Arbeitsrecht

Kein Anspruch eines Rentners auf Erteilung eines Hochseepatents

Aktenzeichen  13 O 61/18

Datum:
8.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 56298
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Kempten
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BayFiG Art. 29
GG Art. 2, 3, 12
BGB § 242
AGG § 21 Abs. 2 S. 3

 

Leitsatz

Zweifellos ist die Reduzierung der Patentzahlen, auch durch Verweigerung eines weiteren Erlaubnisscheins für weitere Jahre an den Kläger, jedenfalls geeignet, die legitimen Ziele (Gewässerreinheit, Erhaltung des Fischereibetriebs und Fischhege am Bodensee) zu fördern und ein Eingriff in die Berufsfreiheit auch gerechtfertigt. (Rn. 73 und 74) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 67.307,88 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das Gericht sieht sich im Hinblick auf den umfangreichen Sachvortrag der Parteien, insbesondere des Klägers zu der allgemeinen Lage des Bodensees und der Berufsfischerei zunächst zu dem ausdrücklichen Hinweis veranlasst, dass es nicht Aufgabe des schriftlichen Urteils ist, sämtliche Erwägungen des Gerichts darzustellen. Nach § 313 III ZPO sollen die Entscheidungsgründe nur eine „kurze Zusammenfassung“ der Erwägungen enthalten, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. Ein Gericht braucht deshalb nicht jedes Parteivorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu behandeln (BVerfG RdL 2004, 68 [unter II 1 a]; BGHZ 3, 162 [175]; NJW 2003, 1943 [1947]; NJOZ 2005, 3387 [3388]; BAG MDR 2005, 1008).
Das Gericht hat gleichwohl vor seiner Entscheidung alle vorgetragenen Sachverhalte und Behauptungen der Parteien, soweit es sich um keinen unzulässigen neuen Vortrag handelt, auf ihre Relevanz für das vorliegende Verfahren geprüft. Die schriftlichen Urteilsgründe beschränken sich auf die Darstellung der wichtigsten Überlegungen des Gerichts, die Grundlage der Entscheidung waren.
Dabei hat das Gericht nur die tatsächlichen Ausführungen der Parteien bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zugrunde gelegt, die weiteren rechtlichen Ausführung der Parteien bis zur Verkündung der Entscheidung wurden vollumfänglich berücksichtigt.
Auch hat das Gericht das weitere tatsächlich Vorbringen der Parteien dahingehend geprüft, ob die mündliche Verhandlung angesichts dessen und der seit Ende der mündlichen Verhandlung gewährten Schriftsatzfristen sowie erteilten Hinweise wieder zu eröffnen ist. Das Gericht hat dies nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens gemäß § 156 ZPO verneint. Auch das weitere Vorbringen der jeweiligen Parteivertreter rechtfertigt keine andere Entscheidung in der Sache.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Kempten sachlich und örtlich zuständig.
1. Dabei ist insbesondere für die hiesige Streitigkeit der zunächst vom Kläger gewählte Privatrechtsweg zulässig. Es lassen sich dem Vortrag des Klägers privatrechtliche Anspruchsgrundlagen für die geltend gemachten Ansprüche erkennen ohne dass das strittige Rechtsverhältnis zwingend nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beurteilen wäre.
1.1 In vier Entscheidungen hat der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes folgende Abgrenzungskriterien entwickelt: Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird.
Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger der hoheitlichen Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient, oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt.
