Arbeitsrecht

Konzernobergesellschaft mit Sitz im Ausland – Bildung eines Konzernbetriebsrats

Aktenzeichen  5 TaBV 54/15

Datum:
21.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZIP – 2016, 2133
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BetrVG § 54
AktG § 18
MitbestG § 5 Abs. 3
ArbGG § 69 Abs. 2, § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 87, § 92 Abs. 1 S. 2, § 98 Abs. 2

 

Leitsatz

Ein Konzernbetriebsrat kann nicht gebildet werden, wenn die Konzernobergesellschaft ihren Sitz nicht im Inland hat und im Inland auch kein “Konzern im Konzern” gegeben ist. (Rn. 40 – 44)

Verfahrensgang

5 BV 18/14 2015-09-01 Bes ARBGWEIDEN ArbG Weiden

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 6) bis 9) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden – Kammer Schwandorf – vom 01.09.2015, Az.: 5 BV 18/14, wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Beteiligen streiten über die Frage, ob der Konzernbetriebsrat (Beteiligter zu 6) wirksam errichtet worden ist.
Der zugrunde liegende Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Beteiligten zu 1) bis 5) sind Technologieunternehmen innerhalb der weltweit tätigen F…-Gruppe mit Hauptsitz in L…/Schweiz. Die Beteiligte zu 1) ist eine deutsche Holding ohne eigene Geschäftstätigkeit, die Beteiligten zu 2) bis 5) sind die operativen Tochteruntergesellschaften der Beteiligten zu 1).
Insgesamt beschäftigen die Beteiligten zu 2) bis 5) 748 Arbeitnehmer, von denen bei der Beteiligten zu 2) in J… 175 Mitarbeiter, bei der Beteiligten zu 3) in E… 73 Mitarbeiter, bei der Beteiligten zu 4) in O… 382 Mitarbeiter sowie bei der Beteiligten zu 5) in Oh… 118 Mitarbeiter beschäftigt sind. Bei der Beteiligten zu 1) sind keine Arbeitnehmer tätig. Ihr Alleingeschäftsführer ist bei der F… Technologie AG mit Sitz in L…/Schweiz angestellt.
Die Beteiligte zu 1) ist Alleingesellschafterin der Beteiligten zu 2) bis 4) und hält 60% der Anteile an der Beteiligten zu 5). Alleingesellschafterin der Beteiligten zu 1) ist die Schweizer F… International Holding AG, ebenfalls mit Sitz in L…/Schweiz, die ihrerseits 40% der Anteile an der Beteiligten zu 5) hält.
Auf das arbeitgeberseitig vorgelegte Organigramm, Bl. 88 d.A., welches die Organisation innerhalb des F…-Konzerns veranschaulicht, wird Bezug genommen.
Bei den Beteiligten zu 2) bis 5) bestehen jeweils örtliche Betriebsräte, die Beteiligten zu 7) bis 10). Da jedes Unternehmen nur einen Betrieb unterhält, existieren keine Gesamtbetriebsräte.
Die in Deutschland ansässigen operativen Gesellschaften der F…-Gruppe, also die Beteiligten zu 2) bis 5), werden jeweils von zwei Geschäftsführern geleitet, wobei je ein Geschäftsführer vor Ort und ein Geschäftsführer am Hauptsitz in L…/Schweiz ansässig ist.
Diese Geschäftsführer der Beteiligten zu 2) bis 5) berichten an die Leiter der auf der Ebene der F… International Holding angesiedelten sog. Business Units.
Von den Leitern der Business Units erhalten die Geschäftsführer der Beteiligten zu 2) bis 5) Direktiven, mittels derer ihnen Entscheidungen und Maßnahmen verbindlich vorgege-ben werden. Diese betreffen auch personelle, soziale und wirtschaftliche Angelegenheiten der bei den deutschen Gesellschaften beschäftigten Arbeitnehmer.
Auf das arbeitgeberseitig vorgelegte Leitungsorganigramm der F… System Parts Europe, Bl. 89 d.A., wird Bezug genommen.
