Arbeitsrecht

Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe – zumutbares Angebot

Aktenzeichen  3 Ca 513/17

Datum:
30.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 159271
Gerichtsart:
ArbG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 256
BGB § 623

 

Leitsatz

1. Bestätigt der Arbeitgeber als Kündigungsempfänger eine formunwirksame Kündigung, dann würde er treuwidrig handeln, wenn er sich später auf den Formmangel berufen würde. Ist es dem Arbeitgeber so verwehrt, am Arbeitsverhältnis festzuhalten, so kann auch ein Dritter mit dem Einwand mangelnder Form der Kündigung nicht gehört werden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist die Aufnahme anderweitiger Bewerbungsbemühungen nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit der sozialen Sicherung nach dem Tarifvertrag, kann dem Arbeitnehmer die Nichtaufnahme eine Tätigkeit, die zum Entfall der Überbrückungsbeihilfe führen würde, auch nicht angelastet werden. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 7.531,72 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klage ist nur in Bezug auf den Leistungsantrag zulässig.
Das Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Schweinfurt – ist zur Entscheidung über den Rechtsstreit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG im Rechtsweg zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ist gem. §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 12, 17 ZPO begründet.
Dem Feststellungsantrag fehlt das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.
Es sind keinerlei Ausführungen hinsichtlich eines Nichtvorrangs entsprechender Leistungsklagen im Kläger Vortrag erkennbar. Da die Leistungen je nach Umfang anderweitiger erzielter Vergütung variieren, ist der Kläger gehalten, etwaige Ansprüche im Rahmen der Leistungsklage geltend zu machen.
Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend im Wege des Urteilsverfahrens, § 2 Abs. 5 ArbGG.
II.
Die Klage ist im Übrigen unbegründet. Ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe besteht nicht.
1. Der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe wird hierbei nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem Kläger eine anderweitige zumutbare Verwendung im Bereich der US-Streitkräfte angeboten wurde.
Der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Entlassung keine anderweitige zumutbare Verwendung angeboten worden ist. Zwar geht das Gericht davon aus, dass die am 5.8.2016 vereinbarte Tätigkeit eine zumutbare Beschäftigung darstellt, jedoch wurde diese unzweifelhaft nicht im Zeitpunkt der Entlassung angeboten oder aufgenommen. Das Arbeitsverhältnis zu den amerikanischen Streitkräften endete zum 30.9.2014 (Kündigung vom 16.9.2013, Bl.15 d.A.), also deutlich vor dem entsprechenden Vertragsschluss.
2. Der Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe wird auch dadurch nicht ausgeschlossen, dass ein laufendes Arbeitsverhältnis zu den US Streitkräften besteht.
Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 623 BGB der Schriftform bedarf. Jedoch kann sich die Beklagte auf einen möglichen Formmangel nicht berufen. Ausweislich der E-Mail vom 25.8.2016 (Bl.101 d.A.) wurde die Absage des Klägers unter Rückforderung des Originalarbeitsvertrages vom Personalbereich der US-Streitkräfte bestätigt. Wenn der Kündigungsempfänger eine formunwirksame Kündigung jedoch bestätigt, er sich später aber auf den Formmangel beriefe, würde er treuwidrig handeln (Ascheid/Preis/Schmitt, Kündigungsrecht, Greiner, BGB § 623 Rn. 46-48); ist jedoch dem Arbeitgeber verwehrt, am Arbeitsverhältnis festzuhalten, so kann auch ein Dritter mit dem Einwand mangelnder Form nicht gehört werden.
3. Schließlich kann dem Kläger auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten angelastet werden.
Ist die Aufnahme anderweitiger Bewerbungsbemühungen nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit der sozialen Sicherung nach dem Tarifvertrag, kann dem Arbeitnehmer die Nichtaufnahme eine Tätigkeit, die zum Entfall der Überbrückungsbeihilfe führen würde, auch nicht angelastet werden.
Gemäß § 3 wurde zwischen dem Kläger und der … eine Probezeit vereinbart. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vom 5. August, dir zu einem Beschäftigungsbeginn ab 1.9.2016 führen sollte, war mithin eine Kündigung des abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses vor Aufnahme der neuen Tätigkeit möglich.
4. Der Anspruch des Klägers ist jedoch § 8 des Tarifvertrages für die soziale Sicherung ausgeschlossen.
Unstreitig hat der Kläger für die Zeit seit Oktober 2016 keine Nachweise der laufenden Vergütung mehr vorgelegt. Gemäß § 7 Abs. 3 war ist bis zum zehnten eines Monats ein Nachweis über das anrechenbare Einkommen des Vormonats über ein Formblatt vorzulegen. Hierauf wurde der Kläger mit Schreiben vom 16.10.2014 und vom 9.12.2014 schriftlich hingewiesen. Gemäß § 8 Abs. 3 entfällt jedoch ein Anspruch, wenn der Kläger seiner Nachweispflicht nicht nachkommt.
Der Kläger kann mit dem Argument, bei Ablehnung der Zahlung sei er nicht gehalten, monatlich Gehaltsabrechnungen vorzulegen, nicht gehört werden. Zweck der Regelung des Tarifvertrages ist, dass die Auszahlungsstelle in die Lage versetzt wird, kurzfristig auf Vergütungsänderungen zu reagieren. Es soll offensichtlich vermieden werden, über einen längeren Zeitraum Überzahlungen zu leisten und eine Leistungspflicht laufend zu überprüfen. Der Kläger war diesbezüglich auch in Kenntnis gesetzt worden, da die Beklagte mit Schreiben vom 16.10. und vom 9.12.2014 (Bl.86 ff. d.A.) ausdrücklich über die Folgen mangelnder Vorlage belehrt wurde.
Da der Kläger seiner Nachweispflicht nicht nachgekommen ist, entfallen die Anspruchsvoraussetzungen. Die Klage war abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG iVm § 91 ZPO.
Der Streitwert wurde gemäß §§ 61 Abs. 1, § 46 Abs. 2 ArbGG; 2, 3 ZPO festgesetzt.


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