Arbeitsrecht

Eingruppierung in die unterschiedlichen Entgeltgruppen als Gruppenleiter bzw. Teamleiter oder als Stationsleiter

Aktenzeichen  7 Sa 606/19

Datum:
14.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 11101
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
ArbGG § 46c, § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1, § 69 Abs. 2
TVöD-VKA § 12 Abs. 2

 

Leitsatz

Zwischen den Parteien besteht Streit, ob der Kläger nach Entgeltgruppe P10 als Gruppenleiter bzw. Teamleiter oder nach EG P12 als Stationsleiter nach dem einschlägigen Tarifvertrag einzugruppieren ist. Der Vortrag des Klägers war nicht hinreichend für eine Annahme, dass die anfallenden Arbeitsvorgänge eine Tätigkeit als Stationsleiter ausfüllen, zumal dem Kläger auch nicht die Führung und Leitung der in der Pflege tätigen Mitarbeiter im disziplinarischen oder streng fachlichen Bereich übertragen war. (Rn. 21 – 33)

Verfahrensgang

3 Ca 441/19 2019-08-13 Endurteil ARBGREGENSBURG ArbG Regensburg

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 13.08.2019 – 3 Ca 441/19 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht, auf dessen zutreffende und überzeugende Ausführungen zunächst Bezug genommen wird und denen sich das Berufungsgericht zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt (§ 69 Abs. 2 ArbGG) hat zu Recht entschieden, dass der Kläger nicht nach Entgeltgruppe P 12 der Entgeltordnung VKA (Teil B Nr. XI 2) einzugruppieren und entsprechend zu vergüten ist, denn er übt keine Tätigkeit als Stationsleitung aus. Im Hinblick auf die Berufungsangriffe ist noch das Folgende veranlasst:
1. Die vom Kläger erstrebte Eingruppierung setzt voraus, dass anfallende Arbeitsvor gänge einer Tätigkeit als Stationsleiter mindestens zur Hälfte die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllen (§ 12 Abs. 2 TVöD-VKA).
a) Dabei ist von dem vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen versteht das Bundesarbeitsgericht als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (vgl. beispielhaft BAG, 29.11.2001 – 4 AZR 736/00). Bei sog. Funktionsmerkmalen (zB. Arzt, Kassenleiter) ist die gesamte Tätigkeit des Angestellten in dieser Funktion nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten. Denn die Tarifvertragsparteien haben durch die Vereinbarung des Funktionsmerkmals als Tätigkeitsmerkmal mit für die Gerichte bindender Wirkung bestimmt, dass bei diesen tariflichen Tätigkeitsmerkmalen alle Tätigkeiten tarifrechtlich einheitlich bewertet werden sollen und deshalb auch als ein Arbeitsvorgang anzusehen sind (vgl. BAG, 29.11.2001 – 4 AZR 736/00).
b) Daher ist es erforderlich, dass der Kläger Arbeitsvorgänge aufzeigt und die Tatsa chen vorträgt, aus denen sich bezogen auf diese Arbeitsvorgänge die Tätigkeit als Stationsleiter auch in zeitlicher Hinsicht aufzeigt und dass durch die Ausübung dieser Arbeitsvorgänge wenigstens die Hälfte der Arbeitszeit des Klägers in Anspruch genommen wird. Hieran fehlt es aber, denn im Rahmen von Eingruppierungsklagen es nicht ausreichend, lediglich die Tätigkeiten aufzulisten oder etwa auf Stellenbeschreibungen zu verweisen, vielmehr ist bei Tätigkeitsmerkmalen, die aufeinander aufbauen, für einen schlüssigen Vortrag nicht nur eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit ausreichend, sondern ein Vergleich mit nicht herausgehobenen Tätigkeiten erforderlich, was einen entsprechenden Tatsachenvortrag voraussetzt, der einen wertenden Vergleich erlaubt (vgl. BAG, 16.05. 2013 – 4 AZR 445/11).
2. Die vom Kläger erstrebte Eingruppierung setzt weiter aber auch voraus, dass an fallende Arbeitsvorgänge die Tätigkeit als Stationsleiter ausfüllen.
a) Im Eingruppierungsrecht kommt es nicht darauf an, welche Aufgaben die einzel nen Arbeitnehmer ausüben, weil dies schon in der Vergangenheit zu ihren Aufgaben gehörte oder weil sonst Aufgaben nicht erledigt werden. Entscheidend ist für das Eingruppierungsrecht der Arbeitsvertrag und die im Rahmen des Direktionsrechts zugewiesenen Tätigkeiten. Der Beschäftigte kann sich daher eingruppierungsrechtlich nicht auf die von ihm tatsächlich wahrgenommenen Tätigkeiten, auch wenn sie höher zu bewerten sind, berufen. Der Beschäftigte kann sich eine Tätigkeit selbst nicht zuweisen (vgl. LAG SchleswigHolstein, 30.01.2018 – 2 TaBV 19/17).
b) Der Begriff „Teamleitung“ nach Entgeltgruppe P 10 der Entgeltordnung VKA bein haltet eine Leitungstätigkeit. Diese Leitungstätigkeit bezieht sich jedoch nur auf den abgegrenzten und übertragenen Bereich des dem Kläger überantworteten Teams und beinhaltet gerade nicht die Aufgaben, die eine Stationsleitung innehat. Die Teamleitung stellt die unterste Leitungseben dar, während für eine Stationsleitung das Vorhandensein einer Station als kleinste organisatorische Einheit erforderlich ist.
