Arbeitsrecht

Ausübungsberechtigung für Handwerksberuf – Vergleichbarkeit von Handwerksberufen

Aktenzeichen  RO 5 K 16.851

Datum:
19.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 15015
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HwO § 7b, § 8
BBiG § 4
GG Art. 12

 

Leitsatz

1. Ausbildungsberufe im Sinne des § 7b Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 HwO sind vor allem solche, die durch die zahlreichen, auf Grund von § 4 Abs. 1 BBiG erlassenen Rechtsverordnungen staatlich anerkannt worden sind. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei § 7b HwO ist grundsätzlich auf die formale Vergleichbarkeit der Ausbildung und des Berufsbilds abzustellen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten über die Streitsache ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
I.
Die zulässige Verpflichtungsklage des Kläger ist sowohl im Haupt-, als auch im Hilfsantrag unbegründet.
Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 04.05.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung für das (Spengler- bzw.) Klempnerhandwerk nach § 7 b HwO. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Neuverbescheidung seines Antrags nach den Vorgaben des Gerichts.
1. Mit der Einführung des § 7 b HwO im Rahmen der Dritten Handwerksnovelle (Art. 1 Nr. 10 des Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2934) sollte dem tüchtigen Altgesellen eine verbesserte Perspektive der selbständigen Handwerksausübung geboten und neben den bestehenden Zugangswegen der Meisterprüfung (§ 7 Abs. 1a HwO) und der Ausnahmebewilligung unter Nachweis der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten (§ 8 Abs. 1 HwO) eine weitere, prüfungsfreie Möglichkeit eröffnet werden, um zur Eintragung in die Handwerksrolle zu gelangen (vgl. die Begründung des Entwurfs in BT-Drs. 15/1206 S. 27 bis 29).
Die „Altgesellenregelung“ des § 7b HwO macht die Erteilung einer Ausübungsberechtigung für ein zulassungspflichtiges Handwerk, zu dem auch das (Spengler- bzw.) Klempner-Handwerk gehört (vgl. Nr. 23 der Anlage A zur Handwerksordnung), im Wesentlichen von zwei Voraussetzungen abhängig:
– dem Bestehen einer Gesellenprüfung in dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk oder in einem mit diesem verwandten zulassungspflichtigen Handwerk oder einer Abschlussprüfung in einem dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk entsprechenden anerkannten Ausbildungsberuf (§ 7 b Abs. 1 Nr. 1 HwO) und
– einer Berufspraxis in dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk oder in einem mit diesem verwandten zulassungspflichtigen Handwerk oder in einem dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk entsprechenden Beruf von insgesamt sechs Jahren, davon insgesamt vier Jahre in leitender Stellung (§ 7 b Abs. 1 Nr. 2 HwO).
Der Kläger erfüllt jedoch bereits die Voraussetzung des § 7 b Abs. 1 Nr. 1 HwO nicht.
a) Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 7 b Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 und Alt. 2 HwO, da der Kläger unstreitig keine Gesellenprüfung im Klempnerhandwerk (Alt. 1) und auch nicht in dem mit dem Klempnerhandwerk gemäß der Verordnung über verwandte Handwerke vom 18.12.1968, BGBl. I S. 1355 verwandten Dachdeckerhandwerk (Alt. 2) vorweisen kann.
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus der mittlerweile erfolgten Abschaffung des Ausbildungsberufs des Betriebsschlossers. Bei Zusammenlegung mehrerer Handwerke genügt zwar die frühere Gesellenprüfung in einem dieser Handwerke ebenso wie die Berufstätigkeit in einem dieser früheren Handwerke (Honig/Knörr/Thiel/Knörr HwO § 7 b Rn. 5, beck-online). Der Beruf des Schlossers wurde jedoch im Rahmen der Neuordnung der industriellen Metallberufe im Jahr 1987 durch die Nachfolgeberufe des Anlagenmechanikers, Industriemechanikers und des Konstruktionsmechanikers und nicht durch den Beruf des Spenglers oder Klempners abgelöst (vgl. Tätigkeitsbeschreibung des Betriebsschlossers unter https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/archiv/14235.pdf), wobei die Berufe Maschinenschlosser und Betriebsschlosser zum Beruf des Industriemechanikers vereint wurden (vgl. https://www.gesamtmetall.de/themen/bildung/neue-berufe).
b) Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch aus § 7 b Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 HwO auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung.
