Arbeitsrecht

außerdienstliches Dienstvergehen im Vermögensbereich, besonders schwerer Fall der Untreue in einer Vielzahl von Fällen über mehrere Jahre hinweg iHv ca 27.000 Euro, doppelte Rückstufung

Aktenzeichen  RN 10A DK 20.3026

Datum:
14.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2873
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 14
BeamtStG § 47
StGB § 266, § 266 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Auch bei einem Finanzbeamten stellen außerdienstliche Vermögensdelikte ein rein außerdienstliches Dienstvergehen dar, sofern nicht weitere Tatsachen (etwa Begehung von Steuerstraftaten) einen dienstrechtlichen Bezug rechtfertigen.
2. Auch bei einer abstrakten strafrechtlichen Strafandrohung von 7 Jahren und 6 Monaten und einer strafgerichtlichen Verurteilung in einem besonders schweren Fall der Untreue nach Täter-Opfer-Ausgleich zu 180 Tagessätzen, kann noch ein Vertrauensverhältnis zu dem Beamten bestehen, sodass eine Entfernung aus dem Dienst nicht zwingende Folge sein muss.

Tenor

I. Gegen den Beklagten wird als Disziplinarmaßnahme auf die Zurückstufung um zwei Besoldungsstufen in das Amt eines Steuerobersekretärs (A7) erkannt.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die zulässige Disziplinarklage führt zur Zurückstufung des Beklagten um zwei Besoldungsgruppen in das Amt eines Steuerobersekretärs der Besoldungsgruppe A 7.
I.
Gegen die Ordnungsgemäßheit der Disziplinarklage bestehen keine Bedenken. Sie entspricht den Anforderungen des Art. 50 Abs. 1 BayDG und gibt in ausreichender Weise den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beklagten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens sowie die für die Entscheidung bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel in geordneter Darstellung wieder. Mängel der Klageschrift und des behördlichen Disziplinarverfahrens wurden nicht – innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG – geltend gemacht und sind für das Gericht auch nicht ersichtlich.
II.
Das Gericht legt der disziplinarrechtlichen Würdigung den unter III 1) dargestellten Sachverhalt zu Grunde:
Nach Art. 55 BayDG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG sind die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts D … vom 30.11.2018 (1 DS 4 JS 9632/17) hinsichtlich des objektiven und subjektiven Tatbestand, sowie der Rechtswidrigkeit zugrunde zu legen.
Zudem hat der Beklagte den Sachverhalt auch in der mündlichen Verhandlung zugestanden und bedauert.
Neben dem Tatvorwurf ist auch die Feststellung bindend, dass der Beklagte schuldhaft gehandelt hat. Zwar ist die Frage seiner Schuldfähigkeit im Strafurteil nicht ausdrücklich angesprochen. Dazu bestand für das Strafgericht auch keine Veranlassung, weil die Schuldfähigkeit einer erwachsenen Person die Regel und kein Anhalt dafür gegeben ist, dass es vorliegend anders wäre. Insbesondere hat der Beklagte im Strafverfahren nach den beigezogenen Strafakten keine Umstände vorgebracht, die auf eine fehlende oder verminderte Schuldfähigkeit hinweisen; er hat sich im Strafverfahren nicht auf eine psychische Erkrankung berufen. Aus der Tatsache, dass das Strafgericht eine Verurteilung ausgesprochen hat, ist zwingend auf die Feststellung strafrechtlicher Verantwortlichkeit des Beamten und dessen Vorsatz zu schließen, weil anderenfalls eine Verurteilung zu Strafe nicht zulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 25.02.2016 – 2 B 1.15 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 13.07.2011 – 16 a D 09.3127 – juris Rn. 102; Zängl, a.a.O., Art. 25 Rn. 15). Das erkennende Gericht hat keinen Anlass, sich aufgrund des Vorbringens des Beklagten von den Feststellungen des Strafgerichts zu lösen. Die Disziplinargerichte sind nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn diese offenkundig unrichtig sind und sie daher „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten (vgl. BVerwG, B.v. 30.08.2017 – 2 B 34.17- juris Rn. 10 ff.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
III.
