Arbeitsrecht

Anfechtung von Wahlen nach Verselbständigung von Dienststellen nach § 6 Abs 3 PersVG LSA

Aktenzeichen  17 A 5/20 MD

Datum:
19.4.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Magdeburg 17. Kammer
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:VGMAGDE:2022:0419.17A5.20MD.00
Spruchkörper:
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Leitsatz

Die Verselbständigung nach § 6 ABs. 3 Satz 1 PersVG LSA führen alle Beschäftigten herbei, die in der Nebenstelle tätig sind. Wahlberechtigt zum Personalrat der verselbständigten Dienststelle sind ebenfalls alle Beschäftigten dieser Dienststelle, und zwar auch solche Beschäftigten, die nicht in diese Dienststelle “eingegliedert” sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um räumlich entfernte Nebendienststellen i. S. d. § 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 PersVG LSA handelt.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.
Eine Kostenentscheidung ergeht nicht.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ficht die Wahl der beteiligten örtlichen Personalräte an.
Der Antragsteller ist Geschäftsführer des Landesbetriebs (BLSA). Der Landesbetrieb ist zweistufig aufgebaut und besteht aus einer Direktions- und einer Durchführungsebene. Die Direktionsebene befindet sich in A-Stadt und gliedert sich in die Geschäftsführung und die Geschäftsbereiche. Letztere unterteilen sich in verschiedene Fachbereiche. Neben der Direktionsebene hat der Landesbetrieb zwei Technische Büros innerhalb der Durchführungsebene, und zwar in A-Stadt für den Bereich Nord und in F-Stadt für den Bereich Süd. An das Technische Büro A-Stadt sind das Baubüro S-Stadt und das Baubüro D-Stadt angegliedert. An das Technische Büro F-Stadt ist das Baubüro H-Stadt angegliedert. In der Direktionsebene sind alle Querschnittsbereiche zusammengeführt. Die entsprechenden Mitarbeiter erfüllen Aufgaben der Direktionsebene in A-Stadt, sind jedoch teilweise an den ausgelagerten Standorten beschäftigt, die 54 km (Baubüro D-Stadt), 74 km (Baubüro H-Stadt) bzw. 86 km (Technisches Büro F-Stadt) von der Stammdienstelle in A-Stadt entfernt sind.
Im Technischen Büro F-Stadt, im Baubüro D-Stadt und dem Baubüro H-Stadt beschlossen deren Beschäftigte im Februar 2020 jeweils in geheimer Abstimmung, sich gemäß § 6 Abs. 3 PersVG LSA zu verselbständigen. Daraufhin erklärte das Ministerium der Finanzen des Landes mit Schreiben vom 11.02.2020 das Technische Büro F-Stadt, das Baubüro D-Stadt und das Baubüro H-Stadt zu Dienststellen im Sinne des Personalvertretungsgesetzes.
Am 02.12.2020 fanden die Wahlen der örtlichen Personalräte statt. Dabei wählten die Direktion, das Technische Büro A-Stadt und das Baubüro S-Stadt einen gemeinsamen örtlichen Personalrat A-Stadt (Beteiligter zu 1.). Dort wurden sieben Personalratsmitglieder gewählt. Die neu verselbständigten Dienststellen in F-Stadt, D-Stadt und H-Stadt wählten eigene örtliche Personalräte (Beteiligte zu 2. bis 4.), wobei für den örtlichen Personalrat in F-Stadt 5 Mitglieder und für die örtlichen Personalräte in D-Stadt und H-Stadt jeweils 3 Mitglieder gewählt wurden.
Zuvor wurden die vorgelegten Wahlvorschlagslisten und Wählerverzeichnisse für die anstehenden Wahlen vom Fachbereich 12 der Direktion geprüft und beanstandet. Danach fänden sich auf den Wahlvorschlagslisten für die örtlichen Personalräte in F-Stadt und D-Stadt Beschäftigte, die nicht wahlberechtigt gewesen seien, nämlich die Bediensteten H., A., K. und P. Außerdem hätten im Wählerverzeichnis für die örtlichen Personalräte in F-Stadt, D-Stadt und H-Stadt Bedienstete gestanden, die nicht der jeweiligen Dienststelle angehört hätten, sondern organisatorisch der Direktion zugeordnet gewesen seien.