Nach dieser Alternative erhält eine Ausübungsberechtigung für zulassungspflichtige Handwerke derjenige, der eine Abschlussprüfung in einem dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk entsprechenden anerkannten Ausbildungsberuf bestanden hat.
(1) Nach der Kommentarliteratur ist mit „Abschlussprüfung“ eine gleichwertige andere Prüfung, in der Regel eine Facharbeiterprüfung, gemeint (vgl. Honig/Knörr/Thiel/Knörr, HwO, § 7 b Rn. 4). Ausbildungsberufe im Sinne dieser Vorschrift sind vor allem solche, die durch die zahlreichen auf Grund von § 4 Abs. 1 BBiG erlassenen Rechtsverordnungen staatlich anerkannt worden sind (Detterbeck, HwO, § 7 b Rn. 6).
Dahin gestellt bleiben kann, ob auch Prüfungen, deren Zeugnisse nach § 40 Abs. 1 und 2 HwO den entsprechenden Zeugnissen über das Bestehen der Gesellenprüfung durch Rechtsverordnung des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gleichgestellt sind, die Prüfungsvoraussetzung für eine Ausübungsberechtigung erfüllen, da der Kläger weder ein inländisches Prüfungszeugnis nach Abs. 1, das außerhalb des sachlichen Anwendungsbereichs der Handwerksordnung (z.B. von Berufsfachschulen, -kollegs oder –akademien) erworben wurde, noch ein ausländisches Prüfungszeugnis nach Abs. 2 besitzt. Das vom Kläger vorgelegte Teilnahme-Zertifikat am Seminar „Klempnertechnik/Spenglertechnik – Grundlagen“ (Bl. 9 d.A.) bestätigt lediglich die erfolgreiche Teilnahme und stellt kein Prüfungszeugnis dar. Darüber hinaus kann schon aufgrund der Seminardauer von 5 Tagen keine Vergleichbarkeit angenommen werden.
Unerheblich ist vorliegend auch, ob bei § 7 b Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 HwO auf die Gleichwertigkeit der Abschlussprüfung mit der Gesellenprüfung (so wohl die überwiegende Kommentarliteratur) oder lediglich auf die Vergleichbarkeit des Berufs, in dem die Ausbildung erfolgreich absolviert wurde, und das Handwerk, für das die Ausübungsberechtigung beantragt wird (so VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Oktober 2007 – 9 K 3112/06 –, Rn. 26, juris) abgestellt werden muss, denn der Kläger ist im Besitz einer bestandenen Gesellenprüfung. Da der Kläger diese Gesellenprüfung jedoch im mittlerweile nicht mehr existierenden Ausbildungsberuf des Betriebsschlossers und damit nicht in dem Handwerk, für das er die Ausübungsberechtigung beantragt hat, abgelegt hat, kommt es vorliegend entscheidend auf die Vergleichbarkeit der Berufe „Betriebsschlosser“ und „Klempner“ an.
Dabei ist zwischen den Parteien insbesondere streitig, woran die Vergleichbarkeit der Berufe zu messen ist, wobei es nach Ansicht des Klägers nicht auf Ausbildungspläne, sondern allein auf die tatsächlich durchgeführten Ausbildung ankomme, während die Beklagte auf formale Kriterien abstellt.
(2) Nach Ansicht der Kammer ist bei § 7 b HwO aufgrund der dort vorzunehmenden formalisierten Betrachtungsweise grundsätzlich auf die formale Vergleichbarkeit der Ausbildung und des Berufsbilds abzustellen (a), die bei den Berufen „Betriebsschlosser“ und „Klempner“ jedoch nicht gegeben ist (b).
(a) Nach der bereits dargestellten zweigliedrigen Systematik ist die Erteilung einer Ausübungsberechtigung gemäß § 7 b HwO im Wesentlichen von zwei zu erfüllenden Voraussetzungen (Nr. 1 und Nr. 2) abhängig.
Während § 7 b Abs. 1 Nr. 1 HwO den Abschluss einer bestimmten Berufsausbildung zur Voraussetzung macht, bezieht sich § 7 b Abs. 1 Nr. 2 HwO auf die nach der Ausbildung erfolgte qualifizierte Berufserfahrung. Diese qualifizierte berufliche Tätigkeit muss in dem Handwerk selbst, einem mit diesem verwandten Handwerk oder in einem dem Handwerk entsprechenden Beruf ausgeübt worden sein, wobei die der Gesellen- oder Abschlussprüfung vorausgehende Berufsausbildung keine Berufstätigkeit im Sinne von § 7 b Abs. 1 Nr. 2 HwO darstellt (vgl. BayVGH, 31.3.2009 – 22 ZB 09.513, 31.1.2005 – 22 BV 04.2719, GewArch 2005, 156 f.).
