Arbeitsrecht

Beamtenversorgungsrecht, hier: Anerkennung von in der früheren DDR absolvierten Vordienstzeiten

Aktenzeichen  14 B 19.1411

Datum:
26.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DÖV – 2020, 1083
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtVG § 10, § 11, § 12, § 12b, § 67

 

Leitsatz

Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG („verbrachte“ Mindestzeit) kommt es für die Berücksichtigungsfähigkeit einer praktischen hauptberuflichen Tätigkeit auf deren tatsächlichen Beginn an, woran der Umstand, dass in der ehemaligen DDR absolvierte Vordienstzeiten gemäß § 12b Abs. 1 Satz 1 BeamtVG im Falle ihrer rentenrechtlichen Wirksamkeit von einer beamtenversorgungsrechtlichen Berücksichtigung ausgeschlossen sind, ebenso wenig etwas ändert wie § 67 BeamtVG, wenn es nicht um den dort genannten Personenkreis geht (im Anschluss an BVerwG, U.v. 15.9.1994 – 2 C 16.93 – Buchholz 239.1 § 9 BeamtVG Nr. 4). (Rn. 35)

Verfahrensgang

M 21 K 17.3979 2018-07-27 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Juli 2018 – soweit noch nicht rechtskräftig – abgeändert.
II. Die Beklagte wird verpflichtet, die Zeit vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991 als ruhegehaltfähige Dienstzeit gemäß § 10 BeamtVG anzuerkennen und über die Anerkennung der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. März 1996 zur Hälfte als ruhegehaltfähig gemäß § 11 Nr. 3 Buchst. a BeamtVG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Bescheid vom 16. Februar 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2017 werden aufgehoben, soweit sie der ausgesprochenen Verpflichtung der Beklagten widersprechen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger 61% und die Beklagte 39%.
Von den Kosten des Berufungs- und des Anschlussberufungsverfahrens tragen der Kläger 53% und die Beklagte 47%.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollsteckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

1. Der Senat entscheidet gemäß § 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung, nachdem sich die Beklagte mit Schreiben vom 18. Mai 2020 und die Klagepartei mit Schriftsatz vom 27. Mai 2020 hiermit einverstanden erklärt haben.
2. Die zulässige Berufung der Beklagten hat im Rahmen ihrer gegenständlichen Reichweite Erfolg und führt demnach zu einer entsprechenden Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
2.1. Gegenstand der Berufung sind allein diejenigen Bereiche des ursprünglichen Streitgegenstands, hinsichtlich derer das erstinstanzliche verwaltungsgerichtliche Urteil der Klage stattgegeben hat.
Ausweislich der Klageschrift vom 23. August 2017 war die ursprüngliche Klage darauf gerichtet, unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide der Beklagten diese zu verpflichten, die Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. März 1996 als ruhegehaltfähige Dienstzeit anzuerkennen – hilfsweise diesen Zeitraum zur Hälfte als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen – sowie die Zeit vom 15. September 1981 bis zum 1. Februar 1982 als ruhegehaltfähige Ausbildungszeit zu berücksichtigen. Dagegen waren die Ausbildungszeitphasen vom 1. September 1978 bis 14. September 1981 und vom 1. Februar 1982 bis zum 25. Februar 1983 (Studienzeiten) sowie die beruflichen Tätigkeiten des Klägers vor der Wiedervereinigung (3.10.1990) vom 1. März 1983 bis zum 2. Oktober 1990 zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens.
Das Verwaltungsgericht hat der im besagten Umfang erhobenen Klage nur teilweise stattgegeben, nämlich hinsichtlich des Teilzeitraums vom 3. Oktober 1990 bis zum 2. Oktober 1995 (UA S. 10 drittletzter Absatz und ab S. 13 zweiter Absatz), wobei es insoweit nur eine Verbescheidung ausgesprochen hat (UA S. 2), weil es den Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung aus § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG verletzt sah (UA ab S. 14 zweiter Absatz) und insoweit eine Ermessensreduzierung verneinte (UA S. 13 erster Absatz und ab S. 15 dritter Absatz). Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, und zwar insbesondere auch hinsichtlich der erstinstanzlich gegenständlichen Ausbildungszeiten (praktische hauptberufliche Tätigkeiten) und der Zeitspanne vom 3. Oktober 1995 bis zum 31. März 1996 (vgl. UA S. 2 i.V.m. S. 10 drittletzter Absatz).
Im Rahmen der Berufung der Beklagten ist daher ausschließlich über die Frage zu befinden, ob der Kläger tatsächlich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Anerkennung der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 2. Oktober 1995 als ruhegehaltfähig hat.
