Arbeitsrecht

Erteilung einer Fahrschulerlaubnis – Anforderungen an den Nachweis eines “Beschäftigungsverhältnisses” iSv § 18 Abs. 1 Nr. 4 FahrlG nF

Aktenzeichen  W 6 K 18.1086

Datum:
13.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 28464
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FahrlG § 18 Abs. 1 Nr. 4, § 22, § 29
GG Art. 12

 

Leitsatz

Der Nachweis einer hauptberuflichen Tätigkeit als Fahrlehrer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschulerlaubnis über eine Dauer von wenigstens zwei Jahren iSv § 18 Abs. 1 Nr. 4 FahrlG kann – auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Fahrlehrergesetzes vom 30.6.2017 (BGBl. I S. 2162) – nicht nur durch den Nachweis eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern auch durch den einer selbstständigen Tätigkeit als Fahrlehrer (im Sinne einer freien Mitarbeit) erbracht werden, sofern die dem Fahrschulinhaber obliegenden Anleitungs- und Überwachungspflichten gewährleistet sind (Anschluss an VG Sigmaringen BeckRS 2013, 48351). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Über die Klage konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO; siehe die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung am 19.6.2019) und es keiner Beweiserhebung bedurfte.
Die Klage auf Erteilung einer Fahrschulerlaubnis ist als Verplichtungsklage (Versagungsgegenklage) gegen den ablehnenden (formlosen) Bescheid des Landratsamtes A. vom 9. August 2018 zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt keinen Anspruch auf Erteilung einer Fahrschulerlaubnis, da die Voraussetzung einer mindestens 2-jährigen hauptberuflichen Tätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 des Fahrlehrergesetzes – FahrlG) – anzuerkennen auch in Form einer freien Mitarbeit des Klägers – nicht nachgewiesen wurde. Der ablehnende Bescheid des Landratsamtes A. ist deshalb rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Fahrschulerlaubnis sind §§ 17, 18, 22, 24 i.V.m. § 1 Abs. 4 des Fahrlehrergesetzes (in der seit 1.1.2018 geltenden Fassung, BGBl. I 2017, 2162 – FahrlG). Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 FahrlG bedarf einer Fahrschulerlaubnis, wer als selbständiger Fahrlehrer Fahrschüler ausbildet oder durch von ihm beschäftigte Fahrlehrer ausbilden lässt. Nach § 1 Abs. 4 FahrlG darf von der Fahrlehrererlaubnis nur zusammen mit der Fahrschulerlaubnis oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule Gebrauch gemacht werden. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 FahrlG wird die Fahrschulerlaubnis auf Antrag für die Fahrschulerlaubnisklassen A, BE, CE oder DE von der zuständigen Behörde (hier das Landratsamt A. gemäß § 50 Abs. 1 und 2 Nr. 2 FahrlG i.V.m. Art. 19, 20 der Verordnung über Zuständigkeiten im Verkehrswesen – ZuStVerkV) erteilt, sofern die Erteilungsvoraussetzungen vorliegen. Nach § 18 Abs. 1 FahrlG wird die Fahrschulerlaubnis erteilt, wenn der Bewerber das 25. Lebensjahr vollendet hat und keine Tatsachen vorliegen, die ihn für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen (Nr. 1), keine Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die Pflichten nach § 29 FahrlG (Fahrschulinhaberpflichten) nicht erfüllen kann (Nr. 2), der Bewerber die Fahrlehrererlaubnis für die Klasse besitzt, für die er die Fahrschulerlaubnis beantragt (Nr. 3), der Bewerber mindestens zwei Jahre lang im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule hauptberuflich als Fahrlehrer tätig war (Nr. 4), der Bewerber erfolgreich an einem Lehrgang von mindestens 70 Unterrichtseinheiten zu 45 Minuten über Fahrschulbetriebswirtschaft teilgenommen hat (Nr. 5), der Bewerber den erforderlichen Unterrichtsraum, die erforderlichen Lehrmittel und zur Fahrausbildung in der betreffenden Fahrerlaubnisklasse bestimmten Lehrfahrzeuge zur Verfügung hat (Nr. 6). Gemäß § 22 FahrlG hat der Bewerber in dem Antrag auf Erteilung der Fahrschulerlaubnis den Namen und die Anschrift der Fahrschule mitzuteilen und anzugeben, für welche Fahrerlaubnisklasse nach § 17 Abs. 2 FahrlG die Fahrschulerlaubnis erteilt werden soll. Dem Antrag sind die Unterlagen beizufügen, welche die Erteilungsvoraussetzungen belegen, unter anderem auch die Unterlagen über die Tätigkeit als Fahrlehrer nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 FahrlG (Nr. 2). Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat die Angaben in den Unterlagen nach Abs. 1 Nr. 5 – 7 an Ort und Stelle zu prüfen und kann sich hierfür geeigneter Personen und Stellen nach Landesrecht bedienen (§ 22 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 51 Abs. 1 Satz 2 FahrlG; hier durch die Regierung der Oberpfalz nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 ZuStVerkV bzgl. der Räumlichkeiten). Die Fahrschulerlaubnis wird bei Vorliegen der Voraussetzungen schriftlich mit dem in § 26 FahrlG genannten Inhalt erteilt.
Nach § 54 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 FahrlG können die nach Landesrecht zuständigen Behörden Ausnahmen von den Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulerlaubnis nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 FahrlG genehmigen, wenn der Bewerber eine andere Tätigkeit von ausreichender Dauer nachweist, die ihm den Erwerb der für eine Fahrschulleitung nötigen Fertigkeiten und Erfahrungen ermöglicht haben kann.
2. Der Kläger hat weder bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens noch im gerichtlichen Verfahren im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der Entscheidung des Gerichts die Voraussetzung für die Erteilung der begehrten Fahrschulerlaubnis gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 4 FahrlG nachgewiesen.