Aus einem Gleichordnungsverhältnis kann allerdings noch nicht ohne weiteres auf eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit geschlossen werden, weil auch dem öffentlichen Recht eine gleichgeordnete Beziehung zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem nicht fremd ist. So liegt es im Wesen – auch des öffentlich-rechtlichen – Vertrages, dass sich die Vertragsparteien grundsätzlich gleichberechtigt gegenüberstehen. Für die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag kommt es daher auf dessen Gegenstand und Zweck an. Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist. Dabei ist für den öffentlichen-rechtlichen Vertrag zwischen einem Träger öffentlicher Verwaltung und einer Privatperson typisch, dass er an die Stelle eines sonst möglichen Regelung durch Verwaltungsakt tritt (vgl. § 54 Abs. 2 VwVfG). Über diese Zuordnung des Vertragsgegenstandes entscheidet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aber auch, ob die Vertragsabmachungen mit ihrem Schwerpunkt öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet sind und welcher Teil dem Vertrag das entscheidende Gepräge gibt. (Musielak/Voit/Wittschrer, 15. Aufl. 2018, GVG § 13 Rn. 5).
Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob eine bürgerlich-rechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt, ist im Regelfall die Rechtsnatur des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs, wie er sich aus dem Klageantrag in Verbindung mit den vom Kläger zur Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen ergibt, wobei es auf die Rechtsauffassungen der Parteien nicht ankommt. […] Nach der Auffassung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes ist es dabei für die Annahme einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit noch nicht ausreichend, dass sich der Kläger – oder im Falle der negativen Feststellungsklage der Beklagte – auf eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage beruft. Auf der anderen Seite ist es aber nicht erforderlich, dass ein zivilrechtlicher Klageanspruch schlüssig dargetan ist. Maßgebend ist vielmehr, dass der Parteivortrag – seine Richtigkeit unterstellt – Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergibt, für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die zuständigkeits- und die anspruchsbegründenden Tatsachen zusammenfallen.
Aus dem Sachvortrag des Klägers – oder im Falle der negativen Feststellungsklage aus dem Vortrag des Beklagten – können sich mehrere Ansprüche mit unterschiedlicher Rechtswegzuständigkeit ergeben. Handelt es sich dabei um einen einheitlichen prozessualen Anspruch, der auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete (auch tatsächlich und rechtlich selbständige) Anspruchsgrundlagen gestützt wird, so ist gemäß § 13 der Zivilrechtsweg gegeben, wenn wenigstens ein Klagegrund eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit darstellt. Bei einer Mehrheit prozessualer Ansprüche muss dagegen die Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsweges und damit das Vorliegen einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit für jeden Anspruch getrennt geprüft werden. (Musielak/Voit/Wittschier, 15. Aufl. 2018, GVG § 13 Rn. 6-7).
1.2 Vorliegend sind nach dem Vortrag des Klägers zivilrechtliche Ansprüche auf die Erteilung des begehrten Erlaubnisscheines jedenfalls denkbar und zu diskutieren, wenn auch gerade strittig und im Ergebnis unbegründet.
1.3 Bei dem begehrten Hochseepatent handelt es sich als Erlaubnisschein im Sinne des Art. 29 BayFiG auch um ein privatrechtliches Legitimationspapier, wie auch der BGH in dem Urteil vom 13.4.1960 – V ZR 15/59 wenn auch zum preußischen Fischereigesetz einen solchen Erlaubnisschein bezeichnete Die einer wie der begehrten Erteilung zugrundeliegende vertragliche Vereinbarung oder Gefälligkeit oder wie hier vom Kläger vorgetragene gewohnheitsrechtliche Entwicklung ist dabei nicht nur angesichts der systematischen Stellung des Art. 29 BayFiG im Abschnitt über Pachtverhältnisse, sondern auch inhaltlich einem Pachtvertrag nachgebildet und gewährt als solches das Recht aus dem jeweiligen Gewässer Nutzungen zu ziehen und zu verwerten.
1.4 Die Art und Weise wie dieses Rechts auf dem jeweiligen Gewässer auszuüben ist, wird zwar im Rahmen von Verordnungen geregelt, ändert jedoch nichts an der Rechtsnatur der Grundlage des Erlaubnisscheins und desselben. Diese sind letztlich privatrechtlich.
