Arbeitsrecht

Berufung auf Verjährung des Anspruchs auf Nachzahlung Kinderanteil ist keine unzulässige Rechtsausübung des Dienstherrn

Aktenzeichen  3 ZB 13.804

Datum:
22.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 44294
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBesG § 39, § 40 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5
BeamtStG § 45
BGB § 195, § 199
VwGO § 124
GG Art. 33 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Bei der Falschberechnung des Kinderanteils im Familienzuschlag handelt es sich nicht um ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn, so dass die Berufung auf Verjährung keine unzulässige Rechtsausübung darstellt. (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Rahmen der Fürsorgepflicht besteht keine allgemeine Belehrungspflicht des Dienstherrn über den Inhalt von Vorschriften, die für die Rechte des Bezügeempfängers bedeutsam sind; dies gilt insbesondere wenn es sich um rechtliche Kenntnisse handelt, die zumutbar vorausgesetzt oder aber sich unschwer verschafft werden können (ebenso BVerwG BeckRS 9998, 44853;  VGH München BeckRS 2011, 30363). (redaktioneller Leitsatz)
3. Aufgrund der Treuepflicht ist es den Bezügeempfängern zuzumuten, Bezügemitteilungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und bei Unklarheiten sowie in Zweifelsfällen nachzufragen; dies gilt insbesondere, wenn es sich um besoldungsrelevante Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich handelt (vgl. auch BVerwG BeckRS 9998, 45541). (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch das Alimentationsprinzip des Art. 33 Abs. 5 GG eröffnet nicht die Berufung auf die unzulässige Rechtsausübung, denn der Beamte kann daraus zwar die Befriedigung des gegenwärtigen Bedarfs ableiten, nicht jedoch erwarten, dass er nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines gegebenenfalls jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs kommt, den er selbst gegenüber seinem Dienstherrn zeitnah nicht geltend gemacht hat (ebenso BVerfG BeckRS 9998, 169913). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 K 11.5749 2013-02-26 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 6.611,35 € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche Schwierigkeiten), des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger auch für die Zeit vom 11. Mai 2003 bis zum 31. Dezember 2006 den Kinderanteil im Familienzuschlag der Stufen 2 bis 4 in Höhe von 6.611,35 € zu bezahlen, hilfsweise diesen zu verurteilen, an den Kläger 6.611,35 € Schadensersatz wegen Verletzung der Fürsorgepflicht zu bezahlen, zu Recht abgewiesen. Es ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anspruch auf Zahlung des höheren Kinderanteils im Familienzuschlag für das 2003 geborene dritte Kind des Klägers sowie ein entsprechender Schadensersatzanspruch für den fraglichen Zeitraum erloschen bzw. verjährt sind und dass die Berufung des Beklagten hierauf keine unzulässige Rechtsausübung darstellt.
Die hiergegen vom Kläger innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
Der Beklagte hat zwar bei der Berechnung des Kinderanteils im Familienzuschlag der Stufen 2 bis 4 ab Mai 2003 gemäß §§ 39, 40 BBesG i. V. m. Anlage V zum BBesG (in der im maßgeblichen Zeitraum jeweils geltenden Fassung) die beiden am 6. März 1995 geborenen „Zählkinder“ D. und P. hinsichtlich des am 11. Mai 2003 geborenen dritten „Zahlkinds“ N. nicht zutreffend berücksichtigt, obwohl der Kläger sowohl die Zählkinder als auch das Zahlkind in den Erklärungen gegenüber der Bezügestelle angegeben hat. So ist in der Bezügemitteilung vom 1. Dezember 2003 neben dem Familienzuschlag der Stufe 1 (Verheiratete) in Höhe von 103,20 € (§ 40 Abs. 1 BBesG i. V. m. Anlage V zum BBesG) nur der Kinderanteil im Familienzuschlag der Stufe 2 für ein Kind in Höhe von 88,28 € (§ 40 Abs. 2 BBesG i. V. m. Anlage V zum BBesG), nicht jedoch der – zutreffende – Kinderanteil im Familienzuschlag der Stufe 4 für das als drittes Zählkind zu berücksichtigende Zahlkind N. in Höhe von 226,04 € (§ 40 Abs. 2 und 5 BBesG i. V. m. Anlage V zum BBesG) ausgewiesen.
