Arbeitsrecht

Gesamtzusage – ablösende Betriebsvereinbarung

Aktenzeichen  3 AZR 431/17

Datum:
25.6.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2019:250619.U.3AZR431.17.0
Normen:
BetrAVG
Spruchkörper:
3. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Essen, 11. Januar 2017, Az: 4 Ca 1860/16, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 28. Juni 2017, Az: 12 Sa 162/17, Urteil

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2017 – 12 Sa 162/17 – aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 11. Januar 2017 – 4 Ca 1860/16 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ein kostenloses Ticket zur Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zur Verfügung zu stellen sowie über Erstattungsansprüche.
2
Der im Februar 1953 geborene Kläger wurde zum 1. Februar 1978 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der Essener Verkehrs-Aktiengesellschaft (im Folgenden EVAG), als Omnibusfahrer eingestellt. Laut Handelsregistereintragung übernahm die EVAG im Wege der am 25. Juli 2017 wirksam gewordenen Umwandlung durch Ausgliederung den Betriebsteil „ÖPNV Mülheim“ der Mülheimer VerkehrsGesellschaft (im Folgenden MVG) und wurde sodann in die Beklagte umgewandelt. Diese betreibt, wie zuvor die EVAG bzw. die MVG, für die Städte Essen und Mülheim an der Ruhr den öffentlichen Personennahverkehr (im Folgenden ÖPNV) und ist Teil des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (im Folgenden VRR).
3
Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 1. Februar 1978 enthält ua. folgende Regelung:
        
„§ 2   
        
Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) vom 22. Mai 1953 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge – insbesondere des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G/NRW) – in ihrer jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge, betrieblichen Vereinbarungen und die Dienst- bzw. Arbeitsordnung Anwendung.“
4
Die EVAG stellte ihren Beschäftigten und in der Vergangenheit auch deren Ehepartnern auf Antrag unentgeltliche Fahrausweise zur Nutzung der Verkehrsmittel im ÖPNV zur Verfügung. Im Zeitpunkt der Einstellung des Klägers warb sie auf Fahrzeugen mit der Aufschrift: „Als Mitarbeiter der EVAG haben Sie und Ihre Frauen immer freie Fahrt.“
5
Die Voraussetzungen für die Bereitstellung von Fahrausweisen waren ursprünglich in sog. „Bestimmungen über die Gewährung von Dienstausweisen, Frei-Fahrkarten, Familien-Fahrkarten, Lehrlings- und Schülerkarten“ vom 25. Oktober 1958 (im Folgenden Bestimmungen 1958) wie folgt geregelt:
        
„I.     
Dienstausweise
        
        
        
…       
        
        
        
        
b)    
Die Verkehrsaufseher … erhalten einen Dienstausweis mit rotem Rand, der gleichzeitig für Freifahrt auf unserem Straßenbahn- und Omnibusstreckennetz (außer Fernlinien) Gültigkeit hat.
        
        
        
c)    
Sämtliche im Fahrdienst beschäftigten Belegschaftsmitglieder … erhalten einen Dienstausweis. Freifahrtberechtigung wie b).
        
II.     
Frei-Fahrkarten
        
        
Alle nicht unter I. genannten Belegschaftsmitglieder erhalten eine Frei-Fahrkarte. Freifahrtberechtigung wie I. b).
        
        
        
        
III.   
Familien-Fahrkarten
        
        
1.    
Verheiratete männliche Belegschaftsmitglieder erhalten eine Familien-Fahrkarte, gültig für die Ehefrau des Belegschaftsmitgliedes, …
        
        
        
        
        
        
        
Getrennt lebende und geschiedene Ehefrauen unserer Belegschaftsmitglieder erhalten keine Frei-Fahrkarte, …
        
