Arbeitsrecht

Auswahlverfahren nach Art 33 Abs 2 GG – fehlende Voraussetzung Höhergruppierung

Aktenzeichen  4 Sa 65/20

Datum:
15.12.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Landesarbeitsgericht 4. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:LAGTH:2021:1215.4SA65.20.00
Normen:
Art 33 Abs 2 GG
TV-L
Spruchkörper:
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Verfahrensgang

vorgehend ArbG Erfurt, 13. Februar 2020, 6 Ca 1251/19, Urteil

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 13.2.2020, 6 Ca 1251/19, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens einer Dienstpostenstelle und damit einhergehend um die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle mit einer Mitbewerberin.
Der Kläger war seit dem 1.9.2006 als Lehrer im staatlichen Schuldienst ………. beschäftigt. Er war in die Entgeltgruppe 13 TV-L eingruppiert.
Im Jahr 2017 schrieb der Beklagte die Funktionsstelle des Schulleiters/Schulleiterin der staatlichen Fachschule für Bau, Wirtschaft und Verkehr ………… aus. Darin hieß es unter anderem, für die Teilnahme am Auswahlverfahren sei eine Einstufung mindestens in Besoldungsgruppe A 14 Thüringer Besoldungsordnung bzw. Entgeltgruppe 14 TV-L erforderlich. Wegen weiterer Einzelheiten des Inhaltes der Stellenausschreibung wird auf die hiervon zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 26 und 26 Rückseite der Akte) Bezug genommen.
Nachdem der Kläger sich mit Schreiben vom 5.4.2017 auf diese Stelle beworben hatte, ist ihm mit Schreiben vom 24.6.2019 mitgeteilt worden, dass er die zwingende Voraussetzung für die Teilnahme am Auswahlverfahren, mindestens Einstufung in Besoldungsgruppe A 14 Thüringer Besoldungsordnung bzw. Entgeltgruppe 14 TV-L, nicht erfülle und daher nicht am Auswahlverfahren teilnehme.
Wegen des Weiteren unstreitigen und streitigen Vorbringens im ersten Rechtszug, der dort geäußerten Rechtsansichten und gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 56 und 57 der Akte) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 13.2.2020 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Unter Bezugnahme auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, dass die Grundsätze der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG auch zu Gunsten von Arbeitnehmer*innen gelten, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, es sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte als konstitutive Voraussetzung für die Teilnahme am Auswahlverfahren ein Anforderungsprofil dahingehend aufgestellt habe, dass Bewerber*innen für die ausgeschriebene Stelle mindestens in die Besoldungsgruppe A 14 Thüringer Besoldungsgruppe bzw. Entgeltgruppe 14 TV-L eingestuft sein müssten. Der Kläger erfülle dieses Anforderungsprofil nicht. Soweit er darauf verwiesen habe, ihm sei rechtswidrig verwehrt gewesen, im Vorfeld der Ausschreibung der Stelle überhaupt eine entsprechende Entgeltgruppe zu erreichen, unter anderem weil Tarifbeschäftigte im Gegensatz zu Beamt*innen nicht mehr beurteilt worden seien, verhelfe das der Klage nicht zum Erfolg. Dem Kläger sei es nicht verwehrt gewesen, sich in der Vergangenheit auf entsprechende Stellen zu bewerben.
Gegen dieses ihm am 25.2.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 18.3.2020 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 23.4.2020 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Das Arbeitsgericht habe den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und das allgemeine Willkürverbot verkannt. Ihm, dem Kläger, sei bereits keine Möglichkeit zum Zugang zur Bestenauslese für die Höhergruppierung gegeben worden. Dadurch habe der Beklagte Tatsachen geschaffen. Diese Tatsachen stünden nunmehr der Teilnahme am konkreten Bewerbungsverfahren entgegen, weil durch das Verhalten des Beklagten er, der Kläger, das konstitutive Anforderungsprofil der Eingruppierung in Entgeltgruppe 14 TV-L nicht erfüllen könne.