Zwar ist der Kläger im Besitz einer Fahrlehrererlaubnis der Klassen A (seit 12.10.2016) und BE (seit 15.1.2016) und eine Überprüfung durch die Regierung von Oberpfalz als zuständige Behörde gemäß § 22 Abs. 3 FahrlG hat bezüglich der Räumlichkeiten und der Ausstattung der geplanten (derzeit nach Angaben des Klägers aber noch nicht betriebenen) Fahrschule keine Beanstandungen ergeben. Auch sonstige erforderliche Unterlagen gemäß § 18 Abs. 1 FahrlG wurden vorgelegt. Der Kläger konnte jedoch nicht die Voraussetzung gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 4 FahrlG, nämlich eine mindestens 2-jährige Tätigkeit als Fahrlehrer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschulerlaubnis sowie deren Hauptberuflichkeit nachweisen, auch wenn zugunsten des Klägers hier eine selbstständige Tätigkeit als Fahrlehrer (in freier Mitarbeit) auch vor dem 1. Januar 2018 anzuerkennen ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:
2.1 Erforderlich wäre der Nachweis einer hauptberuflichen Tätigkeit als Fahrlehrer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule über eine Dauer von zwei Jahren, somit 24 Monaten. Dies kann nach Ansicht der Kammer auch durch eine selbstständige Tätigkeit als Fahrlehrer (im Sinne einer freien Mitarbeit) – auch vor dem 1. Januar 2018 – erbracht werden, sofern die dem Fahrschulinhaber obliegende Anleitungs- und Überwachungspflichten gewährleistet sind (VG Sigmaringen, U.v. 9.10.2012 – 4 K 4032/11- juris).
Zwar deutet das Wort Beschäftigungsverhältnis auf eine abhängige Beschäftigung im Sinne des Sozialrechts im Rahmen eines Arbeitsvertrages mit Weisungsbefugnis des Fahrschulinhabers als Arbeitgeber hin. In der früheren Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz war das Beschäftigungsverhältnis auch in diesem Sinne definiert. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 DVFahrlG a.F. (gültig bis 22.6.2012) setzte ein Beschäftigungsverhältnis einen Arbeitsvertrag voraus, der den Inhaber der Fahrlehrererlaubnis zu einer bestimmten Ausbildungsleistung nach Weisung und unter Aufsicht des Inhabers der Fahrschulerlaubnis oder ggf. des verantwortlichen Leiters des Ausbildungsbetriebs verpflichtete. Die aktuelle Fassung der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz vom 2. Januar 2018 (BGBl. 2018, S. 2; Art. 7, gültig ab 4.1.2018) enthält nur noch den Hinweis, dass die Ausübung der Fahrlehrererlaubnis nur in Verbindung mit einer Fahrschulerlaubnis oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses zulässig ist und wiederholt damit den Gesetzestext § 1 Abs. 4 FahrlG in der zum 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Fassung. Aus den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren lässt sich entnehmen, dass zunächst – in Reaktion auf die Entscheidung des VG Sigmaringen vom 9.10.2012 – eine Beschäftigung in freier Mitarbeiterschaft ausgeschlossen werden sollte (s. § 1 Abs. 4 des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum Fahrlehrergesetz, Stand: 18.8.2016 mit Begründung, S. 76). Aus den weiteren Gesetzesmaterialien, insbesondere den Protokollen anlässlich der Beratungen und Lesungen im Bundestag (BT-Drs. 18/100937, 18/11289 und 18/11472 und 18/11706) ist jedoch erkenntlich, dass auch die Einbeziehung freier Fahrlehrer als sachgerecht angesehen wurde, insbesondere im Hinblick auf das Ziel der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Fahrschulen und der Bekämpfung des Nachwuchsmangels. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf mit der Einschränkung in § 1 Abs. 4 FahrlG bezüglich des Beschäftigungsverhältnisses wurde somit nicht Gesetz. Dies spricht dafür, dass mit Inkrafttreten des Fahrlehrergesetzes neuer Fassung (ab 1.1.2018) auch eine freie Mitarbeit anzuerkennen ist, sofern die Anleitungs- und Überwachungspflichten des Fahrschulinhabers (§§ 29, 30, 31 FahrlG) ausreichend gewährleistet sind. Ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Inhaber einer Fahrschule kann somit sowohl angestellte als auch freie Mitarbeiter (auf Honorarbasis) einer Fahrschule, die über eine Fahrlehrererlaubnis verfügen, umfassen (Dauer, Fahrlehrerrecht, 1. A. 2018, § 1 Rn. 29).
2.2 Ist seit dem 1. Januar 2018 somit auch eine freie Mitarbeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses anzuerkennen, so bleibt dies doch für die Zeit vor dem 1. Januar 2018 strittig. Eine Vereinbarung zu freier Mitarbeit, ohne Unterwerfung unter die Organisations- und Weisungsbefugnis des Fahrschulinhaber wurde teilweise nicht als Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 2 FahrlG a.F. angesehen (BayVGH, B.v.14.9.1992 – 11CE 92.2334 juris; ebenso Bayerische Innenministerium vom 9.6.2009 und die Regierung von Oberbayern (s. S. 130 und 65 der Behördenakte); BayLSG vom 11.11.2014 – L 5 R 910/12 – juris; Sächs. LSG, U.v. 23.10.2018 – L 9 KR 263/13 – juris; differenzierend BFH, U. v.17.10.1996 – V R 63/94 – juris; bzgl. des Umsatzsteuerrechts; a. A. VG Sigmaringen, U.v. 9.10.2012 – 4 K 4032/11 – juris).
