Arbeitsrecht

Kürzung von Direktzahlungen und einer Ausgleichsleistungen; regelwidriger Einsatz eines Pflanzenschutzmittels

Aktenzeichen  3 A 23/19 MD

Datum:
26.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Magdeburg 3. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:VGMAGDE:2022:0126.3A23.19MD.00
Normen:
Art 91 EUV 1306/2013
§ 2 PflSchAnwV 1992
Anh II EUV 1306/2013
Anl II PflSchAnwV 1992
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Zu den rechtlichen Folgen des regelwidrigen Einsatzes eines Pflanzenschutzmittels in der Landwirtschaft.(Rn.26)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im behördlichen Vorverfahren für notwendig zu erklären, wird abgelehnt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 18.319,68 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die CC-Kürzung in Höhe von 5 % seiner Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete und der Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 und begeht die Gewährung entsprechend höherer Zuwendungen.
Er ist Inhaber eines in Sachsen-Anhalt ansässigen landwirtschaftlichen Betriebes, der auch in Niedersachen Flächen bewirtschaftet. Am 21.10.2016 führte der Prüfdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen nach einer Anzeige auf den bewirtschafteten Flächen des Klägers in Niedersachsen eine anlassbezogene Vor-Ort-Kontrolle durch. Nach den Feststellungen der Prüfbehörde befanden sich zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle auf drei von sieben Feldblöcken, den Schlägen 41 (7,28 ha), 37 (3,4 ha), und 30 (5,2 ha), Köderstellen des Pflanzenschutzmittels Ratron Giftweizen mit dem Wirkstoff Zinkphospid. Es waren Giftköder nicht in die Mäusegänge verbracht worden, sondern lagen vor den Mäuselöchern bzw. in deren Eingangsbereich. Die Köder befanden sich größtenteils an der Oberfläche und waren somit auch für andere Tiere, insbesondere Vögel, zugänglich. Teilweise lagen mehr als 5 Giftkörner vor den Mäuselöchern. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen dokumentierte den Sachverhalt mit Lichtbildern. Auf Schlag 41 waren die Köderstellen vermehrt zu finden und die Prüfbehörde entnahm eine Probe. Den Feststellungen des Prüfdienstes der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zufolge wiesen die vier weiteren Feldblöcke keine Mäuselöcher und keine Köderstellen auf (vgl. Vermerk der Vor-Ort-Kontrolle vom 21.10.2016, Blatt 46 der Beiakte).
Am 13.10.2016 hatten drei Mitarbeiter des klägerischen Betriebes das Pflanzenschutzmittel Ratron Giftweizen angewendet. Zwei der beauftragten Mitarbeiter (die Zeugen C. und D.) verfügten über die für den Einsatz des Pflanzenschutzmittels erforderliche Sachkunde. Ein Mitarbeiter (der Zeuge E.) verfügte zum Zeitpunkt der Anwendung des Pflanzenschutzmittels noch nicht über einen Sachkundenachweis.
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen forderte den Kläger unter dem 21.10.2016 auf, den offenliegenden und nicht tief genug in die Löcher eingebrachten Giftweizen bis spätestens zum 26.10.2016 zu entfernen und vollständig abzudecken, so dass er für Vögel und weitere Wildtiere nicht mehr unmittelbar erreichbar ist.
Am 28.10.2016 führte Prüfdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Beisein des Klägers eine Nachkontrolle durch. Hierbei stellte die Behörde auf dem Schlag 41 an 5 Stellen nicht gänzlich verdecken Giftweizen und an einer Stelle mehr als 5 Giftweizenkörner fest.
