Arbeitsrecht

Ausgabe eines Stimmzettels der Beamtengruppe an Arbeitnehmer

Aktenzeichen  M 20 P 16.2926

Datum:
20.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 139008
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayPVG Art. 19 Abs. 2 S. 1, Art. 25

 

Leitsatz

1. Auch wenn nur die Wahl der Gruppe der Beamten für ungültig erklärt werden soll, betrifft die Wahlanfechtung den Gesamtvorgang der Wahlhandlung, weshalb auch nur der Personalrat als Gesamtgremium Beteiligter ist, nicht jedoch der Vertreter der Beamtengruppe.  (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Wahl einer Arbeitnehmerin, der irrtümlich ein Wahlzettel für die Gruppenwahl der Beamten ausgehändigt wurde und die diesen Wahlzettel in die Wahlurne für die Gruppenwahl der Beamten eingeworfen hat, verstößt gegen den Wahlgrundsatz (Art. 19 Abs. 2 Satz 1 BayPVG) der getrennten Wahl von Arbeitnehmern und Beamten. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Wahl zum örtlichen Personalrat des Landratsamtes … vom 21. Juni 2016 wird für die Gruppe der Beamten für ungültig erklärt.

Gründe

I.
Der Dienststellenleiter begehrt im vorliegenden Verfahren die Ungültigerklärung der Wahl der Beamtengruppe bei der Wahl zum örtlichen Personalrat.
1. Am 21. Juni 2016 fanden die Wahlen der Beamten und der Arbeitnehmer zum örtlichen Personalrat an der Dienststelle als Gruppenwahlen statt.
Für die Gruppe der Beamten waren zwei Listen (Liste „U“ und Liste „S/H“) vorhanden. Für die Beamtengruppe sind zwei Sitze im örtlichen Personalrat zu vergeben.
Bei der Durchführung der Wahl wurde durch ein zunächst unbemerkt gebliebenes Versehen einer Arbeitnehmerin der Wahlzettel für die Beamtengruppe ausgehändigt. Nach dem Ausfüllen des Wahlzettels warf die Arbeitnehmerin den gefalteten Wahlzettel in die Urne für die Wahl der Vertreter der Beamtengruppe. Erst dann wurde die fehlerhafte Aushändigung bemerkt, so dass der bereit in die Wahlurne eingeworfene Wahlzettel nicht mehr identifiziert werden konnte.
Die Arbeitnehmerin wählte anschließend nochmals mit dem für die Gruppenwahl der Arbeitnehmer vorgesehenen Stimmzettel.
Am 23. Juni 2016 wurde das Wahlergebnis bekannt gemacht.
Auf die Liste „U“ der Wahl zur Beamtengruppe entfielen 126 Stimmen, auf die Liste „S/H“ entfielen 65 Stimmen. Nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erhielt deshalb jede Liste einen Sitz im Personalrat, der nächste (dritte) Platz wäre mit der Höchstzahl „63“ auf die Liste „U“ entfallen.
In der bekanntgemachten Wahlniederschrift wurde die fehlerhafte Aushändigung des Wahlzettels an die Arbeitnehmerin und deren Wahl im Bereich der Beamtengruppe unter „Besondere Vorkommnisse“ vermerkt.
2. Am 5. Juli 2016 hat der Dienststellenleiter die Wahl bezüglich der Wahl der Gruppe der Beamten angefochten.
Durch die Aushändigung des Wahlzettels für die Wahl der Beamtengruppe an die Arbeitnehmerin und die von dieser vorgenommenen Wahl sei gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden. Die Arbeitnehmerin habe zu Unrecht an der Wahl der Beamtengruppe teilgenommen. Da der Wahlzettel nach dem Einwurf in die Wahlurne nicht mehr identifizierbar gewesen sei, habe dieser Fehler auch nicht korrigiert werden können. Die Stimmabgabe hätte als ungültig gewertet werden müssen, dies sei aber wegen des Wahlgeheimnisses nicht möglich. Da die Verteilung der Sitze auf die beiden Wahllisten für die Wahl in der Beamtengruppe bei der eigentlich gebotenen Korrektur dieses Fehlers möglicherweise wegen dem knappen Ergebnis nach den Grundsätzen der Verhältniswahl hätte anders vorgenommen werden müssen, sei auch davon auszugehen, dass durch den Fehler das Wahlergebnis beeinflusst worden sei.
Auf den Antragsschriftsatz wird – insbesondere zur Berechnung der Sitzverteilung zwischen den beiden Listen für die Beamtengruppe – im Einzelnen verwiesen.
Der Antragsteller beantragt,
die Wahl des örtlichen Personalrats vom 21. Juni 2016 beim Landratsamt … für die Gruppe der Beamten für ungültig zu erklären.
Der beteiligte Personalrat hat mit Schriftsatz vom 21. Juli 2016 zum Sachverhalt Stellung genommen und diesen inhaltlich bestätigt. Er hat keinen Antrag gestellt.
Der in der konstituierenden Sitzung des örtlichen Personalrats gewählte Gruppenvertreter der Beamten wurde im Verfahren beteiligt. Er hat sich mit Schreiben vom 16. September 2016 geäußert. Auf dieses Schreiben wird im Einzelnen verwiesen.
