Arbeitsrecht

Kein Anspruch des Soldaten auf Förderung der schulischen beruflichen Bildung schon während der Wehrdienstzeit

Aktenzeichen  Au 2 K 17.1389

Datum:
14.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 15476
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SG § 31, § 40 Abs. 2
VwVfG § 35
SVG § 5 Abs. 1 S. 1, § 102 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5

 

Leitsatz

1 Die Verlängerung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit gemäß § 40 Abs. 2 SG stellt einen (antragsbedürftigen) Verwaltungsakt iSv § 35 S. 1 VwVfG dar. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 Das „Verlängertwerden“ in § 102 Abs. 2 Nr. 1 SVG verlangt, dass der Verwaltungsakt der Verlängerung des Dienstverhältnisses dem Soldaten bekannt gegeben worden ist. (Rn. 29 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine Belehrungspflicht über alle für die Soldaten einschlägigen Vorschriften besteht nicht. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4 Ein „Empfangsbekenntnis“ ist seinem Wortsinn nach lediglich der Vermerk des Empfängers einer Mitteilung, dass er diese erhalten hat und hat grundsätzlich keinen Regelungscharakter. (Rn. 43 – 54) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Der Bescheid des Karrierecenters der Bundeswehr … (Berufsförderungsdienst – Standortteam …) vom 18. Mai 2017 in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr (UAbt … – Berufsförderungsdienst) vom 15. August 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten, seinen Anspruch auf Förderung der schulischen beruflichen Bildung schon während der Wehrdienstzeit festzusetzen (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Ein derartiger Anspruch resultiert weder direkt aus dem Gesetz (a) noch lässt sich der Anspruch aufgrund des Erhalts des am 3. Juni 2015 unterschriebenen Empfangsbekenntnisses über den Erhalt der Mitteilung über die Verlängerung des Dienstverhältnisses begründen (b).
a) Der Anspruch des Klägers auf Förderung seiner schulischen und beruflichen Bildung bestimmt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SVG in der ab 26. Juli 2012 geltenden Fassung. Danach hat er Anspruch auf Förderung der schulischen und beruflichen Bildung nach der Wehrdienstzeit, wenn er für die Dauer von mindestens vier Jahren in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden war.
Vorliegend ist § 5 Abs. 1 Satz 1 SVG in der Fassung vom 26. Juli 2012 anwendbar, da hier die Übergangsregelung des § 102 Abs. 2 SVG Anwendung findet. Dies hat die Folge, dass durch die Verlängerung des Dienstverhältnisses des Klägers (§ 40 Abs. 2 SG) mit Wirkung vom 15. Juni 2015, also nach dem Stichtag des 23. Mai 2015 (§ 102 Abs. 2 Nr. 1 SVG), das Soldatenversorgungsgesetz in der ab dem 26. Juli 2012 geltenden Fassung anwendbar ist (aa). Ob es zu irgendeinem Zeitpunkt einer Belehrung über die Rechtsfolge des § 102 Abs. 2 SVG aufgrund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gemäß § 31 SG bedurfte, ist zweifelhaft, kann aber im Ergebnis dahinstehen, da auch bei unterstellter Verletzung der Fürsorgepflicht kein Anspruch für den Kläger auf Förderung der schulischen und beruflichen Bildung schon während der Dienstzeit besteht (bb). Es ist auch nicht aufgrund des zwischen dem erstmaligen Antrag auf Verlängerung des Dienstverhältnisses vom 19. Januar 2015 bzw. dem zweiten auf Verlängerung des Dienstverhältnisses gerichteten Antrags vom 13. April 2015 und der Verlängerung des Dienstverhältnisses mittels Schreiben vom 21. Mai 2015 liegenden Zeitraums rechtsmissbräuchlich, dem Kläger die Förderung seiner schulischen und beruflichen Bildung nicht schon während der Dienstzeit zu gewähren (cc).
aa) Gemäß der Übergangsregelung des § 102 Abs. 1 Satz 1 SVG gilt u.a. für Soldaten, die vor dem Inkrafttreten des Bundeswehrreform-Begleitgesetzes am 26. Juli 2012 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden sind, weiterhin das Soldatenversorgungsgesetz in seiner vorherigen Fassung. Die Ausnahmeregelung des § 102 Abs. 2 Nr. 1 SVG weicht aber u.a. für Soldaten auf Zeit, die vor dem 26. Juli 2012 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden sind, von diesem Grundsatz ab. Das Soldatenversorgungsgesetz gilt in der ab dem 26. Juli 2012 geltenden Fassung, wenn das Dienstverhältnis des Soldaten auf Zeit „nach dem 23. Mai 2015 nach § 40 Absatz 2 des Soldatengesetzes verlängert wird“. Gemäß § 40 Abs. 2 SG kann die Dauer der Berufung eines Soldaten auf Zeit aufgrund freiwilliger Weiterverpflichtung (innerhalb bestimmter Grenzen) „verlängert werden“.