Die Kammer hat hierüber noch nicht entschieden. Wie das Gericht in der mündlichen Verhandlung 19. Juni 2019 bereits zu erkennen gegeben hat, kann den überzeugenden Ausführungen des VG Sigmaringen in der Entscheidung vom 9. Oktober 2012 jedoch gefolgt werden. Das VG Sigmaringen hat in der genannten Entscheidung ausgeführt, dass ein Beschäftigungsverhältnis eines Fahrlehrers mit dem Inhaber einer Fahrschule nach § 1 Abs. 4 FahrlG a.F. kein Arbeitsverhältnis voraussetzt; vielmehr genügt auch eine Beschäftigung als „freier Mitarbeiter“, sofern die dem Fahrschulinhaber obliegende Anleitungs- und Überwachungsfunktion nach § 16 Abs. 1 und 2, § 18 Abs. 2 FahrlG a.F. gewährleistet ist. Für eine Verengung des Begriffs „Beschäftigungsverhältnis“ durch den Verordnungsgeber in § 2 Abs. 3 Satz 2 FahrlGDV a.F. fehlte es an der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Letztere Vorschrift sah in der damaligen Fassung vor, dass ein Arbeitsvertrag erforderlich ist. Die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 4 FahrlG a.F. ließ jedoch offen, ob eine selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit vereinbart wurde. Das VG Sigmaringen hat hierzu ausgeführt, dass das Erfordernis eines Arbeitsvertrages im arbeitsrechtlichen Sinne nach der Regelung und dem Schutzzweck des Fahrlehrergesetzes nicht zwingend ist. Zweck der Regelung des Fahrlehrergesetzes (§ 6 Abs. 3 a.F.) ist es, die Sicherstellung einer fundierten Ausbildung der Fahrschüler zu garantieren und dadurch Gefahren im Straßenverkehr zu minimieren. Bei Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wegen des Eingriffs in Art. 12 GG, ist es nicht erforderlich einen schriftlichen Arbeitsvertrag zur Überwachung der Fahrlehrer durch den Fahrschulinhaber zu verlangen. Die Anleitung und Überwachung der Fahrlehrer kann auch in anderer Form als durch einen schriftlichen Arbeitsvertrag im arbeitsrechtlichen Sinne sichergestellt werden, etwa durch ein Dienstverhältnis als freier Mitarbeiter. Ziel der gesetzgeberischen Intention ist es sicherzustellen, dass die Ausbildung der Fahrschüler nach der Weisung des Fahrschulinhabers erfolgt, um so eine fundierte Ausbildung zu garantieren und hierdurch die mit dem Erwerb der Fahrerlaubnis verbundenen Gefahren für die Allgemeinheit zu minimieren. Die freie Mitarbeit hindert den Fahrschulinhaber nicht, den Fahrlehrer dem Fahrlehrergesetz entsprechend anzuleiten und zu überwachen. In diesem Zusammenhang ist auch die aktive Mitarbeit des einzelnen Fahrlehrers bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen erforderlich, unabhängig von seiner Beschäftigungsform gilt dies nach § 18 Abs. 2 FahrlG a.F. (gültig bis 31.12.2017) bei der Führung der Tagesnachweise. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 FahrlG DV a. F. hat diese der Fahrlehrer neben dem Fahrschulinhaber und den Fahrschülern zu unterzeichnen und zum Zwecke der Überwachung mindestens vier Jahre aufzubewahren (VG Sigmaringen, a.a.O., Rn. 25, 26). Die Anleitungs- und Überwachungspflichten des Fahrschulinhabers sind nunmehr in §§ 29, 30, 31 und 35 Abs. 3 FahrlG (n.F.) geregelt Die Kammer folgt diesen überzeugenden Ausführungen. Es besteht kein Anlass die Zeiten als Fahrlehrer in freier Mitarbeit bei einer Fahrschule vor dem 1. Januar 2018 nicht anzuerkennen, sofern die Anleitung und Überwachungspflichten des Fahrschulinhabers gewährleistet waren. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der gesetzgeberischen Intention des Fahrlehrergesetzes, nämlich eine fundierte Ausbildung der Fahrschüler zu garantieren und damit letztlich dem Schutz der Allgemeinheit und der Sicherheit des Verkehrs zu dienen. Dies soll dadurch erreicht werden, dass sichergestellt wird, dass die Ausbildung der Fahrlehrer unter Überwachung und nach den Weisungen des Fahrschulinhabers erfolgt, um so eine fundierte Ausbildung der Fahrlehrer und damit letztlich auch der Fahrschüler zu garantieren, um auf diesem Wege die mit dem Erwerb der Fahrerlaubnis verbundenen Gefahren für die Allgemeinheit zu minimieren. Eine freie Mitarbeit hindert den Fahrschulinhaber (als Letztverantwortlichen für die Ausbildung der Fahrschüler) nicht, den in freier Mitarbeit tätigen Fahrlehrer dem Fahrlehrergesetz entsprechend anzuleiten und zu überwachen. Durch die Neufassung des Fahrlehrergesetzes zum 1. Januar 2018 hat sich diesbezüglich auch keine Änderung ergeben.
Wie bereits zuvor hat die Anleitungs- und Überwachungsfunktion des Fahrschulinhabers weiterhin zentrale Bedeutung und es darf keine selbstständige Ausübung der Fahrlehrertätigkeit ohne Anbindung an eine Fahrschule erfolgen, sondern von der Fahrlehrererlaubnis darf immer nur im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule Gebrauch gemacht werden (§ 1 Abs. 4 FahrlG bzw. § 1 Abs. 4 FahrlG a.F.). Gleiches gilt bzw. galt bei dem Betrieb von Zweigstellen (§ 27 Abs. 2 Nr. 2 FahrlG). Auch dort muss und musste gewährleistet sein, dass der Fahrschulinhaber seinen Verpflichtungen nach Anleitung und Überwachung der Fahrlehrer (§ 29 FahrlG bzw. § 16 FahrlG a.F.) nachkommen kann.
2.3 Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 – 3 und Abs. 2 FahrlG (§ 16 FahrlG a.F.) hat der Inhaber der Fahrschule oder die für die verantwortliche Leitung des Ausbildungsbetriebs bestellte Person dafür zu sorgen, dass die Ausbildung der Fahrschüler und der Fahrlehreranwärter den Anforderungen des § 12 FahrlG (gewissenhafte Ausbildung der Fahrschüler) entspricht. Der Fahrschulinhaber hat die beschäftigten Fahrlehrer gründlich in die Aufgaben einer Fahrschule einzuführen und sie bei der Ausbildung der Fahrschüler und der Fahrlehreranwärter sowie bei der Durchführung von Aufbauseminaren (§§ 2a, 4a StVG) sachgerecht anzuleiten und zu überwachen. Der Fahrschulinhaber hat ferner dafür zu sorgen, dass sich die erforderlichen Unterrichtsräume, Lehrmittel und Lehrfahrzeuge in ordnungsgemäßem Zustand befinden. Der Fahrschulinhaber hat des Weiteren dafür zu sorgen, dass die beschäftigten Fahrlehrer den Pflichten nach §§ 12 und 53 (Fortbildung) nachkommen. Weitere Pflichten des Fahrschulinhabers sind in § 30 (Anzeigepflichten), § 31 (Aufzeichnungspflichten), § 32 (Unterrichtsentgelte) und § 35 Abs. 3 (Ausbildungsfahrschulen) FahrlG geregelt.