Das Verwaltungsgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass Ansprüche auf Nachzahlung des höheren Kinderanteils im Familienzuschlag der Stufen 2 bis 4 für die Zeit vom 11. Mai 2003 bis 31. Dezember 2006 sowie ein entsprechender Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht (Art. 86 BayBG a. F., nunmehr § 45 BeamtStG) Ende 2009 nach Art. 71 AGBGB erloschen bzw. jedenfalls analog §§ 195, 199 BGB verjährt sind (zum Vorrang von Art. 71 AGBGB hinsichtlich von Besoldungsansprüchen bayerischer Beamter aufgrund des BBesG a. F. siehe BayVGH, B.v. 4.8.2011 – 3 ZB 08.2440 – juris Rn. 30) und dass die Berufung des Beklagten auf die Verjährung keine unzulässige Rechtsausübung darstellt, weil es sich um eine bloße Falschberechnung handelt, die der Kläger von Anfang an hätte erkennen können.
Grundsätzlich ist die Berufung des Dienstherrn auf Verjährung der Dienstbezüge zulässig und haushaltsrechtlich geboten (BayVGH, B.v. 4.8.2011 a. a. O. Rn. 27). Die Geltendmachung kann unter besonderen Umständen des Einzelfalls allerdings als Verstoß gegen Treu und Glauben unzulässig sein (BVerwG, U.v. 25.11.1982 – 2 C 32/81 – BVerwGE 66, 256; BayVGH, B.v. 13.1.2011 – 3 ZB 07.3411 – juris).
Nach der genannten Rechtsprechung genügt für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung allerdings nicht jede unrichtige Sachbehandlung oder bloße Falschberechnung. Vielmehr muss für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gegenüber der Einrede der Verjährung ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn vorliegen, das zwar nicht notwendig schuldhaft zu sein braucht, das jedoch unter gebotener Berücksichtigung der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls die Einrede der Verjährung als Verstoß gegen Treu und Glauben und damit unzulässig erscheinen lässt. Daraus ergibt sich als regelmäßige Voraussetzung für den Einwand unzulässiger Rechtsausübung, dass der Dienstherr eine Tätigkeit entfaltet und Maßnahmen trifft, die den Beamten veranlassen, verjährungsunterbrechende Schritte zu unterlassen. Nur zu eigenem Tun kann sich der Dienstherr im Allgemeinen durch Erhebung der Verjährungseinrede in einen gegen Treu und Glauben verstoßenden Widerspruch setzen. Dabei kann als derartiges qualifiziertes Fehlverhalten auch ein pflichtwidriges Unterlassen gebotener Maßnahmen durch die zuständige Behörde anzusehen sein. Ein solcher Sachverhalt ist zu verneinen, wenn der Dienstherr zwar zu geringe Bezüge ausgezahlt, aber durch sein Verhalten weder dazu beigetragen hat, dass dem Bezügeempfänger der Anspruch auf höhere Bezüge über Jahre unbekannt geblieben war, noch dass er diesen daran gehindert hat, den Anspruch geltend zu machen (BVerwG, U.v. 25.11.1982 a. a. O. juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 13.1.2011 a. a. O. juris Rn. 3).