Aus diesem Normengefüge ergibt sich einerseits, dass die Verlängerung des Dienstverhältnisses i.S.v. § 40 Abs. 2 SG durch Verwaltungsakt erfolgt (1) und andererseits, dass es für den Zeitpunkt des „Verlängertwerdens“ auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe dieses Verwaltungsakts ankommt (2).
(1) Die Verlängerung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit gemäß § 40 Abs. 2 SG stellt einen (antragsbedürftigen) Verwaltungsakt i.S.v. § 35 Satz 1 VwVfG dar (vgl. OVG NW, B.v. 5.11.2013 – 1 B 1092/13 – juris Rn. 9). Insbesondere ergibt sich das Verwaltungsaktmerkmal der „Regelung“ aus dem Umstand, dass durch die Verlängerung das Wehrdienstverhältnis i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 SG in seinem Charakter als öffentliches Dienstverhältnis hinsichtlich eines wesentlichen Merkmals, nämlich seiner Dauer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SG, neu geregelt wird. Insofern entfaltet die Verlängerung des Dienstverhältnisses durch die intendierte Herbeiführung von Rechtsfolgen auch eine Regelungswirkung.
(2) Für die Frage, ob im vorliegenden Fall die Ausnahmeregelung des § 102 Abs. 2 Nr. 1 SVG Anwendung findet, ist entscheidend, was unter „verlängert wird“ gemäß § 102 Abs. 2 Nr. 1 SVG (i.V.m. § 40 Abs. 2 SG) zu verstehen ist. Der Sinngehalt der Norm ist insoweit anhand der Kriterien der grammatikalischen, systematischen, historischen und teleologischen Auslegung zu ermitteln.
Hinsichtlich des Wortlauts stellt § 102 Abs. 2 Nr. 1 SVG auf das „Verlängertwerden“ ab. Dem Wortlaut lässt sich nicht eindeutig entnehmen, was unter „Verlängertwerden“ zu verstehen ist. Die Verwendung des Verbs „verlängern“ in seiner Passivform deutet aber darauf hin, dass ein Vorgang stattgefunden haben muss, dass also die Verlängerung vorgenommen wurde. Dies lässt darauf schließen, dass nach § 102 Abs. 2 Nr. 1 SVG maßgeblich sein soll, wann die Verlängerung des Dienstverhältnisses ihrer Wirkung nach stattgefunden hat.
Die systematische Stellung des § 102 Abs. 2 Nr. 1 SVG, vor allem in Verbindung mit dem in Bezug genommenen § 40 Abs. 2 SG sowie dessen Zusammenhang mit § 40 Abs. 1 SG, spricht dafür, dass das „Verlängertwerden“ auch im Sinne des § 102 Abs. 2 Nr. 1 SVG das Vorliegen eines Verwaltungsakts verlangt, d.h., dass es also eines rechtlich seine Wirkung entfaltenden Verwaltungsakts bedarf.
In historischer Hinsicht ergibt sich aus der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Verteidigungsausschusses des Bundestages zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung – BT-Drs. 18/3697 – (BT-Drs. 18/4119) das Folgende:
„Die Anwendung der im Bundeswehrreform-Begleitgesetz vorgesehenen Regelungen des Soldatenversorgungsgesetzes auf dem Gebiet der Berufsförderung und der Dienstzeitversorgung der Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit – Wegfall des Anspruchs auf Freistellung am Ende der Wehrdienstzeit verbunden mit der Erhöhung der Ansprüche auf Übergangsgebührnisse, Übergangsbeihilfe und Förderung der schulischen und beruflichen Bildung – soll in bestimmten Fallgestaltungen auch für die Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit verfügbar gemacht werden, deren Dienstverhältnis vor dem Inkrafttreten des Bundeswehrreform-Begleitgesetzes begonnen hat. Eine Anwendung des neuen Rechts erfolgt nach Nummer 1 generell im Fall der Weiterverpflichtung nach § 40 Absatz 2 des Soldatengesetzes, soweit sie nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgt oder nach Nummer 2 im Einzelfall auf Antrag, wenn die Wehrdienstzeit mindestens auf sechs Jahre festgesetzt ist und die Sicherstellung der Deckung des Personalbedarfs es erfordert, dass die Soldatinnen und Soldaten anstelle der Freistellung vom militärischen Dienst bis zum Ende der Verpflichtungszeit ihre Aufgaben wahrnehmen.“ (Hervorhebung nicht im Original)
Auch hier vermittelt die Wortwahl in der Gesetzesbegründung den Eindruck, dass es auf einen „Erfolg“ der Weiterverpflichtung ankommt, es mithin des Wirksamwerdens der Weiterverpflichtungsentscheidung bedarf.
