Arbeitsrecht

Anspruch auf eine Zuwendung, Förderpraxis, Tätigkeit in einem ambulanten Dialysezentrum

Aktenzeichen  B 8 K 21.107

Datum:
25.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 34500
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Corona-Pflegebonusrichtlinie CoBoR

 

Leitsatz

1. Die Tätigkeit in einem ambulanten Dialysezentrum stellt keine Tätigkeit in einem ambulanten Pflegedienst dar.
2. Das Abstellen des Fördergebers in seiner ständigen Förderpraxis auf den Arbeitgeber und nicht auf den Ort der Tätigkeit (hier Krankenhaus) ist nicht willkürlich und auch vom Wortlaut der Förderrichtlinie gedeckt.
3. Eine rechtswidrige Gewährung der Zuwendung an Kollegen begründet keinen Anspruch auf eine ebenfalls rechtswidrige Zuwendung.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagtenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

1. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 14.10.2020 ist rechtmäßig und damit nicht aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Klägerin steht kein Anspruch auf Gewährung eines Pflegebonus nach der Richtlinie über die Gewährung eines Bonus für Pflegeund Rettungskräfte in Bayern (Corona-Pflegebonusrichtlinie – CoBoR) zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Wesentlichen zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen im genannten Bescheid des Beklagten sowie auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 25.03.2021 Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO.
2.1 Ergänzend ist auszuführen:
Eine Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der o.g. Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, Art. 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch auf die Förderung kann im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz (Art. 3 GG, Art18 Abs. 1 BV) allenfalls dann angenommen werden, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 23).
Daran setzt der Maßstab der gerichtlichen Überprüfung an.
Nach Nr. 2 der CoBoR sind Begünstigte der Richtlinie Personen, die in bestimmten Einrichtungen eine geförderte pflegerische Tätigkeit ausüben.
(1) Gefördert wird nach Nr. 2 Satz 1 CoBoR die Tätigkeit in folgenden Einrichtungen:
– Krankenhäuser
– Rehabilitationskliniken
– Stationäre Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen
– Ambulante Pflegedienste
(2) Begünstigte Tätigkeiten sind nach Nr. 2 Satz 1 und 2 insbesondere
– Pflegende
– tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist
– Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter, nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst
– Auszubildende in den in den Anlagen benannten staatlich anerkannten Berufsgruppen
(3) Das Beschäftigungsverhältnis muss am 7 April 2020 bestanden haben und nach seiner vertraglichen Bestimmung überwiegend im Freistaat Bayern ausgeübt werden.
Für die Förderfähigkeit müssen alle Voraussetzungen erfüllt sein.
Die Klägerin ist allerdings nicht in einer nach der Richtlinie begünstigten Einrichtungen tätig.
Die Aufzählung der begünstigten Einrichtungen in Nr. 2 Satz 1 CoBoR ist abschließend formuliert und lässt auch keinen Spielraum für die Förderung weiterer (ähnlicher) Einrichtungen. Es verbietet sich nach dem oben beschriebenen Maßstab der gerichtlichen Überprüfung eine weite „Auslegung“ der Richtlinie. Die CoBoR darf nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BayVGH, a.a.O.).
Es ist vom Gericht nicht zu entscheiden, ob der Normgeber die praktikabelste oder gerechteste Lösung für die Gewährung des Corona-Pflegebonus gefunden hat, sondern ob der Normgeber sowie die tatsächliche Förderpraxis sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraumes insbesondere unter Beachtung des Willkürverbotes hinsichtlich dieser freiwilligen Leistung gehalten hat. Dies ist vorliegend der Fall.
2.1.1 a) Die Einrichtung des Arbeitgebers der Klägerin ist keine von der CoBoR begünstigte Einrichtung. Die im behördlichen Verfahren angegebene Einrichtung des Arbeitgebers, das …, … Nierenzentrum …, ist kein ambulanter Pflegedienst, sondern ein ambulantes Dialysezentrum. Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen für einen ambulanten Pflegedienst liegen nicht vor. Ein solcher unterliegt nach § 71 SGB XI besonderen Anforderungen. Weder der Arbeitgeberbestätigung noch den Akten lässt sich solches entnehmen.