aa) Unter Leitung ist in der Verwaltungspraxis die Verbindung von Aufgaben, der Planung, Organisation, Anweisung, Koordination und Kontrolle zu verstehen, also die organisatorische Gesamtzuständigkeit für die übertragene Aufgabe. Als Eingruppierungsmerkmal des BAT ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Begriff des „Leiters“ weiter erforderlich, dass dieser für eine Einrichtung, einen Teil derselben oder einen abgrenzbaren Aufgabenbereich die Verantwortung trägt (BAG v. 05.04.1995 – 4 AZR 183/94). Gleiches muss für Leitungstätigkeiten nach der Entgeltordnung VKA gelten. Eine organisatorische Gesamtzuständigkeit des Klägers für eine Station ist aber nicht ersichtlich.
bb) Mit der vorliegenden Teamleitung wird jedenfalls nicht die Führung und Leitung der in der Pflege tätigen Mitarbeiter im disziplinarischen oder streng fachlichen Bereich übertragen und zudem erfasst die Leitung des Klägers auch nicht den Personenkreis außerhalb des Pflegebereichs. Die Aufgabe der Teamleitung im personellen Bereich stellt sich als eine begleitende und unterstützende Maßnahme dar und eine etwaige organisatorische Gesamtverantwortung liegt jedenfalls nicht ausschließlich beim Kläger. Und auch aus der vom Kläger zu erstellenden Dienstplangestaltung ergibt sich angesichts der überschaubaren Beschäftigtenzahl und einem dementsprechend einfachen Einteilungssystem keine Anforderung, die die einer Teamleitung übersteigt. Der Schwerpunkt der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit einer Teamleitung liegt im pflegerischen Bereich. Dies ergibt sich insbesondere aus seiner Verantwortung für den Pflegeprozess und die Therapiemaßnahmen. Hierbei handelt es sich aber um eine begrenzte Verantwortung, da der Kläger diese Prozesse und Maßnahmen nicht selbst und schon gar nicht allein entwickelt, da für die Diagnostik und den Therapieplan die Ärzte sowie Psychologen verantwortlich sind.
Der Kläger wird dabei allenfalls beteiligt und er ist naturgemäß mangels entsprechender Kompetenz nicht umfassend für die Sicherstellung der Durchführung dieser Maßnahmen verantwortlich.
bb) Aus der Kontrolle der Erfüllung bestimmter Aufnahmebedingungen ergibt sich auch nicht das Vorliegen einer Stationsleitung, denn die bloße Kontrolle bzw. Einhaltung von bestimmten bereits vorgegebenen Bedingungen, deren Nichterfüllung aufgrund fehlender personellen Kapazitäten zudem automatisch durch das Controlling der Beklagten angezeigt wird, stellt keine besondere Tätigkeit im Sinne einer eigenständigen und verantwortungsvollen Leitung in einer eigenständigen organisatorischen Einheit dar.
cc) Dass der Kläger für ein Ausfallmanagement zuständig ist und steuernd in die Koordination der pflegerischen Abläufe eingreift, ist typischerweise ein Merkmal für eine Teamleitung in der untersten Leitungsebene und ohne das Hinzukommen weiterer Merkmale ergibt sich hieraus noch nicht das Vorliegen einer Stationsleitung. Zudem ist auch völlig unklar in welchem zeitlichen Umfang dieser Punkt vorliegt. Es ist weiter auch nicht ersichtlich in welchem Umfang, eine interdisziplinäre Koordination mit anderem Fachpersonal seitens des Klägers erfolgt, zumal er auch selbst zugesteht, dass er für die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Berufsgruppen nicht allein zuständig ist. Und aus einer stichprobenartigen Kontrolle der Dokumentation einer Patientenbehandlung und der Zuständigkeit für Rückfragen des Medizincontrollings in R. lässt sich ebenfalls keine Tätigkeit, die über der einer Teamleitung liegt, ableiten, zumal auch hier detaillierte Angaben über den zeitlichen Umfang fehlen. Gleiches gilt für die Überwachung und Umsetzung generalisierter Arbeitsanweisungen oder Qualitätsstandards sowie die Verantwortung für Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen.
dd) Schließlich ergibt sich auch nicht aus der Berechtigung, Sachmittel bis zu dem geringen Wert von 100,00 € zu bestellen, der Koordination des Einsatzes von Handwerkern und der Wartung und Pflege eines Dienstfahrzeugs das Vorliegen einer Stationsleitung, da diesen Bereichen keine prägende Bedeutung im Zusammenhang mit einer Leitung zukommt.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Revision wird zugelassen, da die vorliegende Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat.


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