Arbeitsrecht

Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes

Aktenzeichen  L 16 AS 813/17

Datum:
7.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 32553
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 15, § 16 Abs. 1
SGB III § 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
SGG § 131 Abs. 1 S. 3

 

Leitsatz

Auch ein Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II, dessen Geltungszeitraum auf sechs Monate beschränkt ist und der eine zweimonatige Maßnahme nach § 16 Abs. 1 SGB II iVm § 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III zum Gegenstand hat, muss Ermessenserwägungen zur Geltungsdauer und Regelungen zur Überprüfung des Eingliederungsverwaltungsaktes enthalten.
Auch bei einem auf sechs Monate befristeten Eingliederungsverwaltungsakt sind Ermessenserwägungen hinsichtlich der Geltungsdauer und eine (konkrete) Regelung zur Überprüfung und Fortschreibung notwendig, die auf den Geltungszeitraum abgestimmt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 53 AS 1806/17 2017-11-15 Urt SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. November 2017 aufgehoben und festgestellt, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 17.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2017 rechtswidrig war.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 153, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Die Berufung ist begründet.
Der Senat kann in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß über den Termin informiert wurde und auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung in seiner Abwesenheit hingewiesen wurde (§ 110 Abs. 1 S. 2 SGG).
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG zulässig. Danach spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat und der Verwaltungsakt sich vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat. Vorliegend hatte sich der EVA vom 17.01.2017 bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X), weil dessen Geltungsdauer (entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II) bis zum 22.07.2017 befristet war. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig, da der Kläger ein besonderes Feststellungsinteresse aufgrund Wiederholungsgefahr geltend machen kann. Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 4 Rn. 7 m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 131 Rn. 10 bis 10 f; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl. 2011, Kap IV, Rn. 102). Die Wiederholungsgefahr ist vorliegend zu bejahen, denn der Beklagte versucht wiederholt, den Kläger in Eingliederungsmaßnahmen einzubeziehen. Es besteht daher eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit, dass auch in der nachfolgenden Zeit weitere Maßnahmen zu erwarten sind.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist begründet. Der EVA war nicht rechtmäßig, weil er keine Ermessenserwägungen hinsichtlich der Geltungsdauer und keine Regelung zur Überprüfung und Fortschreibung enthält. Diese sind auch bei einem auf sechs Monate befristeten EVA notwendig. Darauf, ob der Beklagte den Widerspruchsbescheid zu Recht als unzulässig verworfen hat, kommt es entgegen der Ansicht des Klägers nicht an. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage ist lediglich die Durchführung des Widerspruchsverfahrens. Ein solches wurde vorliegend -ordnungsgemäßdurchgeführt.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Verwaltungsakt ist § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II. Seit dem 01.08.2016 regelt § 15 SGB II die Voraussetzungen für den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung. Danach soll die Agentur für Arbeit unverzüglich zusammen mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für die Eingliederung erforderlichen persönlichen Merkmale, berufliche Fähigkeiten und die Eignung feststellen (Potenzialanalyse). Die Feststellungen erstrecken sich auch darauf, ob und durch welche Umstände die berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift soll in einer Eingliederungsvereinbarung bestimmt werden, welche Leistungen zur Eingliederung in Arbeit die leistungsberechtigte Person erhält, welche Bemühungen, in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit der erwerbsfähige Leistungsberechtigte mindestens unternehmen soll, in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind und wie Leistungen anderer Leistungsträger in den Eingliederungsprozess einbezogen werden. Die Eingliederungsvereinbarung kann insbesondere bestimmen, in welche Tätigkeiten oder Tätigkeitsbereiche die leistungsberechtigte Person vermittelt werden soll. Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB II soll die Eingliederungsvereinbarung regelmäßig, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten, gemeinsam überprüft und fortgeschrieben werden. Nach Satz 2 sind die bisher gewonnenen Erfahrungen bei jeder folgenden Eingliederungsvereinbarung zu berücksichtigen. Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II sollen die Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden, soweit eine Vereinbarung nach Abs. 2 der Vorschrift nicht zu Stande kommt.
Der Beklagte ist berechtigt gewesen, einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. Abs. 3 Satz 3 SGB II zu erlassen. Ein EVA soll erlassen werden, wenn der Grundsicherungsträger zuvor den Versuch unternommen hat, mit dem Arbeitsuchenden eine Vereinbarung zu schließen oder im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, die den Abschluss einer Vereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen (BSG, Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R, Rn.17, juris). Vorliegend hat der Beklagte dem Kläger, der sich nachhaltig weigert beim Beklagten vorzusprechen, den schriftlichen Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung übersandt, mit der Bitte, diesen zu unterschreiben. Der Beklagte hat versucht, eine Einigung mit dem Kläger zu erzielen. Aufgrund der generellen Weigerungshaltung des Klägers ist es dem Beklagten nicht zuzumuten gewesen, weitere Versuche zu einem einvernehmlichen Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung zu unternehmen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts muss grundsätzlich auch der EVA den für eine Eingliederungsvereinbarung als öffentlich-rechtlichen Vertrag geltenden Anforderungen entsprechen. Die Besonderheit einer Regelung durch Verwaltungsakt ist jedoch zu beachten. Nach der Konzeption des Gesetzgebers ist die Eingliederungsvereinbarung und damit auch der Eingliederungsverwaltungsakt das maßgebliche Werkzeug zur Planung und Gestaltung eines kontinuierlichen Eingliederungsprozesses und zur Festlegung gegenseitiger Rechte und Pflichten (BSG, Urteil vom 21.3.2019, B 14 AS 28/18 R, Rn. 13, juris).
Der Beklagte hat vor Erlass des EVA auch die seit dem 01.08.2016 gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II verpflichtend vorzunehmende Potenzialanalyse in ausreichender Weise durchgeführt. Hiernach soll die Agentur für Arbeit unverzüglich zusammen mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für die Eingliederung erforderlichen persönlichen Merkmale, beruflichen Fähigkeiten und die Eignung feststellen. Die Feststellungen erstrecken sich auch darauf, ob und durch welche Umstände die berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Nach der Gesetzesbegründung müssen Ausgangspunkt des gesamten Eingliederungsprozesses die individuell festgestellten Kompetenzen der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person sein (BT-Drs. 18/8041, S. 37). In Anlehnung an das aus dem Arbeitsförderungsrecht bekannte Instrument der Potenzialanalyse wird hierzu eine individuelle Einschätzung durchgeführt, die die Grundlage der Integrationsprognose für die Vermittlung und Beratung sowie den Einsatz von Eingliederungsleistungen bildet. Aufgrund des langjährigen SGB II-Leistungsbezugs des Klägers waren dem Beklagten die wesentlichen Kompetenzen des Klägers (Ausbildung als Industriekaufmann) und Vermittlungshindernisse (eingeschränkte Arbeitszeiten wegen Kinderbetreuung, mangelhafte Bewerbungsunterlagen) bekannt. Die Vornahme der Potenzialanalyse ist dem Anhörungsschreiben vom 09.12.2016 zu entnehmen. Da der Kläger das Gespräch mit dem Beklagten verweigert, konnte die Potenzialanalyse nicht präzisiert werden und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Inhalt des EVA vom 17.01.2017 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Ersetzt das Jobcenter eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt, sind die ersetzenden Regelungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, wie