Die Einrichtung des Arbeitgebers behandelt ihre Patienten im Wesentlichen ambulant therapeutisch (v.a. Dialyse und nephrologische Sprechstunde), wie sich ohne Weiteres den Angaben der Website (vgl. https://www. … abgerufen am 14.04.2021) und dem Satzungszweck (vgl. § 2 Abs. 2 der Satzung des …, gemeinnützige Körperschaft i.d.F. vom 02.07.2015, https://www. …*) entnehmen lässt.
Es handelt sich bei der Einrichtung des Arbeitgebers, dem … Nierenzentrum …, auch nicht um ein Krankenhaus oder eine Rehabilitationsklinik. Daran ändern auch etwaige, beispielsweise auf der Website angegebene „Kooperationen“ des …Nierenzentrums … mit dem … Klinikum … (https://www. …*) oder die glaubhaften Darlegungen der Klägerin, als Arbeitnehmer des …Nierenzentrums … Dienstleistungen im Gebäude und in der Station des …Klinikums oder auf der Intensivstation des …Klinikums durchgeführt zu haben, nichts.
Die Einrichtung …Nierenzentrum … ist unstreitig auch keine in ein Krankenhaus integrierte Ambulanz (vgl. CoBoR Anlage 2).
Dass der begünstigte Personenkreis auf bestimmte, in der CoBoR genannte Einrichtungen beschränkt ist, ist durch sachliche Unterschiede gerechtfertigt. Nach den Feststellungen des VG München in seiner o.g. Entscheidung vom 17.03.2021 – M 31 K 20.5587 – geht der Beklagte von den Erwägungen des Richtliniengebers aus, nach denen der Pflegebonus nicht als Gefahrenzulage konzipiert ist, sondern vielmehr an dem Umstand ansetzt, dass Pflegekräfte in dem relevanten Zeitraum vielfach versuchen mussten, die Präsenz von Angehörigen zu ersetzen, die wegen Besuchsverboten in den begünstigten Einrichtungen nicht emotional und sozial für die Betroffenen sorgen konnten (vgl. auch Antwort des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege auf eine Schriftliche Anfrage des Abg. Krahl, LT-Drs. 18/11079 vom 15.01.20201, S. 2). Damit nimmt der Richtliniengeber in der CoBoR in erster Linie typisierend eine bestimmte Situation der zu pflegenden Patienten in den Blick.
Diese besondere Situation ist in aller Regel bei ambulant tätigen Einrichtungen nicht vorhanden, so dass ihre Nichtberücksichtigung nicht willkürlich erscheint.
b) Nicht zu beanstanden ist, die Abgrenzung des Einrichtungsbegriffs als Einrichtung des Arbeitgebers. Soweit das Landesamt im Rahmen seiner Bewilligungspraxis zur Abgrenzung der Voraussetzung „Pflegende in Krankenhäusern, …“ nicht allein auf den Ort der pflegerischen Tätigkeit der Antragsteller/innen, sondern im Wesentlichen auf die Tätigkeit „in der Einrichtung des Arbeitgebers“ abstellt, begegnet ein solches Abgrenzungskriterium der förderfähigen Tatbestände keinen grundsätzlichen Bedenken und ist vom Gericht insbesondere nicht wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot zu beanstanden; dieses von der Behörde vorgenommene Abgrenzungskriterium ist nicht sachfremd. Der Wortlaut der Richtlinie verhindert diese Bewilligungspraxis jedenfalls nicht. Dass im Rahmen einer freiwilligen Leistung notwendigerweise die förderfähigen Tatbestände zur Vereinheitlichung der Förderpraxis näher bestimmt werden müssen, liegt vielmehr auf der Hand.
