Arbeitsrecht

Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  W 8 K 17.30437

Datum:
6.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 114, § 115, § 120 Abs. 1 S. 1, § 121 Abs. 2
SGB XII SGB XII § 82 Abs. 2
VwGO VwGO § 166

 

Leitsatz

Allgemeine Stromkosten sind nicht gesondert anzusetzen, weil sie nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung iSv § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ZPO gehören, sondern bereits unter den Freibetrag nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2a ZPO fallen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Dem Kläger wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt … Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe gewährt, dass er auf die von ihm gegebenenfalls zu tragenden Prozesskosten monatliche Raten in Höhe von 209,00 EUR zu leisten hat.

Gründe

Gemäß § 166 VwGO, § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Erfolgsaussichten der Klage sind offen und demnach hinreichend im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO, soweit der Kläger sein Klagebegehren auf die Konversion vom Islam zum Christentum stützt. Dafür bedarf es noch einer Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Dem Kläger ist für dieses Klagebegehren vor dem Verwaltungsgericht sein Prozessbevollmächtigter beizuordnen, weil dieses angesichts der Schwierigkeiten der Sache erforderlich ist (§ 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO).
Der Kläger hat jedoch nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, wie sie sich aus der betreffenden Erklärung des Klägers vom 2. Februar 2017 und den dazu vorgelegten Unterlagen ergeben, ratenweise Zahlungen auf die Prozesskosten zu leisten. Denn der Kläger hat gemäß § 115 Abs. 1 und 2 ZPO sein Einkommen – alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert – einzusetzen, so dass die Prozesskostenhilfe nur mit Ratenzahlung in Höhe von 209,00 EUR monatlich zu bewilligen war (vgl. § 120 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dem liegt folgende Berechnung zu Grunde:
Nach der vorgelegten Entgeltabrechnung hat der Kläger ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von insgesamt 2.288,00 EUR. Davon sind die monatliche Lohnsteuer sowie weitere Beiträge und Aufwendungen gemäß § 82 Abs. 2 SGB XII in Höhe von 873,03 EUR abzuziehen (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1a ZPO).
Im Einzelnen:
Lohnsteuer 262,50 EUR
Kirchensteuer 21,00 EUR
Rentenversicherung 213,93 EUR
Krankenversicherung 192,19 EUR
Arbeitslosenversicherung 34,32 EUR
Pflegeversicherung 32,60 EUR
Solidaritätsbeitrag 14,43 EUR
Kfz-Haftpflicht 84,08 EUR
Hausrat-/Haftpflichtversicherung 7,58 EUR
Fahrt zur Arbeit 10,40 EUR
Summe: 873,03 EUR
Dabei waren für die Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstelle gemäß § 3 Abs. 6 Nr. 2a der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII bei Benutzung eines Kraftwagens 5,20 EUR für jeden Kilometer anzusetzen, also 5,20 EUR x 2 km = 10,40 EUR.
Somit verfügt der Kläger über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.414,97 EUR (2.288,00 EUR minus 873,03 EUR). Von diesem Nettoeinkommen sind des Weiteren gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO in Verbindung mit der Prozesskostenhilfebekanntmachung 2017 – PKHB 2017 vom 12. Dezember 2016 (BGBl. I S. 2869) insgesamt 996,23 EUR abzuziehen.
Im Einzelnen:
Freibetrag für Erwerbstätige (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1b ZPO) 215,00 EUR
Freibetrag für die Partei (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO) 473,00 EUR
Unterkunft, Heizung (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO) 308,23 EUR
Summe: 996,23 EUR
Dabei waren die allgemeinen Stromkosten nicht gesondert anzusetzen, weil sie nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung i.S.v. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO gehören, sondern bereits unter dem Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO fallen (so ausdrücklich BGH, B.v. 08.1.2008 – VIII ZB 18/06 – NJW-RR 2008, 595).
Damit verbleibt ein einzusetzendes monatliches Einkommen in Höhe von 418,74 EUR (1.414,97 EUR minus 996,23 EUR), von dem der Kläger gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO monatliche Raten in Höhe von 209,00 EUR aufzubringen hat.
Gemäß § 115 Abs. 2 Satz 4 ZPO sind maximal 48 Monatsraten aufzubringen, also 10.032,00 EUR. Die Kosten der Prozessführung (voraussichtliche Anwaltskosten 925,23 EUR, und zwar – ausgehend von einem Streitwert von 5.000,00 EUR – im Einzelnen: Verfahrensgebühr 393,90 EUR plus Terminsgebühr 363,60 EUR plus Postpauschale 20,00 EUR plus 19% MwSt aus 777,50 EUR, also 147,23 EUR) übersteigen voraussichtlich die Bagatellgrenze von vier Monatsraten in Höhe von 836,00 EUR (§ 115 Abs. 4 ZPO).


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