Arbeitsrecht

Arbeitnehmer, Arbeitszeit, Betriebsrat, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Berufung, Zusatzurlaub, Zulage, Arbeitgeber, Arbeitsleistung, Wechselschichtzulage, Arbeit, Wechselschichtarbeit, Zulassung, Sinn und Zweck, tarifliche Regelung, Beginn und Ende

Aktenzeichen  11 Sa 502/19

Datum:
29.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 12109
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

8 Ca 13085/18 2019-07-29 Endurteil ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

1. Die Berufungen der Kläger gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München (Az: 8 Ca 13085/18) vom 29.07.2019 werden auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen der Kläger sind unbegründet.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaften Berufungen der Kläger sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 und 2, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie sind daher zulässig.
II.
Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Zu den Darlegungen im Rahmen der Berufungsinstanz sind folgende Ausführungen veranlasst:
1. Die Klägerin haben keinen Anspruch auf Zahlung der Wechselschichtzulage gemäß § 8 Abs. 5 TVöD-F i.V.m. § 7 Abs. 1 TVöD-F. Denn die Kläger haben jedenfalls Wechselschichtarbeit im streitgegenständlichen Zeitraum von Mai 2017 bis April 2018 nicht im tariflichen Sinne geleistet.
a) Wechselschichtarbeit im Geltungsbereich des TVöD ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD-F). Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, Werktags, Sonntags und Feiertags gearbeitet wird (§ 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD-F). Wechselschicht im tariflichen Sinn liegt daher nur dann vor, wenn in einem Arbeitsbereich, in dem der Beschäftigte tätig ist, an allen Kalendertagen ununterbrochen 24 Stunden gearbeitet wird. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn beispielsweise an Sonn- und Feiertagen in aller Regel keine Schichtarbeit anfällt oder die tägliche Arbeit, sei es auch nur in geringfügiger Form, unterbrochen wird. Unerheblich ist hingegen, in wie viele Schichten der 24-Stunden-Tag aufgeteilt wird und/oder ob in allen Schichten der Arbeitsanfall gleichgroß ist und deshalb in jeder Schicht die gleiche Anzahl von Arbeitnehmern arbeitet. Die Arbeit muss nach einem Dienst- oder Schichtplan erfolgen, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeiten in Wechselschichten im genannten Sinn vorsieht. Der Beschäftige muss zur Arbeit in allen Schichtarten eingesetzt werden. Dabei fordert § 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD-F, dass der Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats neu zur Nachtschicht herangezogen wird (vgl. BAG vom 24.05.2018 – 6 AZR 191/17; vom 16.10.2013 – 10 AZR 1053/12; vom 13.06.2012 – 10 AZR 351/11).
b) Zunächst ist hinsichtlich des Klägers zu 2) schon deswegen ein Anspruch auf Zahlung der Wechselschichtzulage nicht gegeben, da dieser im Rahmen seines Arbeitsbereiches, in dem er tätig ist, nämlich im Bereich X1, dem Bereich Frachttransport/Frischwasser- und Toilettenservice, ein ununterbrochenes Tätigwerden im Sinne der o.g. Rechtsprechung, nämlich 24 Stunden täglich an jeden Tag der Woche, nicht vorliegt. Die Kammer sieht insoweit den Arbeitsbereich enger als die erstinstanzliche Entscheidung. Arbeitsbereiche sind danach abzugrenzen, ob sie räumlich, funktional oder personell abgrenzbar sind (vgl. BAG vom 13.01.2016 – 10 AZR 792/14, Rn. 18 – zitiert nach juris). Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass zwar räumlich gesehen der Arbeitsbereich hinsichtlich Fracht- und Frischwasser-Bereich nicht sich vom Tätigkeitsbereich der anderen Mitarbeiter im Bodenverkehrsdienst, wie etwa der Busfahrer, unterscheidet, da die Tätigkeit jeweils auf dem Flughafengelände zu erbringen ist. Funktional ergibt sich aber, ebenso wie personell, eine Abgrenzung. Denn die Funktion der Tätigkeit im Fracht- und Frischwasserbereich besteht darin, entsprechendes Frachtgut bzw. Wasser auf dem Gelände zu transportieren, während die Busfahrer die Personen, insbesondere Passagiere zu befördern haben. Des Weiteren ergibt sich auch eine personelle Abgrenzung insoweit, als hier ein Personaltausch nicht stattfindet und die Tätigkeiten jeweils eigenständig zu erbringen sind. Gleichzeitig bildet sich die Eigenständigkeit dieser Arbeitsbereiche etwa auch dadurch ab, dass in den Betriebsvereinbarungen, insbesondere in der BV-AZ in Ziffer 3.3 hinsichtlich des Turnusses für den Bereich Z. bereits festgehalten ist, dass es insoweit Arbeitnehmer des Bustransportes sowie Arbeitnehmer im Frachttransport und Frischwasser- und Toilettenservice gibt, denen jeweils ein eigen genannter Bereich X2 und X1 zugeordnet wird. Diese dort auch als „Bereich“ bezeichneten Gebiete können sich nach der dortigen Regelung auch getrennt voneinander entscheiden, nach welchem Schichtturnus sie arbeiten wollen, dem 6-3-Turnus oder 4-2-Turnus. Insoweit wäre es sogar möglich, dass in den beiden Bereichen X2 und X1 unterschiedliche Schichtturni greifen. Auch dies zeigt, dass organisatorisch und auch personell jeweils eigenständige Bereiche existieren. Auch zeigt sich dies darin, dass gerade im Fracht- und Frischwasserbereich auch im Zeitraum zwischen 01:00 Uhr und 03:00 Uhr morgens eine Tätigkeit nicht erfolgt. Dies haben die Kläger, nachdem dies auch bereits erstinstanzlich entsprechend vorgetragen war, nicht bestritten. Auch hierin kommt die funktionale Trennung der beiden Bereiche zum Ausdruck. Während die Busfahrer tatsächlich den „Notdienst“ zwischen 01:00 Uhr und 03.00 Uhr aufrechterhalten müssen, gilt dies nicht für den Frachtbereich.
Daraus ergibt sich aber wiederum, dass die von Seiten der o.g. Rechtsprechung zu der tariflichen Regelung geforderte 24-Stunden-Abdeckung von Diensten in diesem Bereich gerade nicht stattfindet. Nachdem aber die tarifliche Regelung eine ununterbrochene Tätigkeit verlangt und auch bereits eine geringfügige Unterbrechung des Tätigkeitsablaufs im jeweiligen Arbeitsbereich die Wechselschicht, und damit auch den Zulagenanspruch entfallen lassen (vgl. z.B. BAG vom 24.09.2008 – 10 AZR 770/07), für den Kläger zu 2) schon deswegen der Zulagenanspruch entfällt. Gleiches gilt auch für den Anspruch auf Zusatzurlaub gemäß § 27 Abs. 1 TVöD-F.
c) Bezüglich des Klägers zu 1), der als Busfahrer eingesetzt wird, ist dieser Arbeitsbereich X2 als maßgeblich anzusehen. Unstreitig erfolgt in diesem Arbeitsbereich auch ein 24-Stunden-Dienst, da auch im Zeitraum zwischen 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr im Sinne einer ART Notdienst die Dienstleistung aufrechterhalten werden muss, um sicherzustellen, dass bei eventuell in diesem Zeitraum landenden Maschinen eine Beförderung stattfinden kann. Dabei erscheint es auch als zutreffend, entsprechend der erstinstanzlichen Entscheidung, den Arbeitsbereich nicht aufzuspalten in einen Bereich des Regelbetriebs und einen Bereich, der den Zeitraum von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr morgens abdeckt. Zunächst werden in diesen Zeiträumen – soweit Tätigkeiten anfallen – jedenfalls gleichartige Tätigkeiten erbracht, die auch räumlich bezogen auf den Flughafenbereich an derselben Stelle stattfinden. Unmaßgeblich ist insoweit auch, dass im Zeitraum zwischen 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr morgens ein deutlich geringerer Einsatz von Arbeitnehmern stattfindet, da Wechselschichtarbeit nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Arbeitsanfall zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich groß ist (vgl. die oben zitierte Rechtsprechung). Zwar ist der Arbeitgeberseite zuzugeben, dass im Zeitraum von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr – was die personelle