2.2. Im Rahmen ihrer gegenständlichen Reichweite ist die zulässige Berufung der Beklagten begründet, weil dem Kläger der vom Verwaltungsgericht für die Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 2. Oktober 1995 angenommene Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung aufgrund § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG tatsächlich nicht zusteht. Die Klage war demnach unter entsprechender Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils insoweit abzuweisen.
Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG kann die „verbrachte Mindestzeit“ einer praktischen hauptberuflichen Tätigkeit, die für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschrieben ist, als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, wobei gemäß § 26 PatG in der bei Einstellung des Klägers zum 1. April 1996 geltenden Fassung in der Regel nur angestellt werden sollte, wer nach Bestehen der dort genannten Abschlussprüfung (unter anderem) mindestens fünf Jahre im Bereich der Naturwissenschaften oder Technik beruflich tätig war.
Zum Terminus „verbrachte Mindestzeit“ ist im Kontext des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit) höchstgerichtlich geklärt, dass sich aus dem Wortlaut „verbrachte Mindestzeit“ ergibt, dass der Gesetzgeber von dem tatsächlichen Verlauf der Hochschulausbildung ausgeht und die verbrachte Zeit des Hochschulstudiums mit ihrem tatsächlichen Beginn beginnt (BVerwG, U.v. 15.9.1994 – 2 C 16.93 – Buchholz 239.1 § 9 BeamtVG Nr. 4 S. 3).
Bei § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG ist der Terminus „verbrachte Mindestzeit“ – unabhängig von den Detailvorgaben des § 26 PatG a.F. – nicht anders auszulegen als bei § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG. Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, wo dieser Terminus „vor die Klammer“ gezogen ist und erst danach die Nummern 1 und 2 formuliert werden. Zum gleichen Ansatz führt gerade im Hinblick auf das Verhältnis von § 12 BeamtVG einerseits und § 12b BeamtVG andererseits auch § 12b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG. Denn dort wird einheitlich von „Ausbildungszeiten nach § 12“ gesprochen und mit dieser, die Terminologie der Überschrift des § 12 BeamtVG aufgreifenden Formulierung gerade nicht zwischen Nr. 1 und Nr. 2 des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG differenziert (vgl. Zahn in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz des Bundes und der Länder, Stand April 2020, § 12b BeamtVG Rn. 6 m.w.N.).
Deshalb ist auch im vorliegenden Kontext des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG die „verbrachte Mindestzeit“ einer praktischen hauptberuflichen Tätigkeit, die für die Übernahme in das Beamtenverhältnis (hier gemäß § 26 PatG a.F.) vorgeschrieben ist, nach ihrem tatsächlichen Verlauf zu beurteilen, und zwar beginnend mit ihrem tatsächlichen Beginn, was vorliegend dazu führt, dass bereits die vor der Wiedervereinigung im Bereich der früheren DDR vom Kläger absolvierten Vordienstzeiten vom 1. März 1983 bis zum 2. Oktober 1990 begrifflich als „verbrachte Mindestzeiten“ i.S.v. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG anzusehen sind, woran es nichts ändert, dass die Spezialvorschrift des § 12b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG ihre Berücksichtigung als ruhegehaltfähig im Hinblick auf ihre rentenrechtliche Wirksamkeit vorliegend gerade ausschließt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist damit in § 12 Abs. 1 Satz 1 (Nr. 2) BeamtVG letztlich doch ein Zeitpunkt für den Beginn der vorgeschriebenen praktischen hauptberuflichen Tätigkeit vorgesehen.
Dieses vom Wortlaut des Gesetzes vorgezeichnete Ergebnis ist – entgegen der verwaltungsgerichtlichen Auslegung (UA S. 14 letzter Absatz bis S. 15 erster Absatz) -nicht normativ dahingehend zu korrigieren, dass im Fall eines Anrechnungsausschlusses in § 12b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BeamtVG der Terminus „verbrachte Mindestzeit“ i.S.v. § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG (anders als sonst) dahin auszulegen wäre, dass tatsächlich absolvierte Mindestzeiten vor der Wiedervereinigung als solche außer Acht gelassen und die Betroffenen so zu behandeln wären, als hätten sie erst ab der Wiedervereinigung die vorgeschriebenen praktischen hauptberuflichen Erfahrungen gesammelt. Das Gesetz enthält – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – keine Anhaltspunkte für einen derartigen Meistbegünstigungsansatz. Insbesondere spricht § 12b BeamtVG dagegen, die besagte, nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG eindeutige Auslegung zu verändern. Gerade wenn die Ausschlusswirkung des § 12b Abs. 1 Satz 1 BeamtVG unabhängig von den übrigen Berücksichtigungsvorschriften (einschließlich § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG) beurteilt wird und es für Zeiten außerhalb des § 12b BeamtVG auch für ehemalige DDR-Bedienstete bei den allgemeinen Regelungen zu verbleiben hat (vgl. Berufungserwiderung S. 4 oben mit Hinweis auf VG Würzburg, U.v. 29.8.2017 – W 1 K 17.246 – juris und S. 5 zweiter Absatz), bleibt hinsichtlich § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG (als einer solchen allgemeinen Regelung) entscheidend, dass es nach dessen Wortlaut („verbrachte“ Mindestzeit) eben auf den tatsächlichen Beginn der praktischen hauptberuflichen Tätigkeit ankommt (siehe oben). Daran ändert vorliegend § 67 BeamtVG schon deshalb nichts, weil der Kläger nicht unter den dort genannten Personenkreis fällt, weshalb es entgegen der Ansicht des Klägers auch auf die diesbezügliche Auslegung im Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. November 2007 – 1 UE 438/07 – (juris) nicht ankommt.