        
…       
        
        
V.    
Frei-Fahrkarten für Pensionäre und deren Familienangehörige
        
        
Pensionäre erhalten für sich eine Streckenkarte, gültig von ihrer Wohnung bis zu einem von ihnen selbst zu bestimmenden Ziel, wenn sie nach einer mindestens 10-jährigen Beschäftigungszeit bei der EVAG invalidisiert wurden bzw. in den Ruhestand traten. Die Ehefrauen bzw. die Witwen dieser Pensionäre erhalten eine Streckenkarte, gültig von ihrer Wohnung bis zu einem von ihnen selbst zu bestimmenden Ziel, wenn ihr Ehemann mindestens 15 Jahre bei der EVAG beschäftigt war und sie kein eigenes Arbeitseinkommen von mehr als mtl. DM 150,– haben.
        
        
…“    
6
Der Betrag von 150,00 DM wurde später auf 200,00 DM geändert.
7
Durch „Verfügung“ vom 3. Oktober 1985 wurden die Bestimmungen 1958 für die Zeit ab Januar 1985 wie folgt geändert:
        
„Die Ziffer V. erhält folgende Fassung:
        
V.    
Frei-Fahrkarten für Pensionäre und deren Familienangehörige
        
        
Pensionäre erhalten für sich eine Streckenkarte, gültig von ihrer Wohnung bis zu einem von ihnen selbst zu bestimmenden Ziel, wenn sie Versorgungsbezüge nach dem Tarifvertrag über die Altersversorgung der Essener Verkehrs-AG erhalten. Die Ehefrauen dieser Pensionäre erhalten ebenfalls eine Streckenkarte, gültig von ihrer Wohnung bis zu einem von ihnen selbst zu bestimmenden Ziel. Die Witwen dieser Pensionäre erhalten eine Streckenkarte, wenn sie Hinterbliebenenversorgung nach dem Tarifvertrag über die Altersversorgung der Essener Verkehrs-AG erhalten.
        
        
…“    
8
In einer weiteren „Verfügung“ vom 25. Januar 1990 heißt es zur „Gewährung von Freifahrt-Ausweisen“:
        
„1. Familien-Fahrkarten:
        
        
1 a)   
Ehepartner, die mit unserem Mitarbeiter im gemeinsamen Haushalt leben;
        
        
…       
        
        
3. Teilstrecken-Fahrkarten:
        
        
3 a)   
Pensionäre und deren im gleichen Haushalt lebende Ehepartner, wenn Versorgungsbezüge nach dem Tarifvertrag über die Altersversorgung der Arbeitnehmer der EVAG gezahlt werden.
        
        
…“    
        
9
Unter dem 27. November 1991 schlossen die EVAG und ihr Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (im Folgenden BV 1991) über die Gewährung eines Tickets 2000, „Firmenservice“. Diese enthält folgende Regelungen:
        
„§ 1   
        
Geltungsbereich
        
Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Angestellten, Arbeiter und Auszubildenden (Arbeitnehmer) der EVAG.
        
§ 2     
        
Gegenstand
        
Jeder Arbeitnehmer erhält ein Ticket der Preisstufe ‚A‘. Wenn der Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dieser Preisstufe nicht abgedeckt ist, wird die entsprechende Preisstufe ‚B‘ bzw. ‚C‘ ausgegeben.
        
Jeder Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, anstelle der Preisstufen ‚A‘ oder ‚B‘ eine höhere zu wählen. In diesem Falle trägt der Arbeitnehmer den Differenzbetrag zwischen der gewählten Preisstufe und der von der EVAG zur Verfügung gestellten Preisstufe selbst.
        