Bei den Beteiligten zu 2) bis 5) werden die Entscheidungen in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten nach Maßgabe der Kompetenzregelung der F…-Gruppe getroffen.
Diese sieht vor, dass wesentliche wirtschaftliche Entscheidungen für die jeweiligen F…-Gesellschaften entweder durch den CEO der F… International Holding, durch den CFO und stellvertretenden CEO oder durch den Verwaltungsrat der F… International Holding getroffen werden.
Die Beteiligten zu 2) bis 5) werden faktisch durch die F… International Holding in L…/Schweiz geleitet.
Bezüglich der Beteiligten zu 4) und 5) ist die Leitung durch die F… International Holding zudem vertraglich verankert. Beide Gesellschaften haben mit der F… International Holding Beherrschungsverträge geschlossen, die am 10. November 2014 für die Beteiligte zu 4) und am 28. Oktober 2014 für die Beteiligte zu 5) in das Handelsregister eingetragen wurden.
Die Beteiligte zu 1) übt hingegen gegenüber den Beteiligten zu 2) bis 5) keinerlei Leitungsfunktionen aus. Sie hat auch zu keiner Zeit irgendwelche Weisungen an die Geschäftsführer der Beteiligten zu 2) bis 5) erteilt oder diesen Entscheidungen vorgegeben. Insbesondere hat die Beteiligte zu 1) niemals Leitungsaufgaben in personellen, sozialen oder wirtschaftlichen Belangen gegenüber den Beteiligten zu 2) bis 5) wahrgenommen.
Bei der Beteiligten zu 1) handelt es sich um eine reine Finanzholding, auf deren Ebene die Jahresergebnisse der in Deutschland tätigen Gesellschaften konsolidiert werden.
Das zwischen der Beteiligten zu 1) und den Beteiligten zu 2) und 3) formal bestehende Beherrschungsverhältnis wurde tatsächlich niemals umgesetzt. Geplant ist der Abschluss von Beherrschungsverträgen zwischen der F… International Holding und den Betei ligten zu 2) und 3), um die faktischen Leitungsverhältnisse auf vertraglicher Ebene nach-zuvollziehen.
Der Beteiligte zu 9) hat auf seiner konstituierenden Betriebsratssitzung am 21.03.2014 über den Beschlussantrag eines Betriebsratsmitglieds, dass „eine Wahl zur Gründung eines KBR stattfindet“, entschieden. Dieser Beschluss wurde mit 9 Ja-Stimmen ange-nommen. Zu dieser Sitzung war eingeladen worden mit Schreiben vom 20.03.2014, Bl. 250 d.A. Hier war der Tagesordnungspunkt „Beschluss zur Wahl zum KBR“ angegeben. Auf der Sitzung wurde sodann beschlossen, Herrn S… und Herrn T… in den Konzernbetriebsrat zu entsenden. Bei der Sitzung war der Betriebsrat vollzählig vertreten. Die Beschlüsse ergingen alle einstimmig. Auf die Anwesenheitsliste und den Beschlussantrag, Bl. 251 f. d.A., wird ergänzend Bezug genommen.
Der Beteiligte zu 7) hat auf seiner Sitzung am 26.05.2014, zu der mit E-Mail vom 23.05.2014 unter Angabe des Tagesordnungspunktes „Beratung und Beschluss zur Bildung eines KBR“ eingeladen worden war, „beraten, die Bildung eines Konzernbetriebsrats zu beschließen. Er wurde einstimmig mit 6x JA Stimmen beschlossen.“ Bei der Betriebsratssitzung fehlte das Betriebsratsmitglied W… wegen Urlaubs und das Betriebsratsmitglied Le… wegen Schulung. Hierfür war das Ersatzmitglied B… erschienen. Das weitere Ersatzmitglied G… war geladen, fehlte jedoch unentschuldigt. Das weitere Ersatzmitglied Sc… befand sich in Urlaub. Auf die Einladung, den Protokollauszug und die Anwesenheitsliste, Bl. 257 ff. d.A., wird ergänzend Bezug genommen.
