Arbeitsrecht

Betriebliche Altersversorgung – Invaliditätsversorgung – voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit – befristete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente

Aktenzeichen  3 AZR 445/20

Datum:
13.7.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2021:130721.U.3AZR445.20.0
Spruchkörper:
3. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Elmshorn, 30. Januar 2020, Az: 1 Ca 1443 c/19, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, 30. Juli 2020, Az: 4 Sa 123/20, Urteil

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 30. Juli 2020 – 4 Sa 123/20 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf betriebliche Invaliditätsversorgung.
2
Der Kläger war vom 2. Januar 1995 bis zum 31. Juli 2017 bei der Beklagten beschäftigt. Diese erteilte ihm unter dem 2. Januar 2000 eine Versorgungszusage. In dieser heißt es ua.:
        
        
        
„Als Anerkennung für Ihre bisher geleisteten Dienste geben wir Ihnen als sinnvolle Ergänzung zur Sozialversicherung folgende Versorgungszusage:
        
        
        
Altersversorgung
        
        
        
Wenn Sie in den Diensten unserer Firma das 65. Lebensjahr vollenden und in den Ruhestand treten, so gewähren wir Ihnen eine lebenslängliche monatliche Altersrente von
        
        
        
        
150,00 DM.
        
        
        
        
Invaliditätsversorgung
        
        
        
Bei Eintritt einer voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts erhalten Sie lebenslänglich, längstens jedoch für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit eine monatliche Invalidenrente.“
3
In den der Versorgungszusage beigefügten „Versorgungsrichtlinien“ heißt es ua.:
        
        
        
„Beginn der Rentenzahlungen
Die Rentenzahlungen beginnen an dem auf den Eintritt des Versorgungsfalles folgenden Monatsersten.
        
        
        
…       
        
        
        
        
Eintritt des Versorgungsfalles
Die Zahlung der Versorgungsleistungen kann von der Beibringung bestimmter Unterlagen, wie z. B. Geburts-, Sterbeurkunde, ärztliches Zeugnis usw. abhängig gemacht werden.“
4
Mit Bescheid vom 7. Juni 2018 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Nord dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Juni 2017 befristet bis zum 31. Mai 2020 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Befristung der Rente erfolgte ausweislich des Rentenbescheids, weil es nach den medizinischen Untersuchungsbefunden nicht unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Mit einem weiteren Rentenbescheid vom 16. März 2020 wurde die Rente wegen voller Erwerbsminderung als Dauerrente weiter gewährt.
5
Mit seiner Klage hat der Kläger für den Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis einschließlich 30. April 2020 eine monatliche betriebliche Invalidenrente iHv. 40,95 Euro brutto, mithin insgesamt 1.433,25 Euro brutto, nebst Zinsen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, mit dem Rentenbescheid vom 7. Juni 2018 seien die Voraussetzungen für eine Invalidenrente nach der Versorgungszusage erfüllt. Dem stehe die zunächst nur befristet erfolgte Bewilligung der Rente wegen vollständiger Erwerbsminderung nicht entgegen.
6
Der Kläger hat zuletzt – sinngemäß – beantragt,
        
        
        
1.    
die Beklagte zu verurteilen, ihm ausstehende betriebliche Invaliditätsversorgungsansprüche für den Zeitraum 1. Juni 2017 bis 31. Oktober 2019 iHv. 1.187,55 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
        
        
        
2.    
die Beklagte zu verurteilen, ihm ausstehende betriebliche Invaliditätsversorgungsansprüche für den Zeitraum 1. November 2019 bis 31. Dezember 2019 iHv. 81,90 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1. Januar 2020 zu zahlen,
        
        
        
3.    
die Beklagte zu verurteilen, ihm ausstehende betriebliche Invaliditätsversorgungsansprüche für den Zeitraum 1. Januar 2020 bis 30. April 2020 iHv. 163,80 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
7
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Invaliditätsrente nach der Versorgungszusage lägen nicht vor. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung sei nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI nur befristet bewilligt worden. Dieser Befristung liege die Annahme zugrunde, dass Maßnahmen der Therapie bzw. der Rehabilitation erfolgreich sein könnten und eine Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit zur Folge habe. Deshalb sei nicht von einer „voraussichtlich dauernden völligen Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ auszugehen. Der Bescheid vom 16. März 2020 ändere daran nichts. Jedenfalls für die Monate Juni und Juli 2017 stehe dem Kläger keine betriebliche Invalidenrente zu, denn das Arbeitsverhältnis habe erst mit Ablauf des 31. Juli 2017 geendet.
8
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit den bei ihm ausschließlich anhängigen Anträgen zu 1. und zu 2. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der um den Antrag zu 3. erweiterten Klage insgesamt stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.


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