Arbeitsrecht

Beförderung zur Polizeiobermeisterin

Aktenzeichen  6 BV 20.3094

Datum:
19.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 20956
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2
VwGO § 130a
BHO § 49 Abs. 2
BBG § 12 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

1. Ziel einer Beförderung ist es, eine funktionsgerechte Wahrnehmung des Beförderungsamts möglichst auf Dauer zu gewährleisten. Dies setzt voraus, dass der Amtsinhaber das Amt nach erfolgter Beförderung für eine angemessene Zeit ausüben wird. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die im Rahmen des Beurteilungsspielraums des Dienstherrn vorgenommene Prognoseentscheidung, dass ein Bewerber für die Beförderungsplanstelle nicht geeignet ist, bedarf nicht der positiven Feststellung der Ungeeignetheit, es ist vielmehr ausreichend, dass der Dienstherr berechtigte Zweifel an der Eignung des Bewerbers hat. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mögliche Unzulänglichkeiten der pauschalierenden Wirkung einer Stichtagsregelung und individuelle Härten stehen auch zu dem Prinzip der Bestenauslese dann nicht in Widerspruch und müssen folglich hingenommen werden, wenn der Dienstherr den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat und sich insbesondere die Wahl des Zeitpunktes am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar ist. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 K 20.996 2020-11-05 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. November 2020 – Au 2 K 20.996 -abgeändert.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.327,94,- Euro festgesetzt.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die 1993 geborene Klägerin begehrt ihre Beförderung zur Polizeiobermeisterin (Besoldungsgruppe – BesGr. – A 8) sowie die rückwirkende Einweisung in eine Planstelle dieser Wertigkeit zum 1. April 2020.
Sie steht als Polizeimeisterin als Beamtin auf Lebenszeit (BesGr. A 7, mittlerer Dienst) im Dienste der Beklagten. Sie übte den ihr übertragenen Dienstposten „Kontroll-/Streifenbeamter“ bei der Bundespolizeiinspektion K. aus. Seit April 2020 befindet sich die Klägerin im Aufstiegsverfahren gemäß § 15 BPolV in den gehobenen Dienst, für dessen Dauer (drei Jahre) sie zum Bundeskriminalamt abgeordnet ist. Während ihrer Aufstiegsausbildung leistet die Klägerin keinen Dienst als Kontroll-/Streifenbeamtin; sie kann sich vielmehr unter Fortzahlung der Dienstbezüge ganz ihrem Vollzeit-Fachstudium widmen. Nach erfolgreichem Abschluss der Aufstiegsausbildung ist beabsichtigt, der Klägerin einen Zieldienstposten „Ermittlungsbeamtin“ (BesGr. A 9g/11 – gehobener Dienst) bei der Bundespolizeiinspektion K. zu übertragen.
Nach der am 29. Mai 2020 veröffentlichten Beförderungsinformation der Bundespolizeidirektion M. sollten zum Beförderungsmonat Juni 2020 vorbehaltlich der Zustimmung der Personalvertretung und im Benehmen mit dem Bundespolizeipräsidium u.a. 148 Beamtinnen und Beamte in den Rang eines Polizeiobermeisters/in (BesGr. A 8) befördert werden, die zum Stichtag 1. April 2020 die laufbahnrechtliche Probezeit beendet hatten und für die eine positive Bewährungsaussage des Dienstvorgesetzten vorlag. Nach der geltenden Erlasslage ist darüber hinaus von Beförderungen solcher Beamten grundsätzlich abzusehen, die an einer Aufstiegsausbildung teilnehmen. Die beabsichtigten Beförderungen erfolgten am 13. Juni 2020.
Nachdem der Leiter des Ermittlungsdienstes der Klägerin mitgeteilt hatte, sie könne zum Beförderungsmonat Juni 2020 nicht befördert werden, weil sie sich seit dem 1. April 2020 in der Aufstiegsausbildung befinde, bewarb sich die Klägerin mit Schreiben vom 11. Juni 2020 ausdrücklich schriftlich um eine Beförderung zur Polizeiobermeisterin zum Beförderungsmonat Juni 2020.