Die Verfahrensbeteiligten wurden am 20. September 2016 mündlich vor Gericht angehört. Auf die dabei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso wegen der weiteren Einzelheiten auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakte.
II.
Der zulässig erhobene Antrag ist begründet.
Auf den Antrag des Dienststellenleiters war die Wahl zum örtlichen Personalrat beim Landratsamt … vom 21. Juni 2016 für die Gruppe der Beamten wegen eines Verstoßes gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht für ungültig zu erklären.
1. Der Antrag ist zulässig erhoben.
Nach Art. 81 Abs. 1 Halbsatz 1 i.V.m. Art. 82 Bayerisches Personalvertretungsgesetz (BayPVG) i.d.F. d. Bek. vom 11. November 1986 (GVBl S. 349; BayRS 2035-1-F) entscheidet auf Antrag die Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten beim örtlich zuständigen Verwaltungsgericht (vgl. dazu Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGVwGO) über Wahlanfechtungen nach Art. 25 BayPVG.
Vorliegend hat der Dienststellenleiter als Anfechtungsberechtigter (vgl. Art. 25 Abs. 1 Alt. 3 BayPVG) die Wahl des Personalrates unstreitig rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen 14-Tage-Frist ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wahlergebnisses zulässig angefochten.
2. Beteiligter am Wahlanfechtungsverfahren ist (nur) der örtliche Personalrat beim Landratsamt … Auch wenn nur die Wahl der Gruppe der Beamten wegen eines Verstoßes gegen wesentliche Wahlvorschriften für ungültig erklärt werden soll, betrifft die Wahlanfechtung den Gesamtvorgang der Wahlhandlung. Somit ist auch nur der Personalrat als Gesamtgremium Beteiligter, nicht jedoch der Vertreter der Beamtengruppe (Ballerstedt/Schleicher/Faber, Kommentar zum BayPVG, Stand Juli 2016, Art. 25 Rn. 29 f.).
Dass das Gericht im vorliegenden Verfahren den Vertreter der Beamtengruppe als Beteiligten im gerichtlichen Verfahren geführt hat, ändert daran nichts. Der Vertreter der Beamtengruppe kann im vorliegenden Verfahren keine eigene personalvertretungsrechtliche Rechtsposition geltend machen. Die (fehlerhafte) Beteiligung am Verfahren räumt ihm keine derartige Rechtsposition ein.
3. Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 BayPVG wählen die Beamten und die Arbeitnehmer bei einer Personalratswahl ihre Vertreter in je getrennten Wahlgängen, es sei denn, dass die wahlberechtigten Angehörigen jeder Gruppe vor der Neuwahl in getrennten geheimen Abstimmungen die gemeinsame Wahl beschließen. Diese gemeinsame Wahl ist vorliegend unstreitig nicht beschlossen worden, so dass die Gruppenwahlen je getrennt vorzunehmen waren.
Damit verstößt die Wahlhandlung der Arbeitnehmerin, der irrtümlicherweise ein Wahlzettel für die Gruppenwahl der Beamten ausgehändigt worden ist und die diesen Wahlzettel in die Wahlurne für die Gruppenwahl der Beamten eingeworfen hat, gegen den in Art. 19 Abs. 2 Satz 1 BayPVG enthaltenen gesetzlichen Wahlgrundsatz.
Dieser Verstoß gegen die Wahlvorschrift des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 BayPVG stellt ohne jeden Zweifel einen Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift im Sinne des Art. 25 Abs. 1 BayPVG dar. Dieser Verstoß konnte nach dem Einwerfen des Wahlzettels in die Wahlurne für die Gruppenwahl der Beamten auch nicht mehr berichtigt werden.
Gleichzeitig ist nach dem festgestellten Ergebnis der Wahl (auch unstreitig) davon auszugehen, dass dieser Fehler das Wahlergebnis beeinflussen konnte. Wie der Antragsteller unwidersprochen und für das Gericht nach den vorliegenden Unterlagen auch nachvollziehbar dargelegt hat, ist die Verteilung der Sitze zwischen den beiden zur Wahl angetretenen Wahllisten der Beamten (auch) davon abhängig, welche Wahl die Arbeitnehmerin getroffen hat. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass bei einer korrekten Wahl, d.h. den Ausschluss der Arbeitnehmerin von der Wahl der Beamtengruppe, ein anderes Wahlergebnis hätte zustande kommen können. Der Verstoß gegen die wesentliche Wahlvorschrift hat damit auch das Wahlergebnis beeinflusst (vgl. mit dem gleichen Ergebnis für die fehlerhafte Ausgabe eines Stimmzettels an einen in einer anderen Gruppe Wahlberechtigten: BayVGH, B.v. 8.12.1999 – 17 P 328/99 – juris Rn. 17 ff.).
Wegen des Verstoßes gegen wesentliche Wahlvorschriften, der das Wahlergebnis beeinflusst hat, war damit die Wahl der Beamtengruppe für ungültig zu erklären.


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