Die teleologische Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Norm kann hier nur ergeben, dass aufgrund des systematischen Zusammenhanges und des Charakters der Verlängerung des Dienstverhältnisses als Verwaltungsakt grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln für Verwaltungsakte verfahren werden soll. Für einen Verwaltungsakt kommt es hinsichtlich seiner Wirksamkeit gemäß § 43 VwVfG auf die Bekanntgabe an. Erst mit der Bekanntgabe (§ 41 VwVfG) wird der Verwaltungsakt in rechtlicher Hinsicht (nach außen hin) existent. Erst mit der Bekanntgabe können aus dem Verwaltungsakt selbst Rechtsfolgen abgeleitet werden. Daher ist bis zur Bekanntgabe des Verwaltungsaktes das Dienstverhältnis nicht verlängert. Dafür spricht auch, dass der Zeitpunkt der Bekanntgabe feststellbar ist und daher auch die Frage des zeitlichen Eintretens von Rechtsfolgen hinreichend sicher geklärt werden kann.
(3) Die Auslegung des Gesetzes ergibt folglich, dass durch die Formulierung „Verlängertwerden“ verlangt wird, dass der Verwaltungsakt der Verlängerung des Dienstverhältnisses dem Soldaten bekannt gegeben worden ist. Da die Bekanntgabe hier am 3. Juni 2015 und somit nach dem Inkrafttreten des Bundeswehrreform-Begleitgesetzes am 23. Mai 2015 erfolgte, ist hier grundsätzlich davon auszugehen, dass für den Kläger § 5 Abs. 1 Satz 1 SVG in seiner heutigen Fassung Anwendung findet.
bb) Ob die Beklagte verpflichtet war, den Kläger über die Folgen der Dienstzeitverlängerung in Verbindung mit dem § 102 Abs. 1 SVG zu belehren, kann dahinstehen. Denn auch bei unterstellter Verletzung der Fürsorgepflicht gemäß § 31 SG durch ein Unterlassen eines derartigen Hinweises folgt daraus jedenfalls kein Anspruch des Klägers auf Förderung seiner schulischen und beruflichen Bildung schon während der Dienstzeit.
Eine Belehrungspflicht über alle für die Soldaten einschlägigen Vorschriften besteht nicht. Der Dienstherr kann im Regelfall erwarten, „dass sich der [Soldat] um Angelegenheiten, die in seinem eigenen wohlverstandenen Interesse liegen, selbst bemüht“ (BayVGH, U.v. 8.10.2012 – 14 BV 11.763 – juris Rn. 28 m.w.N.). Eine Belehrungspflicht wird nur ausnahmsweise bei bestimmten Fallgestaltungen angenommen, wie z.B. einem vom Dienstherrn erkannten oder erkennbaren Irrtum des Soldaten in einem bedeutsamen Punkt oder wenn in ständiger Verwaltungspraxis über solche Rechtsänderung belehrt wird und der Soldat nicht derart belehrt wurde (vgl. BayVGH, a.a.O.).
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt eines möglichen „rechtsmissbräuchlichen“ Verhaltens der Beklagten. Der auch im öffentlichen Recht geltende Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. u.a. BVerwG, U.v. 22.1.1993 – 8 C 46.91 – NVwZ 1993, 1102/1104) kann den klägerisch geltend gemachten Anspruch nicht begründen. Der Grundsatz von Treu und Glauben vermag zwar insbesondere im Beamtenrecht als einem auf Dauer angelegten Rechtsverhältnis, in dem Dienstherr und Beamter verbunden sind, die nach der jeweiligen Interessenlage gebotenen Nebenpflichten zu begründen (vgl. BVerwG, U.v. 28.5.2003 – 2 C 28.02 – DVBl 2003, 1552).
