Arbeitsrecht

Betreuung, Gesundheitszustand, Gutachten, Betreuerbestellung, Pflegeheim, Festsetzung, Entlassung, FamFG, Betreuer, Familie, Voraussetzungen, Stellungnahme, Zusammenarbeit, Beanstandung

Aktenzeichen  4 XVII 820/17

Datum:
27.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 46801
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Erlangen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Die Betreuung wird verlängert.
Die Betreuung umfasst weiterhin folgende Aufgabenkreise:
– alle Angelegenheiten incl. Entgegennahme, Öffnen der Post
Als Betreuerin bleibt bestellt:
Frau … Erlangen
Als Ersatzbetreuer bleibt bestellt:
Herr … Erlangen
Der bestehende Einwilligungsvorbehalt wird verlängert. Die Anträge des
… auf Betreuerwechsel zu seinen Gunsten werden zurückgewiesen.
Das Gericht wird spätestens bis zum 27.03.2027 über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung und des Einwilligungsvorbehalts entscheiden.
Bis zu einer erneuten Entscheidung gelten die getroffenen Regelungen fort.

Gründe

1. Die Voraussetzungen für die Verlängerung der Betreuung und des bestehenden Einwilligungsvorbehalts (§ 295 FamFG) sind gegeben.
Die Betreute ist aufgrund einer der in § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgeführten Krankheiten bzw. Behinderungen, nämlich einer mittelgradigen Intelligenzminderung, einer chronifizierten Schizophrenie und eine Demenz am ehesten vom Mischtyp (ICD 10: F71, F 20.5, F00.9) nicht in der Lage, die Angelegenheiten ausreichend zu besorgen, die zu den genannten Aufgabenkreisen gehören.
Dies folgt aus dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere aus
-dem ärztlichen Gutachten der Sachverständigen … vom 03.03.2020
-dem Bericht der Betreuungsbehörde … vom 23.01.2020,
-der Stellungnahme der Betreuer
-dem unmittelbaren persönlichen Eindruck des Gerichtes vom 16.12.2019.
Von der erneuten persönlichen Anhörung d. Betroffenen nach Eingang des Gutachtens wurde aus folgenden Gründen vorerst abgesehen:
Angesichts der gegenwärtigen erhöhten Infektionsgefahr durch den neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2; die insbesondere auch d. Betroffenen in Ermangelung ausreichender Schutzvorkehrungen durch den anhörenden Richter droht, und der geltenden Ausgangsbeschränkungen bzw. Besuchsverbote (siehe Allgemeinverfügung zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), Vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20.03.2020, Az. Z6a-G8000-2020/122-98) ist die grundsätzlich erforderliche persönliche Anhörung durch das Gericht derzeit nicht möglich. D. Betroffene zählt zu den Personen, die durch eine Infektion mit dem neuen Erreger in besonders schwerer Weise gesundheitlich gefährdet wären.
Ausweislich der Ausführungen der Sachverständigen … im Gutachten vom 03.03.2020, sowie aus dem persönlichen Eindruck des Gerichts, den dieses anlässlich der Anhörung am 16.12.2019 gewinnen konnte, ist eine rechtserhebliche Verständigung mit d. Betroffene zudem krankheitsbedingt nicht möglich bzw. zielführend, so dass auch die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks durch eine telefonische Anhörung nicht in Betracht kommt.
Da die Dauer der aktuellen Krisensituation ungewiss und ein Abwarten im Hinblick auf die zu treffende Entscheidung nicht zu rechtfertigen ist, war von einer Anhörung vor Erlass der Entscheidung abzusehen (Rechtsgedanke des § 34 Abs. 2 Alt. 1 FamFG).
Die Betreuerbestellung ist erforderlich, weil die Regelung der Angelegenheiten der Betreuten anderweitig nicht erfolgen kann.
2. Ein Betreuerwechsel war nicht veranlasst. Ein Grund für die Entlassung der bisherigen Betreuerin, § 1908 b BGB, liegt nicht vor. Die Betreuerin ist insbesondere geeignet die Angelegenheiten der Betreuten zu besorgen. Die Eignung setzt gem. § 1897 Abs. 1 BGB voraus, dass der Betreuer persönlich und fachlich in der Lage ist, die Angelegenheiten des Betreuten in den genannten Aufgabenkreisen zu besorgen. Dies ist nach den gerichtlichen Ermittlungen vorliegend der Fall und folgt insbesondere aus dem Bericht der Betreuungsbehörde. Danach führt die Betreuerin die Betreuung korrekt sowie im Interesse und zum persönlichen Wohlergehen der Betreuten.
Die Streitigkeiten innerhalb der Familie, die offenbar seit mehreren Jahren bestehen, führen nicht zu einer Entlassung aus wichtigem Grund gem. § 1908b Abs. 1 BGB. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Betreuung nicht im Interesse der Betreuten geführt wird. Vielmehr gab die Betreuerin bislang keinen Grund zur Beanstandung. Die Zusammenarbeit mit dem Pflegeheim ist gut, der persönliche Kontakt zur Betreuten besteht. Die Betreute selbst konnte sich bei der Anhörung durch das Gericht im Dezember 2019 nicht mehr adäquat zur Verlängerung der Betreuung und der Betreuung durch die bisherige Betreuerin äußern. Die einzige Reaktion, die die Betreute dem Gericht gegenüber überhaupt gab, war auf den Namen der Betreuerin. Gegenüber der Sachverständigen gab die Betreute zu verstehen, dass es ihr gut gehe und sie keinen Ortswechsel wünsche. Auf die Namen der Angehörigen zeigte sie dagegen keine Reaktion.
4. Der bestehende Einwilligungsvorbehalt ist weiterhin erforderlich, um einer erheblichen Gefahr für die Person der Betreuten vorzubeugen. Es besteht unter den Angehörigen weiterhin Streit hinsichtlich des Aufenthaltsortes der Betreuten. Der Bruder der Betreuten … wünscht nach wie vor vehement einen Umzug der Betreuten nach Dresden. Die Betreute selbst ist nicht in der Lage, die tatsächlichen Konsequenzen eines Aufenthaltswechsels einzuschätzen und abzuwägen. Sie ist diesbezüglich allenfalls zu einer natürlichen Willensbildung in der Lage. Um zu verhindern, dass es durch einen nicht mit der Betreuerin abgesprochenen Aufenthaltswechsel zu Pflegeausfällen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen der komplett pflegebedürftigen Betreuten kommt, wird der Einwilligungsvorbehalt aufrecht erhalten.
5. Bei der Festsetzung der Überprüfungsfrist hat das Gericht die Ausführungen der Sachverständigen berücksichtigt und geht davon aus, dass sich der Gesundheitszustand der Betreuten aufgrund des Krankheitsbildes bis zur erneuten Überprüfung nicht wesentlich bessern wird.
6. Von der Bestellung eines Verfahrenspflegers wird abgesehen, weil ein wieder ein naher Angehöriger zum Betreuer bestellt wurde, der sich schon bisher um die Betreute gekümmert hat, und aufgrund der durchgeführten Ermittlungen die Betreuungsbedürftigkeit für die angeordneten Aufgabenkreise und auch die Geeignetheit d. Betreuer weiterhin offenkundig sind.


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