Aktenzeichen 22 C 18.583, 22 C 18.667
RL 2011/92/EU Art. 11 Abs. 4 S. 2
Leitsatz
1 Die Gegenstandswertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG erfolgt auch dann für jede Instanz gesondert, wenn der Rechtsanwalt in mehreren Rechtszügen tätig geworden ist; eine Wertfestsetzung durch das Rechtsmittelgericht zugleich für die Vorinstanzen scheidet im Anwendungsbereich dieser Vorschrift aus. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2 Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG stellt grundsätzlich jedes Beschwerdeverfahren, das in Angelegenheiten anhängig gemacht wird, in denen sich die Gebühren nach dem Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz richten, eine vergütungsrechtliche selbständige „besondere Angelegenheit“ dar, auch wenn mehrere Beteiligte ein solches Rechtsmittel gegen ein und dieselbe gerichtliche Entscheidung innerhalb sich überlappender Zeiträume anhängig machen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3 Zur Bestimmung des Gegenstandswerts von Vollstreckungsverfahren, die der Durchsetzung von Gerichtsentscheidungen dienen, durch die der öffentlichen Gewalt die Fortschreibung eines Luftreinhalteplans mit einem bestimmten Mindestinhalt aufgegeben wurde, ist der Maßstab des § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG ungeeignet; vielmehr ist § 23 Abs. 3 S. 2 RVG heranzuziehen. (Rn. 13 – 15) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 19 X 17.5464 2018-01-29 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
Die Gegenstandwerte der unter den Aktenzeichen 22 C 18.583 und 22 C 18.667 geführten Beschwerden des Vollstreckungsschuldners gegen die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 29. Januar 2018 (M 19 X 17.5464 und M 19 X 18.130) werden unter Ablehnung des Antrags im Übrigen auf jeweils 4.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Durch Beschluss vom 29. Januar 2018 (M 19 X 17.5464) lehnte das Verwaltungsgericht München das Begehren des Vollstreckungsgläubigers ab, den Vollstreckungsschuldner zur Erfüllung der ihm in der Nummer II.2 des Tenors des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 (22 C 16.1427 – NVwZ 2017, 894) auferlegten Verpflichtung durch Zwangshaft, zu vollziehen an der damaligen Bayerischen Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, hilfsweise durch Festsetzung eines Zwangsgelds von bis zu 25.000 Euro, weiter hilfsweise durch erneute Festsetzung des bereits angedrohten Zwangsgelds von 4.000 Euro, anzuhalten. Stattgegeben hat das Verwaltungsgericht in jenem Beschluss lediglich dem außerdem gestellten Hilfsantrag des Vollstreckungsgläubigers, dem Vollstreckungsschuldner ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro anzudrohen.
Die gegen den letztgenannten Ausspruch eingelegte, hier unter dem Aktenzeichen 22 C 18.583 geführte Beschwerde des Vollstreckungsschuldners hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 14. August 2018 zurückgewiesen. Die gegen den Beschluss vom 29. Januar 2018 (M 19 X 17.5464) außerdem eingelegte Beschwerde des Vollstreckungsgläubigers, mit der er sich gegen die Ablehnung des Hauptantrags und der vorrangigen Hilfsanträge wendet, trennte der Verwaltungsgerichtshof am 14. August 2018 vom Verfahren 22 C 18.583 ab; über dieses Rechtsmittel, das seither das Aktenzeichen 22 C 18.1718 trägt, wurde noch nicht entschieden.
Durch einen weiteren Beschluss vom 29. Januar 2018 (M 19 X 18.130) setzte das Verwaltungsgericht auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers das dem Vollstreckungsschuldner in der Nummer II.3 des Tenors des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 (22 C 16.1427 – NVwZ 2017, 894) angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro fest. Die hiergegen eingelegte, unter dem Aktenzeichen 22 C 18.667 geführte Beschwerde des Vollstreckungsschuldners verband der Verwaltungsgerichtshof mit dem Verfahren 22 C 18.583 und wies auch dieses Rechtsmittel durch Beschluss vom 14. August 2018 zurück.
Die Bevollmächtigten des Vollstreckungsgläubigers beantragen,
den Streitwert für die beiden Beschwerdeverfahren für jeweils beide Rechtszüge auf jeweils 30.000 Euro festzusetzen.