Ihrer am 16. Juni 2020 erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 5. November 2020 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des inzwischen ergangenen Ablehnungsbescheides vom 28. September 2020 verpflichtet, die Klägerin zur Polizeiobermeisterin zu befördern und sie rückwirkend ab dem 1. April 2020 in eine Planstelle der Wertigkeit BesGr. A 8 einzuweisen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin erfülle die nach den Beförderungsrichtlinien in der Bundespolizei erforderlichen Voraussetzungen für die begehrte Beförderung. Ein sachlicher Grund dafür, die Klägerin ungeachtet dessen vom Auswahlverfahren auszuschließen, liege nicht vor. Der Umstand, dass die Klägerin sich im Aufstiegsverfahren für den gehobenen Dienst befinde und zu diesem Zweck für die Dauer der (Vollzeit-) Aufstiegsfortbildung an das Bundeskriminalamt abgeordnet worden sei, begründe keinen zwingend anzunehmenden Eignungsmangel. Zwar gehöre zur Eignung für ein Beförderungsamt grundsätzlich auch die Erwartung, dass der Beamte im neuen Amt noch für eine angemessene Zeit tätig werde; nicht geeignet sei aber nur ein Beamter, für den bereits feststehe, dass er für die im Beförderungsamt zu erbringende Leistung überhaupt nicht zur Verfügung stehe, weil er bereits keine Dienstleistung mehr erbringe oder sie nicht mehr in nennenswertem zeitlichen Umfang erbringen werde. Dies sei im Fall der Klägerin nicht gegeben, da es gegenwärtig nicht feststehe, dass sie im Beförderungsamt (BesGr. A 8) nicht mehr für eine angemessene Zeit tätig sein werde; denn die Möglichkeit des Scheiterns sei dem Aufstiegsverfahren immanent. Darüber hinaus sei es unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten bedenklich, dass die Beklagte solche Aufstiegsbewerber, die das Aufstiegsverfahren erst ab dem 1. Juli 2020 bei der Bundespolizeiakademie in L. durchliefen, anders als die Klägerin befördert habe, obwohl der Wechsel in das Aufstiegsverfahren zum Beförderungsstichtag (13.6.2020) bereits festgestanden habe und klar gewesen sei, dass diese Beamten demzufolge in den neuen Planstellen nur für einen unbedeutenden Zeitraum zur Verfügung stehen würden.
Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte sinngemäß,
die Klage unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils abzuweisen.
Zunächst nötige die Verpflichtung zur rückwirkenden Einweisung der Klägerin in eine Planstelle der Wertigkeit BesGr. A 8 ab dem 1. April 2020 die Beklagte zu einer rechtlich nicht zulässigen Verfahrensweise. § 49 Abs. 2 BHO sehe zum einen für die rückwirkende Planstelleneinweisung eine Höchstgrenze von drei Monaten nach Wirksamwerden der Ernennung vor. Man könne hierbei aber im Hinblick auf § 12 Abs. 2 Satz 2 BBG nicht – wie das Verwaltungsgericht es getan habe – auf den Zeitpunkt einer lediglich hypothetisch möglichen Beförderung abstellen, da eine Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt unzulässig sei. Zum anderen müsse der beförderte Beamte während dieser seiner Ernennung vorausgehenden Zeit (maximal drei Monate) die Obliegenheiten dieses oder eines gleichwertigen Amtes wahrgenommen haben. Das sei bei der Klägerin nicht der Fall, nachdem sie bereits am 1. April 2020 mit ihrer Aufstiegsausbildung begonnen habe, die keinem Amt zugeordnet sei.
