Arbeitsrecht

Anspruch auf Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

Aktenzeichen  M 5 K 17.2401

Datum:
21.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 137444
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33
BayHSchPG Art. 22, Art. 38 S. 1
BayHSchLG Art. 19

 

Leitsatz

1 Eine maximale Dauer von zehn Jahren im Beamtenverhältnis auf Zeit als wissenschaftlicher Assistent (nach Art. 19 Abs. 2 S. BayHSchLG) und daran anschließend eine Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Zeit als Akademischer Oberrat für einmalig vier Jahre (Art. 22 Abs. 5 S. 1 und 2 BayHSchPG) ist rechtlich nicht zu beanstanden. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Richtlinie 1999/70/EG bezweckt nicht, dem einzelnen Bürger Rechte zu verleihen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, die bei rechtsmissbräuchlicher Befristung von Arbeitsverhältnissen dem unredlichen Vertragspartner eine Berufung auf die Befristung nicht zugesteht (vgl. BAG BeckRS 2013, 72374) kann auf das Beamtenrecht nicht übertragen werden. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entfristung des mit Ablauf des 31. Mai 2017 beendeten Beamtenverhältnisses auf Zeit bzw. Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
1. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz/GG), da diese Norm allein in öffentlichem Interesse besteht und kein subjektives Recht enthält.
Art. 33 Abs. 2 GG enthält lediglich einen auf das Auswahlverfahren begrenzten Bewerbungsverfahrensanspruch, aber keinen Anspruch auf Übernahme in ein öffentliches Amt (vgl. hierzu auch VG Regensburg, U.v. 22.7.2015 – RO 1 K 14.199 – juris Rn. 74 f.).
2. Der geltend gemachte Anspruch lässt sich auch nicht auf Art. 33 Abs. 5 GG stützen.
Eine Ausnahme vom Lebenszeitprinzip, das zu den Strukturprinzipien des Beamtenrechts zählt, lässt Art. 22 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen sowie des weiteren wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen (Bayerisches Hochschulpersonalgesetz/BayHSchPG) zu. Wissenschaftliche Assistenten sollen für eine begrenzte Zeit Lehr- und Forschungsaufgaben unter der Verantwortung eines Professors wahrnehmen, um entweder die eigene Habilitation (Akademischer Rat auf Zeit) oder aber die Berufung auf eine Professur (Akademischer Oberrat auf Zeit) voranzutreiben (VG Regensburg, a.a.O., Rn. 78). Diese gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß (BayVerfGH, E.v. 28.9.2016 – 20-VII-15 – NVwZ-RR 2016, 962, juris Rn. 29 ff.; BayVGH, B.v. 25.11.2016 – 3 ZB 15.1921 – juris Rn. 14 ff.; VG Regensburg, a.a.O., Rn. 79 ff. jeweils mit zahlreichen Nachweisen).
Der Zweck der Vorbereitung der Habilitation bei der seinerzeitigen Berufung des Klägers zum Beamten auf Zeit als wissenschaftlicher Assistent folgt ausdrücklich aus dem Schreiben des Direktors der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe vom 16. Oktober 2002 (Bl. 32 der Personalakte) und wurde in den entsprechenden formblattmäßigen Verlängerungsanträgen vom 9. August 2005 (Bl. 3.73) und 12. August 2008 (Bl. 3.94 – allerdings ohne Begründung) wiederholt. Dem steht nicht entgegen, dass die Habilitation des Klägers seit dem 12. Februar 2008 abgeschlossen war. Denn er hat sich erkennbar an der Universität weitergebildet und wurde darauf am 3. Mai 2012 zum außerplanmäßigen Professor berufen. Die Berufung zum Beamten auf Zeit als Akademischer Oberrat wurde ausdrücklich mit dem herausragenden Niveau seiner auch international anerkannten wissenschaftlichen Leistungen und seiner Arbeit als Oberarzt in der Klinik begründet (Schreiben des Direktors der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe vom 7. August 2012, Bl. 3.106, des Forschungsdekans vom 18. Oktober 2012, Bl. 3.114, und des Dekans der Medizinischen Fakultät vom 25. Oktober 2012, Bl. 3.113). Das begründet die Vorbereitung der Berufung auf eine Professur. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auch angegeben, sich bereits auf eine Professur – allerdings erfolglos – beworben zu haben. Diese wissenschaftliche Zielsetzung wird durch die zahlreichen Fachpublikationen eindrucksvoll unterstrichen.
Selbst wenn die Ernennungen als Beamter auf Zeit rechtswidrig gewesen wären, folgt daraus kein Anspruch auf Ernennung als Beamter auf Lebenszeit. Falls die Voraussetzungen des Art. 22 BayHSchPG bzw. für die früheren Beamtenverhältnisse des (bis zum 31. Mai 2006 geltenden) Art. 19 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Hochschullehrer sowie des weiteren wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen (Bayerisches Hochschullehrergesetz/BayHSchLG) nicht vorgelegen hätten, handelte es sich jeweils um wirksame, nicht rücknehmbare und bestandskräftige Ernennungen zum Beamten auf Zeit. Aus der rechtswidrigen Begründung eines Zeitbeamtenverhältnisses folgt kein Anspruch auf Ernennung als Beamter auf Lebenszeit, da ausdrücklich jeweils nur die Ernennung in ein Beamtenverhältnis auf Zeit Gegenstand der Ernennung war (BayVGH, B.v. 25.11.2016, a.a.O., Rn. 23; VG Regensburg, a.a.O., Rn. 92).