Durch das Verhalten des Beklagten sei Tarifbeschäftigten die tatsächliche Möglichkeit genommen, die Voraussetzungen für die Teilnahme am Verfahren über die 2017 ausgeschriebene Stelle zu erlangen. Seit 2016 seien sie schlicht systematisch von der Möglichkeit ausgeschlossen worden, weil sie nicht mehr beurteilt worden seien. Damit habe der Beklagte die Zusammensetzung des Bewerberfeldes im Vorfeld der Stellenausschreibung in unzulässiger Weise gesteuert und eingeengt. Durch seine, des Klägers, fehlende Beförderung seit 2016 und die plötzliche Beförderung einer Mitbewerberin habe sich der Beklagte nicht an die Grundsätze eines fairen Verfahrens gehalten. Das Verhalten des Beklagten vor dem Auswahlverfahren lasse die Rechtsgutverletzungen des Klägers erkennen. Ihm sei es trotz seiner fachlichen Erfahrungen und Kenntnisse nicht möglich, am Auswahlprozess teilzunehmen. Sein Interesse auf ein angemessenes berufliches Fortkommen sei dadurch verletzt. Die Auswahlentscheidung stelle sich damit als ungleiche Behandlung der Bewerber sowie als willkürlich dar. Soweit das Arbeitsgericht darauf abstelle, dass es seit 2013/2014 keine funktionslosen Beförderungen/Höhergruppierungen mehr gegeben habe, sei das unzutreffend. Frau N. sei als beamtete Abteilungsleiterin am staatlichen Berufsschulzentrum …….. West im April 2017 aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahre 2016 von A 13 nach A 14 befördert worden. Im Vorfeld seien für alle Beamten im Zeitraum 1.11.2012 bis 31.10.2016 neue Beurteilungen erstellt worden, mithin nicht für die Angestellten. Durch die Bevorzugung der Beamten besonders der Frau N. seien die Angestellten also auch er, der Kläger, benachteiligt und von der jetzt ausgeschriebenen Stelle a priori ausgeschlossen worden. Er, der Kläger, habe dieses im Herbst 2016 alles nicht voraussehen können und somit auch sein Verhalten nicht entsprechend darauf einstellen können. Er habe nicht einen Antrag auf Beurteilung stellen können. Aus Gründen des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes und des Willkürverbotes dürfe sich der Beklagte, auf diese selbst geschaffene Tatsachengrundlage für die Ungleichbehandlung nicht zu seinen Gunsten berufen. Dies verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Außerdem habe das staatliche Schulamt …………. mit Schreiben vom 22.3.2017 mitgeteilt, dass es nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in ……….. erforderlich sei, alle Studienrät*innen an berufsbildenden Schulen insgesamt in eine Auswahlgruppe einzureihen unabhängig davon, ob eine Schulleitungsfunktion wahrgenommen werde oder nicht. Hiervon seien die tarifbeschäftigten Lehrer*innen ausgeschlossen worden. Der Kläger habe dieses Schreiben nicht einmal im Original erhalten und sei damit gehindert gewesen, seine Rechte und Interessen geltend zu machen.
Er beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Erfurt vom 13. Februar 2020,6 Ca 1251 / 19, abzuändern
und
die Entscheidung des Beklagten vom 24.6.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Entscheidung über die Vergabe der Dienstpostenstelle des Schulleiters/der Schulleiterin der staatlichen Fachschule für Bau, Wirtschaft und Verkehr ………. neu zu treffen,
der Beklagten zu untersagen, die Dienstpostenstelle des Schulleiters/der Schulleiterin der staatlichen Fachschule für Bau, Wirtschaft und Verkehr ………… bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens mit einem anderen Bewerber als dem Kläger zu besetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Er, der Beklagte, habe auch nicht willkürlich verhindert, dass tarifbeschäftigte Lehrer die vom Anforderungsprofil geforderten Eigenschaften erlangen könnten. Es habe jedem freigestanden, sich in der Vergangenheit auf Beförderungsämter bzw. Beförderungsposten zu bewerben. Dies habe der Kläger nicht getan.
Eine funktionslose Beförderung/Höhergruppierung sei nach 2013/2014 lediglich noch dreimal vorgenommen worden. Tarifbeschäftigte seien nicht berücksichtigt worden, da keine regelmäßigen periodischen Beurteilungen für sie vorgesehen gewesen seien, die als Grundlage hierfür hätten herangezogen werden können. Dem Berufungskläger habe es gleichwohl freigestanden, sich in der Vergangenheit zu bewerben. Er unterscheide nicht hinreichend zwischen der angeblich rechtswidrigen Beurteilungs- und Beförderungspraxis vor dem hier streitgegenständlichen Auswahlverfahren und dem hier durchgeführten Auswahlverfahren. Wegen des Vorbringens des Beklagten im zweiten Rechtszug im Übrigen wird auf die Berufungserwiderung vom 28.5.2020 (Bl. 107-110 der Akte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet.