Die Zeit von mindestens zwei Jahren unter Anleitung und Überwachung eines Fahrschulinhabers soll dem Fahrlehrer die praktische Erfahrung in der Ausbildung und in der Fahrschulorganisation vermitteln, damit er auf eine selbstständige Tätigkeit als Fahrschulinhaber vorbereitet ist. Die Fahrlehrer sollen mit dem nötigen Rüstzeug an Kenntnissen für eine mögliche Selbstständigkeit, die in der Fahrlehrerausbildung nicht vermittelt wird, ausgestattet werden (Dauer, a.a.O., § 29 Rn. 6). Der Bewerber soll, bevor er selbstständig tätig wird, Gelegenheit erhalten, ausreichende Erfahrungen im eigentlichen Ausbildungsbetrieb zu sammeln und in die wirtschaftlichen und kaufmännischen Probleme einer Fahrschule Einblick zu nehmen. In einer früheren Gesetzesbegründung zur Verlängerung der Ausbildungszeit von einem auf zwei Jahre mit dem Erfordernis der Hauptberuflichkeit wurde ausgeführt (zitiert bei Dauer, a.a.O., § 18 Rn. 11): „Die Jungfahrlehrer haben – abgesehen von der fehlenden Fähigkeit, eine Fahrschule zu leiten – erhebliche Schwierigkeiten in der Rede- und Vortragstechnik, im methodischen Aufbau des Unterrichts und in der praktischen Anleitung der Fahrschüler. Deshalb ist ihre Anleitung und Fortbildung unerlässlich. (…) Die Zeit von einem Jahr reicht im Regelfall zum Erwerb der nötigen Fertigkeiten und Erfahrungen nicht aus. (…) Der Fahrschulinhaber muss seine Angestellten bei der Ausbildung anleiten, beaufsichtigen und gewährleisten, dass Fehler und Schwächen in der Unterweisung der Fahrschüler vermieden oder beseitigt werden. Dies ist ihm erst möglich, wenn er in seinem Beruf länger als ein Jahr tätig ist.“
Die gesetzlichen Pflichten in § 29 Abs. 1 und 2 FahrlG hat der Fahrschulinhaber persönlich wahrzunehmen. Eine Delegation auf andere Personen ist nicht zulässig. Auch für Teilbereiche, z. B. für Zweigstellen, können die Pflichten aus § 29 Abs. 1, 2 und 4 FahrlG nicht delegiert werden (Dauer, a.a.O., § 29 Rn. 3). Der Fahrschulinhaber (oder die für die verantwortliche Leitung bestellte Person) müssen dafür sorgen, dass die Ausbildung der Fahrschüler den Anforderungen des § 12 FahrlG entspricht. Wenn die Ausbildung nicht durch den Fahrschulinhaber selbst, sondern durch andere Fahrlehrer erfolgt, muss der Fahrschulinhaber diese dazu anhalten, die Ausbildung der Fahrschüler an § 12 Satz 1 – 3 FahrlG auszurichten und überwachen, ob dies tatsächlich geschieht. Fahrschulinhaber und verantwortlicher Leiter müssen die beschäftigten Fahrlehrer bei der Ausbildung der Fahrschüler sachgerecht anleiten und überwachen. Sie dürfen die beschäftigten Fahrlehrer nicht ohne inhaltliche und organisatorische Vorgaben arbeiten lassen und müssen ständig kontrollieren, ob die Vorgaben eingehalten werden. Dazu bedarf es wiederkehrender stichprobenartiger Teilnahme vom Fahrschulinhaber und verantwortlichen Leiter an dem vom beschäftigten Fahrlehrer gegebenen theoretischen und praktischen Unterricht und anderer geeigneter Überwachungsmaßnahmen (Dauer, a.a.O., § 29 Rn. 7).
2.4 Erforderlich für den Nachweis der 2-jährigen Beschäftigung sind nachvollziehbare Unterlagen über die Tätigkeit als Fahrlehrer. Die Eintragung im Fahrlehrerschein allein reicht nicht (Dauer, a.a.O., § 22 Rn. 7). Erforderlich wären somit verwertbare Nachweise über eine Mindestdauer von 24 Monaten, wobei eine weitere zeitliche Differenzierung zwischen den Zeitpunkten der Erlangung der Fahrlehrererlaubnis für die Klassen A (15.1.2016) und B (12.10.2016) nicht erforderlich erscheint, da die Erfahrungen vom Betrieb einer Fahrschule unabhängig von der konkreten Fahrerlaubnisklasse gewonnen werden.
3. Dies als Maßstab zugrunde gelegt, ergibt sich im Fall des Klägers kein ausreichender Nachweis im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 4 FahrlG.
3.1 Ein ausreichender Nachweis ergab sich insbesondere nicht aus den bis zur mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2019 vorliegenden bzw. in der mündlichen Verhandlung noch vorgelegten Unterlagen.
Die vorgelegte Bescheinigung von M Fahrschule vom 19. März 2018 enthielt lediglich die Aussage, dass der Kläger hauptberuflich seit dem 15. Januar 2016 als Fahrlehrer nach § 18 Abs. 1 FahrlG beschäftigt sei, ohne nähere Hinweise in welcher Form und in welchem konkreten Umfang dies geschieht. Auch im Fahrlehrerschein, ausgestellt durch das Regierungspräsidium Darmstadt am 14. Oktober 2016, ist der Beginn der Beschäftigung bei M Fahrschule Frankfurt ab dem 15. Januar 2016 bescheinigt. Dies ist jedoch nicht ausreichend, sondern es bedarf nachvollziehbarer und aussagekräftiger Unterlagen über die tatsächliche Tätigkeit.