Die Beklagte kürzte mit dem streitbefangenen Bescheid vom 13.12.2016 und vom 09.01.2017 die zu gewährenden Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete und der zu gewährenden Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 wegen CC-Verstoßes jeweils in Höhe von 5 %. Gegen die in den Bescheiden vorgenommen CC-Kürzungen legte der Kläger am 12.01.2017 bzw. am 10.02.2017 jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung der Widersprüche trug er vor: Die Pflanzenschutzanwendungsverordnung sei keine CC-Vorschrift im Sinne der Grundanforderungen an die Betriebsführung. Er habe das Pflanzenschutzmittel nicht selbst angewandt und habe keinen eigenen vorsätzlichen oder fahrlässigen Verursachungsbeitrag zu den Verstößen geleistet. Im Ergebnis sei die Bewertung des Verstoßes mit einer Sanktion von 5 % fehlerhaft und unverhältnismäßig. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2018 wies das Landesverwaltungsamt die Widersprüche des Klägers als unbegründet zurück.
Hierauf hat der Kläger am 21.01.2019 Klage beim Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben. Zur Begründung der Klage wiederholt und vertieft er sein Vorbringen im behördlichen Verfahren und trägt im Wesentlichen Folgendes ergänzend vor:
Er habe seine mit dem Einsatz des Pflanzenschutzmittels beauftragten Mitarbeiter (die Zeugen C., D. und E.) über die geltenden Anwendungsbestimmungen des Giftweizens vor der Anwendung belehrt. Die von ihm beauftragten Mitarbeiter hätten sich bei dem Einsatz der Pflanzenschutzmittel nie etwas zu Schulden kommen lassen. Bei den Zeugen C. und D. handele sich um Mitarbeiter mit einem Sachkundenachweis für Pflanzenschutz, die beide den Zeugen E. beim Einsatz des Pflanzenschutzmittels beaufsichtigt hätten. Herr C. und Herr D. sollten Herrn E. in die Mitte nehmen, damit dieser von zwei Seiten kontrolliert werden könne, sodass jederzeit ein über eine Sachkundeprüfung Pflanzenschutz verfügender Mitarbeiter ihn im Blick hatte. Er habe Herrn E. angewiesen, den Vorgaben von Herrn C. und D. jederzeit Folge zu leisten. Seine Mitarbeiter hätten mit Hilfe von Legflinten den Giftweizen ordnungsgemäß in die Mäuselöcher eingeführt. Er habe lediglich die Füllöffnungen der Legflinten modifiziert, sodass beim Auffüllen der Legeflinten kein Giftweizen daneben falle. Die Austrittöffnung habe er nicht vergrößert bzw. überhaupt nicht verändert. Er habe die Legeflinten so eingestellt, dass nicht mehr als 5 Körner austreten könnten. Seine Mitarbeiter hätten an keinem der Mäuselöcher bemerkt, dass nach der Anwendung Körner neben dem Loch an der Oberfläche zurückgeblieben seien oder an einem Loch offen zugänglich gelegen hätten. Bei einer Nachkontrolle am 17.10.2016 hätten der Kläger und seine Mitarbeiter (die Zeugen C., D. und E.) ganz vereinzelt (nicht mehr als 10) Löcher gefunden, in denen Giftweizen offen gelegen habe. Sie hätten das Pflanzenschutzmittel Ratron wieder in das Loch geschoben und mit Erde bedeckt oder zugetreten. Das gleiche gelte für die zweite Nachkontrolle am 24.10.2016. Die offenen Löcher, die am 28.10.2016 durch die Prüfstelle festgestellt worden seien, seien dadurch entstanden, dass diese durch die Mäuse wieder herausgewühlt worden seien. Am 28.10.2016 habe Herr E. die Sachkundeprüfung im Pflanzenschutz bestanden. Die gegen Herrn C. und Herrn D. eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren habe die Landwirtschaftskammer Niedersachsen jeweils mit Verfügungen vom 08.06.2017 eingestellt.