Insbesondere ist die Erteilung eines solchen Erlaubnisscheins auch nicht nur dem Beklagten oder einem anderen Hoheitsträger möglich, sondern auch jeder natürlichen Person für die Gewässer in denen sie fischereiberechtigt ist. Gerade der Vergleich mit natürliche fischereiberechtigten Personen zeigt, dass auch kein besonderes Über- oder Unterordnungsverhältnis vorliegt, das auf eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit rückschließen ließe. Vielmehr ist eine unterschiedliche Stärke der jeweiligen Positionen dem Verhältnis zwischen Fischereiberechtigtem und Erlaubnisscheinnehmer ebenso inherent wie zwischen Verpächter und Pächter oder Vermieter und Mieter.
1.5 Auch aus dem Umstand, dass der Beklagte bei seinen Handlungen die Grundrechte zu beachten hat und sich dabei auch auf eine Bindung an internationale Beschlüsse beruft, vermag an der Rechtsnatur der Streitigkeit nichts zu ändern. Vielmehr ist der Beklagte grundsätzlich stets an die Grundrechte gebunden und verfolgt ebenso grundsätzlich öffentliche Belange, solange er nicht rein fiskalisch handelt.
1.6 Nachdem der Kläger seine Ansprüche auch auf Erteilung der Patente und auf Schadensersatz zumindest auch auf zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen stützt, ist der Zivilrechtsweg insoweit zulässig.
Unzweifelhaft besteht der Zivilrechtsweg für die geltend gemachten Ansprüche nach dem AGG.
2. Daneben war über den Verweisungsantrag des Klägers vom 07.02.2019, den dieser erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung stellte, nicht gemäß § 17a GVG vorab zu entscheiden. Nachdem eine Entscheidung vor dem unter 1 dargestellten Hintergrund auch zu keiner anderen Folge geführt hätte, war auch insoweit die mündliche Verhandlung nicht erneut zu eröffnen.
Die Klage ist damit zulässig.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Hochseepatente in Form von entsprechenden Erlaubnisscheinen gemäß Art. 29 BayFtG noch auf den ebenfalls geltend gemachten Schadensersatz für das Jahr 2018 noch die geltend gemachte Entschädigung wegen Altersdiskriminierung nach dem AGG.
1. Hinsichtlich eines Anspruchs auf Erteilung der Erlaubnisscheine, wurde die entsprechende Grundlage in Form eines Erlaubnisvertrages trotz entsprechender Hinweise des Gerichts bereits nicht ausreichend dargelegt.
1.1. „Grundlage für die Ausstellung des Erlaubnisscheins ist in der Regel ein pachtähnliches Rechtsgeschäft. In diesem formfreien Erlaubnisvertrag verpflichten sich der Berechtigte zur Erteilung eines Erlaubnisscheins mit bestimmtem Inhalt und der Erlaubnisnehmer regelmäßig zu einer entsprechenden Gegenleistung. Notwendigkeit und Höhe einer Gegenleistung sind nicht vorgegeben. Der Pachtvertrag kann allerdings Höchst- oder Mindestpreise für die vom Pächter auszustellenden Erlaubnisscheine festlegen. Das Gesetz lässt auch die unentgeltliche Erlaubniserteilung zu.
Anstelle einer rechtsgeschäftlichen Verpflichtung genügt als Grundlage auch eine bloße Gefälligkeit, die dem Partner keinen Rechtsanspruch auf den Erlaubnisschein verschafft (vgl. zum Ganzen Malsen-Waldkirch/Hofer, Art 35 Anm. b; Bleyer, Art. 35 Bern. 1 und 2; Weiß, Art. 35 Anm. 1).