Besetzung der Schicht anbelangt – diesen Zeitraum nur diejenigen Mitarbeiter abdecken, die sich freiwillig zu einer entsprechenden Dienstleistung bereit erklärt haben. Es handelt sich aber auch hierbei um Mitarbeiter, die auch den Regelzeitraum abdecken und nicht etwa eigenständig nur die 2 Stunden an Arbeitsleistung erbringen. Unstreitig, wie im Rahmen der Kammersitzung vorgetragen, leisten die Mitarbeiter nicht nur losgelöst jeweils eine Schicht von 2 Stunden zwischen 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr morgens, sondern erbringen diese Dienstleistung im Zusammenhang mit den sonstigen Schichten, die im Regelbetrieb erbracht werden. Eine echte Abgrenzung also hinsichtlich der Mitarbeiter findet nicht statt. Zudem findet auch ein Wechsel zwischen den Mitarbeitern insoweit statt, als zum Teil Mitarbeiter, die sich freiwillig gemeldet haben, wiederum diesen Dienst nicht mehr erbringen wollen und dafür andere aus dem restlichen Mitarbeiterbereich entweder in die Nachrückerliste oder in die Freiwilligenliste nachrücken. Eine personelle eindeutige Abgrenzung findet daher nicht statt, auch wenn nur die Mitarbeiter, die sich freiwillig gemeldet haben, den 2-Stunden-Dienst zusätzlich erbringen.
d) Die Tätigkeit findet auch im Sinne eines Schichtplans im Sinne von § 7 Abs. 1 TVöD-F statt. Zunächst ist nicht erforderlich, dass der zugrundeliegende Schichtplan eine Einheit darstellen muss. Eine Verkörperung in einem einheitlichen gemeinsamen Schichtplan ist nicht erforderlich. Insoweit ist, selbst wenn man in den jeweiligen Vereinbarungen den maßgeblichen Schichtplan sehen würde, die Erfüllung der Voraussetzung aufgrund der Trennung in 2 Schichtpläne nicht in Frage zu stellen (vgl. BAG vom 13.01.2016 – 10 AZR 792/14, Rd. 20 – zitiert nach juris). Maßgeblich ist insoweit, ob nach der beim Arbeitgeber geltenden Organisation die Arbeit nur in einer die Arbeitszeit des Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmergruppe übersteigenden Zeit erfüllt werden kann und die Arbeitsaufgabe eine Regelung erforderlich macht, nach der die Arbeitnehmer in wechselnden Arbeitsschichten eingesetzten werden. Dies war auch im Bereich des Bustransportes der Fall, da die 24 Stunden notwendige Erfüllung dieses Dienstes jedenfalls in der Arbeitszeit eines einzelnen Arbeitnehmers nicht erbracht werden kann, sondern vielmehr in wechselnden Arbeitsschichten erfolgen muss, wie die Schichtplanung, die von Seiten der Kläger im Rahmen der Kammersitzung vorgelegt wurde, auch zeigt. Dort ist auch ersichtlich, dass auch die Mitarbeiter, die den 2-Stunden-Zeitraum abdecken, zum einen ebenfalls mit eingeplant sind, andererseits eben nicht nur isoliert die 2 Stunden erbringen, sondern im Zusammenhang mit Schichten aus dem Regelbetrieb. Dementsprechend findet auch hier ein fortlaufender, die einzelne Arbeitszeit übersteigender Schichtwechsel statt.
e) In diesem Arbeitsbereich findet daher aufgrund dieser Schichtplanung auch ein 24-Stunden-Betrieb statt, d.h. ein ununterbrochener Betrieb an allen Wochentagen. Somit liegt in diesem Bereich an sich Wechselschichtarbeit vor.
f) Der Kläger zu 1) hat dennoch keinen Anspruch auf die Wechselschichtzulage, da er, auch im streitgegenständlichen Zeitraum, Wechselschichtarbeit zumindest nicht geleistet hat. Dies ist aber weitere Voraussetzung nach der tariflichen Regelung (vgl. BAG vom 24.09.2008 – 10 AZR 140/08 Rnr. 15 – zitiert nach juris) Denn hier fehlt es daran, dass der Kläger rund um die Uhr eine entsprechende Wechselschichtarbeit zu leisten hatte, ihm diese entsprechende Wechselschichtarbeit auch zugewiesen war und er sämtliche Schichtarten abgedeckt hat. Denn der Kläger konnte aufgrund seiner arbeitsvertraglichen, auch durch die Betriebsvereinbarungen beeinflussten Situation zu einer Arbeit im Zeitraum von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr nicht herangezogen werden.