Die Wahlen fanden am 02.12.2020 dennoch unverändert statt. Dabei wurde für den örtlichen Personalrat in F-Stadt als Vertreter der Beamten Herr H. und als Vertreter für die Tarifbeschäftigten unter anderem Herr K. gewählt. Die Bekanntmachung der Wahlergebnisse erfolgte am 04.12.2020.
Am 16.12.2020 hat der Antragsteller das vorliegende Wahlanfechtungsverfahren eingeleitet. Der bei Gericht eingereichte Antrag war von Frau Regierungsdirektorin N. unterschrieben. Beigefügt war eine vom Antragsteller unterschriebene Vollmacht, mit der Frau Regierungsdirektorin N. bevollmächtigt wurde, „die Bundesrepublik Deutschland und das Land “ u.a. in allen gerichtlichen Verfahren zu vertreten. Mit Stellungnahme vom 13.01.2022 wurde eine weitere Vollmacht vorgelegt, mit der Frau Leitende Regierungsdirektorin N. durch den Antragsteller bevollmächtigt wurde, ihn u.a. in allen gerichtlichen Verfahren zu vertreten.
Der Antragsteller trägt zur Begründung seines Wahlanfechtungsbegehrens vor, der Antrag sei zulässig, insbesondere sei der Antrag innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist eingereicht worden. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die ursprünglich vorgelegte Vollmacht nicht ausreichend gewesen sei, sei dieser Mangel im gerichtlichen Verfahren durch Vorlage einer weiteren Vollmacht geheilt worden. Abgesehen davon sei Frau N. bereits aufgrund der geschäftsplanmäßigen Vertretung zur Einreichung des Antrags befugt gewesen, was u.a. aus § 7 PersVG LSA abzuleiten sei.
Der Antrag sei auch begründet, denn in den Wählerverzeichnissen hätten Beschäftigte gestanden, die nicht (aktiv) wahlberechtigt gewesen seien. Die Wahlberechtigung setze die Beschäftigteneigenschaft sowie die Dienststellenzugehörigkeit voraus. Maßgeblich hierfür sei die Eingliederung der Beschäftigten in die jeweilige Dienststelle. Die Eingliederung wiederum sei wesentlich durch das Weisungsrecht der Dienststelle geprägt, dem eine entsprechende Weisungsgebundenheit des Beschäftigten gegenüberstehe. Die hier in Rede stehenden Bediensteten seien organisatorisch der Direktion zugeordnet und für diese tätig. Sie erbrächten lediglich ihre Tätigkeit an einem abweichenden Dienstort. Die Dienststellenleiter der betreffenden verselbständigten Dienststellen hätten gegenüber den aufgeführten Bediensteten keine Weisungsrechte. Vielmehr übe die Direktion die Dienst- und Fachaufsicht für diese Beschäftigten aus. Von dort erfolgten auch alle wesentlichen personellen Maßnahmen. Damit seien die Wahlvorschläge des technischen Büros F-Stadt (hinsichtlich der Beschäftigten H., A. sowie K.) sowie hinsichtlich des Baubüros D-Stadt (hinsichtlich der Beschäftigten P.) ungültig, weil die genannten Bediensteten vor Ort nicht wählbar seien. Außerdem hätten im Wählerverzeichnis für die örtlichen Personalräte in F-Stadt, D-Stadt und H-Stadt Bedienstete gestanden, die nicht der jeweiligen Dienststelle angehört hätten, sondern organisatorisch der Direktion zugeordnet gewesen seien. Dies habe insgesamt 42 Beschäftigte betroffen (34 Beschäftigte von insgesamt 112 Mitarbeitern im Technischen Büro F-Stadt, 4 Beschäftigte von insgesamt 42 Mitarbeitern im Baubüro D-Stadt und weitere 4 Beschäftigte von insgesamt 37 Mitarbeitern im Baubüro H-Stadt). Aufgrund dieser Verstöße sei das Wahlergebnis offensichtlich falsch. Durch die Verstöße hinsichtlich der aktiven und passiven Wahlberechtigung sei das Ergebnis der in Rede stehenden Wahlen beeinflusst worden. Die Wahlen seien deshalb sogar nichtig.