Soweit ersichtlich ist auch die Dauer der Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent vom 1. Februar 2003 bis 31. Januar 2013 und die anschließende Berufung in ein weiteres Beamtenverhältnis auf Zeit für vier Jahre als Akademischer Oberrat vom 1. Februar 2013 bis 31. Mai 2017 rechtlich nicht zu beanstanden. In der Übergangsbestimmung des Art. 38 Satz 1 BayHSchPG ist für die Verlängerung der bestehenden Dienstverhältnisse ausdrücklich nur auf Art. 19 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BayHSchLG verwiesen, nicht auf Art. 19 Abs. 2 Satz 3 BayHSchLG. Auch nach den Gesetzesmaterialien ist ein weiterreichender Regelungswille der Norm nicht ersichtlich (LT-Drs. 15/4397, S.30). Damit ist im vorliegenden Fall eine maximale Dauer von zehn Jahren im Beamtenverhältnis auf Zeit als wissenschaftlicher Assistent (nach Art. 19 Abs. 2 Satz BayHSchLG) und daran anschließend eine Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Zeit als Akademischer Oberrat für einmalig vier Jahre (Art. 22 Abs. 5 Sätze 1 und 2 BayHSchPG) zulässig.
3. Der geltend gemachte Anspruch auf Verbeamtung auf Lebenszeit folgt auch nicht aus der Fürsorgepflicht, einem Folgenbeseitigungsanspruch oder einem Schadensersatzanspruch.
Die Fürsorgepflicht besteht nur in den Grenzen des bekleideten Statusamtes und kann nicht zur Erweiterung des Rechtskreises führen. Daraus folgt keine Pflicht des Dienstherrn, dem Beamten einen günstigeren Rechtsstand zu verschaffen bzw. den Betroffenen in ein Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Lebenszeit zu berufen (BayVGH, a.a.O., Rn. 8; VG Regensburg, a.a.O. Rn. 100).
Ein Folgenbeseitigungsanspruch richtet sich ausschließlich auf die Wiederherstellung des ursprünglich, durch hoheitlichen Eingriff veränderten Zustands. Das erstrebt der Kläger aber mit der vorliegenden Klage nicht (BayVGH, a.a.O., Rn. 8; VG Regensburg, a.a.O. Rn. 104).
Ein Schadensersatzanspruch scheitert an der fehlenden Verletzung der Fürsorgepflicht sowie der fehlenden Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz gegen die seinerzeitige Ernennung zum wissenschaftlichen Assistenten bzw. zum Akademischen Oberrat im Beamtenverhältnis auf Zeit (BayVGH, a.a.O., Rn. 8; VG Regensburg, a.a.O. Rn. 105).
4. Ein Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit kann auch nicht auf die Verletzung von Europarecht gestützt werden.
Dem Einzelnen kann zwar wegen einer Verwaltungspraxis, die gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, ein europarechtlicher Entschädigungsanspruch zustehen. Das setzt aber voraus, dass die Rechtsnorm, gegen die verstoßen wurde, bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, dass der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (EuGH, U.v. 23.5.1996 – C-5/94 – Slg 1996, I-2553, juris Rn. 25).
Die von der Klagepartei hierfür in Bezug genommene Richtlinie 1999/70/EG vom 28. Juni 1999 (ABl. L 175 S. 43) bezweckt aber nicht, dass dem einzelnen Bürger durch die Richtlinie Rechte verliehen werden. Die Richtlinie selbst dient nur der Durchführung einer „Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge“ (Art. 1 und 2 der Richtlinie), die dem Richtlinientext als Anhang beigefügt ist. Aus dem Richtlinientext selbst folgt nicht, dass dem Einzelnen hierdurch Rechte verliehen werden. Denn Art. 1 und 2 der Richtlinie sprechen nur von den bis zum 10. Juli 2001 in Kraft zu setzenden Vorschriften, die zur Durchführung der Rahmenvereinbarung erforderlich sind. Daraus können keine Rechte einzelner Personen abgeleitet werden, da der Richtlinientext keinerlei als individuelle Rechte zu verstehende Regelungsinhalte konkret vorsieht. Das gilt entsprechend auch für die Rahmenvereinbarung im Anhang der Richtlinie. Selbst der Paragraf 5 „Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch“ ist völlig offen formuliert und bestimmt nur Regelungszwecke und grobe Regelungskonturen, aber keine konkreten Regelungsinhalte hinsichtlich der von den Mitgliedstaaten zu erlassenden Bestimmungen. Ohne bestimmte Vorgaben für die von den Mitgliedstaaten zu erlassenden nationalen Regelungen kann damit aus der Richtlinie bzw. deren Anhang nicht abgeleitet werden, dass dem Einzelnen dadurch Rechte verliehen werden sollen.
Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, die bei rechtsmissbräuchlicher Befristung von Arbeitsverhältnissen dem unredlichen Vertragspartner eine Berufung auf die Befristung nicht zugesteht (vgl. BAG, U.v. 15.5.2013 – 7 AZR 525/11 – BAGE 145, 128, juris Rn. 26 m.w.N.), kann auf das Beamtenrecht nicht übertragen werden. Zwischen privatrechtlichem Arbeitsverhältnis und öffentlich-rechtlichem Beamtenverhältnis bestehen grundlegende strukturelle Unterschiede. Das zeigt sich gerade im vorliegenden Fall, in dem die dem Arbeitsrecht fremde Übernahme in ein Dienstverhältnis auf Lebenszeit geltend gemacht wird. Im Übrigen ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten bei der Begründung der Beamtenverhältnisse auf Zeit. Auch der Kläger ist nach deren Begründung nicht gegen die Berufung in ein Zeitbeamtenverhältnis vorgegangen.
5. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.


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