Verfassungsrechtliche Bedenken sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. BVerfG, B.v. 24.3.2003 – 2 BvR 192/01 – DVBl 2003, 1157), zumal vorliegend die Erfüllung der allgemeinen rentenrechtlichen Wartezeit (vgl. § 12b Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) und die rentenrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit der in der ehemaligen DDR absolvierten Vordienstzeiten unstreitig und angesichts des mit der Klageschrift vorgelegten Versicherungsverlaufs zur Rentenauskunft vom 17. September 2015 unzweifelhaft sind.
3. Auch die infolge des Erfolgs der Berufung zulässige Anschlussberufung des Klägers hat vollumfänglich Erfolg und führt dementsprechend zu einer entsprechenden Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
3.1. Dabei erfasst der klägerische Anschlussberufungsantrag nicht den kompletten klageabweisenden Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils; insoweit ist das verwaltungsgerichtliche Urteil rechtskräftig geworden und vom Senat keine Entscheidung zu treffen. Zum einen sind nicht Gegenstand der Anschlussberufung die Ausbildungszeiten vom 15. September 1981 bis zum 1. Februar 1982, hinsichtlich derer das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hatte. Zum anderen ist nicht Gegenstand der Anschlussberufung die erstinstanzlich abgewiesene Vornahmeklage hinsichtlich der Zeiten vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1996; die klägerische Anschlussberufung enthält insoweit lediglich einen Verbescheidungsantrag im Hinblick auf § 11 BeamtVG, der – anders als ursprünglich – zudem von vornherein nur auf die Anerkennung der Hälfte des besagten Zeitraums als ruhegehaltfähig abzielt.
3.2. Die Anschlussberufungsanträge sind zulässig, insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Berufung der Beklagten Erfolg hat (siehe 2.).
3.3. Hinsichtlich des Hauptantrags zu I hat die zulässige Anschlussberufung in der Sache Erfolg und führt insoweit – unter Änderung des entsprechenden klageabweisenden Teils des verwaltungsgerichtlichen Urteils – zur Verpflichtung der Beklagten, die Zeit vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991 als ruhegehaltfähige Dienstzeit gemäß § 10 BeamtVG anzuerkennen.
3.3.1. Formal ist die vom Kläger begehrte Vorabentscheidung über die Ruhegehaltfähigkeit von Vordienstzeiten entsprechend § 49 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG zulässig. Zwar ist der klägerische Antrag nicht im zeitlichen Zusammenhang mit seiner „Einstellung“ (vgl. § 49 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG) gestellt worden. Es ist aber in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die Vorabentscheidung nicht nur anlässlich der Einstellung, sondern vielmehr in der gesamten Zeit von der Berufung in das Beamtenverhältnis bis zum Eintritt des Versorgungsfalls zulässig ist, weil Sinn und Zweck des § 49 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG – nämlich Beweissicherung und Schaffung einer sicheren Grundlage für die Berechnung der späteren Versorgung – auch dann erreicht werden können, wenn die Vorabentscheidung der Berufung in das Beamtenverhältnis nachfolgt, aber noch vor dem Eintritt des Versorgungsfalls ergeht (vgl. BVerwG, U.v. 25.3.1982 – 2 C 4.81 – Buchholz 232 § 116a BBG Nr. 9 S. 12 f.). Dies gilt auch dann, wenn die Berücksichtigung von Vordienstzeiten im Ermessen der Verwaltung steht (vgl. BVerwG, U.v. 25.3.1982 a.a.O. zur Ermessensbestimmung des § 116a Satz 1 BBG a.F.).
3.3.2. In der Sache liegen die tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 10 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG für die Tätigkeiten des Klägers in der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991 vor.
3.3.2.1. Im Zeitraum vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991 war der Kläger i.S.v. § 10 Satz 1 BeamtVG in einem „privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn“ tätig, was sich bereits aus Art. 38 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 des Einigungsvertrags ergibt.