Diese ständige Bewilligungspraxis ist dem Gericht vom Beklagten in mehreren gerichtlichen Verfahren dargelegt worden. Dass diese Vorgehensweise bereits zu Beginn der Förderentscheidungen verfolgt worden ist, geht aus mehreren dem Gericht vorgelegten Stellungnahmen in anderen Verfahren hervor. Das Gericht hat keinen Anlass, diese Angaben anzuzweifeln. Auch die Klägerseite hat diese nicht substantiiert in Zweifel ziehen können. So wurde dem Gericht das sogenannte „Handout“, eine Entscheidungshilfe für die Behördenmitarbeiter/innen, vorgelegt. Darin ist ausgeführt, dass „Antragsteller, die in einer Dialysestation von einem dieser Arbeitgeber tätig sind, … keinen Anspruch“ haben. Daraus geht zweifelsfrei hervor, dass der Beklagte zur Subsumtion der maßgeblichen Einrichtung nicht lediglich auf den Ort der pflegenden Tätigkeit, sondern auf eine Tätigkeit „in der Einrichtung des Arbeitgebers“ abgestellt hat. Diese Bewilligungspraxis diente offensichtlich der Vereinheitlichung der Entscheidungsfindung innerhalb der Behörde. Der Wortlaut der Richtlinie steht dieser Bewilligungspraxis nicht entgegen.
Dem Klägervertreter ist zwar darin zuzustimmen, dass der Wortlaut der CoBoR einer Bewilligungspraxis dahingehend, nur auf den Ort der pflegenden Tätigkeit abzustellen, ebenfalls nicht entgegenstehen würde. Nur hat der Beklagte diese Bewilligungspraxis nicht gewählt. Soweit der Richtlinientext mehrere Bewilligungspraxen ermöglicht, so beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung, ob die von der Behörde gewählte Bewilligungspraxis sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums hält und nicht willkürlich ist (s.o.).
Ergänzend wird noch darauf hingewiesen, dass die von der Behörde gewählte Bewilligungspraxis auch unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung weiter entstehender Abgrenzungsprobleme nicht als sachfremd oder willkürlich erachtet werden kann:
So ließe eine Beschränkung ausschließlich auf den Ort der Tätigkeit andere, grundsätzliche Abgrenzungsprobleme hinsichtlich des mit der CoBoR beabsichtigten Zwecks nach einer gewissen Dauerhaftigkeit der pflegenden Tätigkeiten entstehen (z.B. Häufigkeit und Dauer des pflegenden Einsatzes am konkreten Ort der Tätigkeit). Immerhin sind (neben ambulanten Pflegediensten) nach Nr. 2 CoBoR sowie Anlage 1 („Langzeitpflege“) nur stationäre Einrichtungen begünstigt. Aus diesem Grund erscheint das Hinzunehmen des Kriteriums durch das Landesamt und Abstellen auf eine Tätigkeit „in der Einrichtung des Arbeitgebers“ jedenfalls nicht willkürlich. So lässt sich der jeweilige Arbeitgeber ohne größeren Ermittlungsaufwand feststellen, während der Ort der Arbeitseinsätze der Beschäftigten – z.B. des … – durchaus variieren und deshalb unter Umständen nicht mehr eindeutig bestimmbar sein kann. Zudem gewährleistet dieses Kriterium „Einrichtung des Arbeitgebers“ die gewisse Dauerhaftigkeit der pflegenden Tätigkeit ausreichend zuverlässig.
Wie groß die räumliche Nähe zwischen dem Dienstleistungserbringer, der ambulanten Dialysestation, und der Kooperationsklinik ist, spielt aus diesem Grund keine entscheidende Rolle, so dass es auch im Fall der Klägerin nicht darauf ankommt, dass das …Nierenzentrum … unter derselben Adresse wie das … Klinikum … firmiert. Der Beklagte weist auch in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die Begünstigung derjenigen ambulanten Dialyseeinrichtungen mit einer räumlichen Angliederung an eine Klinik durchaus wiederum eine Benachteiligung anderer ambulanter Dialyseeinrichtungen darstellt, die sich räumlich von der Klinik entfernt haben, und damit lediglich neue Abgrenzungsschwierigkeiten hervorruft.
Dass das Ergebnis dieser Abgrenzungskriterien vorliegend wegen der immensen räumlichen Nähe zwischen dem Arbeitgeber der Klägerin und dem …Klinikum …, der historischen Entwicklung und dem Umstand, dass die Klägerin überwiegend in den Räumen des …Klinikums tätig ist, von ihr als Härte empfunden wird, ist nachzuvollziehen.
