Arbeitsrecht

Feiertagszuschläge für Ostersonntag und Pfingstsonntag – Tarifauslegung – Brot- und Backwarenindustrie

Aktenzeichen  10 AZR 130/19

Datum:
24.2.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2021:240221.U.10AZR130.19.0
Normen:
§ 286 BGB
§ 288 BGB
§ 3b Abs 1 Nr 3 EStG
§ 3b Abs 2 S 4 EStG
§ 256 Abs 1 ZPO
§ 1 Abs 1 S 1 Nr 1 SvEV
§ 2 Abs 1 FeiertG NW
§ 1 TVG
§ 9 ArbZG
Spruchkörper:
10. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Duisburg, 21. August 2018, Az: 2 Ca 594/18, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 22. Februar 2019, Az: 6 Sa 996/18, Urteil

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Februar 2019 – 6 Sa 996/18 – wird zurückgewiesen.
2. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Februar 2019 – 6 Sa 996/18 – wird zur Klarstellung teilweise neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als restliche Feiertagsvergütung für den Ostersonntag am 16. April 2017 141,28 Euro sowie weitere 141,28 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2017 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Höhe von Zuschlägen für Arbeit am Ostersonntag und Pfingstsonntag.
2
Der Kläger ist bei der Beklagten beschäftigt, die ein Unternehmen der Backwarenindustrie betreibt. Für das Arbeitsverhältnis gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der zwischen dem Verband Deutscher Großbäckereien e. V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten geschlossene Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben und Betriebsabteilungen der Brot- und Backwarenindustrie, in den Betrieben der Großbäckereien und in den Betrieben des Brot- und Backwarenvertriebes Nordrhein-Westfalen vom 22. März 1989 idF vom 5. Mai 2000 (MTV). § 4 MTV regelt für Sonderformen der Arbeit:
        
„Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit
        
a) Begriffsbestimmung
        
1.    
Mehrarbeit ist jede über die regelmäßige – sich aus der tarifvertraglichen Arbeitszeit ergebende – tägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeit.
        
        
Muss von dieser Regelung in unvorhergesehenen Fällen abgewichen werden, ist ein Arbeitszeitausgleich innerhalb der nächsten 6 Werktage bis zu 9 Stunden täglich zuschlagfrei möglich.
        
2.    
Für das Fahrpersonal/Arbeitnehmer im Außendienst ist die über die wöchentliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeit bis zu 5 Wochenstunden mehrarbeitszuschlagfrei und danach mehrarbeitszuschlagpflichtig gemäß § 4 b) Ziffer 1 a). Wird Provision gezahlt, so wird damit Mehrarbeit abgegolten, wenn die Provision ihrer Höhe nach mindestens der tariflichen Mehrarbeitsvergütung entspricht. Die Abgeltung gilt jeweils für die laufende Entgeltzahlungsperiode.
        
        
Für Fahrer im Werkverkehr, die im Zeitlohn beschäftigt werden, gilt diese Regelung nicht.
        
3.    
Nachtarbeit ist die in der Zeit von 21.00 bis 4.00 Uhr geleistete Arbeit.
        
4.    
Sonn- und Feiertagsarbeit ist die an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen in der Zeit von 0.00 bis 24.00 Uhr geleistete Arbeit.
        
…       
        
        
b) Zuschläge
        
1.    
Für Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit sind folgende Zuschläge zu zahlen:
        
        
a)    
für angeordnete Mehrarbeit
25 %   
1¼faches Entgelt je Stunde
        
        
b)    
Nachtarbeit
50 %   
1½faches Entgelt je Stunde
        
        
c)    
Arbeit an Sonntagen unter 3 Stunden
75 %   
1¾faches Entgelt je Stunde
        
        
        
bei mehr als 3 Stunden für alle Stunden
50 %   
1½faches Entgelt je Stunde
        
        
d)    
Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen
150 % 
2½faches Entgelt je Stunde
        
        
e)    
Arbeit an hohen Feiertagen (Neujahr, Ostern, 1. Mai, Pfingsten und Weihnachten)
200 % 
3faches Entgelt je Stunde
        
2.    
Die Zuschläge werden von dem tatsächlichen Stundenverdienst berechnet.
        
…“    
        
3
Der nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht in Kraft getretene Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben und Betriebsabteilungen der Brot- und Backwarenindustrie, in den Betrieben der Großbäckereien und in den Betrieben des Brot- und Backwarenvertriebes Nordrhein-Westfalen vom 2. Januar 2020 enthält in § 4 wortgleiche Regelungen.
4
Bis einschließlich 2016 zahlte die Beklagte an ihre Arbeitnehmer für Arbeit am Ostersonntag und Pfingstsonntag einen Zuschlag in Höhe von 200 %. Am 16. April 2017 (Ostersonntag) arbeitete der Kläger 7,67 Stunden. Die Beklagte zahlte dafür einen Zuschlag von 50 %.
5
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe für Arbeit am Ostersonntag und Pfingstsonntag nach § 4 Abschn. b Nr. 1 Buchst. e MTV Anspruch auf Feiertagszuschläge in Höhe von jeweils 200 % der Grundvergütung. Es handle sich dabei um sog. hohe Feiertage iSd. Tarifvertrags.
6
Der Kläger hat beantragt,
        
1.    
die Beklagte zu verurteilen, an ihn als restliche Feiertagsvergütung für den Ostersonntag am 16. April 2017 141,28 Euro netto zuzüglich 141,28 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2017 zu zahlen;
        
2.    
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, seine Arbeit an Oster- und Pfingstsonntagen eines jeden Jahres mit einem Zuschlag von 200 % gemäß § 4 Abschn. b Nr. 1 Buchst. e „Arbeit an hohen Feiertagen“ des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben und Betriebsabteilungen der Brot- und Backwarenindustrie, in den Betrieben der Großbäckereien und in den Betrieben des Brot- und Backwarenvertriebes des Landes Nordrhein-Westfalen zu bezahlen.
7
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, für Arbeit am Ostersonntag und Pfingstsonntag schulde sie lediglich einen Sonntagszuschlag, jedoch keinen Feiertagszuschlag. Es handle sich nicht um gesetzliche Feiertage. Sie habe bis einschließlich 2016 irrtümlich höhere Zuschläge gezahlt.
8
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts wiederhergestellt wissen.


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