Aktenzeichen 14 ZB 16.1585
Leitsatz
1 Eine privatrechtliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst führt nur dann zur Ernennung zum Beamten‚ wenn die Ernennung mit der vorher geleisteten Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang‚ d.h. in einem Zusammenhang in funktioneller und zeitlicher Hinsicht‚ steht. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Falle mehrerer aufeinander folgender Beamtenverhältnisse kommt es für die Anerkennung von Vordienstzeiten gemäß § 10 Abs. 1 BeamtVG grundsätzlich auf das Beamtenverhältnis an‚ aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt; dies gilt auch für den Fall, dass alle Tätigkeiten bei demselben Dienstherrn ausgeübt worden sind. (Rn. 3 und 6) (redaktioneller Leitsatz)
3 Grundsätzlich werden erst durch den Vorbereitungsdienst die Kenntnisse und Fähigkeiten für die Erfüllung dienstlicher Aufgaben im Bereich des gehobenen Dienstes erworben. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
Au 2 K 16.602 2016-07-28 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 13.279‚68 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt jedenfalls nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers dahingehend‚ bei der Bestimmung des Ruhegehaltssatzes zur Festsetzung seiner Versorgungsbezüge die Zeit vom 22. Februar 1978 bis 31. März 1985 als ruhegehaltfähige Dienstzeit anzuerkennen‚ als unbegründet abgewiesen‚ da der Kläger hierauf keinen Anspruch habe. Diese Zeitspanne‚ in der der Kläger als Fernmeldehandwerker bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei‚ könne nicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG angerechnet werden‚ da diese Tätigkeit nicht zu seiner Ernennung zum Beamten geführt habe. Eine solche privatrechtliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst führe nur dann zur Ernennung zum Beamten‚ wenn die Ernennung mit der vorher geleisteten Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang‚ d.h. in einem Zusammenhang in funktioneller und zeitlicher Hinsicht‚ stehe. Beim Kläger bestehe die Besonderheit‚ dass er bei der Beklagten unmittelbar nacheinander in zwei Beamtenverhältnissen gestanden habe‚ nämlich zunächst im mittleren Dienst und danach – nach Entlassung – im gehobenen Dienst. Im Falle mehrerer aufeinander folgender Beamtenverhältnisse komme es für die Anerkennung von Vordienstzeiten gemäß § 10 Abs. 1 BeamtVG grundsätzlich auf das Beamtenverhältnis an‚ aus dem der Beamte in den Ruhestand trete‚ hier also das Beamtenverhältnis (auf Probe) im gehobenen Dienst (zum Technischen Fernmeldeoberinspektor) mit Wirkung 1. Dezember 1991. Die Tätigkeit als Fernmeldehandwerker habe nicht zur Ernennung des Klägers zum Technischen Fernmeldeoberinspektor geführt. Es sei vielmehr grundsätzlich davon auszugehen‚ dass die für eine Laufbahn erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse vollumfänglich und in ausreichendem Maße im Vorbereitungsdienst erworben und durch die Laufbahnprüfung nachgewiesen würden. Kenntnisse und Erfahrungen‚ die vor Beginn des Vorbereitungsdienstes erworben worden seien‚ träten dann regelmäßig in den Hintergrund und stünden nicht im erforderlichen funktionellen Zusammenhang zu dem maßgeblichen Beamtendienst.
Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt‚ die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
Der Kläger wendet gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein‚ es stütze sich bei seiner Auffassung insbesondere auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 28. Januar 2008 – 4 S 444/06 – (juris). Die Situation des Klägers stelle sich jedoch anders als dort dar. Beim Kläger hätten – anders als dort – sowohl seine Tätigkeit als Fernmeldehandwerker als auch seine Tätigkeiten als Beamter im mittleren sowie sodann im gehobenen Dienst beim selben Dienstherrn stattgefunden. Hier liege eine aufeinander aufbauende berufliche Entwicklung vor‚ die letztlich zur Übernahme in das Beamtenverhältnis im gehobenen Dienst geführt habe. Der Kläger sei mit Schreiben vom 15. März 1991 ausdrücklich aufgefordert worden‚ seine Entlassung aus dem mittleren Dienst zu beantragen‚ um in den gehobenen Dienst wechseln zu können. Dies sowie der Umstand‚ dass dem Kläger im Rahmen seines Beamtenverhältnisses im mittleren Dienst für seine Weiterbildung Urlaub ohne Besoldung gewährt worden sei‚ begründe die entsprechende Verknüpfung der beiden Beamtenverhältnisse. Das Verwaltungsgericht habe eine nicht gerechtfertigte Aufspaltung der beiden beamtenrechtlichen Zeiträume vorgenommen. Es sei der – vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim aufgehobenen – Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. Januar 2006 sowie der Kommentarliteratur zu folgen‚ wonach Vordienstzeiten‚ die vor einem früheren Beamtenverhältnis lägen‚ aus dem heraus der Versorgungsfall nicht eingetreten sei‚ dann als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden könnten‚ wenn sie für dieses die Voraussetzungen des § 10 BeamtVG erfüllten und die Dienstzeit dieses Beamtenverhältnisses selbst ruhegehaltfähig sei.