…“    
10
Ungeachtet dieser Vereinbarungen gab die EVAG an ihre Mitarbeiter weiterhin höherwertige Tickets nach deren Wahl ohne Zuzahlung aus. Auch die Ehepartner der Arbeitnehmer konnten auf Antrag weiterhin kostenfrei Familienfahrkarten beziehen. Spätestens seit Mitte der 2000er-Jahre erhielten auch die Betriebsrentner für sich und ihre Ehegatten Tickets ihrer Wahl, ohne dass eine Zuzahlung verlangt wurde. Soweit erforderlich, erfolgte eine Versteuerung des geldwerten Vorteils. Bei den zur Wahl gestellten Tickets handelte es sich zuletzt um sog. Tickets 1000. Ein solches Ticket war personenbezogen, galt für beliebig viele Fahrten in seinem Geltungsbereich und konnte durch ein sog. Zusatzticket hinsichtlich des Geltungsbereichs erweitert werden, wenn es nicht ohnehin bereits für die höchste Preisstufe galt. Derartige Tickets bietet die Beklagte nach wie vor ihren Kunden im Abonnement an. Die Abonnementpreise im Jahr 2017 beliefen sich in den Preisstufen A 1, A 2, A 3 auf 65,32 Euro, in der Preisstufe B auf 94,43 Euro, in der Preisstufe C auf 125,11 Euro und in der Preisstufe D auf 159,40 Euro monatlich. Die Preisstufe A 3 ermöglicht die Fahrt mit den Verkehrsmitteln der im VRR zusammengeschlossenen Verkehrsunternehmen in einem größeren Stadtgebiet, ua. im Stadtgebiet Essen. Die Preisstufe D beinhaltet die Fahrt im gesamten Geltungsbereich des VRR. Nicht den eigenen Mitarbeitern und Betriebsrentnern bzw. ihren Ehepartnern zur Verfügung gestellt wurden die ebenfalls im VRR angebotenen sog. Firmentickets, welche anderen Unternehmen für deren Arbeitnehmer zu vergünstigten Konditionen ab einer bestimmten Abnahmemenge angeboten werden.
11
Die Beklagte wendet seit Herbst 2005 den zum 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe (TV-N NW) vom 25. Mai 2001 an. Dieser regelt ua. Folgendes:
        
„§ 3   
        
Arbeitsvertrag, Probezeit
        
(1) Der Arbeitsvertrag wird schriftlich unter Angabe der Entgeltgruppe abgeschlossen. Nebenabreden sind schriftlich zu vereinbaren. Darin ist zu regeln, dass sie jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende gesondert gekündigt werden können.
        
…       
        
Protokollerklärung zu Abs. 1:
        
Die erforderliche Schriftlichkeit bedeutet keine bestimmte Beurkundungsform.“
12
Die Parteien schlossen am 30. Dezember 2006 einen Altersteilzeitarbeitsvertrag. Dieser sieht in § 3 eine Arbeitsphase vom 1. März 2008 bis zum 28. Februar 2013 und eine Freistellungsphase vom 1. März 2013 bis zum 28. Februar 2018 vor. Im Übrigen lautet er auszugsweise:
        
„…wird in Abänderung des Arbeitsvertrages vom 01.02.1978 auf der Grundlage
        
a) des Altersteilzeitgesetzes … und
        
b) des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit … (kurz: ATZ-TV)
        
folgendes vereinbart:
        
§ 1     
        
Altersteilzeitarbeitsverhältnis
        
Das Arbeitsverhältnis wird nach Maßgabe der folgenden Regelungen ab 1. März 2008 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgesetzt.
        
…       
        
§ 11   
        
Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses
        
(1) Das Arbeitsverhältnis endet ohne Kündigung zum Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.
        
…       
        
§ 12   
        
Geltung des Tarifvertrages
        
Für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis sind im Übrigen die Regelungen des ATZ-TV vom 5.5.1998 in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Bei Änderungen des ATZ-TV treten dessen Regelungen an die Stelle der bisherigen tariflichen Regelungen.
        
§ 13   
        
Schlussbestimmungen – Vertragsänderungen
        
(1) Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform; die Aufhebung der Schriftform bedarf ihrerseits der Schriftform.
        