Damit bilden die Berufsausbildung (Nr. 1) und die qualifizierte Berufserfahrung (Nr. 2) zusammen die wesentliche Voraussetzung für die Erteilung einer Ausübungsberechtigung. Über die Komponenten Gesellenprüfung und Berufserfahrung soll also eine beruflich-fachliche Qualifikation sichergestellt werden, wobei dies natürlich nur dann erreicht werden kann, wenn sich Ausbildung und Berufserfahrung entsprechend ergänzen. Der Gesetzgeber typisiert in § 7 b HwO mit Blick auf den Erwerb notwendiger Kenntnisse und Fähigkeiten einen bestimmten durch eine einschlägige Ausbildung und eine qualifizierte Berufspraxis gekennzeichneten beruflichen Werdegang. Dies ist auch der Gesetzbegründung zu entnehmen:
„Entscheidend für die Zulassung zur Handwerksausübung in gefahrgeneigten Tätigkeiten ist vielmehr, dass durch die Ausbildung und die anschließende langjährige unselbständige Tätigkeit in qualifizierter Funktion in dem Bereich sichergestellt ist, dass dem Gesellen die selbständige Handwerksausübung erlaubt werden kann, ohne dass aufgrund unsachgemäßer Ausübung Gefahren für Gesundheit oder Leben Dritter zu befürchten sind.“ (vgl. BT-Drucks. 15/1206, S.29).
Dabei verlangt aber weder § 7 b Abs. 1 Nr. 1, noch Nr. 2 – im Gegensatz zur Ausnahmebewilligung in § 8 HwO – den Nachweis tatsächlicher Kenntnisse und Fähigkeiten. Die für die selbständige Ausübung eines Handwerks erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse gelten in formalisierter Weise allein durch den Nachweis einer bestandenen Gesellenprüfung in dem zu betreibenden oder mit dem zu betreibenden Handwerk verwandten zulassungspflichtigen Handwerk oder dem Nachweis einer entsprechenden Abschlussprüfung (Nr. 1) und durch den Nachweis einer Tätigkeit von ingesamt 6 Jahren, davon insgesamt vier Jahr in leitender Stellung (Nr. 2), als nachgewiesen. Die gesetzliche Festlegung bestimmter Tätigkeitszeiträume in dem selbständig zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk sollte typisierend die Lebenssituation eines Altgesellen nach mehreren Jahren der Handwerksausübung erfassen, für welche die Unzumutbarkeit eines Ablegens der Meisterprüfung von Gesetzes wegen unterstellt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2015 – 8 C 12/14 –, BVerwGE 152, 132-144, Rn. 26). Eine Überprüfung der tatsächlich erlernten und ausgeübten Fähigkeiten findet im Rahmen des § 7 b HwO gerade nicht statt (vgl. auch BT-Drucks. 15/1206, S.28 : „Eine Prüfung der Befähigung entfällt.“).
Überdies würde sich die Auslegung des Klägers von § 7 b Abs. 1 Alt. 3 HwO auch als eine Umgehung von § 7 b Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 HwO bzw. der Verordnung über verwandte Handwerke vom 18.12.1968 (BGBl. I S. 1355) darstellen, da die zweite Alternative genau den vorliegenden Fall erfasst, dass der Antragsteller zwar eine Gesellenprüfung besitzt, jedoch nicht in dem Handwerk, für das die Ausübungsberechtigung beantragt wurde. Es ist fraglich, welchen Anwendungsbereich § 7 b HwO Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 HwO überhaupt noch haben solllte, wenn man auch über § 7 b Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 HwO eine Ausübungsberechtigung für ein Handwerk erhält, in dem man keine Gesellenprüfung absolviert und bestanden hat.
