Arbeitsrecht

Gebrauch einer ausländischen Fahrerlaubnis

Aktenzeichen  Au 7 K 19.621

Datum:
2.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43003
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO  § 42 Abs. 1, § 75, § 113 Abs. 5 S. 1
FeV § 7 Abs. 1 S. 2, S. 3, S. 4, § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 S. 1
RL91/439/EWG Art. 1 Abs. 2, Art. 7, Art. 9
RL 2006/126/EG Art. 2 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Klage konnte trotz Ausbleibens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten mit der Ladung hierauf hingewiesen wurden (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Klage ist zulässig.
Der Kläger hat, wie sein Bevollmächtigter in dem Schriftsatz vom 15. April 2019 ausführte, beim Beklagten mehrmals – wenn auch wohl nur mündlich – die Umschreibung seiner tschechischen Fahrerlaubnis geltend gemacht. Auch in dem Schreiben des Bevollmächtigten vom 15. April 2019 ist ein Antrag zu sehen. Eine förmliche Ablehnung der beantragten Umschreibung erfolgte nicht, so dass davon auszugehen ist, dass die Verpflichtungsklage als Untätigkeitsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO, § 75 VwGO) zulässig ist.
Jedoch kann sie in der Sache keinen Erfolg haben.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Umschreibung seines am 24. Oktober 2008 ausgestellten tschechischen Führerscheins bzw. seiner tschechischen Fahrerlaubnis für die Klasse B in eine deutsche Fahrerlaubnis (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom 18. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11. März 2019 (BGBl I S. 218), ist eine EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder berechtigt hat, unter erleichterten Bedingungen in eine deutsche Fahrerlaubnis umzutauschen.
Für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens des Klägers ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt dieser Entscheidung abzustellen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 3 C 24/15 – juris Rn. 12 m.w.N.).
In diesem maßgebenden Zeitpunkt liegen die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 FeV nicht vor, da die tschechische Fahrerlaubnis für die Klasse B den Kläger wegen Verstoßes gegen das Wohnsitzprinzip nie dazu berechtigt hat, in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen. Die tschechische Fahrerlaubnis der Fahrerlaubnisklassen AM, B, B1 wurde dem Kläger vielmehr von der Städtischen Behörde * mit Beschluss vom 22. Februar 2009 bestandskräftig (seit 15.3.2019) entzogen, da er bei der Erteilung der Fahrberechtigung die Bedingung des gewöhnlichen Wohnsitzes nicht erfüllte (Übersetzung des Dokuments vom 22.2.2019, Bl. 102 der Gerichtsakte).
Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV – abgesehen von einer hier nicht einschlägigen Ausnahme für Studierende oder Schüler – gilt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten.
Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).
1. Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18 – RL 2006/126/EG) und Art. 1 Abs. 2, Art. 7 und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl EG Nr. L 237 S. 1 – RL 91/439/EWG) in Einklang. Nach Art. 1 Abs. 2 RL 91/439/EWG und Art. 2 Abs. 1 RL 2006/126/EG werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt (und damit auch die zugrundeliegenden Fahrerlaubnisse, vgl. EuGH, U.v. 26.10.2017 – C-195/16 – ABl EU 2017, Nr. C 437, S. 8 – juris Rn. 48 f.). Allerdings darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats ihren ordentlichen Wohnsitz haben oder nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben (Art. 7 Abs. 1 Buchst. e RL 2006/126/EG, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b RL 91/439/EWG).
Nach Art. 9 RL 91/439/EWG und Art. 12 RL 2006/126/EG (im Wesentlichen wortgleich mit § 7 Abs. 1 Satz 2 bis 4 FeV) gilt als ordentlicher Wohnsitz der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. Danach gilt die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gemäß Art. 1 Abs. 2 RL 91/439/EWG und Art. 2 Abs. 1 RL 2006/126/EG nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – C467/10, Akyüz – NJW 2012, 1341 Rn. 62).
