Arbeitsrecht

Arbeitnehmer, Arbeitszeit, Arbeitsleistung, Gesamtbetriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag, Ausland, Ermessen, Gesamtbetriebsrat, Arbeit, Ablehnung, Genehmigung, Schweiz, Gerichtsstand, Umwelt, Bundesrepublik Deutschland, Zustimmung des Betriebsrats

Aktenzeichen  12 Ga 62/21

Datum:
27.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 27679
Gerichtsart:
ArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf € 19.166,67 festgesetzt.

Gründe

Der Hauptantrag der Verfügungsklägerin ist zulassig, aber nicht begründet. Der Hilfsantrag der Verfügungsklägerin ist unzulässig und unbegründet. Die Hilfsanträge der Verfügungsbeklagten sind nicht zur Entscheidung angefallen.
I.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet, da die Parteien um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis streiten, § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG. Der Gerichtsstand in München folgt daraus, dass die Arbeitsleistung in München zu erbringen ist, § 28 ZPO.
Das Arbeitsgericht München ist als Gericht der Hauptsache gemäß § 62 Abs. 2 ArbGG, 9, 132 ff. ZPO zuständig.
II.
Der Hauptantrag der Verfügungsklägerin ist nach § 62 Abs. 2 ArbGG, 9, 132 ff. ZPO statthaft. Die Verfügungsklägerin hat Verfügungsanspruch und Verfugungsgrund behauptet.
Unbestimmt und damit unzulässig ist indes der Hilfsantrag der Verfügungsklägerin, da der Zeitraum nicht klar ist, für den die beantragte Regelung gelten soll.
III.
Die Anträge der Verfügungsklägerin sind nicht begründet. Die Verfügungsklagerin hat keinen Anspruch darauf glaubhaft gemacht, vom 27.09.2021 bis zum 22.10.2021 oder auch (nach dem Hilfsantrag) zukünftig irgendwann ihre Arbeit für vier Wochen aus der Schweiz heraus erbringen zu dürfen.
Nach § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
1. Der Arbeitsvertrag enthält hinsichtlich des Arbeitsorts keine Bestimmung, nach der die Verfügungsklägerin ihre Arbeit auch aus dem Ausland erbringen dürfe.
2. Die Gesamtbetriebsvereinbarung Telearbeit enthält ein grundsatzliches Verbot mobiler Arbeit aus dem Ausland heraus. Die Betriebsvereinbarung ist auch anwendbar. Zwar geht es der Verfügungsklagerin nicht um Telearbeit im engeren Sinne, die Überschrift der Gesamtbetriebsvereinbarung schließt es aber nicht aus, dass in der Vereinbarung auch verwandte Themen mit geregelt werden. Die Klägerin begehrt eine vierwöchige, also nicht nur kurzfristige und gelegentliche mobile Arbeit aus dem Ausland heraus, genau dies ist in der Gesamtbetriebsvereinbarung mit geregelt und ausdrücklich verboten.
3. Das Ermessen der Beklagten nach § 106 GewO ist auch nicht mit der Folge reduziert, dass der Klägerin die Arbeit aus dem Ausland heraus zu gestatten war.
a) Nicht nur gelegentliche und kurzzeitige Auslandstätigkeit von Mitarbeitern löst rechtlichen Klarungsbedarf in Spezialmaterien aus, die sich nach ausländischem und internationalem Recht richten. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Verfügungsbeklagte sich entschieden hat, die damit verbundenen ganz erheblichen Kosten (für Gutachten oder die Einholung rechtsverbindlicher Auskünfte) nicht tragen zu wollen.
b) Die Beklagte kann sich weder generell noch im vorliegenden Einzelfall damit behelfen, dass sich die betroffenen Arbeitnehmer von ausländischen Behörden Auskünfte erteilen lassen. Diese gewährleisten nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit, dass der Sachverhalt umfassend und für die Beklagte rechtssicher unter allen relevanten Gesichtspunkten geprüft wurde.
Exemplarisch hierfür ist die von der Verfügungsklägerin als Belege vorgelegte E-Mail einer Sachbearbeiterin der Abteilung Arbeitsbeziehungen Personenfreizugigkeit des Departments für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt (Anlage ASt11 = Bl. 42 d.A.), die der Beklagten offenkundig nocht nicht einmal melderechtlich Rechtssicherheit gibt und mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet (Wer ist Adressat der Mail? Ist die Verfügungsklägerin „Touristin“, wieso will sie nicht „physisch“ in der Schweiz arbeiten? Nach welchen Kriterien bestimmt sich, ob die Beklagte durch die Arbeit der Klägerin in der Schweiz als ein Schweizer Unternehmen anzusehen ist?).
c) Auch der Umstand, dass die Verfügungsbeklagte den verfahrensgegenstandlichen Antrag eingereicht hat, ehe die Gesamtbetriebsvereinbarung neu gefasst und die Genehmigungspraxis konsequent geändert wurde, ändert an der Bewertung nichts Maßgeblich ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Kammerverhandlung. Die Verfügungsklägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihre frühere – möglicherweise sorgfaltswidrige – Vorgehensweise fortsetzt.
4. Da kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht wurde, erübrigen sich Ausführungen zum Anordungsgrund.
IV.
Die Hilfsanträge der Verfügungsbeklagten sind nicht zur Entscheidung angefallen.
V.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO. Der Streitwert war nach §§ 61 ArbGG, 3 ff. ZPO festzulegen Für jeden der zwei Anträge wurde ein Zwölftel des Bruttojahresgehalts angesetzt.
Gegen dieses Urteil kann der Verfügungskläger Berufung zum Landesarbeitsgericht München einlegen entsprechend nachfolgender.


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