sie für die konsensuale Eingliederungsvereinbarung gelten. Die Ersetzungsentscheidung ist daher an den Zwecken auszurichten, die nach dem Regelungskonzept des SGB II mit der zu ersetzenden Eingliederungsvereinbarung verfolgt werden, und es sind die Grenzen einzuhalten, die auch bei einer vertraglichen Verständigung über die Inhalte der Eingliederungsvereinbarung zu wahren sind. Auch die Regelungen eines EVA müssen danach den Anforderungen genügen, die aus den möglichen Inhalten nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II abzuleiten sind. Zu beachten sind zudem weiter die Maßgaben, die aus der Vertragsform der zu ersetzenden Eingliederungsvereinbarung resultieren. Als öffentlich-rechtlicher Vertrag unterliegt der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung den Anforderungen des § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X. Muss danach die Gegenleistung, zu der sich der Vertragspartner der Behörde verpflichtet, den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen, so gilt nichts anderes, wenn das Jobcenter die Regelungen durch Verwaltungsakt zu ersetzen hat; auch in dieser Handlungsform wahrt die verbindliche und ggfs. die Sanktionsfolgen nach §§ 31a, 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II auslösende Konkretisierung der Eigenbemühungen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten den durch § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X vorgegebenen Rahmen nur, wenn ihr eine im Sinn der Vorschrift den Umständen nach angemessene Bestimmung der vertraglichen Leistung der Behörde, also der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II, gegenübersteht. Die Eingliederungsvereinbarung soll in Konkretisierung des Sozialrechtsverhältnisses zwischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Jobcenter sicherstellen, dass einerseits das Jobcenter Angebote unterbreitet, die den individuellen Bedürfnissen des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, den Anforderungen des Arbeitsmarktes und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit entsprechen, und andererseits soll mit jedem Leistungsberechtigten vereinbart werden, welche Anstrengungen von ihm selbst im Rahmen des Eingliederungsprozesses erwartet werden. Die Regelungen in Eingliederungsbescheiden müssen maßgeschneidert und wechselbezüglich sein (so BSG, Urteil vom 23.06.2016, B 14 AS 42/15 R).
Die im EVA festgelegten Pflichten des Klägers (Verpflichtung zur Teilnahme am Bewerbungstraining, Abfassung von mindestens acht Bewerbungen im Monat, Vorlage von Nachweisen zu den Bewerbungsbemühungen bei jedem Beratungsgespräch) sind weder nach ihrer Art noch nach der Häufigkeit der Bewerbungen zu beanstanden und zwar auch nicht für die Zeit während der Teilnahme an der Maßnahme, da diese lediglich halbtags stattfand (zur grundsätzlichen Zumutbarkeit, monatlich sechs Bewerbungen zu verlangen, ohne dass eine zumutbare Anzahl von Bewerbungen generell und pauschal angenommen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2016, B 14 AS 42/15 R). Im Übrigen handelt es sich bei der Aufforderung Bewerbungen vorzunehmen um eine Konkretisierung der in § 2 Abs. 1 SGB II geregelten Selbsthilfeobliegenheit eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Dieser ist verpflichtet, eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit fortzuführen bzw. jede zumutbare Tätigkeit i.S.v. § 10 SGB II anzunehmen. Die Bewerbung um ein Beschäftigungsverhältnis stellt dabei den ersten Schritt zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit dar. Grundsätzlich ist zur Abwendung der Hilfebedürftigkeit die Aufnahme jeder Arbeit zumutbar, die eine erwerbsfähige, leistungsberechtigte Person in Hinblick auf ihre Fähigkeiten und Leistungsvoraussetzungen erfüllen kann und darf ( Hackethal/Herbst in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 10, Rn.14). Zumutbar ist auch eine Tätigkeit, die unterhalb der erworbenen Qualifikationen und Erfahrungen liegt (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 SGB II), die Aufnahme einer geringfügigen oder befristeten Beschäftigung sowie bei einer Zeitarbeitsfirma. Die Verpflichtung zur Vorlage entsprechender Nachweise resultiert aus der allgemeinen Mitwirkungspflicht des Betroffenen gemäß § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), alle für eine Entscheidung des Leistungsträgers erforderlichen Tatsachen vorzutragen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger unzumutbar oder es für seine Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht zielführend sein könnte, Bewerbungsunterlagen zu aktualisieren und diese vorzulegen sowie acht Bewerbungen monatlich zu unternehmen und nachzuweisen.
