Arbeitsrecht

Eine Berufspraktikantin ist eine Auszubildende im Sinne von Nr. 2 Satz 6 CoBoR

Aktenzeichen  B 8 K 20.1107

Datum:
10.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 23887
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Streitgegenstand dieses Verfahrens ist der – über den bereits ausgezahlten Corona-Pflegebonus in Höhe von 300,00 EUR – hinausgehende Verpflichtungsantrag, noch weitere 200,00 EUR zu gewähren.
1. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Klägerin steht nach der Richtlinie über die Gewährung eines Bonus für Pflegeund Rettungskräfte in Bayern (Corona-Pflegebonusrichtlinie – CoBoR) über den bereits gewährten Corona-Pflegebonus in Höhe von 300,00 EUR kein Anspruch auf Gewährung weiterer 200,00 EUR zu (§ 113 Abs. 5 VwGO).
2.1 Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 23). Daran setzt der Maßstab der gerichtlichen Überprüfung an.
Danach sind Begünstigte der Richtlinie Personen, die in bestimmten Einrichtungen eine geförderte pflegerische Tätigkeit ausüben.
(1) Gefördert wird nach Nr. 2 Satz 1 CoBoR die Tätigkeit in folgenden Einrichtungen:
– Krankenhäuser
– Rehabilitationskliniken
– Stationäre Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen
– Ambulante Pflegedienste
(2) Begünstigte Tätigkeiten sind nach Nr. 2 Satz 1 und 2 insbesondere
– Pflegende
– tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist
– Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter, nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst
– Auszubildende in den in den Anlagen benannten staatlich anerkannten Berufsgruppen
(3) Das Beschäftigungsverhältnis muss am 7 April 2020 bestanden haben und nach seiner vertraglichen Bestimmung überwiegend im Freistaat Bayern ausgeübt werden.
Für die Förderfähigkeit müssen alle Voraussetzungen erfüllt sein.
2.1.1 Gemäß Nr. 2 Satz 2 CoBoR sind alle Beschäftigten in stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen begünstigt, die körperlich eng an und mit Menschen mit Behinderung arbeiten.
Es bedarf keiner Klärung, ob die „Wohngemeinschaft …“, in der die Klägerin tätig gewesen ist, eine Behinderteneinrichtung der stationären Langzeitpflege gemäß den oben ausgeführten Regelungen (vgl. Nr. 2 Satz 1 i.V.m. Anlage 1 zu Nr. 2 Satz 4 CoBoR) darstellt. Offenbleiben kann auch, ob die weitere Voraussetzung einer begünstigten Tätigkeit vorliegt.
Denn auch bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen (stationäre Behinderteneinrichtung und Tätigkeit) hat die Klägerin nur Anspruch auf 300,00 EUR Corona-Pflegebonus und nicht auf insgesamt 500,00 EUR.
2.1.2  Die Höhe der Leistung ergibt sich aus Nr. 3 CoBoR. Nach dessen Satz 1 beträgt die Höhe des Corona-Pflegebonus für Begünstigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 25 Stunden 300,00 Euro. Für alle übrigen Begünstigten beträgt er gemäß Nr. 3 Satz 2 CoBoR 500,00 Euro.
Da gemäß Nr. 3 Satz 7 CoBoR für Auszubildende unwiderlegbar eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von bis zu 25 Stunden als vereinbart gilt, ist ein Anspruch der Klägerin – unabhängig davon, wie viele Stunden sie tatsächlich gearbeitet hat – nicht gegeben. Unwiderlegbar bedeutet, dass diese als vereinbart geltende Arbeitszeit nicht in Abrede gestellt und gerade nicht widerlegt werden kann. Aus diesem Grund führt die Argumentation der Prozessbevollmächtigten zur einer tatsächlich längeren Arbeitszeit der Klägerin nicht zum Erfolg.
2.1.3  Die Klägerin war zum maßgeblichen Zeitpunkt Auszubildende i.o.g. Sinne.