Das in Berlin angesiedelte Institut der Akademie der Wissenschaften der früheren DDR, an dem der Kläger im Zeitpunkt der Wiedervereinigung (3.10.1990) als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt war, bestand gemäß Art. 38 Abs. 2 Satz 3 des Einigungsvertrags als Einrichtung des Landes Berlin fort, wobei Art. 38 Abs. 3 Satz 1 des Einigungsvertrags bestimmt, dass die Arbeitsverhältnisse der bei den Forschungsinstitutionen und sonstigen Einrichtungen der Akademie beschäftigten Arbeitnehmer bis zum 31. Dezember 1991 als befristete Arbeitsverhältnisse mit den Ländern fortbestehen, auf die diese Institute und Einrichtungen übergehen.
Abweichendes ergibt sich – entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts und der Beklagten – auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Das im erstinstanzlichen Urteil (UA S. 12 vorletzter Absatz) in Bezug genommene Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 1995 – 6 AZR 1042/94 – (AP Nr. 6 zu § 19 BAT-O) erwähnt zwar auch Art. 38 des Einigungsvertrags; streitentscheidend war dort aber die Auslegung des § 19 BAT-O, der von seinen tatbestandlichen Voraussetzungen her deutlich von § 10 BeamtVG abweicht. Es ging seinerzeit um die Auslegung von Nr. 2 Buchst. b der Übergangsvorschrift der Tarifbestimmung des § 19 BAT-O, wonach für Angestellte der Länder als Beschäftigungszeiten auch Zeiten der Tätigkeit bei nicht nach Art. 13 des Einigungsvertrags überführten Einrichtungen von Arbeitgebern, die infolge des Beitritts der DDR weggefallen sind, gelten, „wenn das Land die Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche der Einrichtung ganz oder überwiegend übernommen hat“. Gerade das letztgenannte Kriterium der „Übernahme des Aufgabenbereichs“ i.S.v. § 19 (Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 1. Januar 1991) Nr. 2 Buchst. b BAT-O ist aber in § 10 BeamtVG nicht enthalten, weshalb sich aus § 19 BAT-O und der hierzu ergangenen Rechtsprechung der vom Verwaltungsgericht vorgenommene Rückschluss für die Auslegung des § 10 BeamtVG nicht ziehen lässt.
Das von der Beklagten in der Erwiderung zur Anschlussberufung zitierte Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 – (BAGE 72, 176) befasst sich (anders als das besagte BAG-Urteil vom 14.12.1995) nicht mit den in Art. 38 des Einigungsvertrags vorgesehenen Überleitungsregelungen im Zusammenhang mit Instituten der Akademie der Wissenschaften der früheren DDR, sondern mit Art. 13 des Einigungsvertrags im Kontext eines Arbeitsverhältnisses bei einem Forschungsinstitut des früheren Meteorologischen Dienstes der DDR und ist schon deshalb nicht geeignet, die vorliegend – wie gezeigt – durch Art. 38 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 des Einigungsvertrags gebotene Auslegung des § 10 Satz 1 BeamtVG zu beeinflussen.
3.3.2.2. Die im Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1996 erfolgte Unterbrechung der Tätigkeit im öffentlichen Dienst ist nicht vom Kläger „zu vertreten“ i.S.v. § 10 Satz 1 BeamtVG.
Ob der Beamte die Unterbrechung zwischen Vordienstzeit und Ernennung zu vertreten hat, setzt weder das Verschulden des Beamten voraus noch genügt es, dass in der Person des Beamten liegende Gründe zur Unterbrechung geführt haben. Vielmehr ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Unterbrechung auf Umständen beruht, die dem Verantwortungsbereich des Beamten – seiner Sphäre – zuzurechnen sind (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.1998 – 2 C 12.97 – NVwZ-RR 1998, 575/576). Das ist in aller Regel der Fall, wenn die Umstände durch das Verhalten des Beamten maßgeblich geprägt sind (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.1998 a.a.O.; U.v. 14.3.2002 – 2 C 4.01 – NVwZ-RR 2002, 667/668 m.w.N.). Dabei schließt die absolute Dauer einer Unterbrechung -isoliert betrachtet – ein Vertretenmüssen nicht ein (BVerwG, U.v. 19.2.1998 a.a.O. m.w.N.). Denn es ist zu sehen, dass die Formulierung „nicht zu vertretende Unterbrechung“ in § 10 Satz 1 BeamtVG auf den insoweit inhaltsgleichen früheren § 115 Abs. 1 BBG in der ab 1.9.1957 geltenden Fassung zurückgeht, der gemäß § 139 Abs. 1 Nr. 29 Buchst. a des früheren Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) vom 1. Juli 1957 (BGBl. I S. 667) eingeführt worden war und gerade die in der Vorläuferregelung des § 115 Abs. 1 