…“    
13
Mit Vereinbarung vom 2. Mai 2011 änderten die Parteien den Altersteilzeitvertrag vom 30. Dezember 2006 und verkürzten diesen um zwei Jahre. Die Arbeitsphase dauerte danach vom 1. März 2008 bis zum 29. Februar 2012 und die Freistellungsphase vom 1. März 2012 bis zum 29. Februar 2016.
14
Der Kläger bezieht seit dem 1. Mai 2016 von der Beklagten eine Betriebsrente nach Maßgabe des Tarifvertrags vom 9. Februar 2004 über die betriebliche Altersversorgung der Arbeitnehmer und Auszubildenden der Essener Verkehrs-Aktiengesellschaft (im Folgenden ATV EVAG).
15
Am 3. August 2015 schlossen die EVAG und ihr Betriebsrat die zum 1. Januar 2016 in Kraft getretene „Betriebsvereinbarung FirmenTicket“ (im Folgenden BV 2015). Dort heißt es:
        
„Präambel
        
Diese BV regelt die Überlassung von Tickets für die im Geltungsbereich genannten Personenkreise. Die Zurverfügungstellung der Tickets ermöglicht die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs in Essen.
        
§ 1 Personenkreis
        
1. Geltungsbereich
        
1.1. Arbeitnehmer, Auszubildende und Volontäre
        
Diese BV gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer der EVAG sowie für Auszubildende und Volontäre der EVAG.
        
1.2 Rentner / Pensionäre
        
Von dieser BV werden alle Rentner / Pensionäre, die unter den Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vom 01.03.2002 (ATV-K) und den Tarifvertrag vom 09.02.2004 über die betriebliche Altersversorgung der Arbeitnehmer und Auszubildenden der EVAG (ATV-EVAG) fallen, erfasst.
        
1.3 Kinder
        
Die BV gilt auch für unterhaltspflichtige Schulkinder, der unter 1.1. genannten Personen mit Ausnahme der Volontäre. …
        
        
        
        
        
2. Ausnahmen
        
Von dieser BV sind ausgeschlossen:
        
Arbeitnehmer der Mülheimer VerkehrsGesellschaft mbH (MVG) und der Duisburger VerkehrsGesellschaft AG (DVG), die im gemeinsamen Betrieb am Standort Essen eingesetzt werden.
        
§ 2 Firmen- und SchokoTickets
        
1. Arbeitnehmer, Auszubildende und Volontäre
        
Arbeitnehmer, Auszubildende und Volontäre können ein monatliches personalisiertes FirmenTicket der Preisstufe A für das Stadtgebiet Essen unentgeltlich erhalten. Höherwertige Preisstufen können unter individueller Zuzahlung des Differenzbetrages zur Preisstufe A erworben werden.
        
2. Rentner / Pensionäre
        
Rentnern / Pensionären kann ein personalisiertes FirmenTicket der Preisstufe A unter Zuzahlung von 12,00 € pro Ticket und Monat für das Stadtgebiet Essen zur Verfügung gestellt. Höherwertige Preisstufen auf Basis der aktuellen VRR Tarife können unter individueller Zuzahlung des Differenzbetrages zur Preisstufe A erworben werden.
        
3. Kinder
        
Die zu § 1 Nr. 1.3 aufgeführten unterhaltspflichtigen Schulkinder können ein monatliches personalisiertes SchokoTicket in der günstigen Variante im Rahmen der Schülerbeförderung unter Zuzahlung von 12,00 € je Monat erhalten.
        
…       
        
§ 5 Schlussbestimmungen
        
…       
        
2. Inkrafttreten
        
Diese BV tritt am 01.01.2016 in Kraft. Sie ersetzt alle vorhergehenden Regelungen und Betriebsvereinbarungen bezüglich des Erhalts eines FirmenTickets bei der EVAG.
        
…“    
16
Ab 1. Januar 2016 stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihren Beschäftigten nur noch Tickets 1000 der Preisstufe A kostenlos zur Verfügung. Betriebsrentnern gewährte sie entsprechende Fahrscheine nur bei monatlicher Zuzahlung iHv. 12,00 Euro. An die Ehegatten der Beschäftigten und der Betriebsrentner reichte sie keine unentgeltlichen Fahrausweise mehr aus. Mit Schreiben vom 4. Juli 2016 unterbreitete sie ihren Betriebsrentnern und deren Ehepartnern vergleichsweise das Angebot, jeweils wohnortbezogen ein – im Gegensatz zum Ticket 1000 – nicht personalisiertes, sondern übertragbares Ticket 2000 der Preisstufe A zum monatlichen Preis des aktuellen Umsatzsteueranteils lebenslang zu beziehen.
17
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihm lebenslang unentgeltlich ein Ticket 1000 der Preisstufe D zur Verfügung stellen. Die Ansprüche folgten aus einer bei der Einstellung getroffenen individuellen Vereinbarung, jedenfalls aus einer Gesamtzusage oder einer betrieblichen Übung. Sie seien durch die BV 2015 nicht abgelöst worden. Die bis 31. Dezember 2015 bestehenden Vereinbarungen gingen mangels „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ den Regelungen in der BV 2015 aufgrund des Günstigkeitsprinzips vor. Unabhängig davon seien die mit der BV 2015 verbundenen Verschlechterungen zumindest für die Zeit nach Eintritt in den Ruhestand unverhältnismäßig. Auch hätten die Betriebsparteien Übergangsregelungen für rentennahe Arbeitnehmer wie ihn vorsehen müssen. Die Ansprüche ergäben sich ferner aus einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil Mitarbeitern der MVG, die nach der „Fusion“ mit der EVAG bei dieser weiterbeschäftigt worden seien, keine Einbußen beim Bezug kostenfreier Tickets abverlangt worden seien. Im Hinblick auf den Hilfsantrag zu 1. hat sich der Kläger ebenfalls auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen und insoweit auf das an die Betriebsrentner gerichtete Vergleichsangebot der Beklagten vom 4. Juli 2016 verwiesen.
18
Der Kläger hat zuletzt – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – sinngemäß beantragt,
        
1.    
die Beklagte zu verurteilen, ihm lebenslang ab Rechtskraft des Urteils im vorliegenden Rechtsstreit ein Firmenticket 1000 der Preisstufe D des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) zu gewähren;
        
        
        
        
        
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm lebenslang ab Rechtskraft des Urteils ein Ticket 2000 der Preisstufe A zu gewähren unter Zuzahlung des monatlichen Umsatzsteueranteils iHv. derzeit 4,62 Euro;
        
2.    
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm die von ihm seit dem 1. Mai 2016 bis zur Rechtskraft des Urteils im vorliegenden Rechtsstreit aufgewandten Kosten für Tickets im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr zu erstatten.
19
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
20
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.
21
Im Revisionsverfahren hat die Beklagte eine zwischen ihr, dem Betriebsrat am Standort Essen, dem Betriebsrat am Standort Mülheim an der Ruhr und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat geschlossene „Betriebsvereinbarung über die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Fahrausweisen zur Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs im Raum des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr“ vom 12. Dezember 2017 (im Folgenden BV 2017) vorgelegt. Diese Betriebsvereinbarung regelt in ihren §§ 6 und 8 vergünstigte Fahrausweise für Lebenspartner oder Ehepartner von aktiven Arbeitnehmern und Auszubildenden und von Betriebsrentnern. Nach § 11 Abs. 3 tritt die BV 2017 zum 1. Februar 2018 in Kraft. Weiter ist dort bestimmt, dass durch diese Betriebsvereinbarung die BV 2015 und alle sonstigen kollektiven und individualrechtlichen Regelungen (insbesondere auch Gesamtzusagen und Ansprüche aus betrieblicher Übung) bezüglich des Erhalts von Fahrausweisen, Tickets, Familienkarten oder sonstigen Fahrscheinen, die zur Nutzung des ÖPNV berechtigen, für alle Arbeitnehmer, Auszubildenden, Rentner und Pensionäre sowie deren Lebens-/Ehepartner abgelöst werden.


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