(b) Wie ein Vergleich der Berufsbildbeschreibungen in der „Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Klempnerhandwerk“ vom 28.8.1974 (BGBl 74, 2133) bzw. der „Verordnung über die Berfusausbildung zum Klempner und zur Klempnerin“ vom 21.06.2013 (BGBl. I S. 1614) und der „Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Schlosser-Handwerk“ vom 2.6.1976 (BGBl 76, 1397 – gültig bis 31.12.2001) zeigt, entspricht die Ausbildung und das Berufsbild des „Betriebsschlossers“ nicht dem des „Spenglers/Klempners“, (vgl. auch VG Regensburg, Urteil vom 05.08.2002, 5 K 02.184). Insoweit verlangt das Gesetz eine mit Blick auf den Zweck des § 7 b HwO hinreichende Ähnlichkeit der Berufe in dem Sinne, dass insbesondere die fachlich-technischen Inhalte vergleichbar sind (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Oktober 2007 – 9 K 3112/06 –, Rn. 45, juris).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die in derartigen Erlassen und Verordnungen veröffentlichten Berufsbilder für die Frage der fachlichen Zugehörigkeit einer Tätigkeit zu einem handwerksfähigen Gewerbe mit herangezogen werden. Sie enthalten nämlich erläuternde Einzelheiten über das Arbeitsgebiet und die zu dessen Bewältigung benötigten Fertigkeiten und Kenntnisse (BVerwGE 25, 66 ; 87, 191 ; BVerwG 1 C 55.88 – Urteil vom 3. September 1991; BVerwG, Urteil vom 29. September 1992 – 1 C 36/89 –, Rn. 22).
Nichts anderes ergibt sich auch aus einem Vergleich der vom Kläger vorgelegten Tätigkeitsbeschreibung von Betriebsschlossern vom 28.11.2005 (Bl. 11-15 d.A., abrufbar unter https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/archiv/14235.pdf) mit der Tätigkeitsbeschreibung des Klempners vom 28.09.2006 (abrufbar unter https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/archiv/2225.pdf).
Daraus geht hervor, dass bereits die Kernkompetenzen der Berufe nur in einem Punkt (Montage) übereinstimmen:
Betriebsschlosser Klempner
– Betriebstechnik
– Drehen
– Fräsen
– Metallbe- und verarbeiten
– Montage
– Rohrschlosserarbeiten
– Schweißen
– Wartung, Reparatur und Instandhaltung
– Blechbearbeitung
– Dach- und Fassadenblecharbeiten
– Gas-, Wasserleitungsbau
– Haustechnik
– Montage
– Rohrinstallation
– Sanitärinstallation
– Versorgungstechnik
Zudem wird die Blechbearbeitung, die beim Klempnerhandwerk zu den Kernkompetenzen zählt, bei der Tätigkeitsbeschreibung des Betriebsschlossers hingegen – inmitten von insgesamt 18 Kompetenzen, die in der Ausbildung vermittelt werden – nur bei den „Weiteren Kompetenzen“ eines Betriebsschlossers aufgeführt (vgl. Bl. 14 d.A.).
Darüber hinaus werden in den jeweiligen Tätigkeitbeschreibungen auch verschiedene Berufe als Beschäftigungs- und Besetzungsalternativen aufgeführt, auf die man sich bewerben könne ohne eine neue Ausbildung absolvieren zu müssen, teilweise mit, teilweise ohne oder nur mit kurzer Einarbeitungszeit oder für Teiltätigkeiten des Ausgangsberufs. Aber sowohl in der Tätigkeitsbeschreibung des Klempners, als auch in der des Betriebsschlossers findet sich der jeweils andere Beruf unter den angegeben Beschäftigungsalternativen nicht.
(c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 GG und der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht.
Die Absicht des Gesetzgebers bei der Novellierung der Handwerksordnung im Jahre 2003, durch die auch § 7 b HwO eingefügt worden ist, war es im Wesentlichen, Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen durch eine Liberalisierung der Zulassungsregeln im Handwerk zu erleichtern. Darüber hinaus sollte nach der Gesetzesbegründung eine aufgrund europarechtlicher Vorgaben bestehende Diskriminierung von Inländern abgebaut werden. Gleichwohl sollten nicht alle Handwerke zulassungsfrei gestellt werden. Als Kriterien für die Abgrenzung hat sich der Gesetzgeber für die Gefahrgeneigtheit und die Ausbildungsleistung entschieden. Von dem gesetzgeberischen Abgrenzungskriterium der Gefahrgeneigtheit ist auch bei der Auslegung des § 7 b HwO auszugehen (vgl. Sydow, GewArch 2005, S. 456, 456 f.). Der Gesetzgeber wollte mit § 7 b HwO sicherstellen, dass bei einer selbständigen Ausübung der zulassungspflichtigen Handwerke auf dieser Grundlage keine Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter zu befürchten sind, weil der Betreffende die notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse besitzt, also fachlich geeignet ist ( vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Oktober 2007 – 9 K 3112/06 –, Rn. 34, juris). Nicht Sinn und Zweck der Einführung der Möglichkeit der Ausübungsberechtigung war jedoch durch erhebliche Erleichterung der fachlichen Anforderungen unqualifizierten Bewerbern den Weg zu einer selbständigen Ausübung des Handwerks zu ermöglichen (Günther, GewArch 2011, 189, 194).