Unabhängig davon sei der Ausschluss der in einer Aufstiegsausbildung befindlichen Beamten von Beförderungen in der bisherigen Laufbahn mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar. Der Dienstherr dürfe den Kreis der Bewerber auf diejenigen Beamten beschränken, die zum Besetzungszeitpunkt für die Ausübung der Beförderungsämter letztlich auch (wenigstens für kurze Zeit) tatsächlich zur Verfügung stünden. Der Verlust der Beförderungsmöglichkeit in der bisherigen Laufbahn werde kompensiert durch die Zulassung zum Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahn, wobei der Dienstherr dem Beamten die Möglichkeit eines Fachstudiums unter Fortzahlung der Dienstbezüge und einer Weiterbeschäftigungsgarantie nach erfolgreichem ebenso wie bei nicht erfolgreichem Studium eröffne. Die auf den ersten Blick ungerecht erscheinende Beförderung derjenigen Beamten, die am 1. Juli 2020, also nur etwas mehr als zwei Wochen nach dem Beförderungszeitpunkt ihre Aufstiegsausbildung begonnen hätten, sei die Konsequenz der nach der Erlasslage geltenden Stichtagsregelung, wonach alle diejenigen Beamte in die Beförderungsauswahl einbezogen werden müssten, die sich zum beabsichtigten Beförderungszeitpunkt (hier: 13.6.2020) (noch) nicht in einer Aufstiegsausbildung befänden.
Die Klägerin beantragt‚
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das verwaltungsgerichtliche Urteil und führt ergänzend aus‚ § 49 BHO sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da es sich hier nicht um die Beförderung auf einen bestimmten Dienstposten handele, sondern (nur) um eine Zuweisung einer Beförderungsstelle. Daneben habe die Klägerin tatsächlich erst am 2. April 2020 die Aufstiegsausbildung begonnen, so dass sie – wenngleich nur für einen Tag – auch im Sinne des § 49 Abs. 2 BHO die Obliegenheiten des Beförderungsamtes hätte wahrnehmen können. Streitgegenständlich sei hier von Anfang an nur ein monetärer Anspruch gewesen, gerichtet auf eine Besoldung nach der Wertung BesGr. A 8, da beiden Parteien klar (gewesen) sei, dass die Planstelle wegen des parallel stattfindenden Aufstiegsverfahrens in praktischer Sicht nicht hätte in Anspruch genommen werden sollen und können. Die Teilnahme der Klägerin am Aufstiegsverfahren könne aber keinen sachlichen Grund für deren Ausschluss am Auswahlverfahren darstellen, da dieser Umstand keinen zwingend anzunehmenden Eignungsmangel begründe. Darüber hinaus liege eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vor, da diejenigen Aufstiegsbewerber, die das Aufstiegsverfahren ab dem 1. Juli 2020 bei der Bundespolizei in L. durchlaufen, – anders als die Klägerin – jeweils befördert und rückwirkend zum 1. April 2020 in eine Planstelle der Wertigkeit BesGr. A 8 eingewiesen worden seien, obwohl auch sie die mit dem Beförderungsamt verbundenen Funktionen – wenn überhaupt – nicht für eine angemessene Zeit hätten wahrnehmen können.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15. Juni 2021 gemäß § 130a VwGO darauf hingewiesen‚ dass eine Stattgabe der Berufung durch Beschluss in Betracht kommt‚ weil er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Klägerin verweist dabei abschließend nochmals darauf, sie habe „zum Stichtag, 1. April 2020“ alle beförderungsrelevanten Anforderungen erfüllt. Da die Ausbildung erst am Tag danach begonnen habe, sei zum genannten Stichtag auch noch kein Beförderungshindernis zu erkennen. Erneut rügt sie auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung in Bezug auf die Aufstiegsbewerber, deren Aufstiegsausbildung erst am 1. Juli 2020 begonnen hatte.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen und der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung der Beklagten durch Beschluss‚ weil er sie einstimmig für begründet erachtet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält (§§ 130a, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Beförderung und rückwirkende Einweisung in eine entsprechende Planstelle der Wertigkeit BesGr. A 8. Die Klage war daher unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils abzuweisen.
1. Der Ausschluss der Klägerin aus dem Kreis der für die Beförderung zum Polizeiobermeister/in zum Beförderungsmonat Juni 2020 in Betracht kommenden Beamten verletzt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ihren aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über ihre Bewerbung (Bewerbungsverfahrensanspruch) nicht.
Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauslese zu besetzen. Dieser Grundsatz dient primär dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Ämter des öffentlichen Dienstes und daneben auch dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Dem trägt er dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf eine ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet (BVerwG, B.v. 28.5.2021 – 2 VR 1.21 – juris Rn. 15 m.w.N.). Art. 33 Abs. 2 GG gibt die entscheidenden Maßstäbe für die Bewerberauswahl abschließend vor. Auszuwählen sind daher diejenigen Bewerber, von denen der Dienstherr im Rahmen einer rechtsfehlerfreien Prognose erwarten darf, dass sie in der Zukunft den Anforderungen der zu besetzenden Ämter am besten entsprechen. Im Rahmen der ihm zustehenden Personal- und Organisationshoheit ist der Dienstherr dabei nicht gehindert, den Kreis der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt aufgrund sachlicher Erwägungen einzuengen (vgl. BVerfG, B.v. 28.2.2007 – 2 BvR 2494/06 – juris Rn. 11 m.w.N.). Derartige Erwägungen liegen u.a. vor, wenn der Dienstherr den Bewerberkreis auf diejenigen Beamten begrenzt, die für die Ausübung des Amtes auch tatsächlich zur Verfügung stehen (vgl. OVG NW, B.v. 23.4.2004 – 6 B 458/04 – juris Rn. 9), da sich diese Vorgabe am Interesse an einer effektiven Verwaltung orientiert.
Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Beklagte mit dem Ausschluss der Klägerin aus dem Bewerberkreis um eine Beförderungsstelle nach BesGr. A 8 deren Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt. Der Klägerin mangelt es an der für die Beförderung erforderlichen Eignung für das damit verbundene Beförderungsamt, da sie ab dem Beginn ihrer Aufstiegsausbildung (1.4.2020) für die Aufgabenerledigung in dem angestrebten Statusamt der Polizeiobermeisterin (BesGr. A 8) (aller Voraussicht nach dauerhaft) nicht mehr zur Verfügung stand. Ihre Beförderung widerspräche damit auch dem Sinn und Zweck dieses Personalführungsinstruments.
a) Nach dem Grundsatz der Bestenauslese ist der Anspruch auf Zugang zu einem öffentlichen Amt an die diesem Amt entsprechende Eignung geknüpft. Gegenstand eines Eignungsurteils ist die Prognose darüber, ob und wie der Beamte die Dienstaufgaben im Beförderungsamt in Würdigung seiner bisherigen Leistung und der Eigenschaften, die seine Befähigung ausmachen, voraussichtlich erfüllen wird. Daher gehört zur erforderlichen Eignung für die im neuen Amt künftig wahrzunehmenden Aufgaben grundsätzlich auch die Erwartung, dass der Beamte für die Ausübung des Beförderungsamtes zum Zeitpunkt der Beförderung oder zumindest in absehbarer Zeit tatsächlich für eine nicht nur unwesentliche Zeitspanne zur Verfügung steht (vgl. BayVGH, B.v. 19.2.2017 – 3 CE 06.3302 – juris; NdsOVG, B.v. 29.9.2005 – 5 ME 203/05 – juris Rn. 3). Als nicht geeignet kann daher derjenige angesehen werden, der – wie die Klägerin – für die im Beförderungsamt zu erbringende Leistung überhaupt nicht zur Verfügung steht, entweder weil er in diesem Amt keine Dienstleistung (mehr) erbringt oder aller Voraussicht nach nicht mehr in nennenswertem Umfang erbringen wird (vgl. OVG NW, B.v. 26.9.2007 – 1 A 4138/06 – juris Rn. 9 m.w.N.; NdsOVG, B.v. 29.9.2005 – 5 ME 2003/05 – juris, jeweils zum Beförderungsverbot in der Freistellungsphase).