Dieser Sachverhalt rechtfertige weder die Direktzahlungen des Klägers für das Jahr 2016 noch die Zuwendungen zu kürzen, erst recht nicht um 3 % und 5 %. Es liege weder ein Verstoß gegen cross-compliance-relevante Vorschriften vor noch wäre eine solcher Verstoß ihm anzulasten. Darüber hinaus verstoße die Berechnung der Sanktionshöhe gegen die geltenden Vorschriften zur Sanktionierung von Verstößen gegen Cross-Compliance-Vorschriften. Es handele sich allenfalls um einen leichten Verstoß, der eine Kürzung um 1 % der Direktzahlungen und Zuwendungen rechtfertige. Hierbei sei zu beachten, dass der Beklagte nicht nachweisen könne, wie viele Giftweizenkörner durch Herrn E., für den allein eine Anlastung nicht offensichtlich ausgeschlossen sei, ausgebracht worden seien. Ebenso bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Gefahren, die durch die Anwendungsbestimmungen verhindert werden sollen, realisiert hätten, weil tote Tiere, insbesondere Vögel nicht gefunden worden wären. Auch das Ausmaß des Verstoßes spreche gegen einen schweren Verstoß. Einerseits habe sich die Anwendung auf 15 Tage beschränkt. Andererseits seien auf einer Fläche von ca. 16 ha und 30 bis 35 Mauselöchern lediglich 5 Stellen gefunden worden, in denen Giftweizen nicht gänzlich verdeckt war. Weiterhin müsse das Bemühen des Klägers um eine sachgemäße Behandlung der Flächen berücksichtigt werden. Folglich habe er einen Anspruch auf Zahlung der weiteren Direktzahlungen und Zuwendungen. Dem Beklagten stünde insoweit kein Ermessen zu.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid des Beklagten vom 09.01.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2018 aufzuheben, soweit darin die Direktzahlung für das Jahr 2016 um 17.779,40 Euro gekürzt wird,
2. den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger weitere Direktzahlungen für das Jahr 2016 i. H. v. 17.779,40 Euro zuzüglich Zinsen (5 % über dem Basiszinssatz) seit Rechtshändigkeit zu bewilligen,
3. den Bewilligungsbescheid vom 13.12.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2018 aufzuheben, soweit darin Zuwendungen für das Jahr 2016 um 540,28 Euro gekürzt werden,
4. die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger weitere Zuwendungen i. H. v. 540,28 Euro nebst Zinsen (5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) ab Rechtshängigkeit zu bewilligen, und
5. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Klageerwiderung trägt er im Wesentlichen vor: Am 17.10.2016 habe wohl eine Nachkontrolle durch den Kläger und seine Mitarbeiter stattgefunden, bei der sie in Fällen des nicht ordnungsgemäßen Einbringens von Giftweizen, diesen in die Mäuselöcher geschoben bzw. verdeckt hätten.
Der Kläger habe es unterlassen, die Arbeiten des nichtsachkundigen Mitarbeiters E. zu kontrollieren bzw. die sachkundigen Mitarbeiter mit seiner Kontrolle zu beauftragen und eine Gesamtkontrolle der Arbeiten während und nach dem Aufbringen des Giftweizens durchzuführen.
Dass der Kläger seine ihm obliegenden Kontrollpflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei, werde aus der Tatsache deutlich, dass die Landwirtschaftskammer Niedersachsen bei den Vor-Ort-Kontrollen weiterhin nicht verdeckten und nicht sachgerecht aufgebrachten Ratron Giftweizen auf den Betriebsflächen des Klägers vorgefunden habe. Auf die Menge der vorgefundenen offenen Mauselöcher und des davor befindlichen Giftweizens käme es auf Grund der toxischen Wirkung für Mensch, Tier und Naturhaushalt nicht an. Bei dieser Unterlassung könne der Kläger sich nicht durch ein Fehlverhalten seiner beiden sachkundigen Mitarbeiter exkulpieren. Anders als im Ordnungswidrigkeitsverfahren käme es nicht darauf an, welcher der Mitarbeiter den Ratron-Giftweizen nicht ordnungsgemäß aufgebracht hat.