Doch führen Abgrenzungskriterien im Grenzbereich zwangsläufig zu Sachverhalten, die als Härten empfunden werden. Deutlich wird dies beispielsweise im Steuerrecht, wenn Freibeträge bei Überschreiten einer fixen Einkommensgrenze nicht mehr gewährt werden, obwohl im Extremfall nur ein Euro Differenz den Ausschlag geben kann. Da auch jede freiwillige Gewährung von finanziellen Unterstützungen einer Grenzziehung zu nicht (mehr) förderfähigen Tatbeständen bedarf, entstehen auch in diesem Rechtsgebiet entsprechende Grenzbereiche. Auch hier können im Bereich der unmittelbaren Grenzfälle die Unterschiede sehr gering sein und die Ergebnisse im Einzelfall als unbefriedigend empfunden werden. Dies liegt auf der Hand, ist aber systemimmanent.
Daran ändert auch der Umstand nichts, wenn vorliegend nach den Angaben des Klägervertreters nahezu alle Dienstleistungen, die die Klägerin im Auftrag des Arbeitgebers erbringt, im Rahmen des Gesamtversorgungsauftrages des …Klinikums … an dort stationär aufgenommenen Patienten vorgenommen werden.
Auch wenn das vorliegende Ergebnis der Grenzziehung als Härtefall empfunden werden kann, erwächst der Klägerin daraus kein Anspruch auf Bewilligung einer Zuwendung nach der CoBoR.
c) Es ist auch nach gerichtlichem Hinweis weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin als Arbeitnehmer des … Klinikums anzusehen bzw. als solche im Klinikum eingesetzt gewesen wäre. Dass aufgrund eines etwaigen Kooperationsvertrages mit dem … Klinikum … dieses und nicht das …, …Nierenzentrum … der rechtliche Arbeitgeber der Klägerin wäre, ist im Übrigen weder dem klägerischen Vortrag noch den Akten zu entnehmen. Dass die Voraussetzungen des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung – Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – (AÜG) vom 03.02.1995, zuletzt geändert durch Art. 2 Gesetz vom 13.03.2020 BGBl I 2020, 493, vorliegen, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
Etwaige arbeitsrechtliche Probleme wären zudem grundsätzlich von den Arbeitsgerichten zu überprüfen.
d) Auch ein regelmäßiger Arbeitseinsatz der Klägerin in der Kooperationsklinik ändert am oben ausgeführten Ergebnis nichts. Ihre Tätigkeit findet trotzdem in der Einrichtung ihres Arbeitgebers – des ambulant tätigen …, …Nierenzentrum …- statt, auch wenn die Dienstleistungen unstreitig in der Kooperationsklinik erfolgen. Ihr Arbeitgeber ist und bleibt unstreitig das …Nierenzentrum … und nicht das …Klinikum.
Die Bewilligungspraxis des Beklagten, das Tatbestandsmerkmal in Nr. 2 Satz 1 CoBoR „Pflegende in Krankenhäusern, …“, dahingehend zu ergänzen und einzugrenzen, dass Pflegende in Krankenhäusern, … oder anderen begünstigten Einrichtungen des Arbeitgebers gefördert werden, ist aus den oben genannten Gründen nicht willkürlich oder in sonstiger Weise rechtswidrig.
Nur ergänzend wird auf die ablehnende Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 17.03.2021 – M 31 K 20.5587 – in einem vergleichbaren Rechtsstreit hingewiesen.