Neben seiner Fahrlehrertätigkeit in freier Mitarbeit (ohne Arbeitsvertrag) für M Fahrschule als Fahrlehrer übte der Kläger nach seinen Angaben eine Geschäftsführertätigkeit im Umfang von 12 Stunden pro Woche für die Firma „H Zweiradshop GmbH“ (H – Prokuristin seine Tochter Vivienne F.) aus („überwachende Tätigkeit“). Vorgelegt wurden Rechnungen der Firma H GmbH an M Fahrschule für den Zeitraum März bis Juni 2018 („exemplarisch“), aus denen sich überwiegend praktische Fahrlehrertätigkeit ergab. Des Weiteren wurden Tagesnachweise über Fahrlehrerstunden im Zeitraum Januar bis März 2018 vorgelegt, die jedoch unzureichend ausgefüllt waren. Es fehlten in der überwiegenden Zahl erforderliche Unterschriften (teils der Fahrschüler, teils des Fahrschulinhabers).
Dass es sich bei den vorgelegten Tagesnachweisen um alte Formulare handelte, sieht das Gericht nicht als entscheidend an. Der Kläger hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, es gebe seit 1. Januar 2018 keine Tagesnachweise mehr, die vom Fahrschüler und dem Fahrschulinhaber unterschrieben werden müssten. Bei ihm in der Fahrschule laufe dies mittlerweile über ein Handyprogramm. Am Ende des Tages würden die dort vermerkten Angaben auf den PC überspielt und im Rahmen der Abschlussrechnungen in der Fahrschule ausgedruckt und gegengezeichnet.
Nach § 31 FahrlG (zuvor § 18 Abs. 2 FahrlG a. F.) hat der Inhaber der Fahrschule oder die in den Fällen des § 18 Abs. 2, § 28 Abs. 2, § 33 Abs. 1 Satz 3 und § 33 Abs. 4 FahrlG für die verantwortliche Leitung des Ausbildungsbetriebs bestellte Person nach Maßgabe der Sätze 2, 3 und 4 Aufzeichnungen über die Ausbildung zu führen. Die Aufzeichnungen müssen für jeden Fahrschüler Art, Inhalt, Umfang und Dauer der theoretischen und praktischen Ausbildung, den Namen der den Unterricht erteilten Fahrlehrer und eine bestehende Kooperation erkennen lassen, damit eine wirksame Überwachung der Ausbildung sichergestellt ist. Die Aufzeichnungen sind von dem Fahrschulinhaber oder der für die verantwortliche Leitung des Ausbildungsbetriebs bestellten Person zu unterzeichnen und dem Fahrschüler nach Abschluss der Ausbildung zur Unterschrift vorzulegen. Die Unterzeichnung durch den Fahrschulinhaber oder die für die verantwortliche Leitung des Ausbildungsbetriebs bestellte Person kann auch elektronisch erfolgen. Nach § 31 Abs. 3 FahrlG sind die Aufzeichnungen nach Ablauf des Jahres, in welchem der Unterricht abgeschlossen worden ist, fünf Jahre lang (zuvor vier Jahre) aufzubewahren und der nach Landesrecht zuständigen Stelle oder den von ihr beauftragten Personen oder Stellen auf Verlangen zur Prüfung vorzulegen.
Zweck der Aufzeichnungspflichten ist die wirksame Überwachung der Ausbildung und deren Sicherstellung, somit letztlich die Sicherheit des Straßenverkehrs. Die Vorschrift des § 31 FahrlG gilt auch beim Betrieb von Zweigstellen. Nähere Ausführungen zum Gegenstand der Aufzeichnungen enthält § 6 Abs. 1 FahrlGDV, Anlage 3 (Ausbildung der Fahrschüler in theoretischem und praktischem Unterrichts in Minuten).
Zwar hat der Kläger zutreffender Weise darauf hingewiesen, dass das gesetzliche Erfordernis der Tagesnachweise in der vom Kläger vorgelegten Form nur bis Ende 2017 galt. Seit dem 1. Januar 2018 sind gemäß § 31 FahrlG die Formulare nach Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 FahrlGDV zu führen. Die Fortführung der Tagesnachweise auf freiwilliger Basis ist jedoch möglich, z. B. als Arbeitszeitnachweis (Dauer, a.a.O., § 31 Rn. 3). Der Kläger hat hier auch nach dem 31. Dezember 2017 weiterhin Tagesnachweise verwendet und diese zum Nachweis seiner Fahrlehrertätigkeit bei M Fahrschule vorgelegt. Es muss deshalb erwartet werden, dass diese ordnungsgemäß entsprechend der zugrundliegenden Regelungen ausgefüllt sind. Der Kläger hat auf den Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2019, dass er offenbar seit dem 1. Januar 2018 noch Tagesnachweise geführt hat, erklärt, dass der Inhaber von M Fahrschule damals die neue Form des Fahrlehrerwesens „nicht so recht mitbekommen“ habe. Sie seien damals etwas „führungslos“ gewesen. Deshalb habe er die Tagesnachweise noch geführt und habe mal unterschreiben lassen und mal nicht. Damit kann der Kläger jedoch keinen zuverlässigen Nachweis seiner Arbeitstätigkeit führen, zumal es sich nicht nur um vereinzelte Versäumnisse handelt. Auch wurde der Kläger bereits darauf hingewiesen, dass Abrechnungen über die Firma „H Zweiradshop GmbH“ nicht anzuerkennen sind, auch wenn dies – wie vom Kläger dargestellt – lediglich aus „steuerlichen Gründen“ erfolgt ist. Wenn der Kläger, wie von ihm angegeben, als selbstständiger Fahrlehrer in freier Mitarbeit für M Fahrschule tätig war, so hätte er zum Nachweis seiner Tätigkeit Rechnungen unter eigenem Namen vorlegen müssen. Die in der mündlichen Verhandlung vom Kläger weiter vorgelegten Nachweise über theoretischen und praktischen Unterricht (Rechnungen der Firma H Zweiradshop GmbH vom 1.3.2016 bis 30.3.2018 sowie vom 20.3.2019) über theoretischen und praktischen Unterricht durch den Kläger waren deshalb ebenfalls nicht geeignet, einen ausreichenden Nachweis zu erbringen. Geschäftszweck der Firma H Zweiradshop GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger ist, ist es – wie vom Kläger angegeben – Motorräder zu verkaufen; auch eine Werkstatt wird betrieben. Es handelt sich somit bei der H GmbH um eine eigenständige juristische Person, für die der Kläger nicht als Fahrlehrer tätig sein kann. Abrechnungen der H GmbH über geleistete Fahrlehrertätigkeiten gegenüber M Fahrschule sind deshalb nicht anzuerkennen, sodass es auf die Frage, ob diese nachvollziehbar sind, bereits nicht mehr ankommt. Auch im Zusammenhang mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Computerausdrucken über geleistete Fahrlehrertätigkeit des Klägers (Prüfungen im Zeitraum 30.7.2018 bis 7.3.2019; Theorieunterricht vom 14.6.2018 bis 10.1.2019 und Fahrstunden vom 8.6.2018 bis 30.3.2019) kann die erforderliche Fahrlehrertätigkeit nicht nachgewiesen werden. Zutreffend weist das Landratsamt darauf hin, dass eine zweifelfreie Zuordnung der vorgelegten Einzelaufstellungen zu den Rechnungen der H GmbH (insbesondere für die Rechnungen der H GmbH vom 1.3.2016 bis 5.3.2018) nicht möglich ist. Auch umfassen die Einzelaufstellungen, die im Übrigen keinerlei Unterschriften enthalten, nicht den erforderlichen Zeitraum von 24 Monaten.
