Arbeitsrecht

Anrecht aus einer privaten Altersrentenversicherung bei Durchführung des  Versorgungsausgleichs

Aktenzeichen  7 UF 133/17

Datum:
18.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2017, 1308
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 58 Abs. 1, § 59 Abs. 1
VersAusglG § 2 Abs. 1, Abs. 2, § 19, § 27
BGB §§ 412, 401
ZPO § 829 Abs. 1 S.1

 

Leitsatz

Gepfändete und zur Einziehung übertragene Anrechte unterliegen grundsätzlich dem Versorgungsausgleich. Ihre Übertragung erfolgt mit den sich aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergebenden Beschränkungen. (Rn. 41)

Verfahrensgang

107 F 562/16 2016-12-20 AGNUERNBERG AG Nürnberg

Tenor

1. Der Endbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg – Abteilung für Familiensachen – vom 20. Dezember 2016 wird in Absatz 3 der Ziffer 2. – Regelung des Versorgungsausgleichs – abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der
A… L… (Vers. Nr. …) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 5.210,60 Euro nach Maßgabe der Teilungsordnung der A… L…-AG in der Fassung vom 1.12.2012 sowie nach Maßgabe des Tarifs …, bezogen auf den 31.3.2016, übertragen. Die Übertragung erfolgt mit allen sich aus den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen des Amtsgerichts Fürth vom 2. November 2016, Az. 751 M … und 29. März 2017, Az. 751 M … ergebenden Beschränkungen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Eheleuten aufgehoben.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die am … geborene Antragstellerin und der am … geborene Antragsgegner haben am 25. Februar 2005 die Ehe geschlossen.
Der Scheidungsantrag der Antragstellerin wurde dem Antragsgegner am 1. April 2016 zugestellt.
Die Ehe der Beteiligten wurde mit Endbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 20. Dezember 2016 geschieden. Insoweit ist die Entscheidung seit 8. Februar 2017 rechtskräftig.
Während der Ehezeit vom 1. Februar 2005 bis zum 31. März 2016 hatte der Antragsgegner unter anderem ein Anrecht aus einer privaten Altersrentenversicherung bei der A… L…-AG unter der Versicherungsnummer … erworben. Die A… L…-AG teilte mit Schreiben vom 10. Mai 2016 mit, dass der Ehezeitanteil der Versorgung, als Rückkaufswert berechnet, 10.621,19 € betrage. Als Ausgleichswert hat der Versorgungsträger 5.310,60 € abzüglich der hälftigen Kosten der internen Teilung von insgesamt 200.- €, mithin 5.210,60 €, vorgeschlagen.
Das Amtsgericht Nürnberg hat in Ziffer 2., 3. Absatz, des oben genannten Endbeschlusses zum Ausgleich des von der Antragstellerin bei der A… L…-AG erworbenen Anrechts wie folgt entschieden:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der A… L… (Vers. Nr. …) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 5.210,60 Euro nach Maßgabe der Teilungsordnung der A… L…-AG in der Fassung vom 1.12.2012 sowie nach Maßgabe des Tarifs …, bezogen auf den 31.3.2016, übertragen.
Am 30. Dezember 2016 ging beim Amtsgericht Nürnberg ein Schreiben der A… L…-AG ein, in dem diese mitteilte, es sei zu der beauskunfteten Versicherung des Antragsgegners eine Pfändung in Höhe von 10.000 € ausgebracht worden, so dass eine Teilung des Anrechtes in Höhe dieses Betrags nicht mehr möglich sei.
Gegen den ihr am 5. Januar 2017 zugestellten Endbeschluss hat die A… L…-AG mit Schreiben vom 24. Januar 2017, eingegangen bei dem Amtsgericht Nürnberg am 28. Januar 2017, Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung trägt sie vor, am 17. November 2016 sei bei ihr ein Pfändungsbeschluss für den dem Versorgungsausgleich unterworfenen Versicherungsvertrag eingegangen. Deswegen sei eine interne Teilung des Anrechts nicht mehr möglich.
Der Antragsgegner teilte mit Schreiben vom 10. Februar 2017 mit, es seien von dem über 10.000 € lautenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bereits 6.300,- € von 2 weiteren Drittschuldnern an die Gläubiger transferiert worden.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Sie macht geltend, die Beschwerdeführerin habe das Amtsgericht Nürnberg verspätet über das Vorliegen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses informiert und habe versäumt, ihrerseits Einwendungen gegen den Beschluss zu erheben. Die Antragstellerin sei auf das übertragene Anrecht angewiesen; es dürfe ihr nicht durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entzogen werden.