Auch der rechtsgeschäftlich bindende Erlaubnisvertrag gibt insoweit, als das Gesetz den „Erlaubnisschein“ verlangt, noch nicht die Befugnis zum Fischfang; diese vermittelt erst der Erlaubnisschein selbst. Erlaubnisvertrag und -schein sind somit rechtlich als Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschaft voneinander zu unterscheiden. Im praktischen Ablauf gehen beide Akte aber ineinander über, ohne dass sich die Beteiligten die rechtliche Unterscheidung bewusst machen müssten. Nach Maisen-Waldkirch/Hofer (Art. 35 Anm. c) meint das Gesetz mit dem Begriff „Erlaubnisschein“ sowohl die Urkunde als auch den Erlaubnisvertrag. (Braun, Kommentar zum Fischereigesetz, 74. AL August 2018, Art. 29 Rn. 6)
1.2. Soweit der Kläger als Grundlage hierfür Gewohnheitsrecht anführt und vorträgt auch in der Vergangenheit sei das Patent jedes Jahr nur beim Landratsamt abzuholen gewesen, verfängt dies angesichts der hinsichtlich der zeitliche Komponenten eindeutigen Regelung in Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayFiG nicht. Insoweit stellte auch der BGH in dem Urteil vom 13.04.1960, V ZR 15/59, auf dass das Gericht auch bereits ausdrücklich hingewiesen hatte, wenn auch zum preußischen Fischereigesetz, zutreffend fest, dass eine schuldrechtliche Verpflichtung des Fischereiberechtigten einem anderen eine beschränkte Ausübung des Fischereirechts für die Dauer von mehr als 3 Jahren zu gestatten, unwirksam sei.
Hintergrund dieser Entscheidung, wie auch des Art. 29 Abs. 2 BayFiG ist jeweils, dass gerade eine zeitliche Verfestigung eines solchen beschränkten Ausübungsrechts der Fischerei vermieden werden soll, um dem Fischereiberechtigten die Möglichkeit zu geben auf Entwicklungen zu reagieren und den Fischfang in dem Gewässer gerade einschränken zu können. Hintergrund einer solchen Beschränkung und Verhinderung eines Gewohnheitsrechts ist, es dem Fischereiberechtigten zu ermöglichen zeitnah auf Veränderungen reagieren zu können und die Intensität der Befestigung am gesetzlichen Hegeziel (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BayFiG) zu messen und anzupassen, vgl. Braun, a.a.O., Art. 29 Rn. 31, 32.
Gerade aufgrund dieser Weise der nur zeitlich befristeten Möglichkeit der Erteilung, wie sie vorliegend ja auch über 55 Jahre gehandhabt wurde, nachdem die Hochseepatente nur jeweils für ein Jahr erteilt wurden, wird eine solche Vertrauensbildung, die Gewohnheitsrechte entstehen lassen könnte, verhindert.
1.3. Aus einer gefälligen Erteilung der Scheine bislang besteht ein Anspruch auf erneute Erteilung auch nicht, vgl. oben.
1.4. Weiterer Vortrag zu einer konkreten vertraglichen Anspruchsgrundlage zwischen den Parteien erfolgte nicht. Eine solche scheint auch gerade nicht zu bestehen.
2. Ferner besteht auch im Übrigen kein Anspruch des Klägers auf Abschluss einer solchen vertraglichen Vereinbarung, die den Anspruch auf Erteilung eines Erlaubnisscheines in Gestalt eines Hochseepatentes vermitteln würde, etwa aus § 242 BGB oder anderen Anspruchsgrundlagen.
2.1. Allein aus der seit 55 Jahren erfolgten Praxis, dass der Kläger jährlich zu Beginn der Fischereisaison einen entsprechenden Erlaubnisschein beim Landratsamt abholte, kann ein solcher Anspruch aus denselben Gründen wie eben unter 1 dargelegt nicht hergeleitet werden.
2.2. Auch die engen Voraussetzungen, aus denen aus § 242 BGB allgemein ein Kontrahierungszwang hergeleitet werden könnte, liegen nicht vor.
Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich auf die Leistung, hier die Erteilung des Hochseepatentes, angewiesen ist, also ein Verzicht auf diesen für ihn trotz der Möglichkeit eines Alterspatentes unzumutbar ist oder ob tatsächlich keine zumutbare gleichwertige Alternative bestünde, da jedenfalls die gegenständliche Ablehnung des Vertragsschlusses oder auch der Erteilung eines Erlaubnisscheins nach Art. 29 BayFIG in Form eines Hochseepatentes durch den Beklagten nicht willkürlich, sondern zur Verfolgung legitimer Zwecke insbesondere der Fischhege nach Art. 1 Abs. 2 BayFiG erfolgte.
Auch verfängt insoweit der Vorwurf des Klägers, eine eventuelle Notwendigkeit der Beschränkung der Patentzahlen sei auf ein vorheriges Vorgehen des Klägers selbst zurückzuführen, was sich aus einem Bericht der Vereinigung Schweizer Berufsfischer ergäbe, nicht. Unabhängig von einem früheren Vorgehen, können für die Zukunft selbstverständlich weiterhin die Ziele der Fischhege verfolgt werden.
2.3 Auch lässt sich ein solcher Kontrahierungszwang aus der Bindung des Beklagten an die Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG vorliegend nicht herleiten. Eventuelle Beeinträchtigungen der Grundrechte des Klägers, sind angesichts der vom Beklagten verfolgten Ziele gerechtfertigt.
2.3.1. Durch die Verweigerung einer erneuten Patenterteilung oder damit konkludent verbundenen Abschluss eines Erlaubnisvertrages in Vollzug der Beschlüsse der IBKF durch den Beklagten mag grundsatzlich ein möglicher Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers gemäß Art. 12 GG gesehen werden, jedoch ist dieser, unabhängig von der Qualifikation als Eingriff der 1. oder der 2. Stufe nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, jedenfalls gerechtfertigt.
2.3.1.1. Nach der sog. Drei-Stufen Theorie ist bei der Berufsfreiheit zwischen Regelungen der Berufsausübung sowie subjektiven und objektiven Zulassungsschranken zu differenzieren. Es gelten grundsätzlich unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe für die Verhältnismäßigkeitsprüfung, je nachdem wie der Eingriff zu qualifizieren ist (BVerfGE 7, 377, stRspr.). In der diesem Urteil vom 11. Juni 1958 – 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377-444 führt das Bundesverfassungsgericht zur Berufsfreiheit aus: Das Grundrecht soll die Freiheit des Individuums schützen, der Regelungsvorbehalt ausreichenden Schulz der Gemeinschaftsinteressen sicherstellen. Aus der Notwendigkeit, beiden Forderungen gerecht zu werden, ergibt sich für das Eingreifen des Gesetzgebers ein Gebot der Differenzierung etwa nach folgenden Grundsätzen:
Die Freiheit der Berufsausübung kann beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen; der Grundrechtsschutz beschränkt sich auf die Abwehr in sich verfassungswidriger, weil etwa übermäßig belastender und nicht zumutbarer Auflagen.
Die Freiheit der Berufswahl darf nur eingeschränkt werden, soweit der Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter es zwingend erfordert. Ist ein solcher Eingriff unumgänglich, so muss der Gesetzgeber stete diejenige Form des Eingriffs wählen, die das Grundrecht am wenigsten beschränkt.
Wird in die Freiheit der Berufswahl durch Aufstellung bestimmter Voraussetzungen für die Aufnahme des Berufs eingegriffen, so ist zwischen subjektiven und objektiven Voraussetzungen zu unterscheiden: für die subjektiven Voraussetzungen gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in dem Sinn, dass sie zu dem angestrebten Zweck der ordnungsmäßigen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen dürfen. An den Nachweis der Notwendigkeit objektiver Zulassungsvoraussetzungen sind besonders strenge Anforderungen zu stellen; im allgemeinen wird nur die Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut diese Maßnahme rechtfertigen können. Regelungen nach Art 12 Abs. 1 Satz 2 GG müssen stets auf der „Stufe“ vorgenommen werden, die den geringsten Eingriff in die Freiheit der Berufswahl mit sich bringt; die nächste „Stufe“ darf der Gesetzgeber erst dann betreten, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit dargetan werden kann, dass die befürchteten Gefahren mit verfassungsmäßigen Mitteln der vorausgehenden „Stufe“ nicht wirksam bekämpft werden können.