3.2 Auch die nach Durchführung der mündlichen Verhandlung nunmehr mit Schriftsatz vom 16. Juli 2019 vorgelegten weiteren Unterlagen sind nicht geeignet, eine 2-jährige hauptberufliche Fahrlehrertätigkeit bei M Fahrschule nachzuweisen.
Der Kläger hat hierzu Tagesnachweise für die Zeiträume 01/16 – 12/16 und 01/17 – 12/17 sowie Stundenaufstellungen für die Zeiträume 01/18 – 12/18 und 01/19 – 3/19 vorlegen lassen und im Schriftsatz vom 16. Juli 2019 seine Tätigkeit – aufgeteilt nach praktischen Unterricht, theoretischen Unterricht und Gesamtstunden („Total“) pro Monat – im Zeitraum Januar/2016 – März/2019 dargestellt. Auf die Aufstellung S. 1 und 2 des Schriftsatzes vom 16. Juli 2019 wird diesbezüglich verwiesen. Zwar liegen damit Nachweise über einen ausreichend langen Zeitraum vor, jedoch fehlt es in einer Mehrzahl von Monaten (siehe hierzu unten) bezüglich der abgeleisteten Stundenzahl am Kriterium der Hauptberuflichkeit und die seit 1. Juni 2018 in „inoffizieller“ Leitung der Filiale Fe … geleisteten Stunden können mangels ausreichender Anleitung und Überwachung durch den Fahrschulinhaber nicht anerkannt werden, so dass im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt lediglich 15 Monate hauptberuflicher Tätigkeit als Fahrlehrer in freier Mitarbeit für M Fahrschule dem Grunde nach berücksichtigungsfähig wären, nämlich die Monate August bis September 2016, November 2016 bis März 2017 sowie Oktober 2017 bis Mai 2018. Im Einzelnen:
Die nach der vorgelegten Aufstellung geleistete Fahrlehrertätigkeit des Klägers erfüllt in den Monaten Januar bis Juli 2016, Oktober 2016, April 2017 bis September 2017 bereits nicht das Kriterium der Hauptberuflichkeit.
Zwar ist strittig, ob für das Kriterium der Hauptberuflichkeit auf die individuellen Verhältnisse des Betroffenen oder auf objektive Kriterien abzustellen ist. Aus dem Begriff „hauptberuflich“ ist in jeden Fall zu schließen, dass eine nur nebenberufliche Tätigkeit in der Regel nicht als ausreichend anzusehen ist, um dem künftigen Fahrschulinhaber die Kenntnisse zu vermitteln, die von ihm im Interesse der Verkehrssicherheit verlangt werden müssen. Erforderlich ist somit, dass der Betroffene mehr als 50% der üblichen Arbeitszeit als Fahrlehrer in einer privaten Fahrschule gearbeitet haben muss (VG Kassel, U.v. 7.10.1996 – 7 E 791/95 (3) – juris; Dauer, a.a.O., § 18 Rn. 14). Dem ist zu folgen, da es um ausreichende Erfahrung im Fahrschulbetrieb geht. Die übliche Arbeitszeit in Deutschland beträgt derzeit zwischen 37,5 Stunden bis 40 Stunden pro Woche, teilweise wird in bestimmten Tarifbereichen (z. B. der IG Metall) bereits eine 35 Stundenwoche vereinbart. Die übliche Wochenarbeitszeit in Stunden würde sich demnach wie folgt errechnen: 52 Wochen/Jahr geteilt durch 12 Monate/Jahr = 4,333 Wochen/pro Monat bzw. 4,35 Wochen pro Monat (bei Berücksichtigung der Schaltjahre, s. die Lohnsteuerrichtlinien). Bei Berücksichtigung dieses Faktors (4,35) würden sich bei Zugrundelegung einer 40-, 37,5- bzw. 35-Stundenwoche Arbeitszeiten pro Monat in Höhe von 174 Stunden/Monat (40 × 4,35), 163,13 Stunden/Monat (37,5 x 4,35) bzw. 152,25 Stunden/Monat ergeben; hiervon die Hälfte genommen, ergäben sich 87 Stunden/Monat, 81,6 Stunden/Monat bzw. 76,13 Stunden/Monat (die Aufteilung dieser Mindestarbeitszeiten pro Monat auf die Wochentage erscheint von untergeordneter Bedeutung). Selbst wenn vorliegend zugunsten des Klägers und ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei noch um die übliche Arbeitszeit handelt, von lediglich erforderlichen 76,13 Stunden pro Monat ausgegangen wird, ist festzustellen, dass der Kläger nicht die erforderliche Anzahl von Monaten mit entsprechendem Tätigkeitsumfang nachgewiesen hat. Die erbrachten Arbeitsleistungen in den Monaten Januar bis Juli 2016 und April bis September 2017 lagen weit unterhalb der erforderlichen Stundenzahl, selbst wenn man – wie vom Kläger vorgebracht – noch eine halbe Stunde pro Woche an Teambesprechung, zwei Stunden Telefondienst monatlich bis Anfang 2018 sowie 15 Minuten Fahrzeugreinigung pro Woche hinzuzählen würde. Dass der Kläger in den Monaten März und April 2016 einen Lehrgang im Umfang von 252 Stunden sowie einen weiteren Lehrgang im Umfang von 36 Stundenlehrgang sowie im Oktober 2016 weitere Stunden für die Prüfung zum Erwerb der Fahrlehrererlaubnis der