Am 22.08.2014 lud der Beteiligte zu 9) zur konstituierenden Sitzung des KBR (Beteiligter zu 6) am 04.09.2014 ein. Auf das Einladungsschreiben, Bl. 135 d.A., wird Bezug genommen. An dieser Sitzung nahmen die Beteiligten zu 7) bis 9) teil, der Beteiligte zu 10) hingegen nicht. Im Verlauf der konstituierenden Sitzung wurde Herr S…, der Vorsitzende des Beteiligten zu 9), zum Vorsitzenden des Beteiligten zu 6) gewählt. Herr St…, der Vorsitzende des Beteiligten zu 7), wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden des Beteiligten zu 6) bestimmt.
Die Beteiligten zu 1) bis 5) hielten die Errichtung des Beteiligten zu 6) von Beginn an für unwirksam. Sie erkannten seine Existenz nicht an und bezogen ihn auch zu keinem Zeitpunkt in mitbestimmungsrelevante Angelegenheiten ein.
Der Beteiligte zu 8) hat auf seiner Sitzung am 08.10.2014, zu der mit E-Mail unter Angabe des Tagesordnungspunktes „Beschluss zu KBR“ eingeladen worden war, beschlossen: „…stimmt der BR heute, zum Beitritt des KBR zu.“ Auf die Einladung, den Protokollauszug und die Anwesenheitsliste, Bl. 253 ff. d.A., wird ergänzend Bezug genommen.
Der Beteiligte zu 10) beschloss am 23.10.2014, Bl. 136 d.A., „den Beschluss zur Einverständniserklärung zur Gründung eines KBR vom 08.05.2014 aufzuheben“ und keine Mitglieder für den Konzernbetriebsrat zu benennen.
Die Beteiligten zu 1) bis 5) haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, es fehle bereits unter formellen Gesichtspunkten an einer ordnungsgemäßen Errichtung des Konzernbetriebsrats, dies insbesondere in Hinblick auf die Wahrung einer angemessenen Ladungsfrist unter Angabe der zutreffenden Tagesordnung. Das nach § 54 Absatz 1 Satz 2 BetrVG erforderliche Quorum sei nicht erreicht. Jedenfalls aber könne, entsprechend der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2007, bei einer inländischen Teilkonzernspitze ohne Leitungsmacht kein Konzernbetriebsrat gegründet werden. Aus dem Wortlaut von §§ 54 BetrVG, 18 AktG könne dies nicht abgeleitet werden. Sinn und Zweck sowie systematische Erwägungen führten zu keinem anderen Ergebnis. Ein gleichsam gegnerloser Konzernbetriebsrat sei mit dem betriebsverfassungsrechtlichen System nicht vereinbar. Auch eine Analogie zu § 5 Abs. 3 MitbestG sei nicht gerechtfertigt.
Die Beteiligten zu 1) bis 5) haben beantragt,
Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 6. als Konzernbetriebsrat für die Beteiligten zu 1. bis 5. nicht besteht.