Soweit die Handwerksordnung den selbstständigen Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks im stehenden Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen oder juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet (§ 1 Abs. 1 HwO) und diese Eintragung im Regelfall vom Bestehen der Meisterprüfung (§ 7 Abs. 1 a HwO) oder der Erteilung einer Ausübungsberechtigung (§ 7 b HwO) abhängig macht, normiert sie in zulässiger Weise subjektive Berufswahlbeschränkungen. Derartige Beschränkungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 12. März 1985 – 1 BvL 25, 45, 52/83 – BVerfGE 69, 209/218, Beschluss vom 20. März 2001 – 1 BvR 491/96 – BVerfGE 103, 172/183) zum Schutze überragender Gemeinschaftsgüter zulässig, wenn sie geeignet sowie erforderlich sind und der durch sie bewirkte Grundrechtseingriff nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Zweck steht (vgl. zu Letzterem etwa BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 – 1 BvR 2576/04 – BVerfGE 117, 163/192 f).
Nach diesen Grundsätzen sind die Bestimmungen für die zulassungspflichtigen Handwerke im Hinblick auf das gesetzgeberische Anliegen der Vermeidung von Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter als überragende Gemeinschaftsgüter verhältnismäßig. Die vom Gesetz für die selbstständige Ausübung gefahrgeneigter Handwerke gestellten Anforderungen an die Ausbildung bzw. die Berufserfahrung der Handwerker erscheinen – unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums – gleichfalls als geeignet, erforderlich und angemessen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seiner vom Kläger zitierten Entscheidung vom 5. Dezember 2005 für die alte Rechtslage Bedenken dagegen erhoben, dass der große Befähigungsnachweis mit Blick auf die wachsende Konkurrenz aus dem EU-Ausland noch geeignet und angemessen sei, die Qualität handwerklicher Leistungen zu sichern. Diesen Bedenken ist durch die Neufassung der Handwerksordnung zum 1. Januar 2004 jedoch die Grundlage entzogen worden. Durch die inzwischen in § 7 b HwO enthaltene Regelung für Altgesellen als Alternative zur Meisterprüfung sind die Anforderungen, die an einen deutschen Handwerker für die Ausübung eines zulassungspflichtigen Handwerks gestellt werden, im Verhältnis zu jenen Voraussetzungen, die ein ebensolcher Handwerker aus dem EU/EWR-Ausland mit Niederlassung in Deutschland erfüllen muss, zwar nicht in Übereinstimmung gebracht, aber doch stark angenähert worden (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. Februar 2010 – 4 A 2008/05 –, Rn. 26 – 28, juris).
Daher gibt es seit der Handwerksnovelle ersichtlich keinen Grund die Norm des § 7 b HwO in seiner neuen Fassung so extensiv auszulegen, wie der Kläger dies fordert. Aus der Systematik der §§ 7 ff. HwO folgt, dass die Meisterprüfung (Großer Befähigungsnachweis) die regelmäßige Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle und damit den selbständigen Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe ist. Die Meisterqualifikation sollte nach der Intention des Gesetzgebers nicht nur weiterhin der Regelfall zum Zugang eines Handwerks der Anlage A sein, sondern insbesondere sollte der Anreiz zur Absolvierung der Meisterprüfung nicht durch die sog. „Altgesellenregelung“ des § 7 b HwO gemindert werden. Mit der Vorschrift des § 7 b HwO beabsichtigte der Gesetzgeber die Normierung von gesetzlichen Voraussetzungen für eine pauschale Annahme eines Ausnahmetatbestands bezüglich der Meisterprüfungspflicht. Damit geht er mit der Vorschrift des § 7 b HwO bereits über die vom Bundesverfassungsgericht geforderte grundrechtsfreundliche Auslegung der Ausnahmeregelung des § 8 HwO hinaus und schafft mit 7 b HwO einen zur Meisterprüfung alternativen Zugang für die überwiegende Anzahl von Handwerken der Anlage A. Vor dem Hintergrund der eigentlich beabsichtigten Ausnahmeregelung ist die Vorschrift des § 7 b HwO deshalb auch als solche auszulegen (vgl. Sydow, GewArch 2005, 456, 457 und Schwannecke, Die Deutsche Handwerksordnung, § 7 b Rn. 2).