Die Berufung auf die Fürsorgepflicht (Art. 86 BayBG a. F., § 45 BeamtStG) führt nicht dazu, dass jede Falschberechnung die Einrede der Verjährung ermessensfehlerhaft macht. Die Fürsorgepflicht ist vielmehr im Rahmen des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung zu berücksichtigen (BVerwG, U.v. 25.11.1982 a. a. O. juris Rn. 20). Im Rahmen der Fürsorgepflicht besteht keine allgemeine Belehrungspflicht über den Inhalt von Vorschriften, die für die Rechte des Bezügeempfängers bedeutsam sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um rechtliche Kenntnisse handelt, die zumutbar bei dem Bezügeempfänger vorausgesetzt werden können oder die er sich selbst unschwer verschaffen kann. Es darf vielmehr erwartet werden, dass er sich jedenfalls um Angelegenheiten, die in seinem ureigensten Interesse liegen, selbst bemüht (BayVGH, B.v. 13.1.2011 a. a. O. juris Rn. 5). Stellt danach die Verjährungseinrede keine unzulässige Rechtsausübung dar, so kann sie nicht wegen Verletzung der Fürsorgepflicht ermessensfehlerhaft sein (BVerwG, B.v. 30.6.1992 – 2 B 23/92 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 4.8.2011 a. a. O. Rn. 28).
Die trotz ordnungsgemäßer Angaben des Klägers unterbliebene Berücksichtigung der Zählkinder D. und P. bei der Berechnung des Kinderanteils im Familienzuschlag der Stufen 2 bis 4 für das 2003 geborene dritte Kind N. und die Auszahlung eines zu geringen Familienzuschlags stellt kein qualifiziertes Fehlverhalten dar, sondern nur eine bloße versehentliche Falschberechnung und -auszahlung.
Soweit der Kläger ein qualifiziertes Fehlverhalten darin sieht, dass der Beklagte nicht schlicht untätig geblieben sei, sondern den Kinderanteil im Familienzuschlag nach der Geburt seines dritten Kindes neu (wenn auch hinsichtlich der kinderbezogenen Leistungen unzutreffend) berechnet habe, woraus sich konkret eine Mehrzahlung für „Kinderanteil(e)“ in Höhe von monatlich 88,28 € ergeben habe, mag dadurch für den Kläger zwar der Eindruck entstanden sein, dass die von ihm gemeldete Veränderung seiner familiären Verhältnisse vom Beklagten korrekt bearbeitet wurde. Dies ändert aber nichts daran, dass die unzutreffende Berechnung des Kinderanteils auf einem bloßen Versehen beruht, ohne dass der Beklagte durch eigenes Zutun diesbezüglich ein schützenswertes Vertrauen beim Kläger hervorgerufen und den Kläger von der rechtzeitigen Geltendmachung des höheren Kinderanteils abgehalten hätte.
Der Kläger hätte vielmehr anhand der Bezügemitteilung erkennen können, dass der Kinderanteil unzutreffend berechnet worden ist, so dass es an einem qualifizierten Fehlverhalten des Beklagten fehlt, das dafür ursächlich hätte sein können, dass dem Kläger die Ansprüche auf Zahlung eines höheren Kinderanteils unbekannt geblieben sind. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger sich aufgrund der Mehrzahlung von 88,28 € nicht des Umstandes bewusst war, dass der ihm wegen des Zählkindervorteils zustehende höhere Kinderanteil im Familienzuschlag von 226,04 € nicht ausgezahlt wurde, muss er sich entgegenhalten lassen, dass er die unterbliebene Auszahlung des höheren Kinderanteils nicht bemerkte und nachfragte.
Aufgrund der Treuepflicht ist es Bezügeempfängern zuzumuten, Bezügemitteilungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und bei Unklarheiten sowie in Zweifelsfällen nachzufragen (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 4/11 – juris Rn. 11). Wenn besoldungsrelevante Änderungen im dienstlichen (z. B. Beförderung) oder persönlichen Bereich (z. B. Heirat oder Geburt eines (weiteren) Kindes) eintreten, die zu einer Veränderung der Besoldungsmerkmale führen, trifft den Bezügeempfänger darüber hinaus eine erhöhte Sorgfaltspflicht (BVerwG, U.v. 28.2.1985 – 2 C 31/82 – juris Rn. 25).