2. Hieraus folgt zunächst, dass es dem Beklagten nicht verwehrt war, der Frage nachzugehen, ob der Kläger bei der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis tatsächlich seinen ordentlichen Wohnsitz in Tschechien hatte (vgl. EuGH, U.v. 26.4.2012 – C419/10, Hofmann – juris Rn. 90). Durch den Eintrag eines im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats liegenden Wohnorts im Führerschein wird das tatsächliche Innehaben eines Wohnsitzes an diesem Ort nicht positiv und in einer Weise bewiesen, dass die Behörden und Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten dies als nicht zu hinterfragende Tatsache hinzunehmen hätten (vgl. BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 11 B 10.2427 – NZV 2013, 259). Die Verpflichtung zu gegenseitiger Amtshilfe nach Art. 12 Abs. 3 RL 91/439/EWG und Art. 15 Satz 1 RL 2006/126/EG vermittelt dem Aufnahmemitgliedstaat vielmehr das Recht, sich bei den Behörden des Ausstellermitgliedstaats über das tatsächliche Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes zu erkundigen; dem steht die Verpflichtung dieses Staats gegenüber, einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2019 – 11 B 18.34 – juris Rn. 20; U.v. 7.5.2015 – 11 B 14.654 – juris Rn. 33). Dass ggf. auch widersprüchliche behördliche Informationen aus dem Ausstellermitgliedstaat von der Fahrerlaubnisbehörde des Aufnahmemitgliedstaats als Hinweis auf einen Scheinwohnsitz gewertet werden dürfen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 11 ZB 17.1696 – juris Rn. 25), ergibt sich schon daraus, dass Angaben im Führerschein wie auch andere vom Ausstellermitgliedstaat herrührende Informationen gleichrangig („oder“) als Erkenntnisquellen genutzt werden dürfen (vgl. EuGH, B.v. 59 9.7.2009 – C-445/08 – EuZW 2009, 735 Rn. 51).
Die Prüfung, ob Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – Akyüz, C467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 73 und 74). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein (vgl. BayVGH, U.v. 4.3.2019 – 11 B 18.34 – juris Rn. 21 m.w.N.; B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 -16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff. m.w.N). Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 a.a.O. Rn. 75). Dann können die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats auch inländische Umstände zur Beurteilung der Frage, ob die Wohnsitzvoraussetzung eingehalten ist, heranziehen (stRspr, vgl. BayVGH, U.v. 4.3.2019 a.a.O. Rn. 20; B.v. 12.1.2018 a.a.O. Rn. 10; B.v. 23.1.2017 a.a.O. Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 a.a.O. Rn. 14 ff.).
3. Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben liegen im Fall des Klägers unbestreit bare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vor, die darauf hinweisen, dass er keinen rechtlichen Wohnsitz in Tschechien begründet hat.
a) Bereits aus dem vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Fragebogen, der von der Städtischen Behörde, die auch den Führerschein ausgestellt hat, ausgefüllt worden ist, ergibt sich ein Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß.
In dem Fragebogen ist auf die Frage: „Place of normal residence according to our information“ kein Eintrag erfolgt. Daraus kann nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass der Kläger nicht bei der Meldebehörde registriert ist, da jedenfalls im tschechischen Führerscheindokument ein tschechischer Wohnsitz eingetragen wurde und auch im Ausländerregister der Kläger im Zeitraum 12. November 2007 bis 24. November 2008 an der Adresse * gemeldet war (Bl. 208 der Behördenakte). Näher liegt, dass die tschechische Verwaltungsbehörde diese Frage nicht überprüft hat.