Die Pfändungsgläubiger wenden sich gegen eine Beeinträchtigung ihrer Rechte aus den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen durch die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Der Senat hat von der Beschwerdeführerin eine Kopie der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse angefordert.
Daraus ergibt sich, dass das Amtsgericht Fürth am 3. November 2016 unter dem Aktenzeichen 751 M … einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in der Zwangsvollstreckungssache H… S…, C… S… und M… S… gegen T… S… erlassen hat. Grundlage ist ein Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Aschersleben, Zweigstelle Staßfurt, vom 23. Mai 2012 über 44.130.- € zuzüglich Zinsen. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nennt als Drittschuldner neben der Beschwerdeführerin die N… B… L… GmbH& Co. KG und die Sparkasse F…. Hinsichtlich der Beschwerdeführerin erstreckt sich der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf die Forderung aus dem beschwerdegegenständlichen Versicherungsvertrag. Den Gläubigern wurde gleichzeitig mit der Pfändung die jeweilige Forderung in Höhe des gepfändeten Betrages zur Einziehung überwiesen.
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss lautet über 10.000 €, bezeichnet als Teilhauptforderung.
Am 29. März 2017 hat das Amtsgericht Fürth einen weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf Antrag derselben Gläubiger über 10.000 €, wiederum als Teilhauptforderung, gegen den Antragsgegner erlassen. Auch dieser Pfändungs- und Überweisungsbeschluss umfasst das beschwerdegegenständliche Anrecht.
Die Pfändungsgläubiger haben mit Schreiben vom 22. Juni 2017 den Lebensversicherungsvertrag gekündigt und die Auszahlung beansprucht.
Die A…-L…-AG hat mit Schreiben vom 17. Juli 2017 mitgeteilt, dass eine Auszahlung an die Gläubiger vor Abschluss des Versorgungsausgleichsverfahrens nicht erfolgen wird.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zum Beschwerdevorbringen Stellung zu nehmen. Die Eheleute hat der Senat persönlich angehört.
II.
1. Die Beschwerde der A… L…-AG ist statthaft (§ 58 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig, da sie form- und auch fristgerecht eingelegt worden ist (§ 63 Abs. 1, Abs. 3, § 64 Abs. 1, Abs. 2 FamFG) und die A… L…-AG auch beschwerdeberechtigt ist (§ 59 Abs. 1 FamFG). Die Rechtsstellung eines Versorgungsträgers ist bereits immer dann betroffen, wenn in Bezug auf das bei ihm bestehende Anrecht eine dem Gesetz nicht entsprechende Entscheidung ergangen ist, so dass nicht zu prüfen ist, ob eine Entscheidung zum Nachteil des Versorgungsträgers ergangen ist.
Dahingestellt bleiben kann, ob der Beschwerdewert von mehr als 600 Euro erreicht wird; denn § 61 FamFG kommt in Versorgungsausgleichssachen nicht zur Anwendung (§ 228 FamFG).
Die Beschwerde der A… L…-AG beschränkt sich auf den Ausgleich des bei ihr bestehenden Anrechts des Antragsgegners. Es liegt somit eine hierauf beschränkte Teilbeschwerde vor (BGH FamRZ 2011,547). Dies hat zur Folge, dass die Entscheidung des Amtsgerichts zum Ausgleich der übrigen Anrechte des Antragstellers und der Antragsgegnerin nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist.
2. Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Fürth hat zwar nicht zu Folge, dass ein Ausgleich des von den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen betroffenen Anrechts des Antragsgegners bei der Beschwerdeführerin generell nicht mehr durchgeführt werden kann, er führt jedoch dazu, dass der Ausgleich (nur noch) mit den sich aus den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen ergebenden Beschränkungen stattfinden kann.