Der Antragsteller beantragt,
die Wahl zu den örtlichen Personalräten des Standorts A-Stadt, des Technischen Büros F-Stadt sowie der Baubüros H-Stadt und D-Stadt beim Landesbetrieb vom 02.12.2020 (Bekanntmachung der Wahlergebnisse am 04.12.2020) für ungültig zu erklären,
hilfsweise festzustellen, dass die Bediensteten H., K. und A. nicht für den örtlichen Personalrat des Technischen Büros F-Stadt und die Bedienstete P. nicht für den örtlichen Personalrat des Baubüros D-Stadt beim Landesbetrieb wählbar waren.
Die Beteiligten beantragen,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung tragen sie vor:
Der Wahlanfechtungsantrag sei bereits unzulässig, weil die ordnungsgemäße Bevollmächtigung nicht innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist nachgewiesen worden sei. Mit der zuerst vorgelegten Vollmacht sei Frau N. nur bevollmächtigt worden, die Bundesrepublik Deutschland und das Land zu vertreten. Die Vollmacht habe mithin nicht auch zugleich die Vertretung des Antragstellers umfasst. Die mit Stellungnahme vom 13.01.2022 vorgelegte weitere Vollmacht helfe nicht weiter. Dieses Schreiben lasse zum einen nicht erkennen, ob von der Vollmacht auch die Einleitung eines Wahlanfechtungsverfahrens umfasst gewesen sei. Zum anderen wirke die nachträgliche vorgelegte Vollmacht nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück.
Der Antrag sei aber auch unbegründet. Dabei komme es hinsichtlich des aktiven und passiven Wahlrechts auf die Frage der Eingliederung der an den Standorten beschäftigten Mitarbeiter nicht an. Es sei geklärt, dass eine Nebenstelle, selbst im Falle ihrer Verselbständigung, keinen (Teil-)Dienststellenleiter haben müsse. Hinge die Bildung eines Personalrats bei einer Nebenstelle davon ab, ob jemand bei der Nebenstelle Weisungsbefugnisse ausübe oder nicht, könnte es in diesem Fall (einer räumlich weit entfernten Nebenstelle ohne Dienststellenleiter) gar keinen örtlichen Personalrat geben. Entsprechend lasse § 6 Abs. 3 PersVG LSA die Bildung eines Personalrates in Fällen zu, in dem sich die Nebenstelle räumlich weit von der Hauptdienststelle entfernt befinde, und zwar unabhängig von einer Dienststellenleitung und damit unabhängig von der Ausübung etwaiger Weisungsrechte. Abgesehen davon treffe es auch nicht zu, dass alle hier in Rede stehenden Beschäftigten in die Direktion eingegliedert seien und das Weisungsrecht durch die Direktion ausgeübt werde.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag ist mit dem Hauptantrag zulässig, aber unbegründet.
a) Der Wahlanfechtungsantrag ist zulässig.