2.3.1.2. Angesichts der Möglichkeit des Klägers ab dem 70. Lebensjahr und bei Bezug einer Rente ein Alterspatent zu erhalten, welches ihm die Möglichkeit des Fischfangs mit noch einem Schwebnetz ermöglicht, liegt ein denkbarer Eingriff der ersten Stufe, d.h. einer Berufsausübungsregel und nicht der 2. Stufe, d.h. einer subjektiven Zugangsregelung nahe. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass gesetzliche Altersgrenzen, die die berufliche Betätigung betreffen, an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sind. Altersgrenzen sind subjektive Zulassungsbeschränkungen (BVerfGE 9, 338 ; 64, 72 ). Sie müssen zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Berufs oder zum Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsguts, das der Freiheit des Einzelnen vorgeht, erforderlich sein und dürfen zum angestrebten Zweck nicht außer Verhältnis stehen sowie keine übermäßigen unzumutbaren Belastungen enthalten (vgl. nur BVerfGE 64, 72 ; 69, 209 ). (BVerfG Beschl. v. 26.1.2007 – 2 BvR 2408/06, BeckRS 2009, 31386, beck-online).
Auf die Frage, ob die Begrenzung auf nur ein Schwebnetz die Berufsausübung faktisch unmöglich macht und damit eine subjektive Zugangsregelung darstellt, kommt es vorliegend letztlich nicht an, nachdem auch ein Eingriff der 2. Stufe angesichts der vom Beklagten verfolgten Ziele der Gewässerreinheit, der Erhaltung des Fischereibetriebs und der Fischhege am Bodensee, die durchaus als besonders wichtige Gemeinschaftsgüter zu bezeichnen sind gerechtfertigt ist.
2.3.1.3. Im Rahmen der Frage einer solchen Rechtfertigung vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung, kommt zunächst dem Beklagten bei der Frage nach der Geeignetheit und Erforderlichkeit der von ihm vorzunehmenden Maßnahmen ein nicht unerheblicher Prognosespielraum und eine weite Einschätzungsprärogative zu. Zweifellos ist die Reduzierung der Patentzahlen, auch durch Verweigerung eines weiteren Erlaubnisscheines für die weiteren Jahre an den Kläger jedenfalls geeignet die legitimen Ziele zu fördern und damit geeignet.
Auch ist insbesondere angesichts der Möglichkeit der Beantragung eines Alterspatentes, im Verhältnis zur unterbliebenen erneuten Erteilung eines Hochseepatentes an den Kläger, also eine Beeinträchtigung niederer Stufe, sowie der vorher vorgenommenen Ankündigung der Neuverteilung der Patente kein ebenso erfolgversprechendes Mittel zur Erreichung derselben Ziele ersichtlich. Die weiteren vom Kläger vorgebrachten Möglichkeiten, die von verschiedenen Berufsverbänden ebenfalls ins Feld geführt wurden und sich allgemein mit der Lage der Berufsfischer und der Fischbestände am Bodensee und anderen Möglichkeiten der Entwicklung oder Förderung der Berufsfischerei sowie Fördermöglichkeiten sowie allgemein und in weiteren Punkten auseinandersetzen, ändern hieran nichts. Diese weiteren Möglichkeiten zur Erreichung der Ziele mögen dem Beklagten offen stehen, stellen jedoch angesichts der genannten weiten Prognosemöglichkeiten keine gleich effektiven aber milderen Mittel im Sinne der Erforderlichkeit in diesem Rahmen dar, sondern vielmehr weitere Möglichkeiten neben der hier gegenständlichen Maßnahme, allerdings keine tatsächlichen Alternativen hierzu.