Durch die festgestellten Taten hat der Beklagte – neben der Verwirklichung des Straftatbestandes der Untreue nach §§ 266 und 263 III S.2 Nr.1 StGB (sanktioniert mit Freiheitsstrafe von 1 Monat bis zu 7 Jahren und 6 Monaten nach Durchführung eines Täter-Opfer – Ausgleiches) – vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gegen seine beamtenrechtliche Pflicht zur Beachtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen.
IV.
Dieses Fehlverhalten stellt ein einheitliches, außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 BeamtStG dar. Es ist nach der gebotenen materiellen Betrachtungsweise als außerdienstlich zu qualifizieren. Denn ein funktionaler Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung des Beklagten und dem bekleideten Amt liegt nicht vor, weil das Verhalten weder formell in sein Amt noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2001 – 1 D 55.99 -, Rn. 57, juris; BVerwG U. v. 25.10.2017- 14 LB 4/16 -, Rn. 44, juris).
Ein besonderer, dienstrechtlicher Bezug zu seinem Amt ist bei dem Beklagten entgegen der Auffassung der Klägerseite auch nicht zu sehen. Anknüpfungspunkt für den Amtsbezug ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne. Die Rechtsstellung des Beamten wird durch sein Statusamt geprägt (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – 2 C 51.13 – BVerwGE 151, 114 Rn. 28). Das Statusamt – und nicht die mit dem gegenwärtig innegehabten Dienstposten verbundene Tätigkeit – bestimmt, mit welchem Aufgabenbereich der Beamte amtsangemessen beschäftigt und damit künftig verwendet werden kann. Die Bezugnahme auf das Statusamt folgt darüber hinaus aus der materiellen Pflichtenstellung des Beamten gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG. Während Satz 2 dieser Vorschrift an die dem Beamten übertragenen Aufgaben anknüpft, nehmen Satz 1 und 3 jeweils auf den Beruf Bezug. Die Verpflichtung, sich mit vollem persönlichen Einsatz dem Beruf zu widmen, ist nicht nur auf den gegenwärtigen Dienstposten beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle nach dem Statusamt wahrnehmbaren Dienstposten.
Aus dem sachlichen Bezug des Dienstvergehens zum konkreten Aufgabenbereich kann sich aber eine Indizwirkung ergeben. Der Beamte wird mit dem ihm übertragenen konkreten Amt identifiziert; dieses hat er uneigennützig, nach bestem Gewissen und in voller persönlicher Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen wahrzunehmen (§ 34 Satz 1 und 2 sowie § 36 Abs. 1 BeamtStG). Je näher der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beamten zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Verhalten geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert (BVerwG, Urteile vom 24.10.2019- 2 C 3/18, vom 8. Mai 2001 – 1 D 20.00 – BVerwGE 114, 212 und vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – BVerwGE 152, 228 Rn. 20).
Der Beklagte ist als Finanzbeamter in der Vollstreckung für die korrekte Durchsetzung erhobener Steuerforderungen verantwortlich. Insoweit läge bei Steuerdelikten ein dienstlicher Bezug vor. Dies ist vorliegend nicht gegeben, insbesondere ist die steuerrechtliche Würdigung des Sachverhalts im Rahmen der Steuererklärung des Tennisclubs lediglich eine „Nebenprodukt“. Maßgeblich ist hier das eigennützige Vermögensdelikt der Untreue. Eine Vermögensstraftat alleine reicht noch nicht aus, um einen besonderen dienstlichen Bezug zu dem Statusamt eines Finanzbeamten herzustellen. (vgl. etwa Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Schleswig-Holstein vom 15.11.2016 – 14 LB 2/16 – wonach bei einem Vermögensdelikt eines Finanzbeamten zur Bejahung eines dienstlichen Bezuges noch weitere Gesichtspunkte hinzukommen müssen; dort: Veruntreuung von Geldern die von Kollegen anvertraut worden waren).