Den Verstoß wegen der Nichteinhaltung der Anwendungsbestimmungen habe er zu Recht mit einer Regelkürzung von 3 % bewertet, weil keine Gründe für ein Abweichen von der Regelkürzung ersichtlich seien. Den Verstoß wegen der Anwendung des Pflanzenschutzmittels Zinkphosphid außerhalb der zulässigen Anwendung sei wegen der besonderen Gefahr für wildlebende Tiere, der biologischen Vielfalt und der Umwelt ein schwerer Verstoß und mit einer Kürzung von 5 % zu bewerten.
Zur Ausbringung von Giftweizen auf den Flächen des Klägers in G-Stadt im Oktober 2016 hat das Gericht Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen F., E., C. und D.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrten zusätzlichen Direktzahlungen und Zuwendungen. Die Bescheide des Beklagten vom 09.01.2017 und vom 13.12.2016, welche die Direktzahlungen und Ausgleichszahlungen um diese Beträge kürzen, sind in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2018 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrten weiteren Direktzahlungen und Ausgleichszahlungen, weil er im Antragsjahr 2016 gegen CC-Vorschriften vorstoßen hat und die Bewertung der Verstöße durch den Beklagten (im Einzelnen) und insgesamt nicht zu beanstanden ist.
Gemäß Art. 5 VO (EU) Nr. 1307/2013 i. V. m. Art. 91 Abs. 1 und Abs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 wird eine Verwaltungssanktion verhängt, wenn ein in Art. 92 genannter Begünstigter die CC-Vorschriften gemäß Art. 93 nicht erfüllt. Hiernach sind vom Begünstigten, die Direktzahlungen oder Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete erhalten, die CC-Vorschriften einzuhalten. Ein Verstoß dagegen führt zu einer Verwaltungssanktion. Gemäß Art. 91 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 findet eine Verwaltungssanktion nur dann statt, wenn der Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem Begünstigten anzulasten ist, und mindestens eine der beiden folgenden zusätzlichen Bedingungen erfüllt ist:
a) Der Verstoß betrifft die landwirtschaftliche Tätigkeit des Begünstigten;
b) die Fläche des Betriebs des Begünstigten ist betroffen.
Die in Anhang II der VO (EU) Nr. 1306/2013 aufgeführten CC-Vorschriften umfassen gemäß Art. 93 VO (EU) Nr. 1306/2013 die Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Unionsrecht und die auf nationaler Ebene aufgestellten Standards über die Erhaltung von Flächen in guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand und betreffen u. a. den Bereich Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen (GAB).
Im Bereich Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen, Hauptgegenstand Pflanzenschutzmittel gehört zu den Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB 10) gemäß Art. 55 Sätze 1 und 2 der VO (EG) Nr. 1107/2009. Die Konkretisierung dieser Verordnung erfolgte durch verschiedene nationale Rechtsvorschriften, darunter das Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (PflSchG) und die PflSchAnwV.
Gemäß Art. 55 VO (EU) Nr. 1107/2009 müssen Pflanzenschutzmittel sachgemäß angewandt werden. Die sachgemäße Anwendung umfasst die Befolgung der Grundsätze der guten Pflanzenschutzpraxis und die Einhaltung der gemäß Art. 31 VO (EG) Nr. 1107/2009 mit der nationalen Zulassung festgelegten und auf dem Etikett angegebenen Bedingungen. Unter Beachtung der Auflagen und Anwendungsbestimmungen muss das Pflanzenschutzmittel Ratron Giftweizen tief und unzugänglich für Vögel in die Nagetiergänge eingebracht werden. Dabei sind geeignete Geräte (z. B. Legflinten) zu verwenden. Es dürfen keine Köder an der Oberfläche zurückbleiben. Pro Mauseloch dürfen nicht mehr als 5 Giftweizenkörner eingebracht werden. Ziel ist die sachgerechte und zielgerichtete Anwendung gegen Feldmäuse innerhalb der Bausysteme und die Verhinderung der Verbreitung des Pflanzenschutzmittels bzw. des Wirkstoffs auf der Feldoberfläche und damit der Umwelt. Diese Anforderungen werden durch die mit der Zulassung festgesetzte Auflage NT 660 und die Anwendungsbestimmung NT 661 geregelt.