Nach § 27 Abs. 1 PersVG LSA kann u.a. die Leitung der Dienststelle binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, die Wahl beim Verwaltungsgericht anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
Vorliegend wurde der Antrag durch den Leiter der Dienststelle am 16.12.2020 – und damit innerhalb von 2 Wochen ab dem Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 04.12.2020 – gestellt. Dabei mag dahinstehen, ob die mit der Antragsschrift vorgelegte Vollmacht die Vollmachtnehmerin (Frau Leitende Regierungsdirektorin N.) auch dazu bevollmächtigt hat, den Antragsteller zu vertreten. Denn jedenfalls ist mit Schriftsatz vom 13.01.2022 eine solche Vollmacht vorgelegt worden. Zwar ist diese Vollmacht erst nach Ablauf der Wahlanfechtungsfrist bei Gericht eingegangen. Dies führt jedoch nicht zur Fristversäumung, denn die Erteilung der Vollmacht ist an keine besondere Form gebunden. Die schriftliche Vollmacht kann mit heilender Wirkung nachgereicht werden; auf das Ausstellungsdatum der Vollmacht kommt es dabei nicht an (OVG BB, Beschluss vom 07.10.2010 – OVG 60 PV 11.09 -, juris Rn. 17).
Etwas anders könnte allenfalls dann gelten, wenn es sich bei der Antragsfrist nach § 27 Abs. 1 PersVG LSA nicht (vorrangig) um eine prozessuale, sondern um eine materielle Frist handelte. Dies ist allerdings nicht der Fall. Insoweit wird auf die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (a.a.O., Rn. 18 ff.) hingewiesen. Die dort angestellten Überlegungen lassen sich auf das Landesrecht des Landes ohne weiteres übertragen. Zweifel daran, dass Frau N. vom Antragsteller zur Einreichung des Antrags am 16.12.2020 tatsächlich beauftragt wurde, sind im Übrigen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Da sie diesen Antrag mit „im Auftrag“ gezeichnet hat, ist vielmehr davon auszugehen, dass sie durch den Antragsteller mit der Stellung des Antrags beauftragt und hierzu zugleich bevollmächtigt wurde. Dies mag mit der ersten Urkunde nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen sein. Mit der nachträglich vorgelegten Vollmacht wurden diese Unklarheiten aber beseitigt.
Soweit die Vollmacht im Übrigen darauf gerichtet ist, den Antragsteller „in allen Rechtsangelegenheiten, gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren“ zu vertreten, beinhaltet dies entgegen der Annahme der Beteiligten auch die Befugnis, den Antragsteller in einem Wahlanfechtungsverfahren zu vertreten. Denn auch insoweit handelt es sich um eine „Rechtsangelegenheit“ im Sinne eines „gerichtlichen Verfahrens“.
Auch der Einwand der Beteiligten, mit der Antragsschrift sei nicht hinreichend deutlich geworden, dass der Antrag im Namen des Antragstellers gestellt worden sei, weil er mit „im Auftrag“ gezeichnet worden sei, verfängt nicht. Denn einleitend heißt es in diesem Schreiben ausdrücklich, dass die Anträge „namens und in Vollmacht des Antragstellers“ eingereicht worden seien.
b) Der Wahlanfechtungsantrag ist aber unbegründet.
Bei den in Rede stehenden Wahlen wurde nicht gegen Vorschriften über das Wahlrecht und/oder die Wählbarkeit verstoßen. Die hier betroffenen 42 Beschäftigten waren zu den jeweils in Rede stehenden Wahlen zu den örtlichen Personalräten aktiv und passiv wahlberechtigt.
Vorschriften über das Wahlrecht sind die Bestimmungen, die sich auf die Wahlberechtigung (aktives Wahlrecht) beziehen. Sie werden u.a. dann verletzt, wenn nicht wahlberechtigte Personen an der Wahl teilnehmen oder ein Wahlberechtigter zur Wahl nicht zugelassen wird. Wahlberechtigt zum Personalrat einer Dienststelle sind nach § 13 PersVG LSA „alle Beschäftigten der Dienststelle“. Diesem aktiven Wahlrecht folgt das passive Wahlrecht (§ 14 PersVG LSA), d. h. der nach § 13 PersVG LSA wahlberechtigte Beschäftigte kann auch gewählt werden. Voraussetzung für das aktive Wahlrecht ist grundsätzlich die Dienststellenzugehörigkeit. Dienststellenzugehörig ist der Beschäftigte, der in die Dienststelle eingegliedert ist. Dies ist der Fall, wenn er dort nach Weisung des Dienststellenleiters an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirkt (st. Rspr., BVerwG, Beschluss vom 03.11.2011 – 6 P 14/10 -, Beschluss vom 15.05.2002 – 6 P 18/01 -, Beschluss vom 27.08.1997 – 6 P 7/95 -, alle juris).