(3) Aber selbst, wenn man mit dem Kläger von einer extensiven Auslegung des § 7 b HwO ausgeht und die tatsächlich in der Ausbildung durchgeführten Tätigkeiten miteinbezieht, so ergibt sich vorliegend nicht anderes. Der Kläger hat auch bei Berücksichtigung seiner tatsächlich durchgeführten Ausbildungstätigkeiten keinen Anspruch auf die Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7 b HwO.
(a) Zur Bestätigung seiner Kenntnisse und Fertigkeiten in der Blechbearbeitung legte der Kläger dem Gericht ein Schreiben eines früheren Arbeitskollegen vor, der mit dem Kläger zusammen die Ausbildung zum Betriebsschlosser absolviert hatte (Bl. 10 d.A). Dieser bestätigte darin, dass ein wesentlicher Gegenstand der Ausbildung und der späteren Arbeiten in dem genannten Betrieb die Bearbeitung von sämtlichen Arten und Stärken von Blechen gewesen sei. Des Weiteren führt der Arbeitskollege aus, dass – soweit er das als Industriemeister und Ausbilder beurteilen könne – die Anforderungen an die Be- und Verarbeitung von Blechen verschiedenster Art in diesem Betrieb weit höher und intensiver sind als sie typischerweise in der Ausbildung und in der beruflichen Ausübung des Spenglerhandwerks vorkommen.
Unabhängig von der Aussagekraft des Schreibens eines früheren Arbeitskollegen, der selbst ebenfalls die Ausbildung zum Betriebsschlosser und nicht zum Spengler bzw. Klempner absolviert hatte und seine Beurteilungskraft daher selbst etwas relativiert („Soweit ich dies als Industriemeister und Ausbilder beurteilen kann,…“), geht daraus aber nur hervor, dass sich der Kläger in seiner Ausbildungszeit besonders mit der Blechbe- und verarbeitung beschäftigt hatte und daher womöglich besondere Kenntnisse und Fertigkeiten auf diesem Gebiet vorweisen könne. Es ist damit aber keinesfalls belegt, dass der Kläger auch in den anderen Teilbereichen, die zum Spengler-/Klempnerhandwerk gehören, ebenfalls Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, die ihn zur Ausübung dieses (Voll-) Handwerks berechtigten würden. Weitere Kenntnisse und Fertigkeiten trägt der Kläger selbst auch gar nicht vor.
Zwar mag ein Klempner/Spengler zu einem großen Teil auch Blecharbeiten durchführen. Zum Klempnerhandwerk gehört jedoch weit mehr als die Ver- und Bearbeitung von Blechen. Nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Klempner und zur Klempnerin vom 21. Juni 2013 (BGBl. I S. 1614) sind gemäß § 3 Abs. 3 „Berufsprofilgebene Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten“ unter anderem auch der Einbau von elektrischen Komponenten (Nr. 4), das Decken und Instandhalten von Dach- und Wandflächen an Bauwerken (Nr. 8), das Anfertigen und Montieren von lufttechnischen Anlagen (Nr. 10), das Herstellen von Fugenabschlüssen sowie Durchführen von Wärmedämm- und Dichtungsmaßnahmen (Nr. 12), das Einbauen von Energiesammlern, Energieumsetzern und nachhaltigen Energienutzungssystemen (Nr. 13) und das Einrichten von Arbeitsgerüsten und Schutzsystemen (Nr. 15).