Die vom Beklagten übernommene Verpflichtung zur Unterstützung der Bewerbungsaktivitäten durch die Kostenübernahme für ein Bewerbertraining sowie die Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen sowie ggf. nachgewiesene Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen sowie die Inaussichtstellung eines Eingliederungszuschusses steht in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Pflichten des Klägers.
Zu beanstanden ist jedoch, dass der EVA keine Ermessenserwägungen hinsichtlich der Geltungsdauer enthält. Deshalb ist er rechtswidrig. Zwar hat der Gesetzgeber keine Vorgaben zu einem festen Geltungszeitraum gemacht. Übt der Grundsicherungsträger sein gebundenes Ermessen („soll“) dahingehend aus, dass er den Eingliederungsverwaltungsakt auf sechs Monate befristet, so ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings muss dem EVA zu entnehmen sein, auf welchen Ermessenserwägungen die getroffene Regelung bezüglich des Geltungszeitraums beruht. Dies ist nach der Intention des Gesetzgebers und der Rechtsprechung des BSG notwendig, damit der Leistungsberechtigte über den zeitlichen Geltungsanspruch und den Gründen hierfür Kenntnis erlangt, auch um ggf. Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2019, B 14 AS 28/18 R, Rn. 22, juris). Der streitige EVA enthält keine Ermessenserwägungen hinsichtlich der Entscheidung über den Geltungszeitraum. Diese sind nicht deshalb entbehrlich, weil der Verwaltungsakt eine auf sechs Monate befristete Geltungsdauer hatte.
Der angefochtene EVA ist zudem auch deshalb rechtswidrig, weil er keine (konkrete) Regelung zur Überprüfung und Fortschreibung enthält, die auf den Geltungszeitraum abgestimmt ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2019, B 14 AS 28/18 R, Rn. 28, juris). Erforderlich sind nach der Rechtsprechung des BSG in Abhängigkeit vom geregelten, gesetzlich nicht mehr vorgegebenen Geltungszeitraum konkrete Regelungen zu den Anlässen oder Zeitpunkten für die gemeinsame Überprüfung während der Geltung des Verwaltungsakts (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2019, B 14 AS 28/18 R, Rn. 24, juris). Die Pflichten aus einer Eingliederungsvereinbarung bzw. einem EVA werden mit Blick auf die individuellen Fähigkeiten und die individuelle Lebenssituation des Leistungsberechtigten festgelegt. Sie sind regelmäßig zu überprüfen, ob sie insoweit noch geeignet sind (BVerfG, Urteil vom 05.11.2019, 1 BvL 7/16, Rn. 172). Vorliegend fehlen Ausführungen, warum eine Überprüfung erst nach Ablauf von sechs Monaten stattfinden soll, obwohl der EVA eine Maßnahme gemäß § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III beinhaltet, die die individuellen Fähigkeiten des Klägers fördern soll. Die Maßnahme dauerte vom 20.02.2017 bis zum 17.03.2017 und umfasste ein umfangreiches Bewerbungstraining und -coaching. Der EVA galt über die Maßnahme hinaus noch für mehr als vier Monate. Es fehlen Erwägungen, ob, wann und ggf. wie nach Abschluss der Maßnahme zeitnah dem gesetzgeberischen Ziel der Nutzung der Eingliederungsvereinbarung als kooperatives Gestaltungsmittel im Eingliederungsprozess Rechnung getragen wird (BT-Drs. 18/8041, S. 24). Hierzu sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers aufgrund der Erfahrungen und des Verlaufs der bisherigen Leistungen zur Eingliederung Anpassungen des Eingliederungsprozesses erfolgen, die auch dokumentiert werden (BT-Drs. 18/8041, S.37). Die in der Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse sind also zeitnah zu berücksichtigen und an die ggf. neu erworbenen Fähigkeiten der Leistungsberechtigten anzupassen. Die Einzelheiten hierzu sind im Verwaltungsakt im Sinne der Fortschreibung und Überprüfung konkret zu regeln, woran es hier fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG sind nicht ersichtlich.


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