2.1.2 Auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Grundgesetz – GG -) kommt kein Anspruch auf Bewilligung des Pflegebonus in Betracht. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Landesamt Personen, die Dialysetätigkeiten als Angestellte eines ambulanten Dialysezentrums auch innerhalb von stationären Einrichtungen durchführen, generell einen Bonus nach der genannten Richtlinie gewährt hat und die Klägerin unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz davon ausgenommen hätte. Zunächst verweist die Klägerin allenfalls pauschal und damit unsubstantiiert auf Arbeitskollegen, die eine Bewilligung erhalten hätten. In Anbetracht der Ausführungen des Landesamtes, dass es sich dabei um Fehlentscheidungen handeln müsse und er im Bewilligungsverfahren entsprechend bemüht gewesen sei, eine einheitliche Praxis herzustellen (s.o.), sieht sich das Gericht zu einer weiteren Ermittlung einer abseits der Richtlinie geübten Bewilligungspraxis bei ambulanten Dialysezentren nicht veranlasst.
Im Übrigen ist dem Gericht aus anderen vergleichbaren Verfahren bekannt, dass das Landesamt große Anstrengungen zur Vereinheitlichung der Entscheidungspraxis, z.B. durch Ausgabe von „Handouts“ für Entscheider, unternommen hat (s.o.). Darin ist erkennbar abgestellt auf eine Tätigkeit in einer begünstigten Einrichtung des jeweiligen Arbeitgebers. Dagegen spricht auch nicht, dass von 29 Anträgen, 16 bewilligt, d.h. 50% fälschlicherweise bewilligt worden sein sollen. Abgesehen davon, dass diese Angaben einer statistischen, bayernweiten Bewertung schwerlich zugänglich sind, wie der Beklagte auch anmerkt, zeigen die im Schriftsatz der Beklagten vom 25.03.2021 aufgezeigten Bemühungen deutlich, dass große Anstrengungen zur Vereinheitlichung der Entscheidungspraxis unternommen worden sind. Im Übrigen ist dem Gericht aus anderen Verfahren bekannt, dass das Landesamt diese Vorgehensweise auch in vergleichbaren Fällen nachdrücklich vertritt. Dass angesichts der in einer immensen Zahl von Entscheidungen unzutreffende Angaben des Arbeitgebers – wie auch im vorliegenden Fall – falsche Entscheidungen nach sich ziehen, erscheint nachvollziehbar und lässt nicht darauf schließen, dass der Beklagte grundsätzlich eine andere Bewilligungspraxis vollziehen würde.
Fehlerhafte Bewilligungen des Pflegebonus bei Arbeitskollegen kann vor diesem Hintergrund keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Gewährung des Bonus für die Klägerin unter Bezugnahme auf den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen.
Es obliegt vielmehr dem Beklagten, erkannte fehlerhafte Bescheide zurückzunehmen, um Gleichheit innerhalb der Grenzen des Rechts wiederherzustellen. Dies will der Beklagte selbst auch in Nr. 8 der CoBoR sicherstellen und hat darauf im vorliegenden Fall auch ausdrücklich Bezug genommen. Im Falle einer Rücknahme und Rückforderung sind allerdings gemäß Art. 48, Art. 49 und Art. 49a BayVwVfG Umstände des Vertrauensschutzes bei den betroffenen Personen zu berücksichtigen, worauf der Beklagte bereits hingewiesen hat.
2.1.3 Da bereits keine förderfähige Einrichtung gegeben ist, kommt es nach dem Wortlaut der Richtlinie und nach obigen Ausführungen zur besonderen Situation von Patienten ohne Besuchsmöglichkeiten von Angehörigen insbesondere nicht mehr darauf an, dass die Leistungen der Klägerin am Patienten durchaus auch Pflegetätigkeiten im Sinne der CoBoR darstellen und sie tatsächlich einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen ist, das aufgrund von vorzunehmenden Schutzmaßnahmen die Arbeitsausführung zusätzlich erschwerte. Auch hier gilt, dass Subventionstatbestände grundsätzlich eng auszulegen und deshalb einer erweiternden Auslegung durch das Gericht nicht zugänglich sind.
Dabei wird das persönliche Engagement der Klägerin durchaus wahrgenommen und mit sehr hohem Respekt gewürdigt; doch werden trotz allem die Fördervoraussetzungen der CoBoR unter Berücksichtigung der Bewilligungspraxis der Behörde nicht erfüllt.
Die Klage hat aus den oben genannten Gründen inhaltlich keinen Erfolg und ist abzuweisen.
3. Als unterliegender Teil trägt die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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