Das Pflanzenschutzmittel Ratron Giftweizen mit dem Wirkstoff Zinkphosphid war zum Zeitpunkt der Anwendung in Deutschland als Pflanzenschutzmittel zugelassen. Die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels in Deutschland erfolgt auf Grundlage des Art. 29 der VO (EG) Nr. 1107/2009 i. V. m. Abschnitt 6, §§ 28 ff. PflSchG, wobei die wirkstoffspezifischen Anforderungen, wie Verbote und Beschränkungen zur Anwendung in Deutschland durch die nationale Zulassung festzusetzen sind. § 14 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG i. V. m. § 2 PflSchAnwV setzt die Anforderungen der DurchführungsVO (EU) Nr. 540/2011 (lfd. Nr. 314) für die Zulassung und Verwendung des Pflanzenschutzmittels mit dem Wirkstoff Zinkphosphid in nationales Recht um. Gemäß § 2 PflSchAnwV i. V. m. Anlage 2 darf Zinkphosphid nur in Ködern, außerhalb von Forsten nur in verdeckt ausgebrachten Ködern angewandt werden. Die Verwendung des Wirkstoffes Zinkphosphid ist nur unter Beachtung dieser Bedingung zugelassen.
Entgegen der Auffassung des Klägers gehört die sachgerechte Anwendung von Pflanzenschutzmittel unter Beachtung der mit der nationalen Zulassung festgesetzten Anwendungsbestimmungen und Auflagen zu den Grundanforderungen an die Betriebsführung nach Anhang II der VO (EU) Nr. 1306/2013 und stellt damit eine maßgebliche Cross- Compliance-Vorschrift dar.
Der Kläger hat durch den Einsatz des Pflanzenschutzmittels Ratron Giftweizen im Oktober 2016 gegen die Anwendungsbestimmungen (Art. 55 VO (EG) Nr. 1107/2009 und § 2 i. V. m. Anlage 2 Nr. 8 PflSchAnwV) verstoßen.
Am 13.10.2016 haben drei vom ihm beauftragte Mitarbeiter auf den Betriebsflächen in G-Stadt Ratron Giftweizen aufgebracht. Es kann dahinstehen, ob dem Kläger ein Fehlverhalten seiner Mitarbeiter bei der Anwendung des Pflanzenschutzmittels am 13.10.2016 zuzurechnen ist. Jedenfalls hat er dadurch einen Cross-Compliance Verstoß begangen, indem er es unterlassen hat, für die vollständige Beseitigung des auf der Oberfläche seiner Betriebsflächen in Niedersachsen befindlichen Giftweizens zu sorgen.
Der Kläger führte am 17.10.2016 zusammen mit seinen Mitarbeitern eine Nachkontrolle seiner Betriebsflächen in Niedersachsen durch. Hierbei hat er das an der Oberfläche liegende Gift nicht vollständig beseitigt bzw. beseitigen lassen. Denn im aus Anlass der Anzeige der Jagdpächterin durchgeführten Vor-Ort-Termin am 21.10.2016 stellten Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen auf drei von sieben Schlägen Köder mit Giftweizen fest. Die Giftköder waren nicht in die Mäusegänge verbracht worden, sondern lagen vor den Mäuselöchern bzw. im Eingangsbereich. Die Köder befanden sich größtenteils an der Oberfläche und waren auch für andere Tiere, insbesondere Vögel zugänglich. Obwohl der Kläger zusammen mit seinen Mitarbeitern am 24.10.2016 erneut seine Betriebsflächen zur Beseitigung der von der Landwirtschaftskammer an der Oberfläche festgestellten Giftkörner aufgesucht hatte, stellte die Prüferin der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die Zeugin F., bei der zweiten Vor-Ort-Kontrolle am 28.10.2016 fest, dass an 5 Stellen Giftweizen nicht gänzlich verdeckt war und sich zumindest an einer Stelle mehr als 5 Giftweizenkörner befanden.