Die Beteiligten zu 6) bis 9) und der Beteiligte zu 10) haben beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Die Beteiligten zu 6) bis 10) haben erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Beteiligten zu 1) bis 5) rügten die formalen Voraussetzungen der Beschlussfassung der Betriebsratsgremien zu Unrecht. In materieller Hinsicht spreche der klare Wortlaut der §§ 54 BetrVG, 18 AktG eindeutig dafür, dass auch dann ein Konzernbetriebsrat bestehen könne, wenn die Konzernobergesellschaft ihren Sitz in der Schweiz habe. Der Wortlaut der Vorschriften sei klar, unüberwindbar, nicht weiter auslegungsbedürftig und damit auch nicht lückenhaft. Selbst wenn man auslegen wollte, müsste man als Auslegungshilfe die Vorschrift des § 5 Absatz 3 MitbestG heranziehen und analog anwenden. Dieser Vorschrift liege der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmervertretungen auch in internationalen Konzernen auf jeden Fall zu erhalten seien. Der Sinn und Zweck des § 54 BetrVG dürfe nicht vernachlässigt werden. Es bedeute einen schier unüberwindbaren Organisationsaufwand, dass sich alle örtlichen Betriebsräte effektiv organisieren. Auch deshalb sei ein Konzernbetriebsrat zu bilden. Das Territorialitätsprinzip stehe dem nicht entgegen. Dieses beinhaltet nicht, dass eine Information bzw. eine Korrespondenz an der deutschen Grenze Halt machen müsse. Auf europäischer Ebene sei das Institut des „Informationsdurchgriffs“ statuiert. Der Konzernbetriebsrat sei nicht funktionslos, er habe Unterrichtungssowie Informations- und Beratungsrechte. Zudem habe der Konzernbetriebsrat auch im hiesigen Falle die Funktion, die Tätigkeit der in Deutschland bestehenden Betriebsratsgremien zu koordinieren. Auch praktische Erwägungen sprächen in großem Umfang dafür, dass ein Konzernbetriebsrat auch dann gebildet werden könne, wenn es in Deutschland nur ein personal- und leitungsentkleidetes Konzernunternehmen gebe, dessen Leitungsspitze ins Ausland verlagert wurde. Nach § 54 BetrVG werde der Konzernbetriebsrat „für“ einen Konzern errichtet; das Gesetz spreche nicht davon, dass der Konzernbetriebsrat „bei“ dem Konzern errichtet werden müsse.
Das Arbeitsgericht Weiden hat mit Beschluss vom 01.09.2015 dem Antrag stattgegeben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass ein Konzernbetriebsrat nicht nach § 54 Abs. 1 S. 1 BetrVG gebildet werden konnte, da die als herrschendes Unternehmen anzusehende Gesellschaft ihren Sitz in der Schweiz und nicht im Inland habe. Auch eine Bildung eines Konzernbetriebsrates nach den Grundsätzen des „Konzern im Konzern“ komme nicht in Betracht, da keine Gesellschaft im Inland vorhanden sei, insbesondere nicht die Beteiligte zu 1), die gegenüber den Beteiligten zu 2), 3), 4) und 5) Entscheidungsbefugnisse in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten hätte. Das Arbeitsgericht folge daher der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts demnach die Errichtung eines Konzernbetriebsrates wegen des Territorialitätsprinzips nur in Betracht käme, wenn nicht nur die unter einer einheitlichen Leitung zusammengefassten Unternehmen, sondern auch eine Konzernobergesellschaft bzw. eine Konzernobergesellschaft ihren Sitz im Inland habe.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden – Kammer Schwandorf – vom 01.09.2015 ist dem Beteiligten zu 10) am 17.11.2015 und den Beteiligten zu 6) bis 9) am 18.11.2015 zugestellt worden.
Die Beschwerdeschrift des Beteiligten zu 10) vom 18.12.2015 ist beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 18.12.2015 eingegangen. Die Beschwerde des Beteiligten zu 10) wurde am 18.01.2016 zurückgenommen. Die Beschwerdeschrift der Beteiligten zu 6) bis 9) vom 18.12.2015 ist am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen. Die Beschwerdebegründung der Beteiligten zu 6) bis 9) vom 18.03.2016 ist beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 18.03.2016 eingegangen. Die Begründungsfrist war bis zum 18.03.2016 verlängert worden.