a) Der Senat folgt nicht der von Kemper und Norpoth in FamRB 2011, 284, 287 vertretenen Ansicht, vor Ehezeitende sowie zwischen Ehezeitende und der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung gepfändete und zur Einziehung überwiesene Anrechte seien in teleologischer Reduktion von § 2 VersAusglG überhaupt nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, da die Einbeziehung derartiger Anrechte Probleme aufwerfe, die sich mit den Mitteln des Versorgungsausgleichs nicht lösen ließen. Stattdessen sollten sie güterrechtlich berücksichtigt werden, eine Lösung über § 27 VersAusglG gesucht werden, oder es sollte, so dies nicht möglich sei, unter Umständen ein Schadensersatzanspruch gegen den ausgleichspflichtigen Ehegatten in Frage kommen Die Anwartschaft des Antragsgegners bei der A… L…-AG unterliegt trotz der vorliegenden Pfändung und Überweisung zur Einziehung grundsätzlich dem Versorgungsausgleich.
Gemäß § 2 VersAusglG unterliegen dem Versorgungsausgleich im In- oder Ausland bestehende Anwartschaften auf Versorgungen (auch) aus privaten Altersvorsorgeverträgen. Ein Anrecht ist auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist, der Absicherung bei Alter oder Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit dient und – vorbehaltlich gesondert geregelter Kapitalanrechte – auf eine Rente gerichtet ist (§ 2 Abs. 1, 2 VersAusglG). Diese Voraussetzungen sind für die hier vorliegende private Rentenversicherung erfüllt.
Nicht einzubeziehen sind solche Anrechte, die wirtschaftlich nicht dem Ehegatten, sondern einem Dritten zustehen. Dies ist bei einem gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Anrecht jedoch nicht der Fall, solange die Verwertung nicht tatsächlich erfolgt ist (vgl. OLG Stuttgart, 11 UF 273/12, FamRZ 2014, 391 (392)).
b) Der Senat geht davon aus, dass ein Ausgleich in der Weise stattzufinden hat, dass das Anrecht entsprechend den Vorgaben des VersAuglG geteilt und der sich ohne Berücksichtigung der Pfändung und Überweisung zur Einziehung ergebende Ausgleichswert übertragen wird, jedoch das für den Ausgleichsberechtigten zu begründende Anrecht in entsprechender Anwendung von §§ 412, 401 BGB mit den darauf befindlichen Belastungen durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss begründet wird.
Der Senat folgt nicht einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht, wonach ein Anrecht, das mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss belastet ist, in direkter oder entsprechender Anwendung des § 19 VersAusglG als nicht ausgleichsreifes Anrecht behandelt werden muss und der Ausgleichsberechtigte auf Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß §§ 20 ff VersAusglG verwiesen wird.
Das Oberlandesgericht Stuttgart geht in seiner Entscheidung vom 30. September 2013 (11 UF 273/12) davon aus, dass ein interner Wertausgleich anlässlich der Ehescheidung nicht durchführbar ist und das gepfändete Anrecht gegebenenfalls im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen ist. Es begründet seine Ansicht damit, dass die Forderung, wenn sie lediglich zur Einziehung überwiesen ist, zwar Vermögensbestandteil des ausgleichspflichtigen Ehegatten bleibt, allerdings der Wertausgleich anlässlich der Ehescheidung nicht durchführbar sei, weil er in das Sicherungsrecht eingreife und auch der Wert des Anrechts nicht abschätzbar sei, solange nicht geklärt sei, ob und inwieweit der Pfändungsgläubiger im Versicherungsfalle seine Rechte tatsächlich ausübe.
Eine Teilung des Anrechts nach §§ 10 ff VersAusglG würde bis dahin dazu führen, dass sich der Anspruch des ausgleichspflichtigen Ehegatten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger vermindere und stattdessen ein Anspruch des ausgleichsberechtigten Ehegatten begründet werde.
Eine Aufnahme des weiterbestehenden Sicherungsrechtes in die Beschlussformel bei Ausspruch der internen Teilung (in analoger Anwendung von §§ 412, 401 BGB) könne nicht verhindern, dass das Pfändungspfandrecht des Gläubigers bei interner Teilung um die jeweiligen Teilungskosten (im entschiedenen Fall 250 Euro) vermindert werde. Der Zugriff des Sicherungsnehmers werde durch die Aufspaltung des Sicherungsrechts in zwei selbstständige Teile erschwert; der Sicherungsnehmer sehe sich nach der Teilung zwei Rechtsinhabern gegenüber, die ihm „u.U. mehr Schwierigkeiten bereiten“ könnten als ein Einzelner.
Die Begründung eines durch Sicherungsrechte belasteten Anrechts sei dem Versorgungsausgleich als gesetzlichem Ausgleichssystem grundsätzlich fremd (so auch OLG Schleswig, 10 UF 322/11, zitiert nach juris).