Die Kammer nimmt Bezug auf die hinreichend ausführlichen, zutreffenden und überzeugenden Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts, folgt diesen und macht sich diese zu Eigen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
Die Ausführungen in der Berufung geben Anlass zu folgenden Ergänzungen:
Im Wesentlichen beruft sich der Kläger darauf, dass im Vorfeld der streitgegenständlichen Auswahlentscheidungen von dem Beklagten Tatsachen geschaffen worden sind, die letztlich dazu geführt haben, dass der Kläger das bei der konkret streitgegenständlichen Auswahlentscheidung geforderte Anforderungsprofil nicht erfüllt (keine Beurteilung der Arbeitnehmer*innen im Gegensatz zu Beamt*innen; Ausschluss der Arbeitnehmer*innen von den auch nach 2013/2014 durchgeführten funktionslosen Beförderungen, Zusammenfassung von Studienrät*innen zu einer Auswahlgruppe, Verletzung des Interesses an angemessenem beruflichen Fortkommen usw.). Daraus folgend bezeichnet er durchgängig auch das Auswahlverfahren selbst als rechtsfehlerhaft, willkürlich und gleichheitswidrig, ohne dass konkrete Ausführungen hierzu erfolgen, die nicht auf das vorvergangene Verhalten des Beklagten Bezug nehmen.
Damit sind keine Angriffe gegen das konkret streitgegenständliche Ausfahrtwahlverfahren dargetan. In diesem Auswahlverfahren hat sich der Beklagte, wie das Arbeitsgericht bereits ausführlich und überzeugend begründet hat, an die rechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gehalten.
Der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers ist damit nicht verletzt. Eine Anspruchsgrundlage für sein konkret geltend gemachtes Begehren in diesem Rechtsstreit ist nicht gegeben.
Soweit der Kläger Verhaltensweisen und Umgang mit ihm in der Vergangenheit, vor Beginn des konkret streitgegenständlichen Auswahlverfahrens geltend macht, berührt dies seinen Bewerberverfahrensanspruch in diesem Verfahren nicht. Zwar ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Vorverhalten Wirkung ins Auswahlverfahren haben können. Aber in diesem Falle sind keine solchen relevanten Vorverhalten dargetan. Allenfalls könnten hierin Vertragspflichtverletzungen zu sehen sein, die einen Schadensersatzanspruch begründen können. Dabei kann unterstellt werden, dass denkbar ist, dass eine Naturalrestitution im Sinne von § 249 BGB dazu führen könnte, dass der Kläger so gestellt werden müsste, als wenn er das erforderliche Anforderungsprofil, eine Statusamt nach A 14/Eingruppierung in der Entgeltgruppe 14 TV-L gehabt hätte und so zum Auswahlverfahren hätte zugelassen werden müssen.
Die Voraussetzungen hierfür hat der Kläger allerdings auch in der Berufungsbegründung nicht hinreichend dargelegt. Er hat nur bemängelt, dass ihm die Möglichkeit einer Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 14 TV-L verwehrt geblieben ist. Er hätte Tatsachen darlegen müssen, aus denen die sichere Schlussfolgerung hätte gezogen werden können, dass er bei der Teilnahme an der Möglichkeit einer solchen Höhergruppierung auch höher gruppiert worden wäre. Derartige Tatsachen erkennt die Kammer in seinem Vortrag nicht. Der Kläger hat insoweit nur dargelegt, dass er keine Beurteilung und keine Chance auf eine Höhergruppierung erhalten habe, nicht jedoch, warum seine Beurteilung hätte so ausfallen müssen, dass er im Falle eines potentiellen Bewerberkreises weit im Vorfeld der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung auch zum Zuge gekommen wäre. Ferner legt er dar, dass aus seiner Sicht eine Beamtin zu Unrecht befördert worden ist, was nicht belegt, dass an deren Stelle der Kläger hätte höhergruppiert werden müssen.
Der Zusammenhang mit dem zitierten Schreiben des Beklagten vom 22.3.2017 erschließt sich der Kammer hier nicht. Einen einklagbaren Anspruch auf Durchsetzung seines Interesses an einem angemessenen beruflichen Fortkommen hat er nicht mit Rechtsgrundlagen oder Tatsachen belegt.
Der Kläger trägt die Kosten seiner erfolglos gebliebenen Berufung (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Anlass für die Zulassung der Revision sah die Kammer nicht.


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