Fahrlehrererlaubnis der Klasse A aufgewendet hat, kann ihm nicht als Arbeitszeit angerechnet werden. Die Lehrgänge und die Prüfung zum Erwerb der Fahrlehrererlaubnis der Klasse A erfolgen extern und werden somit nicht im Organisationsbereich der Fahrschule verbracht. Sofern der Kläger weiterhin einwendet, dass er – zumindest zu Beginn seiner Fahrlehrertätigkeit im Jahr 2016 – für die Vorbereitung einer 90-minütigen Theoriestunde eine Vorbereitungszeit von 2 – 3 Stunden benötigt habe, kann ihm dies nicht als relevante Arbeitszeit angerechnet werden, da es Sache des Klägers als Fahrlehrer in freier Mitarbeit der Fahrschule ist, diese Vorbereitung in eigener Zuständigkeit zu absolvieren. Dass diese Vorbereitungszeit in der vorliegenden Konstellation als Arbeitszeit durch die Fahrschule anerkannt worden wäre, kann nicht angenommen werden, auch besteht diesbezüglich kein Nachweis. Gleiches gilt bezüglich des Einwandes des Klägers, dass eine Zeiteinheit von 45 Minuten eine tatsächliche Arbeitszeit von 50 – 60 Minuten bedeuten würde. Auch diesbezüglich ist davon auszugehen, dass es alleinige Sache des Klägers als freier Mitarbeiter ist, wie er sich auf abgerechnete Stunden vorbereitet bzw. diese nachbereitet. Es ist weder ersichtlich noch nachgewiesen, dass die von ihm geltend gemachten „Annexarbeiten“ seitens der Fahrschule berücksichtigt und bezahlt wurden. Selbst wenn man zugunsten des Klägers auch die Monate Oktober bis Dezember 2017 anerkennt, in denen der Kläger nach seinen Angaben 69, 73 und 73 Arbeitsstunden – somit weniger als die erforderlichen 76 Stunden – erbracht hat, kann er letztlich die erforderlichen 24 Monate hauptberuflicher Tätigkeit nicht nachweisen, da in jedem Fall die Monate April bis September 2017 nicht anerkannt werden können. Es kann hierbei dahingestellt bleiben, ob eine vereinzelte monatliche „Lücke“ bezüglich der erforderlichen Arbeitszeit (wie z.B. im Oktober 2016 mit 24 Stunden) unberücksichtigt bleiben kann. In jeden Fall kann eine größere Lücke, die wie hier sechs Monate umfasst, nicht unberücksichtigt bleiben, da hierdurch der Ausbildungszusammenhang unterbrochen wird.
Des Weiteren können die ab Juni 2018 in der Filiale Fe … erbrachten Arbeitsstunden nicht anerkannt werden, da jedenfalls hier zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr die erforderliche Anleitung und Überwachung durch den Fahrschulinhaber gegeben war. Der Kläger hat zu seiner Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er leite seit 1. Juni 2018 „inoffiziell“ die Filiale Fe …, eine Zweigstelle von M Fahrschule, und habe dort auch einen angestellten Fahrlehrer in Ausbildung. M Fahrschule betreibe auch in seinem Motorradladen in F … eine Zweigstelle. Der Unterricht werde dort von ihm, dem Kläger, gehalten. Die Motorradausbildung laufe bei ihm in Fechenheim. Der Kläger übergab die oben bereits erwähnten Unterlagen (17 Seiten) über Prüfungen, theoretischen und praktischen Unterricht, den er in den Jahren 2018 und 2019 in der Filiale Fe … geleistet hat. Er erklärte hierzu, die Ausbildungsverträge mit den Fahrschülern würden im Rahmen von M Fahrschule geschlossen. Am Ende des Monats rechne er mit M Fahrschule ab. Hierzu übergab der Kläger Rechnungen der H Zweiradshop GmbH. Der Kläger führte weiter aus, er sei weiterhin Geschäftsführer für H Zweiradshop GmbH. Der in der Rechnung aufgeführte Fahrlehrer Simon J. sei Fahrlehreranwärter und gleichzeitig angestellt bei der H GmbH. Er sei in Ausbildung bei M Fahrschule aber dennoch bei der GmbH beschäftigt. Er, der Kläger, habe eine schriftliche vertragliche Regelung mit dem Inhaber von M Fahrschule. Inhalt sei, dass er, der Kläger, als freier Mitarbeiter als Fahrlehrer tätig sei und die Filiale in Fe … leite. Im Gegenzug dafür gebe es einen Mietvertrag zwischen der H GmbH und M Fahrschule für den symbolischen Wert von 1,00 EUR über die Räumlichkeiten in H Zweiradshop GmbH. Auf Frage nach der Anleitung und Überwachungsfunktion durch M Fahrschule erklärte der Kläger, wie bereits geschildert, übermittle er die Abrechnungen an M Fahrschule. Eine persönliche Überwachung im eigentlichen Sinne findet nicht statt. Er sei durch M Fahrschule als Fahrlehrer ausgebildet worden und leiste seine praktische und theoretische Tätigkeit in diesem Sinne ab. Die Qualitätssicherung erachte er durch seine Fahrlehrerausbildung als gegeben.