Das außerdienstliche Verhalten des Beklagten erfüllt jedoch gleichwohl die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz. Nach dieser Vorschrift ist ein Verhalten außerhalb des Dienstes dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt nach ständiger Rechtsprechung in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.02.2003 – 2 BvR 1413/01). Dabei kommt vorsätzlichen Straftaten (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 Beamtenstatusgesetz) eine besondere Bedeutung zu (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.06.2015 – 2C 25/14, juris Rn. 16; Urteil vom 28.07.2011 – 2C 16.10). Das Bundesverwaltungsgericht hat grundsätzlich darauf abgestellt, dass bei außerdienstlichen Dienstvergehen regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis ausgelöst wird, wenn es sich um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt (vgl. Urteil des BVerwG vom 10.12.2015 Aktenzeichen 2C6/14). Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als Strafe hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne weiteres darauf schließen, dass das Verhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (Bundesverwaltungsgericht a.a.O.). In Anknüpfung an diese Grundsätze sind die besonderen, qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz erfüllt. Die von dem Beklagten begangene Straftat des besonders schweren Falles der Untreue nach (vom Strafgericht berücksichtigten) Täter-Opfer – Ausgleichs weist einen Strafrahmen von einem Monat bis zu 7 Jahren und 6 Monaten auf (§§ 266 II, 263II S.2 Nr1, 46a, 49 I StGB) und führt zu einem erheblichen Ansehensschaden für den Kläger, aber auch für die Beamtenschaft an sich.
V.
Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat aber noch nicht zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig völlig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 BayDG noch nicht auf die Höchstmaßnahme zu erkennen.
Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Beamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 13).
Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z. B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z. B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16).
Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist bei Straftaten zunächst auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen (BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24.16 – juris Rn. 14), weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlusts am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 15; BayVGH, U.v. 9.5.2018 – 16a D 16.1597 – juris Rn. 31).
Für das die Vermögensdelikt des besonders schweren Falles der Untreue gibt es keine Regeleinstufung, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Maßgeblich für die Maßnahmenbemessung ist die jeweilige Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezuges der Pflichtverletzung des Beamten. Das Ausmaß des Vertrauensschadens, der durch eine außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufen wird, wird damit hier maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt. Für die disziplinarische Ahndung der Untreue ist aus dem zum Zeitpunkt der Tatbegehung geltenden Strafrahmens eine Strafandrohung von bis zu 7 Jahren und 6 Monaten Jahren Freiheitsstrafe zu entnehmen (s. o.), bei der Maßnahmenbemessung ist deshalb auf einen Orientierungsrahmen bis zur Verhängung der Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst abzustellen. Die Höchstmaßnahme ist dabei bei einem besonderen dienstlichen Bezug regelmäßig gerechtfertigt (BayVGH, Urteil vom 21.01.2015 -16 a D 13.1805; Urteil vom 10. Juli 2019 – 16a D 17.1249 -, juris). Eine solch dienstlicher Bezug liegt jedoch nicht vor (s. o.).
Die Ausschöpfung des in maßgeblichen Anlehnung an den abstrakten Strafrahmen gebildeten Orientierungsrahmen kommt jedoch nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehaltes vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmen – nach oben wie nach unten – unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.07.2013-2C 63.11). Ein wie auch immer geartete Schematismus verbietet sich in besonderer Weise (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 05.03.2014-2B 111.13 – juris).
Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat im 2. Schritt auch auf die vom Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden. Dies folgt aus § 24 Abs. 1 Satz 1 Beamtenstatusgesetz, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Verurteilung zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmen herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Verwertbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.05.2012-2B 146.11).
Hier ist zunächst zulasten des Beklagten zu werten, dass es sich um eine Vielzahl von einzelnen Untreuehandlungen handelte mit jeweils separatem Tatentschluss, ferner, dass sich das Fehlverhalten über Jahre hinweg zog, sowie die erhebliche Summe in Höhe von ca. 17.000 EUR. Schließlich, dass die Taten unter Ausnutzung des ihm entgegengebrachten Vertrauens durch den Tennisverein in seiner Funktion als Kassier verübt wurden, weshalb auch ein besonders schwerer Fall der Untreue vorliegt.