Zur Klärung der Frage, wann eine Person als „Beschäftigter der Dienststelle“ i.S.d. § 13 PersVG LSA anzusehen ist, ist § 6 PersVG LSA in den Blick zu nehmen. Danach sind Dienststellen im Sinne dieses Gesetzes die Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der Träger der öffentlichen Verwaltung gemäß § 1 sowie die Gerichte (§ 6 Abs. 1 Satz 1 PersVG LSA). Keine (originären) Dienststellen sind demgegenüber Nebenstellen oder sonstige Dienststellenteile. Diese können nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 PersVG LSA zu Dienststellen erklärt werden, wenn die Mehrheit ihrer Wahlberechtigten dies in geheimer Abstimmung beschließt. Diese Möglichkeit besteht für Nebenstellen oder sonstige Dienststellenteile, deren Leitung Befugnisse hat, die der Beteiligung der Personalvertretung unterliegen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 PersVG LSA), oder die räumlich weit von der Hauptdienststelle entfernt liegen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 PersVG LSA).
Aus Systematik und Sinn und Zweck dieser Regelung folgt: Die Verselbständigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 PersVG LSA führen alle Beschäftigten herbei, die in der Nebenstelle tätig sind (hierzu unter aa). Wahlberechtigt zum Personalrat der verselbständigten Dienststelle sind ebenfalls alle Beschäftigten dieser Dienststelle. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich – wie hier – um eine räumlich entfernte Nebenstelle i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 PersVG LSA handelt (hierzu unter bb).
aa) Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 PersVG LSA beschließt die „Mehrheit ihrer Wahlberechtigten“ über die Verselbständigung. Hiermit können nur alle Angehörigen der Nebenstellen oder sonstigen Dienststellenteilen gemeint sein, und zwar unabhängig davon, ob in diesen Nebenstellen oder sonstigen Dienststellenteilen neben der „Stammbelegschaft“ auch Angehörige eines anderen Dienststellenteils (hier: Beschäftigte der Direktion) eingesetzt werden. Denn bis zu einer Verselbständigungserklärung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 PersVG LSA handelt es sich bei den Nebenstellen oder sonstigen Dienststellenteilen um keine Dienststellen im Sinne des § 6 PersVG LSA. Zwar wird eine verselbständigte Dienststelle personalvertretungsrechtlich wie eine Dienststelle mit originärer Selbständigkeit behandelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.05.1991 – 6 P 12/89 -, juris Rn. 24, zur vergleichbaren Regelung in § 6 Abs. 3 BPersVG), aber eben erst ab diesem Zeitpunkt (der Verselbständigung). Bis dahin kann es von vornherein noch keine (verselbständigte) „Dienststelle“ geben, an die das Wahlrecht der Beschäftigten anknüpfen könnte (vgl. § 13 PersVG LSA: „alle Beschäftigten der Dienststelle“). Die Beschäftigten in Nebenstellen oder sonstigen Dienststellenteilen sind mithin bis zu diesem Zeitpunkt bei der Hauptdienststelle wahlberechtigt. Erst mit der Verselbständigung gehören die Beschäftigten nicht mehr zum Personalrat der Hauptstelle, sondern nur noch zum Personalrat ihres verselbständigten Dienststellenteils und zu dem bei der Stammdienststelle gebildeten Gesamtpersonalrat (vgl. GKÖD V, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, § 13 BPersVG Rn. 6c). Ist dies aber so, können mit der „Mehrheit ihrer Wahlberechtigten“, von der § 6 Abs. 3 Satz 1 PersVG LSA spricht, nur alle Angehörigen der Nebenstellen oder sonstigen Dienststellenteilen gemeint sein. Dies gilt unabhängig davon, ob in diesen Nebenstellen oder sonstigen Dienststellenteilen neben der „Stammbelegschaft“ auch Angehörige eines anderen Dienststellenteils (hier: Beschäftigte der Direktion) eingesetzt werden. Andernfalls wäre nach der Logik des Antragstellers kein einziger Beschäftigter einer solchen Einheit wahlberechtigt im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 PersVG LSA. Die Verselbständigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 PersVG LSA führen mithin alle Beschäftigten herbei, die in der Nebenstelle oder dem sonstigen Dienststellenteil tätig sind (vgl. auch Gronimus, in: Bieler/Vogelsang/Plaßmann/Kleffner, Landespersonalvertretungsgesetz, § 6 Rn. 28: „nur die Beschäftigten des Dienststellenteils oder der Nebenstelle“).