Das OLG Stuttgart kommt daher in Übernahme und Fortführung der Rechtsprechung des OLG Stuttgart zu abgetretenen Anrechten (11 UF 19/12 und 15 UF 172/12, zitiert nach juris), sowie in Anlehnung an die Entscheidungen des Kammergerichts (17 UF 272/11, zitiert nach juris) und des OLG Hamm (9 UF 1/13, zitiert nach juris) zu dem Schluss, dass ein gepfändetes Anrecht ebenso wie ein abgetretenes Anrecht zwar dem Versorgungsausgleich grundsätzlich unterliege, jedoch die Frage, ob und wie ein solches Anrecht letztendlich auszugleichen ist, dem Verfahren auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten sei.
Dieser Auffassung folgt z.B. auch Dörr in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., VersAusglG, § 2 Rdnr. 12, der sich dabei auf die Argumentation des OLG Stuttgart stützt.
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat sich hingegen in der Entscheidung vom 15. November 2011, 7 UF 1463/11, dafür ausgesprochen, zur Sicherung abgetretene Anrechte in Fortführung der noch zur Regelung des Versorgungsausgleichs vor Inkrafttreten des VersAusglG ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 6. April 2011 (FamRZ 2011, 963) dem Versorgungsausgleich zu unterwerfen. Bei Durchführung der internen Teilung werde das zu begründende Anrecht gemäß § 11 VersAusglG in gleicher Weise belastet wie das bei dem Ausgleichspflichtigen verbleibende Teilanrecht.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 7. August 2013 (XII ZB 673/12, zitiert nach juris) für die Behandlung von sicherungshalber abgetretenen Anrechten nach der Neuregelung des Versorgungsausgleichs die Grundsätze seiner Entscheidung vom 6. April 2011 beibehalten. Er hat dabei auch ausdrücklich festgestellt, dass die Anwendung von § 19 VersAusglG, also ein Unterbleiben des Ausgleichs eines Anrechts bei der Scheidung und der Verweis auf Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß §§ 20ff VersAusglG, nach dem Willen des Gesetzgebers Fällen vorbehalten sei, in denen es einem Versorgungsanrecht an Rechtsbeständigkeit mangele, weil noch nicht alle Voraussetzungen für seine endgültige Begründung dem Grunde oder der Höhe nach erfüllt seien. Dem stehe es jedoch nicht gleich, wenn ein bereits verfestigtes Versorgungsanrecht sicherungshalber abgetreten sei. Denn durch die Abtretung werde nicht das verfestigte Anrecht gegenüber dem Versorgungsträger in Frage gestellt und auch nicht das Bezugsrecht insgesamt widerrufen, sondern lediglich ein Rangrücktritt bewirkt.
Der BGH hat auch ausdrücklich entschieden, dass im Falle der Sicherungsabtretung der internen Teilung eines Anrechts auch nicht entgegensteht, dass das Sicherungsgut vermindert wird, wenn der Versorgungsträger die bei der internen Teilung entstehenden Kosten jeweils hälftig mit den Anrechten beider Ehegatten verrechnet (§ 13 VersAusglG). Diese gesetzliche Regelung müsse der Sicherungsnehmer ebenso wie ein Ehegatte hinnehmen, sie sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich (BGH a.a.O., Rdnr. 20, 21).
Soweit ersichtlich, ist zumindest seit Inkrafttreten des VersAusglG über die Behandlung von gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Forderungen noch nicht höchstrichterlich entschieden.
Folgt man der o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Behandlung von sicherungsabgetretenen Forderungen, so sind jedoch die Argumentation und die Schlussfolgerungen des OLG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 30. September 2013 (11 UF 273/12) von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr gedeckt, soweit sich das OLG Stuttgart dabei auf eine weitgehende Gleichbehandlung von zur Sicherheit abgetretenen und gepfändeten Anrechten beruft.
Nach Ansicht des Senats führt die o.g. Entscheidung des BGH auch dazu, dass auch Anrechte, die bei Durchführung des Versorgungsausgleichs gepfändet und zur Einziehung überwiesen sind, intern geteilt werden und beim Ausgleichsberechtigten ein Anrecht mit den sich aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergebenden Beschränkungen begründet wird.