aa) Gemäß § 106 GewO ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers nur soweit gegeben, als es nicht durch Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung festgelegt ist. Im vorliegenden Fall war zwar der Kläger aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Gestaltung auch verpflichtet Wechselschichtarbeit zu leisten, soweit ihm diese von Seiten des Arbeitgebers im Wege des Direktionsrechts auferlegt würde. Nachdem allerdings aufgrund der BV-FW eine entsprechende Dienstleistung im Zeitraum von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr morgens nur von den Mitarbeitern verlangt werden durfte, die sich freiwillig hierzu gemeldet hatten, war das Direktionsrecht des Arbeitgebers durch diese Betriebsvereinbarung eingeschränkt.
Solange diese Betriebsvereinbarung daher so griff, und dies bezog sich auf den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum, war demgemäß eine Arbeitsleistung vom Kläger im Zeitraum von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr nicht aufgrund des Direktionsrechts festsetzbar. Dies wiederum führt dazu, dass vom Kläger zu 1) also eine ununterbrochene Arbeitsleistung nicht verlangt werden konnte und dieser diese ununterbrochene Arbeitsleistung auch nicht erbracht hat.
bb) Demgemäß ist die Voraussetzung, dass eine ständige Wechselschichtarbeit im Sinne von § 8 TVöD-F vorliegt, nämlich kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung oder kraft Direktionsrechts dauerhaft eine entsprechende Art von Tätigkeit zugewiesen sein muss, nicht erfüllt (vgl. BAG vom 24.03.2010 – 10 AZR 58/09, Rd. 20 – zitiert nach juris). Insoweit ist es erforderlich, dass die tatsächliche Erbringung jeder der verschiedenen Schichtarten Anspruchsvoraussetzung für die Zulage wegen ständiger Wechselschichtarbeit ist (vgl. BAG vom 13.06.2012 – 10 AZR 351/11). Der Kläger zu 1) hat also nicht etwa im streitgegenständlichen Zeitraum die Tätigkeit etwa in der Schicht, die von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr lief, erfüllt. Er konnte sie auch nicht erfüllen, da er nicht unter den Bereich der BV-FW fiel und entsprechende eine Einteilung auch nicht möglich war. Es fehlt daher an der tatsächlichen Erbringung von Wechselschichtarbeit, die ihm insoweit auch nicht zugewiesen war, weil dies die Betriebsvereinbarung verhinderte. Entsprechend war diese so definierte Wechselschichtarbeit zwar im jeweiligen Arbeitsbereich, also im Busfahrerbereich, organisatorisch zwar vorgesehen, jedoch vom Beschäftigten tatsächlich nicht geleistet worden. Erst der Wechsel rund um die Uhr in bestimmten Zeiträumen und die damit einhergehende Belastung soll durch die höhere Wechselschichtzulage honoriert werden. Erforderlich ist die tatsächliche Erbringung der Wechselschichtarbeit (vgl. BAG vom 13.06.2012 – 10 AZR 351/11 Rnr. 21; vom 24.03.2010 – 10 AZR 58/09 Rnr. 21; vom 24.09.2008 – 10 AZR 140/08, Rnr. 15 und 16 – zitiert nach juris).