bb) Damit ist allerdings noch nichts darüber gesagt, welche Beschäftigten der anschließend verselbständigten Dienststelle bei den anschließenden Wahlen zum Personalrat als wahlberechtigt im Sinne des § 13 PersVG LSA anzusehen sind. § 6 Abs. 3 PersVG LSA verhält sich zum Kreis der wahlberechtigten Beschäftigten des neu verselbständigten Dienststellenteils nicht ausdrücklich. Satz 3 dieser Regelung spricht lediglich davon, dass der (Verselbständigung-)Beschluss „für die folgende Wahl“ und die Amtszeit der aus ihr hervorgegangenen Personalvertretung wirksam ist. Mangels gegenteiliger Bestimmungen ist für den Begriff der Wahlberechtigung damit grundsätzlich auf die Regelung in § 13 PersVG LSA zurückzugreifen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass am Ort einer verselbständigten Dienststelle nur deren dort „eingegliederte Stammbelegschaft“ wahlberechtigt wäre und nicht auch die dort „nicht eingegliederten“ Angehörigen eines anderen Dienststellenteils.
Hiergegen spricht schon, dass der Kreis derjenigen, die die Verselbständigungserklärung im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 PersVG LSA herbeiführen, sich dann vom Kreis derjenigen unterscheiden würde, die zur anschließenden Wahl des örtlichen Personalrats berufen sind. Für eine solche Aufsplittung der Wahlberechtigung (zur Herbeiführung der Verselbständigung einerseits und zur Wahl des Personalrats andererseits) findet im Gesetz keine Stütze. Die Systematik des Gesetzes spricht vielmehr dafür, dass der Kreis der Wahlberechtigten im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 PersVG LSA zugleich der Kreis der Wahlberechtigten im Sinne des § 13 PersVG LSA sein soll.
Die Auffassung des Antragstellers hätte zudem zur Folge, dass in einer Fallgestaltung, in der nur die Voraussetzungen § 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 PersVG LSA (räumlich weite Entfernung) gegeben sind, ohne dass zugleich die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 PersVG LSA vorliegen, es also an einem (Teil-)Dienststellenleiter fehlt, keiner der Beschäftigten der verselbständigten Dienststelle wahlberechtigt wäre. Denn ohne (Teil-)Dienststellenleiter gäbe es keine Person, die vor Ort Weisungsbefugnisse ausüben könnte. Damit könnte keiner der Beschäftigten als dienststellenzugehörig im Sinne der eingangs zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angesehen werden. Dass dies nicht im Sinne der Regelung des § 6 Abs. 3 PersVG LSA sein kann, liegt auf der Hand. In einer solchen Situation müssen deshalb alle Beschäftigten der verselbständigten Dienststelle wahlberechtigt im Sinne des § 13 PersVG LSA sein (in diesem Sinne auch GKÖD V, a.a.O.).