Das Berufspraktikum stellt (lediglich) den praktischen Abschnitt der Ausbildung dar. Nach § 3 Abs. 2 der Schulordnung für Fachakademien (Fachakademieordnung – FakO – vom 09.05.2017 (GVBl S. 118) BayRS 2236-9-1-4-K) dauert die Ausbildung an der Fachakademie für Sozialpädagogik in Vollzeitform drei Jahre. Sie gliedert sich in zwei Ausbildungsabschnitte:
1. einen überwiegend theoretischen Ausbildungsabschnitt von zwei Studienjahren an der Fachakademie und
2. einen daran anschließenden Ausbildungsabschnitt in Form eines von der Fachakademie begleiteten Berufspraktikums (§§ 16, 58, Anlage 1) von zwölf Monaten.
Ausweislich der genannten Anlage 1 Nr. 1 Satz 1 FakO ist das Berufspraktikum wesentlicher Bestandteil der Ausbildung zur Staatlich anerkannten Erzieherin oder zum Staatlich anerkannten Erzieher.
Gleiches lässt § 16 FakO entnehmen. Der Abschluss über ein Berufspraktikum bedarf als wesentlicher Teil der Ausbildung auch folgerichtig der vorherigen Genehmigung durch die Fachakademie (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 3 FakO). Erst wenn das Berufspraktikum erfolgreich absolviert worden ist, erhält der/die Auszubildende ein Abschlusszeugnis. Dieses ist Voraussetzung zur Führung der Berufsbezeichnung „Staatlich anerkannter Erzieher und Staatlich anerkannte Erzieherin“ (vgl. dazu der Rahmenvereinbarung über Fachschulen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.11.2002 i. d. F. vom 10.09.2020, „Regelungen zu den Fachbereichen Agrarwirtschaft, Gestaltung, Technik, Wirtschaft, Sozialwesen“, „Fachbereich Sozialwesen, Fachrichtung Sozialpädagogik, Teil II Nrn. 5 und 6“).
Für das Berufspraktikum ist nach § 58 FakO zudem eine gesonderte Note vorgesehen. Der Notenwert ist gemäß § 59 Abs. 4 Nr. 1 FakO eine der Voraussetzungen für die Zulassung zum Colloqium im zweiten Prüfungsabschnitt; sie ist Bestandteil des Abschlusszeugnisses gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 2b FakO und fließt gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 FakO in die Prüfungsgesamtnote ein.
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin keine Auszubildende sein könnte, sind aus den o.g. Gründen nicht ersichtlich. Die Förderfähigkeit der hier maßgeblichen Ausbildung zur „Staatlich anerkannten Erzieherin“ ist unabhängig von der bereits abgeschlossenen Berufsausbildung der Klägerin als „Staatlich geprüfte Kinderpflegerin“ zu beurteilen. Diese frühere Ausbildung ist vielmehr gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 FakO eine von mehreren Voraussetzungen für die Aufnahme in die Fachakademie für Sozialpädagogik.
2.2 Auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Grundgesetz – GG -) kommt kein Anspruch auf Bewilligung des Pflegebonus in Betracht. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte grundsätzlich Personen, die als Auszubildende tätig gewesen sind, generell einen Bonus nach der genannten Richtlinie gewährt hat und die Klägerin unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz davon ausgenommen hätte. Etwaige fehlerhafte Bewilligungen des Pflegebonus bei Arbeitskolleginnen können vor diesem Hintergrund keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Gewährung des Bonus für die Klägerin unter Bezugnahme auf den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen. Es obliegt dem Beklagten, erkannte fehlerhafte Bescheide zurückzunehmen, um Gleichheit innerhalb der Grenzen des Rechts wiederherzustellen. Dies hat der Beklagte selbst gemäß Nr. 8 der CoBoR sicherzustellen.
Die Klage hat deshalb inhaltlich keinen Erfolg und ist abzuweisen.
3. Als unterliegender Teil trägt die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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