Arbeitsrecht

Kostenerstattung für Privatgutachten

Aktenzeichen  3 O 4291/15

Datum:
30.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 28207
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 91 Abs. 2

 

Leitsatz

Die Kosten für ein Gutachten, das vor Prozessbeginn in Auftrag gegeben wurde, sind ausnahmsweise erstattungsfähig, wenn die hierfür anfallenden Kosten mit einem konkreten, bevorstehenden Rechtsstreit in unmittelbarem Zusammenhang stehen und zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Das Gutachten muss auch sich dabei auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Dient das Gutachten jedoch nur zur Beurteilung der Prozessaussichten, sind hierfür entstandene Kosten jedoch nicht erstattungsfähig. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die von der Beklagtenpartei an die Klagepartei gem. § 104 ZPO nach dem Beschluss des Landgerichts Traunstein vom 05.05.2020 zu erstattenden Kosten werden auf
16.304,83 €
(in Worten: sechszehntausenddreihundertvier 83/100 Euro)
nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus seit 14.05.2020 festgesetzt.

Gründe

Die im Antrag vom 12.05.2020 geltend gemachten Kosten sind nur zum Teil erstattungsfähig im Sinne des § 91 ZPO.
Die Kosten des Gutachtens Prof. Dr. … konnten nicht berücksichtigt werden.
Die Kosten für ein Gutachten, das vor Prozessbeginn in Auftrag gegeben wurde, sind ausnahms weise erstattungsfähig, wenn die hierfür anfallenden Kosten mit einem konkreten, bevorstehenden Rechtsstreit in unmittelbarem Zusammenhang stehen und zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (BGH, Beschluss v. 24.04.2012, VIII ZB 27/11; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 26.03.2007, 15 W 7/07). Das Gutachten muss auch sich dabei auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Dient das Gutachten jedoch nur zur Beurteilung der Prozessaussichten, sind hierfür entstandene Kosten jedoch nicht erstattungsfähig. In seinen Stellungnahmen vom 17.06.2020 und 23.07.2020 führt der Klägervertreter aus, daß das Gutachten erforderlich war, um die Prozessaussichten realistisch beurteilen zu können. Der Rechtsstreit hat sich also noch nicht konkret abgezeichnet, sondern das Gutachten wurde erholt um die Prozessaussichten beurteilen zu können. Auch sind die Kosten auch nicht deshalb erstattungsfähig, weil eine ausreichende Klagegrundlage nur durch dieses Gutachten beschafft werden konnte. In der Klage wird wiederholt das im Schlichtungsverfahren eingeholte Privatgutachten Prof. … als Beweis angeboten. Damit war die Einholung des weiteren Privatgutachtens Dr. … zur Beschaffung einer ausreichenden Klagegrundlage nicht notwendig.
Auch die Kosten des Privatgutachtens Prof. Dr. … konnten nicht berücksichtigt werden.
Die Kosten eines während eines Prozesses eingeholten Privatgutachtens sind nur dann ausnahmsweise erstattungsfähig, wenn dies unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit geboten war, wenn der Partei andernfalls eine gerichtlich geforderte Substanziierung nicht möglich wäre oder wenn die Partei andernfalls ein gerichtlich eingeholten Gutachten nicht überprüfen konnte. Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht als gegeben erachtet. In der Stellungnahme im Schriftsatz vom 17.06.2020 führt der Beklagtenvertreter aus, daß, nachdem die Haftung der Beklagten dem Grunde nach in der mündlichen Verhandlung festgestellt worden ist, es nur noch um die Höhe der Haftung ging. Es sollte durch das Privatgutachten Prof. Dr. … gerade nicht auf ein gerichtlich eingeholtes Gutachten Stellung genommen werden. Unbeachtlich ist, ob ohne das Privatgutachten noch ein weiteres Gutachten des Gerichts nötig gewesen wäre. Ein Privatgutachten wird auch dann nicht erstattungsfähig, daß es dadurch zum Vergleich und somit zu einer erheblichen Verfahrenskürzung führt. Unbeachtlich ist, ob die Beklagte ohne das Privatgutachten nicht zu einer Regulierung in der tatsächlich erfolgten Höhe bereit gewesen wäre.
Zusammengefasst sind folgende Beträge festsetzbar:
Gerichtskosten
10.172,95 €
Anwaltskosten
6.131,88 €
Summe
16.304,83 €


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