Dies gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, dass die Sicherungsabtretung einer Forderung zur Einziehung und die Pfändung und Überweisung einer Forderung zur Einziehung teilweise unterschiedliche Wirkungen haben. Auch bei einer Pfändung und Überweisung zur Einziehung bleibt jedoch der Vollstreckungsschuldner Inhaber der Forderung und der Vollstreckungsgläubiger erhält (nur) im Umfang der Forderung ein materielles Einziehungsrecht (Dörndorfer in Dierck/Morvilius/Vollkommer, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, 2. Auflage 2016, 2. Teil, 6. Kapitel, Rdnr. 112).
Dass die Pfändung einer Forderung die Beschlagnahme der Forderung und die Verstrickung, also die Begründung der staatlichen Verfügungsmacht über die Forderung, verbunden mit einem Verfügungsverbot des Gläubigers der Forderung und mit einem Verbot an den Drittschuldner, an den Gläubiger der Forderung zu zahlen, zur Folge hat, steht einer grundsätzlichen Gleichbehandlung einer zur Sicherheit abgetretenen und einer gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Forderung im Versorgungsausgleich nicht entgegen.
Insbesondere hindert das in § 829 Abs. 1 S.1 ZPO niedergelegte Verbot für den Drittschuldner, an den Schuldner zu zahlen, die Durchführung der Teilung nach dem VersAusglG nicht. Verboten ist dem Drittschuldner im Rahmen der Rechtsbeziehung zum Schuldner diesem gegenüber die Erfüllung der Forderung. Weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn der Vorschrift werden davon staatliche Eingriffe in den Bestand der Forderung berührt, wie sie im Rahmen der Teilung von Anrechten bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs aufgrund gerichtlicher Entscheidung angeordnet werden und vom Versorgungsträger durchzuführen sind.
Vielmehr ist im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung über das von einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss betroffene Anrecht im Rahmen des Versorgungsausgleichs dafür Sorge zu tragen, dass sowohl die Rechtsstellung des Ehegatten, zu dessen Gunsten die Teilung erfolgt, als auch die Rechtsstellung des Pfändungsgläubigers berücksichtigt werden.
Dies verbietet eine Teilung der Forderung und Übertragung des Ausgleichswertes auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten ohne Berücksichtigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ebenso wie ein Unterbleiben der Teilung und damit ein vollständiges Abwälzen der Risiken aus dem Spannungsverhältnis, das sich aus der Tatsache ergibt, dass ein nach Ende der Ehezeit (teil-)gepfändetes Anrecht dem Versorgungsausgleich unterliegt, auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten.
Dieses Spannungsverhältnis lässt sich, auch wenn man nicht der Meinung von Kemper und Norpoth in FamRB 2011, 284, 287 folgen und derart belastete Anrechte dem Versorgungsausgleich grundsätzlich nicht unterwerfen will, mit den Regeln des Versorgungsausgleichs nicht vollständig auflösen. So besteht für den ausgleichsberechtigten Ehegatten die Gefahr, dass der Pfändungsgläubiger zur Erfüllung seiner Forderung nur oder in erster Linie das für den ausgleichsberechtigten Ehegatten begründete Anrecht heranzieht und das bei dem ausgleichspflichtigen Ehegatten, also dem eigentlichen Schuldner der Forderung, verbleibende Anrecht unangetastet lässt. Hieraus könnten aber ggf. Ausgleichsansprüche unter den geschiedenen Ehegatten erwachsen. Nicht ganz unberücksichtigt bleiben kann auch, dass dem Gläubiger durch die Aufspaltung des Pfändungsobjekts zumindest zusätzlicher Aufwand bei der Verfolgung seiner Rechte entstehen kann und eine gewisse Entwertung der gepfändeten Forderung durch das Entstehen von Teilungskosten eintritt. Letzteres kann zumindest im hier zu entscheidenden Fall unberücksichtigt bleiben, da die Teilungskosten von insgesamt 200 Euro die Werthaltigkeit der Forderung nicht nachhaltig berühren. Darüber hinaus muss der Pfändungsgläubiger diese gesetzliche Regelung hinnehmen. Der Pfändungsgläubiger erlangt nur die Rechtsstellung, die auch der Gläubiger der Forderung innehätte, wenn keine Pfändung erfolgt wäre (vgl. BGH a.a.O., Rn. 20,21 zur Sicherungsabtretung).
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 150 FamFG, die Entscheidung über den Wert des Beschwerdeverfahrens auf § 50 FamGKG.
Die Rechtsbeschwerde wird zur höchstrichterlichen Klärung der Behandlung von gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Anrechten im Versorgungsausgleich zugelassen.


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