BBG a.F. enthaltene Wendung „…ohne erheblichere Unterbrechung…“ abgelöst hat, die nach dem Bericht des Bundestagsausschusses für Beamtenrecht vom 3. Dezember 1956 (BT-Drs. 2/3043 S. 14, 80), auf den diese Änderung seinerzeit zurückging, zu Auslegungsschwierigkeiten geführt hatte. Der Gesetzgeber wollte seinerzeit den Eindruck beseitigen, es komme für die Frage der dem Beamten ungünstigen Unterbrechung ausschließlich auf die Dauer an (BVerwG, U.v. 15.6.1971 – II C 44.69 – Buchholz 232 § 115 Nr. 34 S. 39/43 f. zu § 115 BBG a.F.). Deshalb bleibt der erforderliche innere zeitliche Zusammenhang mit der Vordienstzeit auch dann gewahrt, wenn der Beamte vor und nach seinem unfreiwilligen Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst alles ihm Mögliche getan hat, um eine Unterbrechung der Dienstzeit durch eine anschließende Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst zu vermeiden oder wenigstens auf eine objektiv unvermeidliche Dauer zu begrenzen, weil die Unterbrechung dann nicht in seinen Verantwortungsbereich fällt (BVerwG, U.v. 19.2.1998 – 2 C 12.97 – NVwZ-RR 1998, 575/576). Für die gebotene wertende Betrachtung kann auch relevant sein, ob der spätere Beamte während der Unterbrechungszeit arbeitslos war oder nicht, weil im Fall der Arbeitslosigkeit eher als im Fall einer ausgeübten Beschäftigung erwartet werden kann, intensiv (auch) mit möglichen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn in Verbindung zu treten (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.1966 – VI C 52.63 – Buchholz 232 § 115 Nr. 22 S. 39/41 zu § 115 Abs. 1 BBG a.F.).
Vorliegend waren die Umstände, die zur Unterbrechung der Tätigkeit des Klägers im öffentlichen Dienst geführt hatten, nicht maßgeblich durch sein Verhalten geprägt. Dabei ist hier besonders zu berücksichtigen, dass das Ende der Tätigkeit für das Berliner Institut der Akademie der Wissenschaften der früheren DDR zum 31. Dezember 1991 in keiner Weise auf eine Abkehr des Klägers vom öffentlichen Dienst zurückging (vgl. hierzu etwa BVerwG, B.v. 19.12.1989 – 2 B 160.89 – Buchholz 239.1 § 10 BeamtVG Nr. 9 m.w.N.), sondern vielmehr ausschließlich auf die Entscheidung des Bundeslandes, das Institut der Akademie der Wissenschaften der früheren DDR nicht über den 31. Dezember 1991 hinaus fortzuführen. Mit diesem Umstand setzt sich die Beklagte nicht näher auseinander, soweit sie zumindest für die Anfangszeit der Unterbrechung (Jahre 1992 und 1993) bezweifelt, der Kläger habe alles Mögliche getan, um eine Unterbrechung der Dienstzeit wenigstens auf eine objektiv unvermeidliche Dauer zu begrenzen. Dabei ist zusätzlich zu sehen, dass der Kläger mit den von ihm vorgelegten Absageschreiben vom 21. Februar 1994 (betreffend eine Bewerbung vom 26.11.1993 beim Deutschen Patentamt), 9. März 1994, 18. Mai 1994, 8. August 1994, 22. August 1994, 27. September 1994 und 14. September 1995 belegt hat, dass er sich bei diversen Stellen öffentlich-rechtlicher Dienstherrn um eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst (zunächst erfolglos) bemüht hat. Außerdem hat die Klagepartei in der Begründung der Anschlussberufung von zeitlich vorhergehenden, letztlich erfolglosen Bewerbungsbemühungen berichtet, nämlich längerfristigen und intensiven Bemühungen mit einem Kollegen im zweiten Halbjahr an der TU Berlin, Lehrstuhl für Prozessdatenverarbeitung, über angestrebte gemeinsame Projekte und Erfahrungsaustausche eine Weiterbeschäftigung an der TU Berlin zu erreichen. Die Beklagte ist dem nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat nur allgemein in Zweifel gezogen, ob der Kläger alles Mögliche zur Begrenzung der Unterbrechungsdauer getan habe. Dieser allgemein gehaltene Zweifel reicht nicht hin, um den klägerischen Vortrag zu entkräften (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), zumal sich die Beklagte dabei auch nicht näher damit auseinandersetzt, dass der Kläger ab dem 1. Januar 1992 nicht arbeitslos war, sondern vielmehr beim DLR e.V. in einer Beschäftigung stand, in die er sich zunächst einzuarbeiten hatte, also von ihm zunächst auch nicht erwartet werden konnte, intensiv mit möglichen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn in Verbindung zu treten (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.1966 – VI C 52.63 – Buchholz 232 § 115 Nr. 22 S. 39/41).