Der Kläger hatte aufgrund seiner geänderten persönlichen Situation deshalb auch ohne Anhaltspunkte dafür, dass die Berechnung des Kinderanteils unzutreffend sein könnte, besonderen Anlass, dieser Prüfungspflicht im eigenen Interesse zu genügen. Er erhielt nach der Geburt seines dritten Kindes geänderte Bezüge. Von daher lag es im Eigeninteresse des Klägers, die Beträge anhand der Bezügemitteilungen nach Art und Höhe eingehend zu kontrollieren. Dieses Interesse hat er auch wahrgenommen, da er angegeben hat, die Bezügemitteilungen nach Anzeige der Geburt des dritten Kindes hinsichtlich der kinderbezogenen Leistungen überprüft zu haben.
Dabei musste sich ihm aufdrängen, dass ihm nur der Familienzuschlag Stufe 1 (d. h. der Grundbetrag für Verheiratete, § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG i. V. m. Anlage V zum BBesG) in voller Höhe, der kinderbezogene Anteil dagegen lediglich in Höhe von 88,28 € (d. h. in Stufe 2 für ein berücksichtigungsfähiges Kind, § 40 Abs. 2 BBesG i. V. m. Anlage V zum BBesG) und nicht wie an sich geboten in Höhe von 226,04 € (d. h. in Stufe 4 für drei berücksichtigungsfähige Kinder, § 40 Abs. 2 und 5 BBesG i. V. m. Anlage V zum BBesG) ausgezahlt wurde.
Zwar kann von Bezügeempfängern i. d. R. nicht verlangt werden, die exakten Beträge, die den einzelnen Bezügebestandteilen zuzuordnen sind, auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Der Bezügeempfänger kann jedoch selbst kontrollieren, ob die einzelnen Bezügebestandteile, die ihm zustehen, wie etwa Grundgehalt, Familienzuschlag oder sonstige Zuschläge, in der vom Dienstherrn vorgenommenen Berechnung zutreffend berücksichtigt wurden. Dem Kläger musste bekannt sein, dass die Geburt seines dritten Kindes Auswirkungen auf die Stufe des Familienzuschlags hat. Die beiden Bestandteile des Familienzuschlags waren in den Bezügemitteilungen betragsmäßig gesondert ausgewiesen (als „Familienzuschlag Stufe 1“ sowie als „Kinderanteil(e)“). Der Fehler hätte sich deshalb ohne weiteres bei der – dem Kläger abzuverlangenden – Kenntnis der §§ 39, 40 BBesG und der hierzu ergangenen Anlage V zum BBesG ergeben (OVG NRW, B.v. 4.8.2006 – 1 A 2509/05 – juris Rn. 32). Familienzuschlag wird nach Anlage V zum BBesG gewährt (§ 39 Abs. 1 Satz 1 BBesG). Seine Höhe richtet sich nach der Besoldungsgruppe und der Stufe, die den Familienverhältnissen des Beamten oder Richters entspricht (§ 39 Abs. 1 Satz 2 BBesG). Er setzt sich aus dem Grundbetrag der Stufe 1 (§ 40 Abs. 1 BBesG) sowie den ggf. zustehenden Erhöhungsbeträgen für Kinder zusammen, wobei sich die Stufe nach der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder richtet (§ 40 Abs. 2 und 5 BBesG).
Diese Prüfung ist nicht realitätsfremd, sondern war vom Kläger im eigenen Interesse zu verlangen. Sie ist einem Volljuristen wie dem Kläger, die dabei einem strengeren Maßstab als sonstige Bezügeempfänger unterliegen, auch mit zumutbarem Aufwand möglich (OVG NRW, B. v. 4.8.2006 a. a. O. Rn. 25). Dabei bedurfte es zur Ermittlung des richtigen Betrags auch nicht der vertieften Kenntnis des Besoldungsrechts. Die Unkenntnis des Klägers beruht auch nicht auf einer ungeklärten Rechtslage, sondern auf schlichter Rechtsunkenntnis (BayVGH, U. v. 10.3.2010 – 14 BV 08.2444 – juris Rn. 32). Aufgrund der erheblichen Differenz zwischen dem Kinderanteil der Stufe 2 und der Stufe 4 mussten sich dem Kläger zumindest solche Zweifel aufdrängen, dass eine Nachfrage bei der Bezügestelle geboten war.