Eine gleichwohl durchgeführte Beförderung widerspräche grundsätzlich deren Sinn und Zweck. Die Beförderung ist ein Mittel des Dienstherrn zur möglichst effizienten Personalentwicklung (§ 46 BLV), wesentlicher Bestandteil des Laufbahnprinzips und das wichtigste Personalführungsinstrument. Sie erfolgt vorrangig im Hinblick auf die vom Beamten im Beförderungsamt künftig wahrzunehmenden Aufgaben und nicht um diesen für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen zu belohnen (vgl. NdsOVG, B.v. 4.11.2011 – 5 ME 319/11 – juris). Die Schaffung und Besetzung sowie die Bewertung von Planstellen im öffentlichen Dienst dient grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben. Ziel einer Beförderung ist es, eine funktionsgerechte Wahrnehmung des Beförderungsamts möglichst auf Dauer zu gewährleisten. Dies setzt aber voraus, dass der Amtsinhaber das Amt nach erfolgter Beförderung für eine angemessene Zeit ausüben wird (BayVGH B.v. 19.2.2007 – 3 CE 06.3302 – juris Rn. 62; B.v. 13.12.2013 – 3 ZB 09.3245 – juris Rn. 9).
b) Diese Vorgaben setzt die Erlasslage bei der Bundespolizei um, indem sie die in einer Aufstiegsausbildung befindlichen Beamten von Beförderungen in der bisherigen Laufbahn grundsätzlich ausschließt. Die Zulassung eines Beamten zur Aufstiegsausbildung verfolgt ausschließlich das sowohl seitens des Dienstherrn als auch vom Beamten verfolgte Ziel der künftigen, sich nahtlos an den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung anschließenden Verwendung des Beamten in der nächsthöheren Laufbahn. Daraus folgt, dass der in der Aufstiegsausbildung befindliche Beamte mit Beginn der entsprechenden langzeitigen (Vollzeit-)Ausbíldung ein (Beförderungs-)Amt in seiner bisherigen Laufbahn und die damit verbundene Funktion weder alsbald noch zu einem späteren Zeitpunkt wahrnehmen kann und will, es sei denn, die Bewerbung dient ausdrücklich der Beendigung der Aufstiegsausbildung (vgl. NdsOVG, B.v. 1.3.2013 – 1 L 109/12 – juris Rn. 35).
Dies ist bei der Klägerin aber nicht der Fall. Vielmehr hat sie ausdrücklich erklärt, dass sie mit der Beförderung in der Laufbahn des mittleren Polizeidienstes allein die damit verbundenen monetären Verbesserungen erstrebt. Sie hat selbst hervorgehoben, dass sie für den Zeitraum der Aufstiegsausbildung (hier: drei Jahre) für Aufgaben in ihrer bisherigen Laufbahn und damit zur Wahrnehmung auch eines dem Statusamt A 8 BBesO entsprechenden Dienstpostens uneingeschränkt nicht zur Verfügung steht. Damit ist die Prognoseentscheidung der Beklagten, der Klägerin fehle es an der für die begehrte Beförderung zur Polizeiobermeisterin erforderlichen Eignung, rechtlich nicht zu beanstanden.
c) Nicht überzeugen kann der Einwand, es gehe vorliegend nicht um Beförderungen auf bestimmte Dienstposten, deren Wahrnehmung sicherzustellen sei, sondern (nur) um eine Zuweisung einer Beförderungsplanstelle, weshalb Dienstposten und Planstelle nicht in dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang stünden. Dem ist entgegenzuhalten, dass die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgt. Der ausgewählte Bewerber soll vielmehr der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist (vgl. Hoffmann in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Kommentar, Stand März 2021, § 92 Rn. 56). Denn Beförderungen dienen keinem Selbstzweck. Schaffung und Besetzung von Planstellen im öffentlichen Dienst dienen vielmehr dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2005 – 2 A 5.04 – juris; U.v. 22.7.1999 – 2 C 14.98 – juris Rn. 24). Planstellen dienen der Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Aufgaben bestimmter Wertigkeit. Im Interesse einer effektiven Verwaltung und auch im Hinblick auf den Anspruch des einzelnen Beamten auf eine amtsangemessene Beschäftigung führt die Einweisung in eine besetzbare Planstelle immer auch in engem zeitlichen Zusammenhang zur Übertragung eines entsprechend bewerteten konkreten (Beförderungs-) Dienstpostens, auf dem die mit diesem Amt verbundenen Aufgaben wahrgenommen werden können.
d) Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin hervorgehobenen Umstand, dass bezüglich der Aufstiegsausbildung kein „Beförderungsautomatismus“ besteht, weil es insbesondere die Laufbahnprüfung zu bestehen und die Bewährungszeit erfolgreich zu absolvieren gilt. Mit den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Begriffen „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“ wird dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum eröffnet. Die im Rahmen dieses Beurteilungsspielraums vorgenommene Prognoseentscheidung, dass ein Bewerber für die Beförderungsplanstelle nicht geeignet ist, bedarf nicht der positiven Feststellung der Ungeeignetheit, es ist vielmehr ausreichend, dass der Dienstherr berechtigte Zweifel an der Eignung des Bewerbers hat (vgl. HessVGH, B.v. 19.12.2018 – 1 B 2011/18; OVG SH, B.v. 5.11.2018 – 2 MB 17/18 – juris Rn. 11; OVG Berlin-Bbg, B.v. 29.9.2017 – OVG 4 S 32.17 – juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 2.11.2016 – 6 B 1172/16, juris Rn. 9; B.v. 19.11.2014 – 6 A 1896/13; B.v. 18.10.2013 – 1 B 1131/13; VGH BW, B. v. 27.11.2008 – 4 S 2332/08, juris Rn. 4).
Der gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichts (im Anschluss an OVG NW, B.v. 8.5.2020 – 1 B 1321/19 – juris Rn. 20 ff.) schließt sich der Senat nicht an. Maßgeblich bei der im Rahmen der Bestenauslese zu treffenden Auswahlentscheidung ist eine Eignungsprognose. Dieser ist immanent, dass eine sichere Aussage über künftige Umstände gerade nicht getroffen werden kann/muss. Es muss deshalb gerade nicht feststehen, dass eine Tätigkeit der Klägerin auf einem dem streitgegenständlichen Beförderungsamt zuzuordnenden Dienstposten tatsächlich (für immer) ausgeschlossen ist. Vielmehr reicht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür aus. Davon ist die Beklagte im vorliegenden Fall ohne Rechtsfehler ausgegangen. Nach ihrem Vortrag betrug die Durchfallquote in den vergangenen Studienjahren zwischen 0,00% und 2,70%, im Schnitt 0,96%. Daher konnte die Beklagte bei ihrer (Eignungs-) Prognoseentscheidung darauf abstellen, dass eine Zulassung eines Beamten zum Aufstiegsverfahren ernsthaft erwarten lässt, dass er dieses auch erfolgreich absolvieren wird (so überzeugend: OVG LSA, B.v. 1.3.2013 – 1 L 109/12 – juris Rn. 32 ff.) und aufgrund dessen – berechtigte – Zweifel daran hegen, dass die Klägerin für das erstrebte Beförderungsamt des mittleren Dienstes oder für die damit verbundene Funktion (jemals) zur Verfügung stehen wird.
2. Der Ausschluss der Klägerin aus dem Bewerberkreis verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Im Hinblick auf das von Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistete grundrechtsgleiche Recht auf chancengleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und Leistung hat der Dienstherr nach diesem Grundsatz seine Beamten oder Gruppen von Beamten, die sich in vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Der allgemeine Gleichheitssatz hindert aber den Dienstherrn nicht, im Rahmen von Beförderungsrunden Stichtage, die für die Beurteilung von Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber bedeutsam sind, zu bestimmen, obwohl das unvermeidlich gewisse Härten vor allem dann mit sich bringt, wenn sich die tatsächliche Situation derjenigen Personen, bei denen zu diesem Zeitpunkt gerade noch die verlangten Voraussetzungen vorliegen, nur geringfügig von der Lage derjenigen unterscheidet, bei denen diese Voraussetzungen fehlen (vgl. OVG NW, B.v. 2.5.2008 – 6 A 2332/06 – juris Rn. 13). Stichtage sind als Ausdruck einer gebotenen pauschalierten Betrachtung und im Interesse der Praktikabilität grundsätzlich zulässig. Mögliche Unzulänglichkeiten der pauschalierenden Wirkung einer Stichtagsregelung und individuelle Härten stehen auch zu dem Prinzip der Bestenauslese dann nicht in Widerspruch und müssen folglich hingenommen werden, wenn der Dienstherr den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat und sich insbesondere die Wahl des Zeitpunktes am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 8.3.2018 – 2 B 55.17 – juris Rn. 15; BAG, U.v. 18.10.2000 – 10 AZR 643/99 – juris Rn. 63).