Aus diesen Ausführungen ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass sich die Verbindung zwischen dem Kläger und dem Fahrschulinhaber von M Fahrschule auf eine „buchhalterische Verbindung“ beschränkt und keine tatsächliche Anleitung und Überwachung des Klägers im oben dargestellten Sinne erfolgt. Da die Anleitung und Überwachung durch den Fahrschulinhaber – wie oben dargestellt – ein wesentlicher Bestandteil der 2-jährigen Beschäftigung eines (selbstständigen) Fahrlehrers zur Erlangung der Voraussetzungen für die Fahrschulerlaubnis ist, sind Zeiten, in denen dies nicht gewährleistet ist, auch nicht als Beschäftigungszeiten im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 4 FahrlG geeignet. Der Einwand des Klägers, er habe die Fahrlehrererlaubnis bei M Fahrschule erworben und „mache alles so, wie er es dort gelernt habe“, wodurch er die Qualitätssicherung als gegeben erachte, ersetzt nicht seine Anleitung und Überwachung im o.g. Sinn. Der Erwerb der Fahrlehrererlaubnis und der Erwerb der Fahrschulerlaubnis sind grundsätzlich zwei verschiedene gesetzlich geregelte Sachverhalte. Auch wenn der Kläger die Unterrichtsgestaltung meint so vorzunehmen, wie er es in M Fahrschule gelernt hat (und Rede- und Vortragstechnik möglicherweise auch schon in der Fahrlehrerausbildung gelehrt wurde), so ist doch erfahrungsgemäß die entsprechende Umsetzung gelernter Inhalte in der Praxis nicht von vornherein ohne weiteres gewährleistet und/oder es ist nicht auszuschließen, dass sich im Laufe der Zeit Fehler einschleichen, die mangels Anleitung und Überwachung vom Kläger gar nicht bemerkt werden.
Somit sind selbst bei Zugrundelegung der klägerischen Aufzeichnungen – wie oben dargestellt – die erforderlichen Tätigkeitsstunden für eine hauptberufliche Beschäftigung nicht im erforderlichen Umfang erbracht. Der Anregung zur Einvernahme von Zeugen, insbesondere des Fahrschulinhabers von M Fahrschule, musste vorliegend nicht nachgegangen werden. Es ist Sache des Klägers den Nachweis über die 2-jährige hauptberufliche Tätigkeit zu führen und nicht Aufgabe des Gerichts, im Wege der Zeugeneinvernahme noch erforderlichen Tätigkeitsstunden aufzufinden, insbesondere wenn der Kläger nur unzureichende Aufzeichnungen führt. Auch erscheint nicht plausibel, wie der Fahrschulinhaber die Durchführung weiterer Fahrlehrertätigkeit bezeugen will, wenn er selbst seinen Überwachungspflichten nur unzureichend nachgekommen ist.
Da die Zeiten ab dem 1. Juni 2018 – wie dargestellt – nicht anerkannt werden können, kann dahingestellt bleiben, inwieweit eine Anleitung und Überwachung des Klägers durch den Fahrschulinhaber auch in dessen Zweigstelle in den Räumlichkeiten der H GmbH erfolgt bzw. erfolgt ist. Zwar lassen die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach der theoretische Unterricht dort durch ihn erfolgt und die praktische Motorradausbildung bei ihm in Fechenheim laufe, darauf schließen, dass auch dort keine ausreichende Anleitung und Überwachung stattfindet. Die einschlägigen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung bezogen sich jedoch ausdrücklich nur auf seine Tätigkeit in der Filiale Fechenheim seit dem 1. Juni 2018. Die Tätigkeiten in der Zweigstelle in den Räumlichkeiten der HSZ GmbH, die frühestens seit April 2018 betrieben werden konnte (siehe S. 125, 147 und 160 der beigezogenen Akte des Regierungspräsidiums Darmstadt) wäre deshalb grundsätzlich zugunsten des Klägers anzuerkennen. Diesbezüglich hat der Kläger allerdings lediglich wenige Monate „exemplarisch“ belegt, die wegen oben genannter Mängel auch nicht verwertbar waren.
Somit ist festzustellen, dass der Kläger auch bei großzügiger Fassung der Maßstäbe (vgl. oben) im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt lediglich für 15 Monate eine Tätigkeit als Fahrlehrer in freier Mitarbeit für M Fahrschule darstellen konnte, die die Anforderungen der Hauptberuflichkeit erfüllten, nämlich in den Monaten August bis September 2016, November 2016 bis März 2017 sowie Oktober 2017 bis Mai 2018. Die Voraussetzung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 FahrlG war deshalb bereits nicht gegeben. Auf die Frage, inwieweit vor Juni 2018 geleistete Stunden noch anzuerkennen sind und ob die vorgelegten Tagesnachweise (teilweise ohne erforderliche Unterschriften) und Stundenaufstellungen (teilweise mit umfangreichen handschriftlichen Ergänzungen) verwertbar sind (siehe hierzu die Ausführungen des Landratsamts im Schriftsatz vom 6.8.2019 bzgl. doppelt aufgeführter Übungsstunden und mit zeitlicher Überschneidung durchgeführte Übungsstunden bezüglich unterschiedlicher Fahrschüler) kam es deshalb bereits nicht mehr an; ebenso nicht auf die Frage in welchem Verhältnis theoretischer und praktischer Unterricht stehen müssen (eine gesetzliche Regelung besteht insoweit nicht). Ohne dass es rechtlich darauf noch ankommt, erscheint die Verwertbarkeit der vorliegenden Aufzeichnungen aufgrund der dargestellten Unstimmigkeiten und der Mängel der vorgelegten Tagesnachweise (fehlende Unterschriften) jedoch infrage gestellt.
4. Auch eine Ausnahmeregelung nach § 54 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 FahrlG kommt vorliegend nicht in Betracht. Das Landratsamt hat die Erteilung der Fahrschulerlaubnis im Ausnahmewege zunächst mangels eines entsprechenden Antrags nicht geprüft. Eine explizite Antragstellung sieht die gesetzliche Regelung allerdings nicht vor. Im Rahmen der Klageerwiderung (Schriftsatz vom 28.3.2019) wurde das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung jedoch geprüft und mit ausführlicher Begründung abgelehnt. Zutreffend wird dort ausgeführt, dass eine restriktive Handhabung der Ausnahmeregelungen geboten ist. Die Ausnahmeregelung in § 54 FahrlG ist nicht dazu gedacht nicht nachgewiesene Ausbildungszeiten zu ersetzen und damit diese Voraussetzungen zu umgehen, sondern diese Regelung hat Bewerber mit langjähriger (regulärer) Berufstätigkeit als Fahrlehrer (wie z. B. bei der Bundeswehr oder der Feuerwehr) im Blick. Unter eine solche Berufsgruppe fällt der Kläger nicht und – wie oben dargestellt – hat er auch den erforderlichen Umfang der Fahrlehrertätigkeit nicht nachweisen können.
Die Klage konnte daher zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt keinen Erfolg haben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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