Dabei sind die im Zivilrecht geltenden Grundsätze nicht unbesehen zu übernehmen, da insbesondere der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung anders als im Privatrecht dem Verhältnis der Beteiligten einen eigenen Charakter zukommen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 18.1.2001 – 3 C 7.00 – BVerwGE 112, 351: „[Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung] entbindet den Staat aber nicht generell von dem Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es gebieten“; Hervorhebung nicht im Original; BVerwG, U.v. 7.12.1960 – V C 228.59 – VerwRspr 1961, 406; Schubert in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, § 242 BGB Rn. 117).
Es ist hier kein widersprüchliches Verhalten der Beklagten feststellbar, da durch ihr Verhalten auch kein Rechtsschein des Anspruchsbeginns schon innerhalb der Dienstzeit entstand, auf welchen der Kläger hätte vertrauen können. Wie sich aus der Zusammenschau der Bezeichnung des Schreibens vom 21. Mai 2015 („Empfangsbekenntnis“), dem Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung:, der Unterschrift durch den Sachbearbeiter lediglich unter dem Feld „Sachlich richtig“ und dem Gegensatz zum eigentlich regelnden Akt der Mitteilung der Dienstzeitverlängerung vom gleichen Datum ergibt, konnte hier aus Sicht eines Empfängers nicht darauf vertraut werden, dass mit der Angabe in der Rubrik „Beginn Anspruch BFDBw“ verbindlich der Beginn des Anspruchs auf schulische und berufliche Bildung festgelegt werden sollte.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ist mithin nicht anzunehmen.
b) Der Kläger hat den geltend gemachten Anspruch auch nicht aufgrund des „Empfangsbekenntnisses über die Mitteilung der Verlängerung des Dienstverhältnisses“. Dieses Empfangsbekenntnis stellt keinen Verwaltungsakt gemäß § 35 Satz 1 VwVfG dar, da es keine rechtliche Regelungswirkung beabsichtigt hat und damit im Ergebnis auch keinen Rechtsanspruch für den Kläger begründen kann.
Entscheidend für die Prüfung, ob ein Handeln der Verwaltung einen Verwaltungsakt im Sinne des materiellen Verwaltungsaktbegriffs des § 35 Satz 1 VwVfG darstellt, ist der objektive Sinngehalt der Erklärung. Dieser erschließt sich, ähnlich wie der Inhalt einer Willenserklärung in Zivilrecht gemäß §§ 133, 157 BGB, aus dem sog. objektiven Empfängerhorizont.
Entscheidend ist also, wie der Betroffene das Verhalten der Behörde unter Berücksichtigung aller in Betracht zu ziehenden Umstände verstehen darf und muss, wobei z.B. das Handeln oder die Erklärung nach ihrer äußeren Form, ihrer Abfassung, ihrer Begründung, das Beifügen einer Rechtsmittelbelehrungoder vergleichbare Gesichtspunkte mögliche, aber nicht zwingende Anhaltspunkte bieten können. Darüber hinaus sind auch alle sonstigen bekannten oder erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen, welche mit dem Vorgang in einem zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang stehen. Dabei gehen Unklarheiten zulasten der Behörde (vgl. u.a. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 47.12 – juris Rn. 27; U.v. 23.9.1998 – 6 C 6.98 – BayVBl 1999, 411).
Für das Verwaltungsaktmerkmal der Regelungswirkung ist also erforderlich, dass nach dem objektiven Erklärungsgehalt das Verhalten der Verwaltung darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge zu setzen. Dies liegt insbesondere vor, wenn rechtsverbindlich Rechte oder Pflichten begründet bzw. in ihrem Inhalt geändert werden sollen (vgl. BVerwG, U.v. 21.6.2017 – 6 C 3.16 – BVerwGE 159, 148).
Unter Zugrundelegung obiger Grundsätze ist hier davon auszugehen, dass in dem Empfangsbekenntnis keine auf die Regelung eines Sachverhalts gerichtete Maßnahme der Verwaltung zu sehen war.