Die übrigen Beteiligten hatten Gelegenheit, sich hierzu sowie zu einer Übertragung der Entscheidungszuständigkeit auf den Senat zu äußern.
II.
1. Der Antrag ist bei sachgerechter Würdigung des damit verfolgten Anliegens (§ 88 VwGO analog) als auf die Festsetzung von Gegenstandswerten (§ 33 Abs. 1 RVG) gerichtet zu verstehen. Denn da nach den Nummern 5301 bzw. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz weder aus Anlass von Anträgen, die auf die Vornahme verwaltungsgerichtlicher Vollstreckungshandlungen nach § 172 VwGO abzielen, noch in sich hierauf beziehenden Beschwerdeverfahren streitwertabhängige Gerichtskostentatbestände verwirklicht werden, bedurfte es vorliegend gemäß § 63 GKG keiner Streitwertfestsetzung. Dem in das Anhörungsschreiben vom 5. September 2018 aufgenommenen Hinweis, dass der Verwaltungsgerichtshof den Antrag vom 31. August 2018 in vorbezeichnetem Sinn versteht, hat kein Beteiligter widersprochen.
2. Über den Antrag hat wegen des vom Berichterstatter am 18. Oktober 2018 gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG erlassenen Übertragungsbeschlusses der Senat zu befinden.
3. Der Antrag ist nur insoweit zulässig, als er sich auf die Gegenstandswerte der Beschwerdeverfahren 22 C 18.583 und 22 C 18.667 bezieht. Soweit der Vollstreckungsgläubiger auch eine Festsetzung der Gegenstandswerte der erstinstanzlichen Verfahren M 19 X 17.5464 und M 19 X 18.130 erstrebt, ist der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung hierüber sachlich unzuständig. Durch die in § 33 Abs. 1 RVG aufgenommene Wendung, dass „das Gericht des Rechtszugs“ den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit festsetzt, hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Gegenstandswertfestsetzung auch dann für jede Instanz gesondert erfolgt, wenn der Rechtsanwalt in mehreren Rechtszügen tätig geworden ist; eine Wertfestsetzung durch das Rechtsmittelgericht zugleich für die Vorinstanzen scheidet im Anwendungsbereich dieser Vorschrift aus (Potthoff in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl. 2015, § 33 Rn. 25; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 33 Rn. 6; Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, § 33 RVG Rn. 15).
Von einer Verweisung des sich auf die erstinstanzlichen Verfahren beziehenden Teils des Festsetzungsantrags an das Verwaltungsgericht sieht der Verwaltungsgerichtshof ab, da das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz keine den Vorschriften des § 281 ZPO und des § 83 VwGO vergleichbaren Bestimmungen enthält. Vor allem aber besteht für eine solche Verweisung kein Rechtsschutzbedürfnis, da der Vollstreckungsgläubiger beim Verwaltungsgericht jederzeit einen sich auf die erstinstanzlichen Verfahren beziehenden Festsetzungsantrag stellen kann; angesichts der fehlenden Fristgebundenheit derartiger Anträge ist es nicht notwendig, zur Vermeidung von Rechtsnachteilen Wirkungen, die sich aus der Einreichung eines Antrags bei einem sachlich unzuständigen Gericht ggf. ergeben, durch eine Verweisungsentscheidung fortbestehen zu lassen. Wie jede aus prozessrechtlichen Gründen vorgenommene Antragsablehnung steht die Rechtskraft des vorliegenden Beschlusses einer Sachentscheidung über einen neuen, sich auf den ersten Rechtszug beziehenden Festsetzungsantrag durch das Verwaltungsgericht nicht entgegen.
4. Zulässig ist der Antrag demgegenüber auch insofern, als der Vollstreckungsgläubiger die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Tätigwerden seiner anwaltlichen Bevollmächtigten im Rahmen der unter dem Aktenzeichen 22 C 18.583 geführten Beschwerde des Vollstreckungsschuldners gegen den in der Sache M 19 X 17.5464 ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts erstrebt. Dem steht nicht entgegen, dass auch der Vollstreckungsgläubiger Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt hat, über die noch nicht befunden wurde. Dies hat gemäß § 8 Abs. 1 RVG zwar zur Folge, dass die Vergütung, die den anwaltlichen Bevollmächtigten des Vollstreckungsgläubigers für ihr Tätigwerden im Rahmen der Beschwerde ihres Mandanten zusteht, noch nicht fällig geworden ist; nach § 33 Abs. 2 Satz 1 RVG kann deshalb für diese noch anhängige Beschwerde kein Gegenstandswert festgesetzt werden.
Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG stellt jedoch grundsätzlich jedes Beschwerdeverfahren, das in Angelegenheiten anhängig gemacht wird, in denen sich die Gebühren nach dem Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz richten, eine „besondere Angelegenheit“ dar. Das bedeutet, dass ihre vergütungsrechtliche Selbständigkeit (vgl. zur prozessrechtlichen Eigenständigkeit derartiger Beschwerden den zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangenen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12.10.2018 – 22 C 18.1718 – BA Seite 4) nicht davon abhängt, mit welchen anderen Tätigkeiten des Anwalts die Beschwerde im Zusammenhang steht (vgl. dazu die Begründung zu § 18 RVG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drs. 15/1971, S. 192). § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG ist vorliegend einschlägig, da sich ausweislich der Überschrift des Teils 3 des Vergütungsverzeichnisses die Gebühren des Rechtsanwalts in Verfahren vor den öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten unter Einschluss von Vollstreckungssachen (vgl. zu letzteren die Vorbemerkung 3.3.3 Abs. 1 Nr. 2 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) nach dem Teil 3 dieses Verzeichnisses richten. Dem im Schrifttum teilweise eingenommenen Standpunkt, es liege nur ein Beschwerdeverfahren vor, wenn mehrere Beteiligte ein solches Rechtsmittel gegen ein und dieselbe gerichtliche Entscheidung innerhalb sich überlappender Zeiträume anhängig machen (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 18 Rn. 19; Pankatz in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl. 2015, § 18 Rn. 18; Schütz in Riedel/Sußbauer, a.a.O., VV 3500, 3501 Rn. 14), folgt der beschließende Senat ungeachtet des Umstands, dass diese Auffassung auch für die vergleichbare Situation mehrerer von verschiedenen Beteiligten gegen das gleiche Urteil eingelegter Rechtsmittel vertreten wird (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 17 Rn. 54 f.; Pankatz in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl. 2015, § 17 Rn. 13; vgl. zum Meinungsstand hinsichtlich dieser strittigen Frage, bezogen allerdings auf die Rechtslage nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, KG, B.v. 8.1.2003 – 1 W 374/02 – juris Rn. 2) dann nicht, wenn diese Rechtsmittel – wie hier der Fall – zum einen divergierende Zielsetzungen verfolgen und sie zum anderen ein unterschiedliches prozessuales Schicksal nehmen. Gegen die Richtigkeit der Gegenauffassung spricht nicht nur der Wortlaut des § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG, sondern auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber in § 16 Nr. 10 RVG für bestimmte Fallgestaltungen selbst eine Durchbrechung des in § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG verankerten Grundsatzes normiert hat. Hieraus muss im Umkehrschluss hergeleitet werden, dass es prinzipiell in allen von § 16 Nr. 10 RVG nicht erfassten Fällen beim Grundsatz der vergütungsrechtlichen Selbständigkeit mehrerer Beschwerdeverfahren jedenfalls unter den vorgenannten beiden Voraussetzungen sein Bewenden haben soll. Die Bejahung der vergütungsrechtlichen Selbständigkeit von Beschwerden, die „nicht im gleichen prozessualen Lager“ stehende Beteiligte gegen ein und dieselbe Entscheidung erhoben haben, erscheint darüber hinaus auch sachgerecht, weil die Befassung des Anwalts mit mehreren gegen die gleiche Entscheidung gerichteten, aber mit divergierendem Ziel eingelegten Beschwerden, die zudem in ihrem weiteren Fortgang einen unterschiedlichen Verlauf nehmen, für ihn mit jeweils gesondertem Arbeitsaufwand einhergehen kann: Die Begründung des Rechtsmittels des eigenen Mandanten, mit der das Zurückbleiben der angefochtenen Entscheidung hinter den im vorangegangen Rechtszug gestellten Anträgen gerügt wird, erfordert nicht selten einen anderen Sach- und Rechtsvortrag als er im Rahmen der Erwiderung auf die Beschwerde eines Prozessgegners veranlasst ist, der die Aufhebung des stattgebenden Ausspruchs der Vorinstanz erstrebt.
5. Gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG bestimmt sich der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit in Vollstreckungsverfahren, die – wie hier der Fall – auf die Erwirkung einer Handlung des Vollstreckungsschuldners abzielen, grundsätzlich nach dem Wert der geschuldeten Handlung für den Gläubiger. Zur Bestimmung des Gegenstandswerts von Vollstreckungsverfahren, die der Durchsetzung von Gerichtsentscheidungen dienen, durch die der öffentlichen Gewalt auf die Klage einer gemäß § 3 UmwRG anerkannten Umweltvereinigung hin die Fortschreibung eines Luftreinhalteplans mit einem bestimmten Mindestinhalt aufgegeben wurde, ist dieser Maßstab indes ungeeignet; denn der Wert einer Luftreinhalteplanung, die den Anforderungen der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa entspricht, für eine nunmehr als Vollstreckungsgläubigerin verfahrensbeteiligte Umweltvereinigung lässt sich betragsmäßig nicht quantifizieren. Unbehelflich wäre es auch, wenn stattdessen – was von dem am herkömmlichen Individualrechtsschutz orientierten Wortlaut des § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG allerdings nicht mehr umfasst wäre – darauf abgestellt würde, welche Bedeutung ein solcher Luftreinhalteplan für das Leben und die Gesundheit jener unbekannt großen Zahl von Menschen zukäme, zu deren Gunsten der Vollstreckungsgläubiger tätig wird, da insoweit immaterielle Güter inmitten stehen.
Trotz der grundsätzlich vorrangigen Regelung des § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG a.E.) verbleibt es vorliegend mithin bei der sich aus § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG ergebenden Maßgeblichkeit der in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG vorgegebenen Bemessungsgrundsätze. Eine normative Determinante, die bei der Ausübung des durch die letztgenannte Bestimmung eröffneten Ermessensspielraums nicht außer Betracht bleiben darf, ergibt sich aus Art. 9 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) vom 25. Juni 1998 (BGBl 2006 II S. 1252). Danach dürfen Rechtsschutzverfahren, die von diesem Übereinkommen erfasst werden, nicht prohibitiv teuer sein bzw. nicht mit prohibitiv wirkenden Kosten einhergehen (so die gemäß Art. 22 der Aarhus-Konvention verbindliche englische bzw. französische Textfassung, von der die deutsche Übersetzung insoweit abweicht). Die Frage, ob das Betreiben eines solchen Verfahrens mit einer prohibitiv hohen Kostenbelastung einhergeht, lässt sich zutreffend nur unter Würdigung der finanziellen Gesamtbelastung (d.h. in einer Zusammenschau der anfallenden Gerichts- und der außergerichtlichen Kosten) beantworten, die dem Betroffenen in einem solchen Rechtsstreit erwachsen kann (so zu Recht Berkemann, jM 2014, 470/471). Nach Auffassung des beschließenden Senats ist es darüber hinaus geboten, auch die Kosten, die aus Anlass von Annex- (z.B. Vollstreckungs-)Verfahren anfallen, in die Betrachtung einzubeziehen.
Da die Höhe des Streit- und des Gegenstandswerts nach deutschem Recht nicht davon abhängt, ob ein Rechtsbehelf Erfolg hatte oder nicht, muss sowohl die Streit- als auch die Gegenstandswertfestsetzung in von Art. 9 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 der Aarhus-Konvention (oder anderen supranationalen Normierungen mit vergleichbaren Bestimmungen wie z.B. Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU oder Art. 25 Abs. 4 Satz 2 der Industrieemissionsrichtlinie 2010/75/EU) erfassten Verfahren so maßvoll ausfallen, dass sich der Rechtsschutzsuchende für den Fall seines Unterliegens keinen Gerichts- und außergerichtlichen Kosten (einschließlich solcher, die er obsiegenden Verfahrensbeteiligten zu erstatten hat) ausgesetzt sieht, deren Höhe ihn davon abhalten kann, ein solches Verfahren anzustrengen. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt hierbei nicht, dass die Festsetzung unangemessen niedriger Streit- und Gegenstandswerte u. U. ebenfalls prohibitiv wirken kann. Denn da nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts erstattungsfähig sind, qualifizierter umweltrechtlicher Beistand jedoch in der Regel dann nicht zu erlangen ist, wenn sich die hierfür zu entrichtende Vergütung nur nach der Höhe derjenigen gesetzlichen Gebühren bemisst, die sich auf der Grundlage besonders niedriger Streit- bzw. Gegenstandswerte errechnet, kann eine solche Festsetzungspraxis zur Folge haben, dass der Rechtsschutzsuchende auch im Fall seines vollständigen Obsiegens wesentliche Teile des seinen anwaltlichen Bevollmächtigten aufgrund einer Honorarvereinbarung geschuldeten Entgelts, deren Abschluss aus den vorgenannten Gründen ggf. angezeigt war, selbst tragen muss.