Gleiches muss gelten, wenn – wie hier – neben der Voraussetzung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 PersVG LSA (räumlich weite Entfernung) zugleich die Voraussetzung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 PersVG LSA erfüllt ist, an der verselbständigten Dienststelle also ein (Teil-)Dienststellenleiter vorhanden ist. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Regelung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 PersVG LSA. Mit dieser Variante soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in diesen Fällen die Kommunikation der Beschäftigten untereinander unter Kontakt zu Hauptdienststelle sowie zum dortigen Personalrat erheblich erschwert wird. Mit der Verselbständigung sollen diese Mängel verringert werden. Durch die danach geschaffene räumliche Nähe zwischen Personalrat und Beschäftigten soll nicht nur der Kontakt untereinander verbessert, sondern auch eine gute und ausreichende Betreuung der Beschäftigten gewährleistet werden (so zur Regelung in § 6 Abs. 3 BPersVG: BVerwG, Beschluss vom 29.05.1991 – 6 P 12/89 -, juris; Beschluss vom 26.11.2008 – 6 P 7/08 -, juris). Dieses Argument greift für sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer – wie hier unzweifelhaft – räumlich weit entfernten Nebenstelle, und zwar unabhängig davon, wem sie „zuarbeiten“. Sie alle sollen einen gemeinsamen Ansprechpartner vor Ort haben. Die Beteiligten haben zutreffend darauf hingewiesen, dass die „Problemlagen“, die es vor Ort geben kann (z.B. Regelungen zur Nutzung der Parkplätze oder zur Nutzung der Kantine), die „nicht eingegliederten“ Beschäftigten der verselbständigten Dienststelle genauso betreffen können wie die Beschäftigten der Stammbelegschaft.
Ob Gleiches in Fallgestaltungen zu gelten hat, in denen nur die Voraussetzung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 PersVG LSA gegeben ist, mag dahinstehen. Es ließe sich argumentieren, disloziert eingesetzte Mitarbeiter der Hauptdienststelle seien in diesem Fall in räumlichen Zusammenhang zu ihrer Hauptdienststelle beschäftigt, weshalb sie nicht in gleichem Maße schutzbedürftig seien. Ihre Belange könnten deshalb vom Personalrat der Hauptdienststelle wahrgenommen werden, wo die personellen und organisatorischen Angelegenheiten entschieden werden (in diese Richtung VG Düsseldorf, Beschluss vom 09.09.2013 – 33 K 4126/12.PVB -, juris). Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht. Jedenfalls für Fallgestaltungen, in denen ein räumlicher Zusammenhang zur Hauptdienststelle nicht besteht, muss sich der aus § 6 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 PersVG LSA folgende Grundsatz ortsnaher personalvertretungsrechtlicher Betreuung durchsetzen. In einem solchen Fall bedarf es der ortsnahen Betreuung durch den Außenstellenpersonalrat. Die Art der Einordnung in die Dienststellenhierarchie, insbesondere über fachliche Weisungsstränge, tritt demgegenüber zurück (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.11.2008 – 6 P 7/08 -, juris Rn. 37, dort auch zum „Grundmodell der Gesamtdienststelle“). Für diese Sichtweise spricht schließlich auch, dass andernfalls der Kreis der Wahlberechtigten durch organisatorische Maßnahmen (Umgliedern von Dienststellenteilen) jederzeit geändert werden könnte.
2. Der Antragsteller bleibt auch mit seinem Hilfsantrag erfolglos.
Ein solcher Antrag ist nach § 78 Nr. 1 PersVG LSA zwar zulässig. Danach entscheiden die Verwaltungsgerichte über Wahlberechtigung und Wählbarkeit. Allerdings ist der Antrag unbegründet. Der Antragsteller möchte festgestellt wissen, dass die Bediensteten, die nach seiner Auffassung nicht in die verselbständigten Dienststellen eingegliedert seien, für den jeweiligen örtlichen Personalrat nicht wählbar gewesen seien. Dies trifft allerdings nicht zu. Nach den vorstehenden Ausführungen waren auch diese Beschäftigten aktiv und passiv wahlberechtigt und damit wählbar.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 2 GKG). Einer Kostenentscheidung bedarf es im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Die Kammer hält es für angemessen, den Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG anzusetzen, wie es regelmäßig im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren geboten ist (BVerwG, Beschluss vom 21.03.2007- 6 PB 17.06 -, juris).


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