Da es hier zum Zeitpunkt des Zugangs des „Empfangsbekenntnisses“ angesichts der zeitlich erst nach Erhalt der Mitteilung erfolgten Nachforschungen (u.a. seitens des S1-Feldwebels) an relevanten Umständen, welche außerhalb des Formulars selbst lagen, fehlt, kann hier auch nur auf die unmittelbare Gestaltung des „Empfangsbekenntnisses“ abgestellt werden.
Damit nachträgliche Entwicklungen den Willensgehalt und damit die zu beachtende Rechtswirkung für den (objektivierten) Empfänger weder verschlechtern noch verbessern, kommt es für die vorzunehmende Auslegung nur auf den Zeitpunkt des Zugangs an (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.2007 – 6 C 47.06 – NVwZ 2008, 571/ 573).
Gegen eine intendierte Regelungswirkung zum Zeitpunkt des Zugangs spricht schon die äußere Form des gesamten Schreibens vom 21. Mai 2015. Es wird ausdrücklich als „Empfangsbekenntnis“ bezeichnet. Ein „Empfangsbekenntnis“ ist schon seinem Wortsinn nach lediglich der Vermerk des Empfängers einer Mitteilung, dass er diese erhalten hat. In dieser liegt demnach grundsätzlich keine vom Ersteller der Mitteilung beabsichtigte Herbeiführung von Rechtsfolgen. Sie dient vielmehr der Beweisbarkeit des Zugangs der eigentlichen Mitteilung, welche vielmehr selbst Regelungscharakter haben kann. Von dem Vorhandensein des Letzteren kann aber nicht auf den Regelungscharakter des „Empfangsbekenntnisses“ geschlossen werden. Das „Empfangsbekenntnis“ enthält darüber hinaus keine Rechtsbehelfsbelehrung:.
Auch inhaltlich war aus objektivierter Empfängersicht nicht von der Absicht der Herbeiführung einer Rechtsfolge auszugehen. Eine Unterschrift von Verwaltungsseite findet sich hier nur unter „Sachlich richtig“. Dies weist auch darauf hin, dass es bei dem Schreiben aus Empfängersicht offenbar allein um Dokumentierungszwecke ging. Dass das „Empfangsbekenntnis“ grundsätzlich nicht auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen aus Empfängersicht gerichtet sein konnte, ergibt sich zudem daraus, dass es Angaben bezüglich des Dienstzeitendes bzw. der neuen Dienstzeit an sich enthält, obwohl diese Daten schon aus der eigentlichen Mitteilung über die Dauer des Dienstverhältnisses hervorgingen. Damit lag (in Kombination mit der Bezeichnung als „Empfangsbekenntnis“) zumindest diesbezüglich aus Empfängersicht nahe, dass lediglich eine Wiederholung der eigentlichen Regelung in der Mitteilung vorlag.
Ansonsten hätte bei einer angenommenen unterschiedlichen Datierung auf dem Empfangsbekenntnis eine widersprüchliche Rechtslage vorgelegen. In einem solchen Fall könnte es aus Empfängersicht folglich auch nur auf die in der eigentlichen Mitteilung enthaltene Datierung ankommen. Dies zeigt, dass aus Empfängersicht nur diese Mitteilung auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet war.
Die äußere Form bzw. Gestaltung und der Zusammenhang mit der eigentlichen Mitteilung über das neue Dienstzeitende sprechen aus Empfängersicht auch hinsichtlich des Feldes „Beginn Anspruch BFDBw“ gegen die Intention, eine Rechtsfolge herbeizuführen. Es ist nicht ersichtlich, warum gerade die dort angegebene Datierung anders als der restliche Inhalt des „Empfangsbekenntnisses“ als beabsichtigte Herbeiführung einer Rechtsfolge zu verstehen sein sollte. Mangels einer optischen oder inhaltlichen Trennung von dem restlichen Inhalt war vielmehr aus Empfängersicht davon auszugehen, dass diese Angabe nicht Ausdruck eines anderen Willens sein konnte, sondern dass sich nur ein einheitlicher Wille der Dokumentierung in dem Formular niederschlug.
Es spricht auch nichts dafür, dass das „Empfangsbekenntnis“ aus dem Zusammenhang mit der eigentlichen Mitteilung über die neue Dauer des Dienstverhältnisses deren Charakter als Verwaltungsakt teilt. Vielmehr liegt eine klare inhaltliche Trennung vor, wie sich schon aus dem Vorliegen von verschiedenen Dokumenten ergibt.
2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
4. Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (§§ 124, 124a VwGO).

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