In Würdigung dieser Grundsätze hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Streitwert des Klage- und des Berufungsverfahrens, aus dem der nunmehr zu vollstreckende Titel hervorgegangen ist, durch Beschluss vom 8. April 2014 auf jeweils 15.000 Euro und damit auf den niedrigsten Betrag innerhalb des Rahmens festgesetzt, den der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der damals und gegenwärtig maßgeblichen Fassung als Orientierungshilfe für die Bewertung von Verbandsklagen empfiehlt. Da der Wert der Durchsetzung eines zuerkannten Anspruchs im Vollstreckungswege jedenfalls nicht höher zu veranschlagen ist als der Wert des Anspruchs selbst, scheidet eine Festsetzung der Gegenstandswerte der Beschwerdeverfahren 22 C 18.583 und 22 C 18.667 auf jeweils 30.000 Euro, wie der Vollstreckungsgläubiger dies für angemessen erachtet, aus.
Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens 22 C 18.1718 angesichts der praktischen Bedeutung der darin zu beantwortenden Fragen für den Vollstreckungsgläubiger in nicht unbeträchtlicher Höhe festzusetzen sein wird. Mit Blickrichtung auf die gebotene Berücksichtigung der Kostenrisiken, die einem Rechtsschutzsuchenden aus der Summe des Erkenntnis- und etwaiger Annexverfahren erwachsen, erscheint es geboten, den Gegenstandswert der inmitten stehenden Beschwerdeverfahren in maßvoller Höhe anzunehmen, zumal sie lediglich die für den Vollstreckungsgläubiger letztlich unbehelfliche Androhung bzw. Festsetzung von (weiteren) Zwangsgeldern zum Gegenstand hatten. An dem im Beschluss vom 20. Juni 2017 (22 C 16.1427 – BA S. 2) der Sache nach eingenommenen Standpunkt, dass in derartigen Verfahren die in der Nummer 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgesprochenen Empfehlungen auch als Richtschnur für die Ausübung des durch § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 RVG eingeräumten Ermessens angesehen werden können, ist deshalb grundsätzlich festzuhalten.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens 22 C 18.667 ist demgemäß auf 4.000 Euro (d.h. in Höhe des insoweit erstinstanzlich festgesetzten Zwangsgelds) zu veranschlagen. Ebenfalls festzuhalten ist an der im Beschluss vom 20. Juni 2017 (22 C 16.1427 – BA S. 3) zum Ausdruck gebrachten Auffassung, dass die in der Nummer 1.7.1 Satz 2 des Streitwertkatalogs vorgesehene Reduzierung des sich nach dem Satz 1 dieser Empfehlung ergebende Betrages in einem Beschwerdeverfahren, in dem über die erfolgte Androhung eines Zwangsgelds zu befinden ist, dann nicht als ermessensgerecht im Sinn von § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 RVG angesehen werden kann, wenn anlässlich eines solchen Rechtsmittels über überdurchschnittlich komplexe Fragestellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art zu befinden war. Ein derartiger Fall steht angesichts der Bandbreite der Einwände, die der Vollstreckungsschuldner gegen den vom Verwaltungsgericht im Verfahren M 19 X 17.5464 erlassenen Beschluss vorgebracht hat, hier inmitten. Es ist deshalb angezeigt, das insoweit angedrohte Zwangsgeld von 4.000 Euro der Bemessung des Gegenstandswerts ungekürzt zugrunde zu legen.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das vorliegende Antragsverfahren gemäß § 33 Abs. 9 Satz 1 RVG gerichtsgebührenfrei ist, sich unmittelbar aus § 22 Abs. 1 Satz 2 GKG ergibt, dass der Vollstreckungsgläubiger ggf. angefallene gerichtliche Auslagen zu tragen hat, und außergerichtliche Kosten nach § 33 Abs. 9 Satz 2 Halbs. 1 RVG nicht erstattet werden.
Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG kein Rechtsmittel eröffnet.