Nach den Angaben der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugin F. hatte sie an einer Stelle ca. 25 bis 30 Körner festgestellt. Die Aussage der Zeugin F. ist glaubhaft. Sie hat ihre Wahrnehmungen von der Vor-Ort-Kontrolle realitätstypisch und lebensnah geschildert. Ihre Angaben entsprechen inhaltlich den protokollierten Feststellungen des Prüfdienstes der Landwirtschaftskammer. Belastungstendenzen gegenüber dem Kläger und seinen Angestellten sind ihren Angaben nicht zu entnehmen. Sie vertrat sogar die Ansicht, dass die Mitarbeiter des Klägers bei der Beseitigung des Giftweizens durchaus zuverlässig gearbeitet hätten, weil sie bei der zweiten Kontrolle sehr viele Mäuselöcher gefunden habe, bei der sie keine Beanstandungen festgestellt habe.
Dass nach den Kontrollen durch den Kläger und seiner Mitarbeiter jeweils Mäuse die Giftkörner wieder aus den Mäusegängen herausgeschoben haben, ist jedenfalls in dem festgestellten Umfang unwahrscheinlich. Vor allem ist nicht erklärlich, wie bei fachgerechter Anwendung ca. 25 bis 30 Körner sich bei einem Mauseloch befinden können. Auch die in der mündlichen Verhandlung vernommene und sachkundige Prüferin der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die Zeugin F., hielt den Transport von Giftkörnern durch Mäuse aus den Löchern im festgestellten Umfang für äußerst unwahrscheinlich.
Dass die Anzeigeerstatterin die Betriebsflächen des Klägers entsprechend mit Ratron Giftweizen präpariert hat, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung mutmaßte, hält das Gericht nicht für wahrscheinlich. Dagegen spricht, dass der damit verbundene Aufwand angesichts der festgestellten Giftmengen an der Oberfläche enorm und in diesem Umfang auch nicht notwendig gewesen wäre, um dem Kläger Schaden zuzufügen. Hinzu kommt, dass sich die Anzeigeerstatterin wegen des Gifteinsatzes (über eine dritte Person) zunächst an den Kläger und erst dann an die Behörde gewandt hatte, als sie den Eindruck hatte, der Kläger wolle die fehlerhafte Anwendung des Giftes nicht beheben und das Gift erneut anwenden. Ein solches Verhalten passt nicht zu einer absichtlichen Schädigung des Klägers durch eine Präparierung seiner Betriebsflächen. Dann hätte es nahegelegen, dass die Anzeigeerstatterin den Kläger unmittelbar bei der Behörde denunziert.
Der Verstoß gegen die Anwendungsbestimmungen ist dem Kläger zuzurechnen. Soweit er bei am 17.10.2016 und am 24.10.2016 die Flächen selbst kontrolliert hat, um die an der Oberfläche befindlichen Giftkörper nachträglich noch in die Mäusegänge einzuführen, und auf den von ihm kontrollierten Flächen dennoch Giftkörner liegen geblieben sind, ist ihm dieses Fehlverhalten unmittelbar zuzurechnen. Sofern seine Mitarbeiter in seiner Anwesenheit vor Ort nicht mit Erfolg die Giftkörner in die Mäuselöcher eingeführt haben, ist ihm das Fehlverhalten seiner Mitarbeiter zuzurechnen, weil er sie am 17.10.2016 und am 24.10.2016 nicht ausreichend überwacht hat. Hätten der Kläger und seine Mitarbeiter am 17.10.2016 und am 24.10.2016 alle sich an der Oberfläche befindlichen Giftkörner in die Mäuselöcher verbracht, hätte der Prüfdienst bei den Kontrollen am 21.10.2016 und am 28.10.2016 keine Giftkörner mehr oder allenfalls in einem sehr geringen Ausmaß vor den Mäuselöchern finden können. Jedenfalls darf es wegen der Gefährlichkeit des Giftes nicht vorkommen, dass vor einem Mauseloch ca. 25 bis 30 Giftkörner an der Oberfläche nach einer Anwendung und zwei Nachkontrollen in Anwesenheit des Betriebsinhabers liegen bleiben.
Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom Kläger vertretenen Ansicht, erschöpft sich der Verstoß gegen die Anwendungsbestimmungen sich nicht nur auf die Ausbringung des Giftes durch seine Mitarbeiter am 13.10.2016, sondern ihm trifft auch die Pflicht die Anwendung des Giftes durch seine Mitarbeiter zu kontrollieren und im Falle eines ihm nicht unmittelbar zuzurechnenden Anwendungsfehlers durch seine Mitarbeiter für die Beseitigung des Verstoßes gegen die Anwendungsbestimmungen Sorge zu tragen. Dass der Anwender von Ratron Gift nach dessen unmittelbarer Anwendung zur Nachsorge verpflichtet ist, ergibt sich bereits aus der Kennzeichnungsauflage NT 668, wonach tote oder sterbende Ratten und Mäuse sofort wegzuräumen sind, falls diese vor oder nach der Bekämpfungsmaßnahme gefunden werden, um Sekundärvergiftungen vorzubeugen. Darüber hinaus ist auch Sinn und Zweck des im der Gebrauchsanleitung des Giftes genannten und in der PflSchAnwV geregelten Verbotes, einer offenen Auslage des Giftstoffes, die offene Auslage zeitnah zu beenden, wenn eine solche entdeckt oder behördlich festgestellt wird, um Vergiftungen von Vögeln und anderen wildlebenden Tieren, die nicht Ziel der Bekämpfungsmaßnahme sein dürfen, zu verhindern.
Die Bewertung der Verstöße durch die Beklagte ist nicht zu beanstanden.
Ist der Verstoß auf fahrlässiges Verhalten des Begünstigten zurückzuführen, beläuft sich die Kürzung gemäß Art. 99 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 auf höchstens 5 % des Gesamtbetrages der Zahlungen und jährlichen Prämien, die dem betroffenen Begünstigten gewährt wurden bzw. zu gewähren sind, die er in dem Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, eingereicht oder einreichen wird.
Die Bewertung der Verstöße erfolgt nach Art. 99 Abs. 1 Unterabs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 auf der Grundlage von Schwere, Ausmaß, Dauer und wiederholtem Auftreten der festgestellten Verstöße. Der Beklagte hat bei den beiden festgestellten Verstößen den nach der bundeseinheitlichen Bewertungsmatrix der CC-Verstöße zur EU-VO über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln i. V. m. nationalen Recht für 2016 vorgesehenen Regelkürzungssatz angewendet. Um dem Grundsatz eines einheitlichen Vollzuges bei der Bewertung von CC-Verstößen in Deutschland zu gewährleisten, kann die bundeseinheitliche Bewertungsmatrix als Empfehlung für die Vollzugsbehörden bei der Bewertung von CC-Verstößen herangezogenen werden. Bei atypischen Sachverhalten müssen aber Abweichungen möglich sein.
Den Verstoß gegen die Anwendungsbestimmungen hat der Beklagte zu Recht als im mittleren fahrlässigen Bereich liegend bewertet und hierfür die Regelkürzung von 3 %. Bei einem Verstoß im mittleren Bereich bedarf es im Regelfall keiner besonderen Begründung (VG Magdeburg, U. v. 16.02.2017 – 3 A 166/16 -, juris, Rdnr. 28). Gründe, die für eine von der Regelkürzung von 3 % abweichende Regelung sprächen, liegen nicht vor.