Unter Vertiefung ihrer bisherigen Argumentationen machen die Beschwerdeführer geltend, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in ihren Beschlüssen vom 14.02.2007 – 7 ABR 26/06 – und vom 16.05.2007 – 7 ABR 63/06 – in weiten Teilen der Literatur abgelehnt wird. Nach Ansicht der Beschwerdeführer hätte auch der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts am 27.10.2010 – 7 ABR 85/09 – Zweifel geäußert, ob an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Konzernen mit Auslandsbeziehungen uneingeschränkt festzuhalten sei. Entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts enthalten die Vorschriften des § 54 BetrVG i.V.m. § 18 AktG keine Einschränkungen dahingehend, dass die Konzernobergesellschaft ihren Sitz im Inland haben müsse. Auch der Verweis auf den nach dem BetrVG beherrschenden Gedanken des Territorialitätsprinzips stehe der Errichtung eines Konzernbetriebsrates nicht im Wege. Das Argument, der Konzernbetriebsrat sei funktionslos und hätte keinen Ansprechpartner, sei nicht überzeugend, da der Einwand eines mangelnden Ansprechpartners auf Arbeitgeberseite bei fehlender inländischer Leitungsmacht auch gegenüber der Errichtung eines Gesamtbetriebsrates oder eines Betriebsrats erhoben werden könne, wenn der Arbeitgeber im Ausland ansässig sei und im Inland keine Leitungsmacht vorhalte. Auch wenn Betriebe mehrerer abhängiger Unternehmen eines Konzerns mit ausländischer Konzernspitze im Inland sich befänden, so würden sie doch Teil des Konzerns sein und die darin beschäftigten Belegschaften lägen im Geltungsbereich des BetrVG. Dies rechtfertige ebenfalls die Errichtung eines Konzernbetriebsrates für diesen Teil. Darüber hinaus könne der Konzernbetriebsrat auch nicht mit den inländischen beherrschten Unternehmen alleine verhandeln und müsse nicht notgedrungen mit den herrschenden Unternehmen mit Sitz in der Schweiz verhandeln. Dies ergäbe sich bereits aus einem Rechtsgedanken der Richtlinie betreffend den Betriebsübergang. Nach Auffassung der Beteiligten zu 6) bis 9) seien die der Gründung des Konzernbetriebsrates zugrunde liegenden Beschlüsse nicht zu beanstanden.
Die Beteiligten zu 6) bis 9) stellen den Antrag
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 01.09.2015, Aktenzeichen 5 BV 18/14 wird aufgehoben.
2. Der Antrag der Beteiligten zu 1) bis 5) wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) bis 5) beantragen
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu 1) bis 5) verteidigen den Beschluss des Erstgerichts und sind der Auffassung, dass dieses zutreffend zu dem Ergebnis gekommen sei, dass ein Konzernbetriebsrat bei den Beteiligten 1) bis 5) nicht gebildet werden könne. Sie führen aus, dass das Erstgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Errichtung abgelehnt habe, da zum einen die Beteiligte zu 1) keinerlei Leitungsmacht gegenüber den Beteiligten zu 2) bis 5) ausübe und die Leitungsmacht ausübende Konzernobergesellschaft ihren Sitz im Ausland habe. Übe eine vorhandene inländische Konzerngesellschaft keine betriebsverfassungsrechtliche Leitungsmacht aus, könne bei dieser im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum „Konzern im Konzern“ kein Konzernbetriebsrat gebildet werden. Die Beschwerdeführer würden die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2007 unzutreffend interpretieren. In keiner der bisherigen Entscheidungen habe das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass der Wortlaut der Vorschriften der § 54 BetrVG und § 18 AktG eine Einschränkung dahingehend enthalten würde, dass diese nur eine Auslegung dahingehend zulasse, dass die Konzernobergesellschaft ihren Sitz im Inland haben müsse. Vielmehr habe das Bundesarbeitsgericht eine Kombination des geltenden Territorialitätsprinzips sowie der Auslegung des