Der Kläger kann auch nicht verlangen, dass ihm der Beklagte die Überprüfung der Bezügemitteilungen in einer hierfür geeigneten Form (etwa durch die Auflistung der berücksichtigten Kinder) ermöglicht. Den Dienstherrn trifft keine Pflicht, die Bezügemitteilungen so abzufassen, um die Abrechnung des kinderbezogenen Familienzuschlags weitgehend sicherzustellen (BVerwG, B.v. 6.8.2009 – 2 B 9/09 – juris Rn. 9).
In der unterbliebenen Berücksichtigung zweier (Zähl-) Kinder bei der Berechnung der kinderbezogenen Besoldungsbestandteile und der Berufung des Dienstherrn auf die Verjährung der diesbezüglichen Bezügebestandteile liegt auch kein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip des Art. 33 Abs. 5 GG. Damit wird dem Rechtsfrieden wie möglichen Beweisschwierigkeiten Rechnung getragen, ohne dass der Grundsatz der Alimentationspflicht prinzipiell in Frage gestellt wird (BVerwG, U.v. 15.6.2006 – 2 C 14/05 – juris Rn. 23). Dabei ist zu berücksichtigen, dass aus der Eigenschaft des Beamtenverhältnisses als eines wechselseitig bindenden Treueverhältnisses und dem Umstand, dass die Alimentation des Beamten durch seinen Dienstherrn der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs ist, der aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln zu befriedigen ist, hergeleitet wird, dass der Beamte nicht erwarten kann, dass er ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines ggf. jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs kommt, den er selbst gegenüber seinem Dienstherrn zeitnah nicht geltend gemacht hat (BVerfG, B.v. 22.3.1990 – 2 BvL 1/86 – juris Rn. 68). Deshalb kann der Kläger dem Beklagten auch insoweit kein qualifiziertes Fehlverhalten und daraus folgend keinen Vorwurf der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten, wenn er die ihm zustehenden Ansprüche verjähren ließ (BayVGH, B.v. 4.8.2011 a. a. O. Rn. 29).
2. Die Rechtssache weist nach dem unter 1. Ausgeführten auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf, die der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
3. Die Sache besitzt auch keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Abgesehen davon, dass es nach der unter 1. dargestellten Rechtsprechung von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob die Berufung auf die Verjährung als Verstoß gegen Treu und Glauben unzulässig ist, so dass sich aus der Beantwortung der durch den Kläger formulierten Fragen keine verallgemeinerungsfähigen Schlüsse ziehen lassen, lassen sich diese aus den unter 1. genannten Gründen in dem vom Verwaltungsgericht entschiedenen Sinn beantworten.
4. Es besteht auch keine Divergenz i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 1982 (2 C 32/81) und zum Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Januar 2011 (3 ZB 07.3411). Der Zulassungsgrund ist bereits nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Dazu wäre erforderlich, die divergierenden Rechtssätze einander so gegenüberzustellen, dass die Abweichung erkennbar wird. Zur Geltendmachung der Divergenzrüge reicht es nicht aus, eine nur fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung von Rechtssätzen des Divergenzgerichts aufzuzeigen. Im Übrigen trifft die Behauptung des Klägers, das Verwaltungsgericht habe sich nicht in der gebotenen Weise mit den genannten Entscheidungen auseinandergesetzt, nach dem unter 1. Ausgeführten auch in der Sache nicht zu.
5. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 3 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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