Demgegenüber wurden die weiteren Fragen, z.B. wo der Kläger für mehr als 185 Tage gewöhnlich seinen Wohnsitz hatte bzw. an welchem Ort er persönlichen oder beruflichen Bindungen in Tschechien hatte, mit „unknown“ beantwortet. Daraus kann nicht ohne besonderen Anhaltspunkt unterstellt werden, dass die tschechische Behörde die gestellten Fragen ohne hinreichende Ermittlungen beantwortet hat. Die Prüfung der Fragen, namentlich der Meldeverhältnisse enger Familienangehöriger, des Vorhandenseins von Vermögen und von behördlichen Kontakten (Zahlung von Steuern, Bezug von Sozialleistungen, Kfz-Anmeldung), erfordert keine „umfassenden“ oder schwierigen Ermittlungen oder „größere Zwischenschritte“ und ließe sich durch eine Abfrage der einschlägigen Datenbanken oder eine Anfrage bei der zuständigen Behörde erledigen. Die Angaben auf dem Fragebogen mit „unknown“ deuten nicht auf eine gänzlich unterlassene Prüfung der Umstände des Aufenthalts des Klägers hin, die sich in ihrer Indizwirkung von einer Unwissenheit der Behörde über die persönlichen oder beruflichen Bindungen des Betroffenen unterscheidet. Im vorliegenden Fall hat die tschechische Behörde (des Ausstellungsmitgliedstaates) auf eine gezielte Nachfrage hinsichtlich der Umstände der persönlichen oder beruflichen Bindungen des Klägers geantwortet, über die sie im Fall eines tatsächlichen ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat hätte etwas in Erfahrung bringen müssen. Die Beantwortung aller Fragen mit „unknown“ zeigt, dass weder über die Existenz einer Unterkunft noch über eine geschäftliche oder berufliche Betätigung des Klägers in Tschechien etwas bekannt ist. Es ist auch nicht bekannt, ob der Kläger dort gewöhnlich für zumindest 185 Tage eines Kalenderjahres lebte, noch ob er dort enge Familienangehörige, Vermögensinteressen oder Kontakte zu Behörden oder sozialen Diensten hatte. Nachdem ein ordentlicher Wohnsitz neben dem Vorhandensein einer Unterkunft persönliche und berufliche Bindungen voraussetzt, sind entsprechende Negativauskünfte geeignet, Zweifel am Vorhandensein eines tatsächlichen Wohnsitzes zu wecken (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 14). Da Tschechien ein moderner „Industriestaat“ ist, stellt eine derartige „Spurlosigkeit“ einer Person mit angeblichem dortigen ordentlichen Wohnsitz jedenfalls einen Hinweis darauf dar, dass in Tschechien nur ein Scheinwohnsitz bestanden haben könnte (OVG Lüneburg, B.v. 20.3.2018 – 12 ME 15/18 – Juris Rn. 16).
Aus dem Fragebogen ergibt sich auch, dass er sich auf den Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins bezieht, denn die Überschrift der Nummer 2 stellt auf den Verdacht der Nichterfüllung des Wohnsitzerfordernisses ab, das nach den EU-Vorschriften nur bei Ausstellung eines Führerscheins gilt. Die Behörde hat auch selbst ausgefüllt, wann die streitgegenständliche Fahrerlaubnis ausgestellt worden ist und es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie bei Beantwortung der Fragen auf den aktuellen Zeitpunkt abgestellt haben könnte.
b) Hinzu kommt, dass der Kläger nach den unbestrittenen Ermittlungen des Beklagten durchgehend seinen Hauptwohnsitz in Deutschland angemeldet (seit dem 1.9.2015 im Landkreis *) hatte, was per se gegen einen ordentlichen Wohnsitz in Tschechien im maßgebenden Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis spricht.
c) Unter Heranziehung der Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und unter Berücksichtigung der inländischen Umstände bei Erteilung der Fahrerlaubnis und Ausstellung des tschechischen Führerscheins steht im maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts fest, dass vorliegend ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis vorliegt.