Konzernbegriffs im Sinne des § 18 AktG vorgenommen. Aufgrund des Territorialitätsprinzips komme die Errichtung eines Konzernbetriebsrates im Sinne der §§ 54 ff BetrVG bei der ausländischen Konzernobergesellschaft nicht in Betracht. Hinsichtlich der im Inland ansässigen Konzerngesellschaft fehle es hingegen an einer Beherrschung im Sinne des Konzernbegriffs des § 18 Abs. 1 AktG. Fehl gehe auch die Schlussfolgerung der Beteiligten zu 6) bis 9), dass eine effektive Arbeitnehmervertretung ohne ein unternehmensübergreifendes Vertretungsorgan praktisch nicht sinnvoll zu verwirklichen sei. Dabei werde nicht berücksichtigt, dass ein Konzernbetriebsrat nicht zwingend errichtet werden müsse. Darüber hinaus sei Sinn und Zweck der Mitbestimmung, dort anzusetzen, wo auch tatsächlich Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Belegschaft getroffen werden würden. Dies wäre vorliegend bei dem bei der Beteiligten zu 1) gebildeten Konzernbetriebsrat jedoch nicht der Fall. Der von den Beteiligten zu 6) bis 9) angeführte Aspekt, dass in der Literatur vertreten werde, die Bildung eines Gesamtbetriebsrates sei auch auf die inländischen Betriebe eines Unternehmens mit Sitz im Ausland möglich, sei auf Konzernebene nicht übertragbar, da sich beide Konstellationen grundlegend unterscheiden würden. Auch der Einwand der Beteiligten zu 6) bis 9), der Konzernbetriebsrat könne auch mit den inländischen beherrschten Unternehmen alleine verhandeln, mag nicht zu überzeugen, da insoweit von den Beteiligten zu 6) bis 9) außer Acht gelassen werde, dass die in Deutschland ansässigen Konzernunternehmen rechtlich selbstständige juristische Personen seien, die nicht zwangsläufig als „Einheit“ gegenüber dem Konzernbetriebsrat auftreten würden. Nach Ansicht der Beteiligten zu 1) bis 5) sei der Konzernbetriebsrat auch nicht wirksam errichtet worden, da die ihm zugrunde liegenden Beschlüsse fehlerhaft seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 87 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 98 Abs. 2 ArbGG).
2. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Die Beschwerdekammer folgt der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des Arbeitsgerichts, der sie sich anschließt, so dass insoweit auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG entsprechend). Nur im Hinblick auf die in der Beschwerdeinstanz vertieften Argumente der Beteiligten ist noch Folgendes hinzuzufügen:
a) In der Literatur ist umstritten, ob ein Konzernbetriebsrat gebildet werden kann, wenn das herrschende Unternehmen seinen Sitz im Ausland hat und es in Deutschland keinen Konzern im Konzern gibt (siehe hierzu beispielhaft entsprechende Nachweise GK-BetrVG, Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 10. Auflage, §§ 54 Rdnr. 43 ff).
b) Die erkennende Kammer folgt der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in seinen Beschlüssen vom 14.02.2007 – 7 ABR 26/06 – und 16.05.2007 – 7 ABR 63/06 -, zitiert nach Juris. Die Kernargumente des Bundesarbeitsgerichts sind für die erkennende Kammer nach wie vor überzeugend, demnach § 54 BetrVG dem Wortlaut nach an den Konzerntatbestand des § 18 Abs. 1 AktG anknüpft und die Errichtung eines Konzernbetriebsrates in Kombination mit dem Territorialitätsprinzip nur in Betracht kommt, wenn nicht nur die unter einer einheitlichen Leitung zusammengefassten Unternehmen, sondern auch eine Konzernobergesellschaft ihren Sitz im Inland hat (vergl. BAG vom 16.05.2007 – 7 ABR 63/06 – a.a.O.) Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ist dies jedoch vorliegend nicht der Fall. Die Konzernobergesellschaft hat ihren Sitz in der Schweiz. Die inländische Beteiligte zu 1) ist kein beherrschendes Unternehmen im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG und stellt einen Konzern im Konzern dar.