Mit diesem Vortrag kann der Kläger die Richtigkeit der Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in durchgreifender Weise in Frage stellen. Es ist schon nicht richtig, dass bei der dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28. Januar 2008 zugrunde liegenden Fallgestaltung die Beamtenverhältnisse im mittleren und gehobenen Dienst bei jeweils einem anderen Dienstherrn bestanden haben. Dort wie hier war Dienstherr jeweils der Bund (vgl. § 2 BBG); anders als dort waren die Beamtenverhältnisse nur bei unterschiedlichen Bundesbehörden ausgeübt worden und die Vortätigkeit hatte außerhalb des öffentlichen Dienstes stattgefunden. Im Übrigen zeigt der Kläger nicht auf, inwieweit der Umstand, dass in seinem Fall sämtliche berufliche Tätigkeiten bei der Deutschen Bundespost ausgeübt worden sind, von maßgeblicher Bedeutung sein könnte. Es wird insbesondere nicht dargelegt, inwieweit seine Tätigkeit als Fernmeldehandwerker noch ein wesentlicher Grund für seine Übernahme in das Beamtenverhältnis im gehobenen Dienst gewesen sein könnte. Wie das Verwaltungsgericht richtig ausgeführt hat, kommt es nach ständiger Rechtsprechung (nur) auf die Anforderungen des Beamtenverhältnisses an, in dem der Beamte in den Ruhestand tritt, da aus diesem Beamtenverhältnis die Versorgung gewährt wird (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2007 – 2 C 18.06 – NVwZ-RR 2007, 469 Rn. 19 m.w.N.). In Bezug auf dieses Beamtenverhältnis im gehobenen Dienst hat das Verwaltungsgericht maßgeblich darauf abgestellt, dass die Anforderungen an die Ernennung eines Beamten (auf Probe) im Wesentlichen durch die Ableistung des Vorbereitungsdienstes und das Bestehen der Laufbahnprüfung erfüllt werden. Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte (vgl. etwa BayVGH, B.v. 11.5.1998 – 3 ZB 98.642 – juris Rn. 19; OVG NW, U.v. 9.5.2011 – 1 A 88/08 – juris Rn. 41); sie wird auch vom Bundesverwaltungsgericht gebilligt, das es ebenfalls für plausibel hält, dass erst durch den Vorbereitungsdienst die Kenntnisse und Fähigkeiten für die Erfüllung dienstlicher Aufgaben im Bereich des gehobenen Dienstes erworben werden (BVerwG, B.v. 5.12.2011 – 2 B 103.11 – juris Rn. 10 zur Nichtberücksichtigung einer dem mittleren Dienst vergleichbaren vordienstlichen Tätigkeit als Verwaltungsangestellter bei einem Beamtenverhältnis im gehobenen Dienst). Allein mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen, dessen Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg aufgehoben worden ist, bzw. auf andere Auffassungen in der Literatur wird die Richtigkeit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert in Frage gestellt. Es wird insbesondere nicht herausgearbeitet, inwieweit gegenüber dem vom Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der genannten Rechtsprechung als maßgeblich erachteten Vorbereitungsdienst für den gehobenen Dienst die Tätigkeit als Fernmeldehandwerker noch irgendeine Bedeutung für die spätere Ernennung des Klägers zum Beamten (auf Probe) im gehobenen Dienst gehabt haben könnte.
Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.