Dies ergibt sich aus der Entscheidung der Städtischen Behörde * „Beschluss über die Einziehung der Fahrberechtigung“ vom 22. Februar 2019, mit der dem Kläger die tschechische Fahrerlaubnis der Fahrerlaubnisklassen AM, B1, B „eingezogen“ wurde und zwar mit der Begründung, dass er bei der Erteilung der Fahrberechtigung die Bedingung des gewöhnlichen Wohnsitzes nicht erfüllte. In dem Dokument wird, wie die Übersetzung ergibt (Bl. 102 der Gerichtsakte), ausgeführt, dass die Städtische Behörde * am 21. Januar 2019 den Antrag auf Überprüfung des Führerscheins erhalten habe. Dem Antrag seien die Beweise des Kraftfahrt-Bundesamtes in Flensburg, Bundesrepublik Deutschland, darüber, dass der Besitzer der Fahrberechtigung seinen gewöhnlichen Wohnsitz bereits seit dem Jahr 2001 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe und habe, beigefügt. Das Verwaltungsverfahren sei aus diesem Grund eingeleitet worden und der Besitzer der Fahrberechtigung sei aufgefordert worden, den gewöhnlichen Wohnsitz nachzuweisen. In der bis 19. Februar 2019 gesetzten Frist habe der Kläger keine Nachweise zum gewöhnlichen Wohnsitz vorgelegt. Der gewöhnliche Wohnsitz einer Person ohne festen Wohnsitz im Gebiet der Tschechischen Republik könne kein fiktiver Aufenthalt sein, der lediglich aus einer amtlichen Registrierung bestehe. In einem solchem Fall würden die gesetzlich geforderten persönlichen Bindungen fehlen. Die Forderung der persönlichen Bindung müsse eingehalten werden, auch wenn der Antragsteller an den Ort lediglich zurückkehre, weil er regelmäßig aus Gründen dieser Bindungen zurückkehre. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei, wie angeführt, entschieden worden.
Diese Entscheidung der Städtischen Behörde * ist laut Textstempel am 15. März 2019 rechtskräftig geworden, d.h. der Kläger hat kein Rechtsmittel, auf das der Beschluss jedoch ausdrücklich in der „Belehrung“ hinwies, eingelegt. Anhaltspunkte dafür, dass Kläger die Entscheidung nicht erhalten hat, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Diese dem Beklagten über das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelte Entscheidung der Städtischen Behörde * vom 22. Februar 2019 stellt eine vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Information dar, die belegt, dass die tschechische Fahrerlaubnis unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip (s. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b RL 91/439/EWG und Art. 7 Abs. 1 Buchst. e RL 2006/126/EG) erteilt wurde (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10 – Akyüz – NJW 2012, 1341, juris; U.v. 26.4.2012 – C-419/10 – Hofmann – DAR 2012, 319). Damit hatte der Kläger keine tschechische Fahrerlaubnis, die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt hätte. Mangels Vorliegens einer tschechischen Fahrerlaubnis kommt eine Umschreibung nach § 30 Abs. 1 FeV nicht in Betracht.
d) An diesem Ergebnis kann auch die Tatsache nichts ändern, dass die früher zu ständige Fahrerlaubnisbehörde aufgrund eines Eintrags im Ausländer- und Einwohnerregister davon ausging, dass der Kläger im Ausland gemeldet war (Bl. 177 der Behördenakte), was sie durch eine Mitteilung des Gemeinsamen Zentrums vom 16. April 2009 erfahren hat (Bl. 147 der Behördenakte) und auch dem Kläger so weiter gab (vgl. Schreiben vom 7.4.2009 – Bl. 148 der Behördenakte – und vom 30.7.2014 – Bl. 177 der Behördenakte). Der Beklagte hat jedoch – wie oben dargestellt – durch den Beschluss der Städtischen Behörde * vom 22. Februar 2019 weitere Informationen vom Ausstellerstaat erhalten, die einen Wohnsitzverstoß bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis am 24. Oktober 2008 bestätigten. Da es maßgebend auf den Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung ankommt, waren diese Umstände auch zu berücksichtigen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und die Abwendungsbefugnis hat seine Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO.


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