutlich gemacht bzw. darauf hingewiesen worden wäre, dass auch das Regelrentenalter Änderungen unterliegen kann. Dass grundsätzlich jede Norm – auch wenn sie von weitreichender Bedeutung ist – geändert werden kann, ist eine Selbstverständlichkeit, die sich schon aus der Regelungshoheit bzw. Satzungsautonomie des jeweiligen Normgebers ergibt. Die von einer solchen Änderung Betroffenen werden durch die allgemeinen Vorgaben des (höherrangigen) Rechts ausreichend geschützt. Dass dem Kläger der ihm zustehende Schutz – insbesondere durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes infolge der unechten Rückwirkung – nicht weitreichend genug ist, ändert daran nichts. Dies gilt umso mehr, als der Kläger selbst darauf hinweist, dass in Art. 8 Abs. 4 des Gesetzes über die Bayerische Rechtsanwaltsversorgung vom 20. Dezember 1983 klargestellt war, dass Satzungsänderungen auch für bestehende Mitgliedschafts- und Versorgungsverhältnisse gelten, soweit nichts anderes bestimmt wird. Im Hinblick darauf, dass eine solche „andere Bestimmung“ fehlt – und zwar gerade auch in den Übergangsbestimmungen für den Anfangsbestand, §§ 44 ff. der Satzung von 1984 – hätte dem Kläger nicht zuletzt im Hinblick auf seine juristische Vorbildung klar sein müssen, dass es für die Regelaltersgrenze von 63 Jahren keinen Bestandsschutz oder gar eine Ewigkeitsgarantie gibt.
Des Weiteren dringt der Kläger mit seinem Argument nicht durch, es sei schon zur Zeit der Gründung der Beklagten absehbar gewesen, dass die Lebenserwartung weiter steige. Dies ergibt sich zunächst schon daraus, dass es grundsätzlich Sache des Normgebers ist, wie er im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit mit potentiellen künftigen Änderungen der Rahmenbedingungen umgeht. Darüber hinaus macht der Umstand, dass die Regelaltersgrenze immerhin bis 2009 – also 25 Jahre lang – unverändert geblieben ist, deutlich, dass die damalige Prognose durchaus tragfähig war. Im Übrigen ist es Prognosen immanent, dass sie durch tatsächliche Entwicklungen überholt werden können, wie der Kläger unter Hinweis auf die Corona-Pandemie selbst feststellt. Aus dieser Selbstverständlichkeit ergibt sich jedoch weder eine entsprechende Hinweispflicht eines Normgebers, noch die Pflicht, bereits von vornherein entsprechende Regelungen für einen solchen Fall zu treffen, zumal es fraglich erscheint, ob eine solche Regelung überhaupt sinnvoll formuliert werden könnte. Vielmehr verdeutlicht der Einwand des Klägers, dass er angesichts der bereits damals bekannten steigenden Lebenserwartung nicht (uneingeschränkt) darauf vertrauen durfte, dass die Ruhestandsregelungen unverändert bleiben würden und er auf jeden Fall und unabhängig davon, in welchem Maß sich die Rahmenbedingungen ändern würden, mit Eintritt des 63. Lebensjahrs abschlagsfrei altersrentenbezugsberechtigt sein würde.
b) Der Kläger ist durch die Anhebung der Regelaltersgrenze auch nicht in seinen Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV verletzt (vgl. hierzu allgemein BayVGH, U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.2 – a.a.O., Rn. 45 ff. m.w.N.; U.v. 30.4.2015 – 21 N 14.1 – a.a.O., Rn. 50 ff. m.w.N.).
Der Kläger macht insofern geltend, die Satzungsänderung hätte eine Ausnahme für die Pflichtmitglieder vorsehen müssen, die die Möglichkeit gehabt hätten, sich von der Pflichtversicherung befreien zu lassen. Im Hinblick auf die Ausführungen unter a) ergibt sich hieraus jedoch kein ausreichender Anlass für eine Differenzierung zu den sonstigen Mitgliedern der Beklagten. Die bestehenden Unterschiede zwischen den rentennahen Mitgliedern (und damit auch denen des Anfangsbestands) und den jüngeren Mitgliedern der Beklagten hat der Satzungsgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit in der 9. Satzungsänderung ausreichend berücksichtigt, insbesondere durch die (nur) stufenweise Anhebung des Regelrentenalters sowie den anteiligen Wertausgleich in § 48b Abs. 1 und 2 der Satzung. Eine weitere Abwälzung der Problematik auf die jüngeren Jahrgänge bzw. künftige Mitglieder erscheint vor diesem Hintergrund nicht angezeigt, auch im Hinblick auf das Solidaritätsprinzip sowie die oben dargestellte Mahnung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (a.a.O. Rn. 148). Dies gilt umso mehr, als das vom Kläger für sich in Anspruch genommene uneingeschränkte Vertrauen in den Fortbestand der ursprünglichen Regelaltersgrenze von vornherein nicht schützenswert ist. Auch der Umstand, dass sich der Kläger von der Mitgliedschaft bei der Beklagten hätte befreien lassen können, führt zu keinem anderen Ergebnis.
4. Dementsprechend hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die begehrte Zinszahlung. Unabhängig davon gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, aus dem die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen hergeleitet werden kann; die Folgen der Nichterfüllung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen richten sich vielmehr nach dem im Einzelfall einschlägigen Spezialrecht (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.1990 – 3 C 56/88 – juris Rn. 17). Weder die Satzung des Versorgungswerks der Beklagten noch das Rechtsanwaltsversorgungsgesetz enthalten eine Regelung, die den Beklagten verpflichtet, für rückständige Versorgungsleistungen Zinsen zu zahlen.
5. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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