§ 54 BetrVG bezweckt die Beteiligung der Arbeitnehmer an den die einzelnen Unternehmen bindenden Leitungsentscheidungen in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten sicherzustellen (BAG vom 22.11.1995 – 7 ABR 9/95 – zitiert nach Juris). Mitbestimmung soll da ausgeübt werden, wo unternehmerische Leitungsmacht konkret entfaltet und ausgeübt wird (BAG vom 13.10.2004 – 7 ABR 56/03 – zitiert nach Juris). Damit zielt die Vorschrift darauf ab, eine Ausübung betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte auf Unternehmensebene entgegen zu wirken (GK-BetrVG, Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 10. Auflage, § 54 Rdnr. 4). Nicht jedoch soll die Errichtung eines Konzernbetriebsrates dazu dienen, die Mitbestimmungs- oder Beteiligungsrechte zu erweitern. Die Beteiligte zu 1), und dies wird von den Beteiligten zu 6) bis 9) auch gar nicht bestritten, reklamiert für sich keine Leitungsmacht in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten.
Mitbestimmung bedarf jedoch eines Ansprechpartners, der Verfügungsgewalt und Kompetenz über die der Mitbestimmung unterliegenden Regelungsgegenstände hat. Nur so kann ein Konzernbetriebsrat mit Aussicht auf Erfolg betriebsverfassungsrechtliche Beteiligungsrechte durchsetzen (Willemsen/Hohenstatt/Schnittker/ Schweibert/Seibt/Hohenstatt, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 4. Aufl., Kap. D, Rdnr. 146). Es ist auch nicht ersichtlich, worin genau die Funktion des Beteiligten zu 6) liegen soll, d.h. welche konkreten Rechte und Pflichten er wahrnehmen soll. Zutreffend weisen die Beteiligten zu 1) und 5) darauf hin, dass die bloße Koordination von Betriebsratsgremien nicht von den §§ 54 ff BetrVG gedeckt ist und auch rein praktische Erwägungen nicht geeignet sind, die Errichtung eines Konzernbetriebsrates zu begründen. Der von den Beteiligten zu 6) bis 9) angeführte Aspekt, dass in der Literatur die Meinung vertreten wird, die Billigung eines Gesamtbetriebsrates sei auch für die inländischen Betriebe eines Unternehmens mit Sitz im Ausland möglich, ist auf die Konzernebene nicht übertragbar, da sich beide Konstellationen grundlegend unterscheiden. Hat ein Unternehmen mit Sitz im Ausland in Deutschland ansässige Betriebe, ist dieses Unternehmen für die in diesen Betrieben Beschäftigten nicht nur individualrechtlich Arbeitgeber, sondern wird auch regelmäßig selbst die betriebliche Leitungsmacht ausüben und trifft damit als Betriebsinhaber die Entscheidungen in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten vor Ort im Inland bzw. setzt sie vor Ort im Inland um. Die Betriebsleitung ist dort auch der einzig mögliche Ansprechpartner eines Betriebsrates bzw. eines Gesamtbetriebsrates.
Da das ausländische Unternehmen damit auch rechtlich Arbeitgeber ist und die entsprechenden betriebsübergreifenden Leitungsentscheidungen bei dieser einen juristischen Person getroffen werden, ist auch die Bildung eines Gesamtbetriebsrates in diesem Fall möglich. Entscheidend ist jedoch, dass eine Umsetzung gerade im Bereich für die betriebsverfassungsrechtlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte im Inland erfolgt und damit auch ein Ansprechpartner zur Verfügung steht.
Soweit die Beteiligten zu 6) bis 9) dahingehend argumentieren, auch mit den „inländischen beherrschten Unternehmen“ alleine verhandeln zu können, kann dies nicht überzeugen. Die inländischen Konzernunternehmen sind rechtlich selbstständige juristische Personen, die nicht zwangsläufig als Einheit gegenüber dem Konzernbetriebsrat auftreten müssen und auch nicht verbindliche Regelungen für das Konzernunternehmen treffen könnten. Dies würde nur dann Sinn machen, wenn, wie das Bundesarbeitsgericht festgestellt hat, von einem Konzern im Konzern ausgegangen werden könnte.
Die Beschwerde war damit als unbegründet abzuweisen. Inwieweit die der Bestellung des Konzernbetriebsrates zugrunde liegenden Beschlüsse rechtsfehlerfrei ergangen sind, konnte damit dahingestellt bleiben.
3. Die Rechtsbeschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§§ 92 Abs. 1 S. 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).


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