Entgegen der Ansicht des Klägers sprechen Ausmaß und Dauer des Verstoßes nicht für eine Abweichung von der Regelkürzung seinen Gunsten. Denn die Anwendung des Pflanzenschutzmittels erfolgte auf einer Betriebsfläche mit einer Größe von insgesamt 15,8800 ha. Auf dem Schlag 41 mit einer Größe von 7,2800 ha waren die Köderstellen vermehrt zu finden. Ausgehend von den überdosierten, offen zugänglichen Giftweizen auf den Betriebsflächen ergab sich wegen der Größe der Fläche eine erhebliche Gefahr der Aufnahme des toxischen Pflanzenschutzmittelwirkstoffes, insbesondere für vorüberziehende Vögel und andere Nichtzielorganismen. Die Gefahren, die von dem Verstoß ausgingen, dauerten einen Zeitraum von mindestens 11 Tagen (vom Tage der ersten Nachkontrolle der Anwendung durch den Kläger und seine Mitarbeiter am 17.10.2016 bis zum Tage des Termins der zweiten Kontrolle durch die Prüfbehörde am 28.10.2016) an.
Der Verstoß gegen die Anwendungsbestimmung des § 2 i. V. m. der Anlage 2 der PflSchAnwV, wonach Pflanzenschutzmittel, die Zinkphosphid enthalten, außerhalb von Forsten nur in verdeckt ausgebrachten Ködern angewandt werden dürfen, durfte der Beklagte als einen schweren Verstoß ansehen und entsprechend der Empfehlung der bundeeinheitlichen Bewertungsmatrix für die Bewertung von CC-Verstößen mit einer Kürzung von 5 % bewerten. Diese Bewertung ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil von einer nicht verdeckten Ausbringung des Pflanzenschutzmittels eine besondere Gefahr für wildlebende Tiere, die biologische Vielfalt und die Umwelt allgemein entsteht, insbesondere Vögel und andere Tiere, zu deren Nahrungskette Feldmäuse gehören. Weil bereits die Gefahr für wildlebende Tiere durch den unsachgemäßen Gifteinsatz genügt für die Annahme eines schweren Verstoßes genügt, kommt es nicht darauf an, ob durch die regelwidrige Anwendung des Pflanzenschutzmittels tatsächlich andere wildlebende Tiere zu Schaden gekommen sind. Auch das Ausmaß und die Dauer des Verstoßes sprechen für eine Bewertung für seine Einstufung als schweren Verstoß.
Gemäß Art. 73 Abs. 2 der VO (EU) Nr. 809/2014 werden mehrere Verstöße in Bezug auf verschiedene Rechtsakte oder desselben Bereichs wie ein einziger Verstoß behandelt. Dabei muss die Kürzung den höchsten Prozentsatz der für die festgestellten Verstöße festgelegten Kürzungssätzen entsprechen. Der höchste für die Kürzung festgestellte Prozentsatz wegen der festgestellten Verstöße beträgt vorliegend 5 %. Danach waren sowohl die Direktzahlungen als auch die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete, die den Begünstigten aufgrund der Antragstellung im Jahr 2016 bewilligt wurden, um 5 % der Gesamtbeträge zu kürzen.
Zur weiteren Begründung verweist das Gericht auf die Gründe der angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 13.12.2016 und vom 09.01.2017 sowie des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 18.12.2018 und die klageabweisenden Schriftsätze, deren Begründungen es folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, ist abzulehnen. Für einen solchen Antrag hat der Kläger kein Rechtschutzbedürfnis, weil zu seinen Gunsten keine Kostenentscheidung ergeht.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG und entspricht der Summe der vom Kläger begehrten Zuwendungen.


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