Dass etwa die Beschränkung der Hochseepatente durch Nichterteilung an einen anderen Berufsfischer eine mildere Maßnahme darstellen würde, weil diesen die Maßnahme weniger hart treffen würde, wird bereits nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
2.3.1.4. Auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung im engeren Sinne, ist die gegenständliche Maßnahme, d.h. die Entscheidung des Beklagten dem Kläger kein volles Hochseepatent mehr zu erteilen, angemessen. Bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen den verfolgten Zielen des Beklagten und den Interessen des Klägers ist auch unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere zu Art. 12 GG und des EuGH sowie des Einflusses europarechtlicher Regelung auch zu starren Altersregelungen dem Beklagten jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen.
Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beklagte trotz der in dem IBKF-Beschluss von 2015 festgelegten starren Altersgrenze von 70 Jahren sich bei seiner Entscheidung nicht ausschließlich hiervon hat leiten lassen, sondern dem Kläger auch nach Vollendung dessen 70. Lebensjahres für zumindest zwei weitere Jahre entsprechen ein entsprechendes Hochseepatent erteilt hatte und sich auch bei der Entscheidung ob im weiterhin ein Hochseepatent zu erteilen sei viel mehr von dem Umstand leiten ließ, dass der Kläger bereits seit 55 Jahren die Gelegenheit zur Ausübung des gewerblichen Fischfangs auf dem Bodensee hatte und sich in dieser Zeit entsprechende Rücklagen bilden konnte und diese Entscheidung gerade nicht absolut am Alter des Klägers festmachte.
2.3.2. Aus Subsidiaritätsgründen kann eine Prüfung des Art. 2 GG zu keinem anderen Ergebnis führen.
2.3.3. Durch das Vorgehen des Beklagten sind auch die Grundsätze des Art. 3 GG gewahrt. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte durch den Beklagten liegt daher im Hinblick auf das von dem Kläger angeführte Alter nicht vor. Ebenso geht der Vergleich mit Berufsfischern in anderen Staaten des Bregenzer Übereinkommens fehl. Eine willkürliche Entscheidung liegt aus den bereits dargestellten Gründen gerade nicht vor.
2.3.4. Anderes ergibt sich auch nicht aus den Regelungen der bayerischen Verfassung, insbesondere des dortigen Art. 153. Auch hieraus kann der Kläger keine konkreten Ansprüche gegen den Beklagten herleiten.
2.4. Auch insgesamt lässt sich und Abwägung sämtlicher durch den Kläger wie auch vom Beklagten vorgetragenen und eventueller weiterer von Amts wegen zu beachtenden Umständen ein Anspruch des Klägers aus § 242 BGB auf Abschluss eines Erlaubnisvertrages oder Erteilung eines Erlaubnisscheines, wie begehrt nicht herleiten.
3. Weitere Anspruchsgrundlagen, die zu einem anderen Ergebnis führen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Erteilung eines sog. Alterspatentes wird im hiesigen Verfahren nicht begehrt.
4. Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch kein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz für das im Jahr 2018 nicht erteilte Hochseepatent.
5. Des Weiteren lassen sich vor diesem Hintergrund die Anspruchsvoraussetzungen des § 21 Abs. 2 Satz 3 AGG nicht begründen.
Darüber hinaus wäre vorliegend, wie vom Gericht bereits hingewiesen, die Ausschlussfrist nach § 21 Abs. 5 Satz 1 AGG, die mit „Entstehung des Anspruchs“ zu laufen begonnen hätte, abgelaufen. Anknüpfungspunkt soll nach Vortrag des Klägers die Verweigerung der Erteilung des Hochseepatentes gewesen sein, die dann eine dauernde Beeinträchtigung nach sich gezogen habe, weshalb auch auf diesem Zeitpunkt der Verweigerung der Erteilung abzustellen gewesen wäre.
Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, da gerade keine Verletzung des Benachteiligungsverbotes nach § 19 AGG, d.h. eine Benachteiligung wegen des Alters, festgestellt werden konnte.
III.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.


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