Andererseits ist hier zu berücksichtigen, dass die Untreuehandlungen aus den Kassenbüchern jederzeit feststellbar gewesen wären, und die Kassenprüfungen – wie vom Beklagten glaubhaft und überzeugend geschildert – diesen Namen nicht verdient hatten. Insoweit hat der Beklagte keine besonderen Täuschungshandlungen begangen und die Fehlbestände hätten bei einem Blick in die Unterlagen sofort auffallen müssen. Ferner hat der Beklagte den Schaden nach Bekanntwerden – unter Aufnahme von Krediten – unverzüglich beglichen, was auch im Rahmen des Täter-Opfer – Ausgleiches vom Strafgericht berücksichtigt wurde. Er hat sein Fehlverhalten unverzüglich eingestanden, aktiv an der Aufklärung mitgearbeitet und das Fehlverhalten bedauert und sich dafür entschuldigt. Auch in der mündlichen Verhandlung hatte er ohne zu beschönigen oder zu bagatellisieren sein Fehlverhalten eingestanden und sich dafür entschuldigt. Er hat zudem auch die Schäden gegenüber dem Verein beglichen, die nicht durch strafbare Handlungen von ihm, sondern durch fehlerhafte Belege bei Vereinsausgaben entstanden waren. Dies erklärt auch die Differenz zwischen dem durch die Untreuehandlungen entstandenen Schaden sowie der zurückgezahlten Summe. Insoweit war er bestrebt, vollumfänglich den Schaden von sich aus wiedergutzumachen, ohne nur auf die strafrechtlich vorgehaltenen Verfehlungen abzustellen. Klassische Milderungsgründe wie Augenblicksversagen, Selbstoffenbarung einer noch nicht entdeckten Verfehlung, erheblich geminderte Schuldfähigkeit, Fehlverhalten während einer besonders schwierigen, überwundenen Lebenssituation, sind bei dem Beklagten nach den Vorgaben der Rechtsprechung zwar nicht gegeben. In der Summe sind die für den Beklagten sprechenden Umstände, einschließlich seines bisherigen anstandslosen dienstlichen Verhaltens jedoch bei der Bemessung der notwendigen und angemessenen Disziplinarmaßnahme mit zu berücksichtigen. Auch das Strafgericht hat – in Kenntnis der eigenen Unzuständigkeit hierfür – ausgeführt, dass aufgrund der Gesamtumstände der Tat aus Sicht des Strafgerichts eine weitere Sanktionierung im Rahmen eines Disziplinarverfahrens nicht mehr erforderlich scheine. Aufgrund der Notwendigkeit der Wahrung des Ansehens des Berufsbeamtentums teilt die Kammer diese Auffassung nicht.
Unter diesen Umständen hält das Gericht das Verhängen der Höchstmaßnahme nach Art. 11 BayDG nicht für sachgerecht, da das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht restlos endgültig verloren ist. Dies ergibt sich letztlich auch daraus, dass gegenüber dem Beklagten vom Dienstherrn keine vorläufige Dienstenthebung oder Verbote führender Dienstgeschäfte ausgesprochen wurde, weil der zuständige Amtsleiter keine Zweifel an einer ordnungsgemäßen Zusammenarbeit mit dem Beklagten auch während des Disziplinarverfahrens -währenddessen er sogar noch eine Prämie erhielthatte.
Gleichwohl hat der Beklagte ein sehr schweres Dienstvergehen durch die außerdienstliche Straftat begangen, das einen erheblichen Vertrauensschaden im Hinblick auf den öffentlichen Dienst verursacht hat. Sowohl aus Gesichtspunkten der Reinigungsfunktion als auch der Erziehungsfunktion des Disziplinarrechts und damit der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung ist eine nach außen sichtbare Maßnahme angezeigt.
Unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen nicht zu beanstanden dienstlichen Verhalten des Beklagten erscheint in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine Zurückstufung des Beklagten um zwei Ämter nach Art. 14 Abs. 1 und 10 Abs. 1 BayDG in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt, nämlich das des Steueroberinspektors in die Besoldungsstufe A 7 als disziplinarrechtliche Ahndung angemessen aber auch ausreichend.
Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG.


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