All dies spricht letztlich gegen die Annahme, die Unterbrechung sei durch das Verhalten des Klägers „maßgeblich“ geprägt worden. Angesichts dieser Umstände ist trotz der besagten Kritik der Beklagten nicht von einem vom Kläger i.S.v. § 10 Satz 1 BeamtVG „zu vertretenden“ Ausscheiden bzw. einer von ihm „zu vertretenden“ verzögerten Rückkehr in den öffentlichen Dienst auszugehen.
3.3.2.3. Die Ernennungsrelevanz der Vordienstzeit i.S.v. § 10 Satz 1 BeamtVG ist gegeben. Dass die – auch den Zeitraum vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991 umfassende – Tätigkeit beim Institut der Akademie der Wissenschaften der früheren DDR mitentscheidend für die spätere Ernennung des Klägers war, ist unzweifelhaft. Denn in dem mit der Klageschrift vorgelegten Schreiben des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. April 2016 wird explizit festgehalten, dem Kläger sei die zu besetzende Stelle deshalb übertragen worden, weil er durch seine insbesondere bei der DLR „sowie im Institut“ der Akademie der Wissenschaften der früheren DDR erworbenen Fachkenntnisse über die „entscheidenden“ Voraussetzungen zur Wahrnehmung seines Amtes verfügt habe.
3.3.2.4. Die Tätigkeit des Klägers im Zeitraum vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991 war für seine spätere Laufbahn als Patentprüfer „förderlich“ i.S.v. § 10 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG. Eine Tätigkeit ist „förderlich”, wenn sie für die Dienstausübung des Beamten nützlich ist, also wenn diese entweder erst auf Grund der früher gewonnenen Fähigkeiten und Erfahrungen ermöglicht oder wenn sie jedenfalls erleichtert und verbessert wird (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2002 – 2 C 4.01 – NVwZ-RR 2002, 667/668 m.w.N.). Im Gegensatz zu § 11 Nr. 3 Buchst. a BeamtVG verlangt § 10 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG damit für eine Berücksichtigungsfähigkeit der dort genannten Zeiten gerade nicht, dass die zugehörigen Tätigkeiten „notwendige Voraussetzung“ für die Wahrnehmung des späteren Amtes sind, sondern lässt gerade die bloße „Förderlichkeit“ ausreichen. Vor diesem Hintergrund ist die – auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellte – „Förderlichkeit“ der klägerischen Tätigkeit im Zeitraum vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991 nicht zweifelhaft.
3.3.3. Auf der Rechtsfolgenseite des § 10 Satz 1 BeamtVG „sollen“ die besagten Zeiten (3.10.1990 bis 31.12.1991) berücksichtigt werden. Weil keinerlei Gründe dafür ersichtlich sind, aus denen von dem mit der Formulierung „sollen“ vorausgesetzten Regelfall der Berücksichtigung abzusehen sein könnte, besteht seitens der Beklagten insoweit eine entsprechende Verpflichtung.
3.3.4. Über den Hilfsantrag zu I ist angesichts des vollumfänglichen Erfolgs des Hauptantrags zu I nicht zu entscheiden.
3.4. Auch hinsichtlich des Antrags zu II hat die Anschlussberufung Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung aus § 11 Nr. 3 Buchst. a BeamtVG, den die Beklagte mit ihrer bislang erfolgten Ablehnungsentscheidung nicht erfüllt hat. Auch insoweit ist daher das verwaltungsgerichtliche Urteil zu ändern.
3.4.1. § 11 Nr. 3 Buchst. a BeamtVG ist anwendbar, insbesondere wird er vorliegend nicht durch § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG verdrängt, weil – anders als vom Verwaltungsgericht angenommen (UA S. 12 unten) – § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG tatbestandlich nicht gegeben ist (siehe 2.).
