Arbeitsrecht

Eingruppierung als Oberarzt nach § 16 TV-Ärzte/VKA – Übertragung medizinischer Verantwortung

Aktenzeichen  4 AZR 376/09

Datum:
20.4.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 15 TV-Ärzte/VKA
§ 16 Buchst c TV-Ärzte/VKA
Spruchkörper:
4. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Dortmund, 5. Juni 2008, Az: 4 Ca 6584/07, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 20. Januar 2009, Az: 12 Sa 1163/08, Urteil

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 20. Januar 2009 – 12 Sa 1163/08 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin in der Entgeltgruppe III (Oberärztin/Oberarzt) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (TV-Ärzte/VKA), der auf Arbeitnehmerseite vom Marburger Bund abgeschlossen wurde.
2
Die Klägerin, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, ist Fachärztin für Psychiatrie und zur Führung der Zusatzbezeichnung Psychotherapie berechtigt. Sie ist 60 Jahre alt und zu 60 Prozent schwerbehindert. Der Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und beschäftigt die Klägerin seit dem 1. Juli 1993 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages, nach dem sich das Arbeitsverhältnis nach den vom Beklagten abgeschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung bestimmt.
3
Der Beklagte betreibt ua. 14 Kliniken für Psychiatrie, Psychosomatik, Neurologie und die Behandlung von Suchtkrankheiten, drei Pflege- und Förderzentren sowie 35 Tageskliniken. Hierzu gehört auch die L-Klinik D. Diese ist in fünf selbständigen Abteilungen organisiert: Allgemeine Psychiatrie I, Allgemeine Psychiatrie II, Gerontopsychiatrie, Suchtmedizin sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Die Klägerin ist in der Allgemeinen Psychiatrie I beschäftigt. Diese wird vom Chefarzt Prof. Dr. S geleitet. Sie besteht aus sechs Stationen, einer Ambulanz, einer Tagesklinik und einer Aufnahmeeinheit. Die Klägerin ist seit dem 1. Juli 2004 in einer der sechs Stationen, nämlich der Station 41/3 eingesetzt, der ferner eine Assistenzärztin zumindest vorübergehend zugeteilt war. Dabei handelt es sich um eine offene Aufnahmestation, die 24 Behandlungsplätze bietet. Der Therapieschwerpunkt liegt bei der Behandlung von Persönlichkeitsstörungen. Die anderen fünf Stationen werden von Ärzten geleitet, die von dem Beklagten als Oberärzte im Tarifsinne angesehen und nach Entgeltgruppe III § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA vergütet werden. Ferner ist für die Station 41/3 sowie zwei weitere Stationen ein leitender Oberarzt tätig. Vorher war die Klägerin Leiterin der offenen Aufnahmestation 17/3 (seit 1. November 2002), der Postakutstation (seit Mai 1999) und der Tagesklinik (seit 1997).
4
Am 1. August 2006 trat der TV-Ärzte/VKA in Kraft. Im Zusammenhang damit hatte der Beklagte mitgeteilt, dass er die Ärztinnen und Ärzte vom TVöD/BT-K auf den TV-Ärzte/VKA „überleiten“ wolle. Lediglich wenn ver.di- und dbb-Mitglieder auf der weiteren Anwendung des TVöD beständen, solle dieser weiter angewandt werden. Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 13. April 2007 ua.:
        
„Zu Ihrem Schreiben vom 23.01.07 teile ich jetzt mit, dass ich die Eingruppierung nach dem Tarifvertrag mit dem Marburger Bund zunächst akzeptiere. Ab 01.07.08 beantrage ich als langjähriges Gewerkschaftsmitglied die Bezahlung nach dem Tarifvertrag von ver.di.“
5
Bei der Überleitung der Ärzte im Krankenhaus des Beklagten wurde die Klägerin in die Entgeltgruppe II Stufe 4 TV-Ärzte/VKA eingeordnet. Von den insgesamt 32 Ärzten, die vor dem Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA als Oberärzte in der Klinik des Beklagten geführt wurden, stufte der Beklagte 28 als Oberärzte mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA ein. Die vier sonstigen früheren „Titularoberärzte“ waren sämtlich schwerbehinderte und über 50 Jahre alte Ärztinnen.
6
Mit Schreiben vom 30. Januar 2007, vom 27. März 2007 und vom 31. Mai 2007 machte die Klägerin erfolglos Vergütung als Oberärztin nach § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA geltend.
7
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe seit dem 1. August 2006 Vergütung nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA zu. Der Begriff der medizinischen Verantwortung im Tarifsinne enthalte gegenüber der sonstigen ärztlichen Verantwortung keine höhere Anforderung, sondern sei lediglich auf den Unterschied im Aufgabenbereich des Arztes zurückzuführen. Bei der Station 41/3 handele es sich um eine selbständige Organisationseinheit, die – wie alle anderen Stationen auch – von einem Oberarzt geleitet würde; dies sei die Klägerin. Auch die früher von ihr geleitete Station 17/3 sei eine solch selbständige Einheit. Das ergebe sich bereits daraus, dass der diese Station nunmehr leitende Arzt als Tarifoberarzt vergütet werde.
8
Die Klägerin hat zuletzt beantragt:
        
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1. August 2006 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA zu zahlen.
9
Der Beklagte hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Klägerin in der Entgeltgruppe II TV-Ärzte/VKA zutreffend eingruppiert sei. Bei der Station 41/3 handele es sich nicht um einen selbständigen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik. Die Klägerin trage auch nicht die medizinische Verantwortung einer Oberärztin, was sich bereits daraus ergebe, dass ihr lediglich vorübergehend eine Assistenzärztin zugeteilt war.
10
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.


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