b) Dem Dienstherrn steht im Hinblick auf Beförderungen grundsätzlich ein weites Organisationsermessen sowohl bezüglich der Anzahl der zu besetzenden Beförderungsplanstellen als auch hinsichtlich des Zeitpunktes zu, zu dem die Beförderungen vorgenommen werden sollen. Dass die im Rahmen ihres organisatorischen Ermessens getroffene Entscheidung der Beklagten, die geplanten Beförderungen im Beförderungsmonat Juni 2020 vorzunehmen, sachwidrig war, ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht und ist auch nicht ersichtlich. Die Bestimmung des Beförderungsmonats ist nach der Erlasslage (Erlasse des Bundesministeriums des Innern vom 27.2.1991, vom 11.11.1993, vom 29.10.1999 und vom 20.5.2019) auch maßgeblich für die Entscheidung, welche Bewerber aufgrund fehlender Verfügbarkeit als nicht geeignet grundsätzlich unberücksichtigt bleiben müssen.
Die Klägerin stellt insoweit zu Unrecht auf den 1. April 2020 als maßgeblichen Stichtag ab. Aus der Beförderungsinformation ergibt sich vielmehr, dass sich dieser Stichtag ausdrücklich nur auf den der Bewerberauswahl zugrunde zu legenden Rangfolgemonat bezieht und die Probezeit bis zu diesem Stichtag beendet sein muss. Bei ihrer Entscheidung über die Eignung der Bewerber stellt die Beklagte entsprechend der geltenden Erlasslage, wonach von Beförderungen während der Teilnahme an einer Aufstiegsausbildung abzusehen ist, dagegen allein auf die Situation zum Zeitpunkt der Beförderung (Stichtag) ab: (nur) wer sich zu diesem Zeitpunkt in einer Aufstiegsausbildung befindet, wird grundsätzlich nicht befördert. Nachfolgende Veränderungen, wie etwa die Teilnahme weiterer Beförderungsbewerber an später beginnenden Aufstiegsverfahren (hier: 1.7.2020) werden unberücksichtigt gelassen. Das ist nicht zu beanstanden. Der rechtlich gebotene Leistungs- und Eignungsvergleich zwischen verschiedenen Bewerbern lässt sich gerade bei Massenverfahren wie hier nur durch die Anwendung von Stichtagsregelungen, die eine einheitliche Beurteilungsgrundlage und damit die Gleichbehandlung der Bewerber gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sicherstellen, gewährleisten (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2015 – 3 CE 15.2563 – juris).
Zum danach maßgeblichen Zeitpunkt der Beförderungen (13.6.2020) befand sich die Klägerin unbestritten bereits seit zweieinhalb Monaten in einer Aufstiegsausbildung zum gehobenen Dienst. Die Aufstiegsausbildung der von ihr in Bezug genommenen Kollegen begann dagegen erst zu einem – wenn auch nicht wesentlich – späteren Zeitpunkt am 1. Juli 2020 und damit erst nach Ablauf des Beförderungsmonats. Sie waren daher – anders als die Klägerin – in die Beförderungsauswahl einzubeziehen, weil bei ihnen zum Beförderungszeitpunkt das Ausschlusskriterium (gerade noch) nicht erfüllt war. Die gerügte Ungleichbehandlung der Klägerin im Vergleich zu diesen Kollegen, deren Aufstiegsausbildung (bei einer anderen Behörde) erst am 1. Juli 2020 begonnen hatte und die – dessen ungeachtet – zum 13. Juni 2020 in den Rang eines Polizeiobermeisters befördert worden waren, ist gerechtfertigt. Denn sie ist die sachgerechte und zumutbare Folge des vom Bundesministerium in sachlich vertretbarer Weise gewählten Stichtages für die Entscheidung über die Eignung der Bewerber unter dem Blickwinkel ihrer Verfügbarkeit.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 10.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


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