3.4.2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Nr. 3 Buchst. a BeamtVG liegen vor. Der Kläger hat im Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis 31. März 1996 (vor seiner Berufung in das Beamtenverhältnis) besondere Fachkenntnisse erworben, die i.S.v. § 11 Nr. 3 Buchst. a BeamtVG die „notwendige Voraussetzung“ für die Wahrnehmung seines Amtes bilden.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass nur diejenigen Fachkenntnisse als „notwendige Voraussetzung für die Wahrnehmung des Amtes“ anzuerkennen sind, ohne welche auch die Berufung in das Beamtenverhältnis nicht erfolgt wäre (BVerwG, U.v. 14.2.1963 – VI C 54.61 – BVerwGE 15, 291/295). Fehlen besondere Laufbahn- und Prüfungsvorschriften oder schreiben derartige Vorschriften besondere Fachkenntnisse nicht vor, ist allerdings stets zu prüfen, ob aus anderen Gründen – tatsächlich – für die Besetzung des Amtes besondere Fachkenntnisse gefordert werden (BVerwG, U.v. 17.1.1961 – II C 29.60 – Buchholz 232 § 116 Nr. 1 S. 3; U.v. 14.2.1963 a.a.O. S. 293 f.). Dabei kommt es nicht auf das Amt im statusrechtlichen Sinn, sondern auf das übertragene Aufgabengebiet besonderer Fachrichtung (Dienstposten) an (BVerwG, U.v. 14.2.1963 a.a.O. S. 294).
Im Zeitpunkt der Verbeamtung des Klägers gab es für die Tätigkeit eines technischen Mitglieds des damaligen Deutschen Patentamts über die in § 26 PatG a.F. vorgeschriebenen Anforderungen hinaus keine detaillierten Laufbahn- oder Prüfungsvorschriften. Deshalb kommt den seinerzeit von der Patentverwaltung „tatsächlich“ an Bewerber gestellten Anforderungen entscheidendes Gewicht zu, wozu sich das Deutsche Patent- und Markenamt in seinem (mit der Klageschrift vorgelegten) Schreiben vom 6. April 2016 an die Generalzolldirektion deutlich äußert.
Ausweislich dieses Schreibens ist der Kläger seinerzeit aufgrund der in seiner vorangegangenen beruflichen Tätigkeit erworbenen besonderen Fachkenntnisse auf dem Gebiet der digitalen Signalverarbeitung eingestellt worden. Infolge der damaligen Neuaufnahme der Patentklasse „Bilddatenverarbeitung und -erzeugung allgemein“ in die Patentklassifikation habe es zu diesem Zeitpunkt im Patentprüfungsbereich zu diesem Zweig der Technik keine ausreichenden Fachkenntnisse gegeben, auf die zur sachgerechten Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben hätte aufgebaut werden können. Ein Aufbau ausreichender eigener Fachkenntnisse auf diesem Gebiet sei aufgrund des in wissenschaftlicher und praktischer Sicht hochkomplexen und dynamischen Fachgebiets in vertretbarem Zeitrahmen auch nicht möglich und deshalb sei es „zwingend notwendig“ gewesen, hierzu Personal außerhalb des Patentamts zu gewinnen mit über die allgemeinen Voraussetzungen hinaus speziell auf diesem Gebiet langjähriger Berufspraxis und umfangreichen wissenschaftlichen und technischen Fachkenntnissen. Die zu besetzende Stelle sei deshalb dem Kläger übertragen worden, weil er durch seine, insbesondere beim DLR sowie im Institut der Akademie der Wissenschaften der früheren DDR erworbenen, umfangreichen theoretischen und praktischen Fachkenntnisse auf dem Gebiet der digitalen Signalverarbeitung allgemein und insbesondere der Bilddatenverarbeitung und -erzeugung über die entscheidenden Voraussetzungen zur Wahrnehmung seines Amtes als Patentprüfer auf dem Gebiet der Bilddatenverarbeitung und -erzeugung verfügt habe.
Aus dieser Schilderung – insbesondere dass einerseits im Bereich der Bilddatenverarbeitung und -erzeugung die Gewinnung von Fachpersonal mit speziellen Fachkenntnissen und langjähriger Berufspraxis seinerzeit „zwingend notwendig“ gewesen sei und dass andererseits der Kläger insbesondere auch wegen seiner DLR-Tätigkeit über die „entscheidenden Voraussetzungen“ zur Wahrnehmung seines Patentprüferamtes verfügt habe – geht klar hervor, dass dem Kläger seinerzeit ohne diese „entscheidenden Voraussetzungen“ sein Dienstposten nicht übertragen worden wäre.
Soweit die Beklagte in der Erwiderung zur Anschlussberufung gleichwohl das Vorliegen einer „notwendigen Voraussetzung“ i.S.v. § 11 Nr. 3 Buchst. a BeamtVG verneint, weil der Nachweis fehle, dass ohne die im Schreiben des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. April 2016 genannten Fachkenntnisse eine Anstellung in dem Amt „nicht zulässig“ gewesen wäre, legt sie damit einen zu engen Maßstab zugrunde. Denn – wie gezeigt – kommt es nach der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für die Bewertung der „Notwendigkeit“ nicht nur auf Vorschriften, sondern stets auch auf die tatsächliche Verwaltungsübung an (BVerwG, U.v 14.2.1963 – VI C 54.61 – BVerwGE 15, 291/293 f. m.w.N.). Dass (rein tatsächlich gesehen) das damalige Deutsche Patentamt dem Kläger seinerzeit den Dienstposten als Patentprüfer auf dem Gebiet der Bilddatenverarbeitung und -erzeugung ohne die im Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1996 erworbenen besonderen Fachkenntnisse und praktischen Erfahrungen nicht übertragen hätte, ergibt sich aus dem besagten Schreiben vom 6. April 2016 zweifelsfrei.