Diese berufprofilgebenden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten werden in der Anlage zu § 3 Abs. 3 und 4 weiter konkretisiert, wobei beispielsweise zum Einbau von elektrischen Komponenten folgendes aufgelistet ist:
a) Sicherheitsregeln für Arbeiten an elektrischen Anlagen anwenden, Unfallverhütungsvorschriften beachten
b) elektrische Anschlüsse mittels Steckverbindungen herstellen
c) elektrische Anschlüsse auf mechanische Beschädigungen sichtprüfen
d) Mängel feststellen, Maßnahmen zur Behebung veranlassen
e) elektrische Einrichtungen und Geräte einbauen und in Betrieb nehmen
f) mechanische Funktionsprüfungen durchführen
Dies zeigt, dass selbst, wenn der Kläger in seiner Ausbildung zum Betriebsschlosser tatsächlich viel mit Blechbearbeitung zu tun hatte und er deshalb speziell auf diesem Gebiet in seiner Ausbildung besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erlernt hat, die über dasjenige hinausgehen, was in der Ausbildung zum Betriebsschlosser verlangt werde, er noch nicht zugleich die (weiteren) Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, die in der Ausbildung zum Spengler/Klempner gelehrt und ausgeübt werden.
Etwas anderes folgt auch nicht aus § 7 b Abs. 1 Nr. 3 HwO, wonach die ausgeübte Tätigkeit zumindest eine wesentliche Tätigkeit des zulassungspflichtigen Handwerks umfassen müsse, da sich das Erfordernis der wesentlichen Tätigkeit in Nr. 3 nicht auf die Anforderungen aus Nr. 1 (Berufsausbildung), sondern auf die qualifizierte Berufserfahrung nach der absolvierten Ausbildung in Nr. 2 bezieht und die dort beschriebenen Voraussetzungen konkretisiert.
Dies folgt bereits aus Sinn und Zweck einer Berufsausbildung, da in Ausbildung zum Beruf nicht nur wesentliche Tätigkeiten, sondern alle für das Berufsbild prägende Tätigkeiten – in unterschiedlicher Intensität – gelehrt und ausgeübt werden. Zudem geht die Bezugnahme auf Nr. 2 auch aus einer Zusammenschau des Wortlauts von Nr. 2 und Nr. 3 hervor, da Nr. 2 davon spricht, dass „eine Tätigkeit von insgesamt sechs Jahren ausgeübt“ werden müsse und Nr. 3 wiedergibt, dass „die ausgeübte Tätigkeit“ zumindest eine wesentliche Tätigkeit des zulassungspflichtigen Handwerks umfasst haben muss. Insofern stellt sich die Ausgestaltung als Nr. 3 als redaktionelles Versehen des Gesetzgebers dar.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass eine Ausübungsberechtigung nach § 7 b HwO nur für das Vollhandwerk beantragt und erteilt werden kann. Die nach § 7 b HwO zu erteilende Ausübungsberechtigung darf inhaltlich nicht auf wesentliche Tätigkeiten eines Handwerks (wie im Falle des § 7 a HwO) oder auf Teilhandwerke (wie im Falle des § 8 HwO) beschränkt werden, sondern muss unbeschränkt für das gesamte Handwerk erteilt werden (vgl. Detterbeck, HwO, § 7b Rn. 3). Aus diesem Grund ist bei der Ausübungsberechtigung nach § 7 b HwO eine entsprechende, sich auf alle berufsprägenden Tätigkeiten des jeweiligen Handwerks erstreckende Ausbildung besondere und wichtige Voraussetzung, auf die nicht verzichtet werden kann. Dies zeigt auch ein Umkehrschluss, wonach im Rahmen der 6-jährigen Berufspraxis die Ausübung einer wesentliche Tätigkeit des Vollhandwerks ausreicht. Eine derartige Einschränkung findet sich für die Voraussetzung der Berufsausbildung in § 7 b Abs. 1 Nr. 1 HwO gerade nicht.
(b) Dem Kläger bleibt es jedoch unbenommen bei der Beklagten eine Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO zu beantragen, die sich auf die Durchführung von Blecharbeiten als Teiltätigkeit des Klempnerhandwerks erstreckt. Auf diese Möglichkeiten wurde er von Seiten der Beklagten mit Schreiben vom 24.06.2015 bereits hingewiesen, wobei ihm zugleich bei Übersendung der Geburtsurkunden seiner drei Kinder die Erteilung der Ausnahmebewilligung bereits in Aussicht gestellt wurde.
2. Der Hilfsantrag war abzulehnen, da § 7 b HwO ersichtlich keine Ermessensvorschrift darstellt. Aus dem Wortlaut und auch vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG ist die Ausübungsberechtigung zu erteilen, wenn die in § 7 b HwO gestellten Voraussetzungen erfüllt sind, was vorliegend – wie dargestellt – jedoch nicht der Fall ist.
II.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.


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