cc) Soweit das Bundesarbeitsgericht es für ausreichend erachtet hat, dass ein Einsatz in allen Schichtarten, nämlich Früh-, Spät- und Nachtschicht erfolgt und nicht in allen Schichten und in der Leistung von Früh-, Spät- und Nachdienst eine Tätigkeit tatsächlich rund um die Uhr bejaht hat (vgl. BAG vom 16.03.2013 – 10 AZR 1053/12) unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem dort entschiedenen Fall dadurch, dass im dortigen Fall jedenfalls eine Einsatzmöglichkeit rund um die Uhr möglich gewesen wäre. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht es nicht für erforderlich erachtet, dass der betroffene Arbeitnehmer selbst „rund um die Uhr“ Vollleistung erbringt (vgl. BAG vom 24.09.2008 – 10 AZR 770/07), jedoch eine Unterbrechung für schädlich erachtet. Im vorliegenden Fall ist jedoch ein Einsatz des Klägers zu 1) im Zeitraum von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr weder rechtlich möglich gewesen, noch hat er stattgefunden. Alleine die Tätigkeit also in den Regelschichten führt nicht dazu, dass etwa ein Dienst rund um die Uhr bejaht werden kann. Tatsächlich fehlt es damit an der Zuweisung einer Wechselschichtarbeit bzw. jedenfalls an der tatsächlichen Erbringung einer entsprechenden Wechselschichtarbeit. Insoweit scheidet der Anspruch auf Zahlung der Zulage aus (ebenso Burger TVöD 4. Aufl. § 7 Rnr. 3; a.A. Litschen „Das arbeitnehmerbezogene Tatbestandselement bei Wechselschichtarbeit“ in öAT 2019, 199).
g) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Wechselschichtzulage ein Ausgleich für die anfallende Erschwernis durch die Tätigkeit in Wechselschichtarbeit darstellt. Zwar ist ohne Zweifel festzustellen, dass auch bei einer Tätigkeit im Zeitraum zwischen 03:00 Uhr morgens bis 01:00 Uhr in der Früh des nächsten Tages in den vom Kläger geleisteten Schichten eine entsprechende Erschwernis vorliegt, die vergleichbar der Wechselschichtarbeit ist, jedoch führt dies nicht dazu, dass deswegen bereits die Wechselschichtzulage zu zahlen wäre. Nach der tariflichen Regelung fällt die Wechselschichtzulage nur an, wenn auch Wechselschichtarbeit geleistet wird. Die ansonsten auftretende Erschwernis wird durch die ohnehin geleistete Schichtzulage abgegolten. Des Weiteren ist auch die Tatsache zu berücksichtigen, dass bei einer Rund-umdie-Uhr-Einteilung letzten Endes im Wege der Einteilbarkeit zu entsprechenden Schichten noch eine weitere Erschwernis festzustellen ist, als für den Fall, der beim Kläger vorliegt, der zumindest für einen gewissen Zeitraum von 24 Stunden nicht einteilbar ist (vgl. BAG vom 24.09.2008 – 10 AZR 140/08 Rnr. 16 – zitiert nach juris).
h) Diesem Ergebnis steht auch nicht etwa der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs entgegen. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen werden, denn letztlich wurde die Arbeitszeitgestaltung im Wege des Regeldienstes und des Ausnahme- und Freiwilligendienstes vom Betriebsrat im Wege des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung mitgetragen. Insoweit scheint es schon zweifelhaft, dem Arbeitgeber letzten Endes unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs etwa die Zahlung einer Zulage aufzuerlegen. Des Weiteren ist festzustellen, dass auch für die Einteilung etwa nur einer geringen Anzahl von Arbeitnehmern gerade durch die besondere Situation der anfallenden Arbeit bei der Beklagten durch die Schichteinteilung Rechnung getragen wird, weil im Verhältnis zum Regelbetrieb innerhalb der 2 Stunden von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr früh lediglich eine absolut geringe Anzahl von Arbeitnehmern benötigt wird und insoweit zumindest ein nachvollziehbarer Grund dafür vorliegt, dass in diesen Zeiten nur eine geringere Anzahl von Arbeitnehmern in die Schicht eingeteilt wird und dies ggf. auch nur von freiwilligen Mitarbeitern, die die zusätzliche Belastung freiwillig auf sich nehmen. Ein Rechtsmissbrauch ist daher nicht ersichtlich.
Daher konnte die Berufung des Klägers zu 1) ebenfalls keinen Erfolg haben.
2. Die Ansprüche auf Zusatzurlaub scheiden ebenfalls aus, weil hierfür eine Wechselschichtarbeitsleistung Voraussetzung wäre, § 27 Abs. 1 a) TVöD-AT.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
IV.
Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidenden Rechtsfrage für eine Vielzahl von Arbeitnehmern im Rahmen der Anwendbarkeit des TVöD in derartigen Fällen, war die Revision zuzulassen. Insoweit wird auf die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung verwiesen.


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