3.4.3. Den somit auf der Rechtsfolgenseite im Ausgangspunkt gegebenen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung – wobei der Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis 31. März 1996 an die 10-jährige Regelgrenze (§ 11 letzter Halbsatz BeamtVG) ohnehin nicht heranreicht – hat die Beklagte bislang schon deshalb nicht erfüllt, weil sie bereits das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Nr. 3 Buchst. a BeamtVG (unrichtig) verneint und damit eine Auffassung zugrunde legt, nach der das (ihr richtiger Weise eingeräumte) Ermessen schon nicht eröffnet wäre, wobei sie hilfsweise Ermessenserwägungen für den Fall, dass der Tatbestand des § 11 Nr. 3 Buchst. a BeamtVG doch vorliegen sollte, nicht mit hinreichender Deutlichkeit angestellt hat.
3.4.4. Ob das Ermessen der Beklagten reduziert ist, ist nicht zu prüfen, weil der Anschlussberufungsantrag zu II nur auf Verbescheidung gerichtet ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO.
Im Gesamtergebnis von Berufung und Anschlussberufung obsiegt der Kläger hinsichtlich des Zeitraums vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991 mit seiner diesbezüglichen Vornahmeklage vollständig, was für ihn eine anerkennungsfähige Zeit von 15 Monaten bedeutet; hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1996 (51 Monate) obsiegt er mit seiner diesbezüglichen Klage im Hinblick auf § 11 BeamtVG zwar ebenfalls, allerdings ist diese nur auf Verbescheidung und auf bloß hälftige Anerkennung dieses Zeitraums (§ 11 BeamtVG) gerichtet – im Vergleich zu einem vollumfänglichen Vornahmeantrag geht es insoweit (wirtschaftlich gesehen) von vornherein nur um 25,5 (51:2) Monate, wobei dieser Verbescheidungsanspruch, der auch durch eine Ablehnung erfüllt werden könnte, vom Senat nur mit der Hälfte eines Vornahmeanspruchs bewertet wird, also mit rund 12 (25,5 Monate:2) Monaten. Der Kläger obsiegt somit im Gesamtergebnis mit 27 (15+12) Monaten und hätte richtiger Weise schon erstinstanzlich in diesem Umfang obsiegen müssen.
Diesem Obsiegen des Klägers stehen aber – weil er den klageabweisenden Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils teilweise nicht mit Rechtsmitteln angegriffen hat – in erster und zweiter Instanz unterschiedliche Anträge gegenüber, und zwar ungeachtet des Umstands, dass der Streitwert in beiden Instanzen letztlich mit dem Auffangwert (§ 52 Abs. 2 GKG), also mit 5.000,– € anzusetzen ist.
In erster Instanz ging es (im Hauptantrag) um eine Vornahmeklage für den Zeitraum vom 15. September 1981 bis 1. Februar 1982 (4,5 Monate) und vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. März 1996 (rund 66 Monate), zusammen also rund 70 Monate. Bezogen auf diese erstinstanzlich anhängigen 70 Monate macht das – wie gezeigt – mit 27 Monaten zu bewertende letztliche Obsiegen des Klägers rund 39% aus, so dass er mit rund 61% (seiner Kostenlast) unterliegt.
In zweiter Instanz ging es einerseits um den von der (erfolgreichen) Berufung der Beklagten umfassten Zeitraum vom 3. Oktober 1990 bis 2. Oktober 1995 (60 Monate), für die das Verwaltungsgericht (UA ab S. 14 zweiter Absatz) eine Verbescheidung nach § 12 BeamtVG ausgesprochen hatte, was im Kostenkontext wiederum (weil auch eine Ablehnung möglich wäre) mit der Hälfte einer entsprechenden Vornahmeverpflichtung zu bewerten ist, also mit 30 Monaten. Andererseits ging es bei der (erfolgreichen) Anschlussberufung des Klägers um rund 27 (15+12) Monate (s.o.), die (wegen § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG) mit den auf die Berufung der Beklagten entfallenden 30 Monaten zusammen zu rechnen sind. Bezogen auf diese Summe von 57 (27+30) Monaten macht das – wie gezeigt – mit 27 Monaten zu bewertende Obsiegen des Klägers rund 47% aus, so dass er mit rund 53% (seiner Kostenlast) unterliegt.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 1 und § 711 ZPO.
6. Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben