Arbeitsrecht

Keine Verbeamtung in den höheren Dienst als Diplom-Jurist/Juristin

Aktenzeichen  AN 16 K 19.01692

Datum:
4.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6479
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
BBG § 7 Abs. 1 Nr. 3, § 17 Abs. 5, Abs. 6, § 27
BLV § 19 Abs. 3, Abs. 4, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
VwGO § 113 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Für eine Verbeamtung in den höheren Dienst fehlt einer Diplom-Juristin mangels Vorbereitungsdienst und Zweiter Juristischer Staatsprüfung die Befähigung zum Richteramt; eine hauptberufliche Tätigkeit als Referentin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge genügt diesen Anforderungen nicht, da sie dem juristischen Vorbereitungsdienst qualitativ nicht vergleichbar ist. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Gleichstellung einer Diplom-Juristin mit anderen Bewerbern, die über keinen juristischen Abschluss verfügen, scheidet aus, da die Bewerberin auch als Diplom-Juristin der Obergruppe der Juristen unterfällt und sie sich gemäß Art. 33 Abs. 2 GG mit diesen vergleichen lassen muss; eine gleichheitswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Absolventen anderer Master- und Diplomstudiengänge ist darin nicht zu sehen. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg, da der Bescheid der Beklagten vom 4. März 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2019 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Laufbahnbefähigung für den höheren Dienst und Ernennung zur Beamtin auf Probe im höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst durch die Beklagte. Demgemäß erweist sich die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin durch die Beklagte im Verfahren zur Verbeamtung von Tarifbeschäftigten in die Laufbahn des höheren Dienstes als rechtmäßig. Auch die hilfsweise geltend gemachte Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über die Bewerbung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts kommt demnach nicht in Betracht (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Eine Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe kommt nur in Betracht, wenn der Bewerber zuvor die Laufbahnbefähigung erlangt hat (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG). Für die vorliegend von der Klägerin begehrte Zulassung zur Laufbahn des höheren Dienstes sind gemäß § 17 Abs. 5 BBG mindestens zu fordern als Bildungsvoraussetzung ein mit einem Master abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss (§ 17 Abs. 5 Nr. 1 BBG) und als sonstige Voraussetzung ein mit einer Laufbahnprüfung abgeschlossener Vorbereitungsdienst, eine inhaltlich dem Vorbereitungsdienst entsprechende Ausbildung und eine inhaltlich der Laufbahnprüfung entsprechende Prüfung oder eine hauptberufliche Tätigkeit (§ 17 Abs. 5 Nr. 2 BBG). Vor- und Ausbildung, Prüfung sowie sonstige Voraussetzungen müssen nach § 17 Abs. 6 BBG geeignet sein, die Befähigung für die Laufbahn zu vermitteln. Gemäß § 7 Nr. 2 BLV erlangen Bewerberinnen und Bewerber, die keinen erfolgreichen Abschluss eines fachspezifischen Vorbereitungsdienstes oder eines Aufstiegsverfahren des Bundes i.S.v. § 7 Nr. 1 BLV nachweisen können, die Laufbahnbefähigung durch Anerkennung, wenn sie a) die für die entsprechende Laufbahn vorgeschriebene Vorbildung oder b) die erforderliche Befähigung durch Lebens- und Berufserfahrung außerhalb eines Vorbereitungsdienstes oder eines Aufstiegsverfahrens des Bundes erworben haben. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BLV setzt die Anerkennung der Befähigung für die Laufbahn des höheren Dienstes nach § 7 Nr. 2 lit. a BLV eine inhaltlich den Anforderungen eines fachspezifischen Vorbereitungsdienstes entsprechende Ausbildung (Nr. 1) oder einen an einer Hochschule erworbenen Master oder einen gleichwertigen Abschluss, der zusammen mit einer hauptberuflichen Tätigkeit von mindestens zwei Jahren und sechs Monaten geeignet ist, die Befähigung für die entsprechende Laufbahn zu vermitteln (Nr. 2), voraus. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 BLV gilt § 19 Abs. 2 bis 4 BLV entsprechend. Nach § 19 Abs. 3 BLV muss die hauptberufliche Tätigkeit nach Fachrichtung und Schwierigkeit der Tätigkeit einer Beamtin oder eines Beamten derselben Laufbahn entsprechen. Gemäß § 21 Abs. 2 BLV hat die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst auch, wer die Befähigung zum Richteramt hat.
2. Die Beklagte ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei zu der Annahme gelangt, dass die Befähigung der Klägerin für die Laufbahn des höheren Dienstes nach diesen Maßgaben nicht anzuerkennen ist.
a) Die Klägerin hat Rechtswissenschaften an der …-…-Universität … studiert und die Erste Juristische Staatsprüfung am 16. April 2012 mit „ausreichend“ (4,70 Punkte) bestanden. Demgemäß wurde ihr am 19. Juni 2012 der Hochschulgrad Diplom-Juristin verliehen. Im Anschluss hieran absolvierte die Klägerin weder ein Rechtsreferendariat noch die Zweite Juristische Staatsprüfung. Mangels Vorbereitungsdienst nebst Zweiter Juristischer Staatsprüfung fehlt der Klägerin damit die Befähigung zum Richteramt (§ 5 Abs. 1 DRiG). Ein Erwerb der Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst gemäß § 17 Abs. 5 Nr. 1 und 2 lit. a BBG i.V.m. § 21 Abs. 2 BLV ist somit nicht erfolgt.
b) Ebenso steht der Klägerin kein Anspruch auf Anerkennung der Laufbahnbefähigung gemäß § 17 Abs. 5 Nr. 1 und 2 lit. c BBG i.V.m. §§ 7 Nr. 2 lit. a, 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BLV zur Seite.
aa) Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Annahme der Beklagten, § 21 Abs. 2 BLV schließe eine Anwendung von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BLV aus, als unzutreffend erweist. § 21 Abs. 2 BLV dient allein der Feststellung, dass Bewerber mit dem Erwerb der Befähigung zum Richteramt die Laufbahnbefähigung für den höheren Dienst kraft Gesetzes erlangen, sodass es insoweit einer Anerkennung der Laufbahnbefähigung nicht bedarf. Weder dem Wortlaut noch der Normsystematik nach ergibt sich hieraus jedoch ein Vorrang- und Exklusivitätsverhältnis dieser beiden Vorschriften dahingehend, dass eine Anerkennung der Laufbahnbefähigung für Juristen bereits dem Grunde nach ausgeschlossen ist. Vielmehr spricht sowohl der Wortlaut aus § 17 Abs. 5 Nr. 2 BBG, der eine hauptberufliche Tätigkeit als sonstige Voraussetzung alternativ („oder“) zu einem mit einer Laufbahnprüfung abgeschlossenen Vorbereitungsdienst genügen lässt, sowie der Wortlaut von § 21 Abs. 2 BLV, der neben der Anerkennung der Laufbahnbefähigung letztere „auch“ bei Befähigung eines Bewerbers zum Richteramt für gegeben erachtet, für eine alternative Anwendung von § 21 Abs. 1 und Abs. 2 BLV. Dass es Alternativen zum Vorbereitungsdienst gibt, verdeutlicht auch bereits § 7 BLV. Denn § 7 Nr. 2 lit. a BLV regelt gerade die Möglichkeit der Feststellung der Laufbahnbefähigung durch Anerkennung für Bewerber, die die vorgeschriebene Vorbildung i.S.v. § 17 Abs. 5 Nr. 1 BBG besitzen und eine der als Alternativen zum Vorbereitungsdienst jeweils zugelassenen sonstigen Voraussetzungen erfüllen, die in § 17 Abs. 5 Nr. 2 BBG geregelt sind (zum Alternativverhältnis: Lemhöfer/Leppek – Kommentar zur Bundeslaufbahnverordnung – § 7 Rn. 16).
bb) Die Klägerin erfüllt auch die erforderliche Bildungsvoraussetzung aus § 17 Abs. 5 Nr. 1 lit. b BBG i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BLV, weil ihr mit der Ersten Juristischen Staatsprüfung erlangter universitärer Diplom-Abschluss einen gleichwertigen Abschluss gegenüber einem an einer Hochschule erworbenen Master darstellt.
cc) Dieser Abschluss ist allerdings zusammen mit der hauptberuflichen Tätigkeit der Klägerin als tarifbeschäftigte Referentin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge … 2016 aus folgenden Erwägungen nicht geeignet, der Klägerin als Diplom-Juristin i.S.v. § 17 Abs. 5 Nr. 2 lit. c, Abs. 6 BBG, §§ 7 Nr. 2 lit. a, 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BLV die Befähigung für die Laufbahn des höheren Dienstes zu vermitteln:
Die Klägerin ist zwar seit … 2016 als Tarifbeschäftigte in Vollzeit unter Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 13h beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angestellt und mit Referententätigkeiten betraut. Ihre hauptberufliche Tätigkeit umfasst in zeitlicher Hinsicht bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Bewerbungsfrist am 15. Dezember 2018 damit mindestens zwei Jahre und sechs Monate und entspricht nach dem Vortrag der Beklagten zudem nach Fachrichtung und Schwierigkeit grundsätzlich der Tätigkeit einer Beamtin der Laufbahn des höheren Dienstes (§ 21 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 19 Abs. 3 BLV.).
Im Lichte des verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsprinzips ist die Beklagte trotz alledem fehlerfrei zu der Annahme gelangt, dass die hauptberufliche Tätigkeit der Klägerin als sonstige Voraussetzung nicht geeignet ist, der Klägerin i.S.v. § 17 Abs. 6 BBG und § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BLV die Befähigung für die Laufbahn des höheren Dienstes zu vermitteln.
Gemäß § 17 Abs. 6 BBG muss die hauptberufliche Tätigkeit als sonstige Voraussetzung geeignet sein, die Befähigung für die Laufbahn zu vermitteln. Diesem Eignungserfordernis liegt das verfassungsrechtliche Leistungsprinzip zugrunde (vgl. Plog/Wiedow – Kommentar zum BBG – § 17 Rn. 32). Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt und vermittelt damit jedem Bewerbenden einen Anspruch, dass über seine Bewerbung nur auf Grund eines nach sachlich gleichen Maßstäben angestellten Vergleichs seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung entschieden wird. Vor diesem Hintergrund sichert die Entscheidung der Beklagten, der Klägerin als Diplom-Juristin die Laufbahnbefähigung für den höheren Dienst insoweit nicht anzuerkennen, gerade die Geltung des Leistungsprinzips. Während die Einstellung von Juristen in den höheren nichttechnischen Dienst nach den Personalbestimmungen über die Personalbewirtschaftung der zum Geschäftsbereich des BMI gehörenden Dienststellen grundsätzlich über ein zentrales Juristenauswahlverfahren erfolgt und an das Erfordernis zweier juristischer Prädikatsexamina knüpft, würde die Klägerin als Diplom-Juristin ohne Ableistung des juristischen Vorbereitungsdienstes und Bestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung eine Verbeamtung in der Laufbahn des höheren Dienstes erlangen. Auch in Anbetracht der hauptberuflichen Tätigkeit der Klägerin als Referentin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge würde sich dies als gleichheits- und demgemäß leistungswidrig erweisen. Denn die hauptberufliche Referententätigkeit der Klägerin vermag in qualitativer Hinsicht den juristischen Vorbereitungsdienst nicht zu ersetzen und ist somit auch nicht geeignet, ihr die Befähigung für die Laufbahn des höheren Dienstes zu vermitteln. Dies gilt bereits deshalb, weil die Klägerin dort ausschließlich mit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung betraut war, wohingegen Rechtsreferendaren im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes die Aufgaben und Arbeitsweise der Rechtsprechung, Strafverfolgung, öffentlichen Verwaltung und Rechtsberatung vermittelt werden. Der Verweis der Klägerin auf individuelle Arbeitsergebnisse, die sich in Leistungsprämien, Arbeitszeugnissen sowie dienstlichen Beurteilungen widerspiegeln, ist demnach unbehelflich. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass die fehlende Befähigung der Klägerin zum Richteramt gemäß § 5 Abs. 1 DRiG dazu führt, dass die Klägerin gegenüber Volljuristen weniger flexibel einsetzbar ist. Der Einwand der Klägerin, dass in den höheren Dienst eingestellte Nichtjuristen ebenfalls nicht zum Richteramt befähigt seien, greift insoweit nicht. Denn Absolventen nicht-juristischer Abschlüsse vermögen die Befähigung zum Richteramt per se nicht zu erreichen, wohingegen Juristen der Erwerb dieser Befähigung freisteht. Schließlich kann die Klägerin aufgrund ihres Bildungsabschlusses als Diplom-Juristin auch nicht beanspruchen, mit anderen Bewerbern, die über keinen juristischen Abschluss verfügen, gleichgestellt zu werden. Sie unterfällt nämlich auch als Diplom-Juristin der Obergruppe der Juristen und muss sich gemäß Art. 33 Abs. 2 GG mit diesen vergleichen lassen. Eine gleichheitswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber Absolventen anderer Master- und Diplomstudiengänge ist demnach in der Entscheidung der Beklagten, die Laufbahnbefähigung der Klägerin für den höheren Dienst nicht anzuerkennen und sie demgemäß nicht in das engere Auswahlverfahren zur Verbeamtung einzubeziehen, nicht zu sehen. Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte im Rahmen des vorliegenden Verbeamtungsverfahrens entgegen der Stellenausschreibung schließlich auch Volljuristen außerhalb des Juristenauswahlverfahrens und dessen Anforderungen in der Laufbahn des höheren Dienstes verbeamtet hat, ergibt sich jedenfalls keine gleichheitswidrige Einstellungspraxis der Beklagten zulasten der Klägerin, da die Klägerin gerade keine Volljuristin ist.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten trifft das Gericht keine Entscheidung, weil es davon ausgeht, dass die Beklagte vor Rechtskraft nicht vollstreckt.


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