Arbeitsrecht

Kunstfreiheit als Sachgrund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses bei Schauspielern in Fernsehserien

Aktenzeichen  8 Sa 541/15

Datum:
11.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 120769
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, Abs. 2 S. 1 Nr. 1
GG Art. 2, Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14
BGB § 242

 

Leitsatz

1 Die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG eine Befristung des Arbeitsverhältnisses eines Schauspielers, wenn der Wegfall der übernommenen Rolle in einer Serie Ausdruck der künstlerischen Gestaltungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) ist; dies ist auch der Fall, wenn der Arbeitgeber sich durch eine Anpassung des künstlerischen Konzepts an einen veränderten Publikumsgeschmack oder einen Wunsch des abnehmenden Fernsehsenders anpasst. (Rn. 90 – 93) (red. LS Ulf Kortstock)
2 Bei einer arbeitsteiligen Herstellung eines Kunstwerkes kann sich auch der jeweilige Arbeitgeber auf die Kunstfreiheit desjenigen berufen, der das künstlerische Konzept verantwortet. (Rn. 103 – 105) (red. LS Ulf Kortstock)
3 Ein institutioneller Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) scheidet trotz des erheblichen Zeitraums (28 Jahre) und der sehr großen Zahl befristeter Verträge aus, weil jeweils erhebliche Unterbrechungen zwischen den Einsätzen (51 Drehtage jährlich) lagen; zudem sprächen hiergegen jedenfalls die Kunstfreiheit und der Umstand, dass der Arbeitnehmer sich allenfalls auf eine objektiv wegen der Möglichkeit der Auftragsbeendigung durch den Fernsehsender aus Gründen von Kosten oder Publikumsgeschmack unsichere Beschäftigung verlassen hätte. (Rn. 112 – 128) (red. LS Ulf Kortstock)

Verfahrensgang

3 Ca 14162/14 2015-04-28 Endurteil ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 08.04.2015 – 3 Ca 14162/14 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. c) ArbGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen.
I.
Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist die Entfristungsklage des Klägers zwar zulässig, aber unbegründet. Die mit Vertrag vom 12.10./14.10.2014 vereinbarte Befristung ist wirksam und hat das Vertragsverhältnis der Parteien zum 18.11.2014 aufgelöst.
1. Dies gilt auch dann, wenn mit dem Kläger, entgegen der von der Beklagten – zuletzt – vertretenen Auffassung, davon ausgegangen wird, dass dieses Vertragsverhältnis ein Arbeitsverhältnis gewesen ist. Denn der dann gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG erforderliche sachliche Grund liegt vor.
1.1. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG liegt ein sachlicher Grund (auch) dann vor, wenn die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt.
Dies ist (u. a.) der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages eine künstlerische Tätigkeit schuldet, wenn die in Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Kunstfreiheit des Arbeitgebers die Möglichkeit fordert, flexibel auf wechselnde künstlerische Vorstellungen hinsichtlich ihrer Umsetzung zu reagieren.
Die Befristung des Arbeitsverhältnisses eines Schauspielers in einer Fernsehserie ist danach gerechtfertigt, wenn seine Rolle in der Serie wegfällt, sofern die Entscheidung über den Wegfall der Rolle Ausdruck künstlerischer Gestaltungsfreiheit ist. In diesem Sinne beachtliche künstlerische Erwägungen stellen etwa die Anpassung an den Publikumsgeschmack oder die Berücksichtigung der Vorstellungen des Fernsehsenders durch die Produktionsfirma der Serie dar. Wird das künstlerische Konzept, das seinen konkreten Niederschlag im Drehbuch findet, zur Anpassung der Fernsehserie an den veränderten Geschmack oder auf Wunsch des Fernsehsenders geändert, drückt sich darin nicht nur das wirtschaftliche Interesse, sondern in erster Linie die künstlerische Gestaltungsfreiheit der Produktionsfirma aus. Art. 5 Abs. 3 GG rechtfertigt eine Befristung, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Vereinbarung das Entfallen der Rolle aus einem der genannten Gründe feststeht.
Die von Art. 12 Abs. 1 GG (u. a.) garantierte freie Wahl des Arbeitsplatzes vermag daran nichts zu ändern. Einen Schutz vor privatrechtlichen Dispositionen etwa in Gestalt der Vereinbarung einer Befristung gewährt sie unter Berücksichtigung der durch Art. 2, Art. 12, Art. 14 und Art. 5 Abs. 3 GG grundrechtlich geschützten Positionen der Arbeitgeberin als Herstellerin des Kunstwerks nicht weitergehend, als er durch die Regelungen im TzBfG gewährleistet ist (vgl. BAG, Urt. v. 02.07.2003 – 7 AZR 612/02, insbes. Rn. 28 ff.; HWK-Rennpferdt, § 14 TzBfG Rn. 38 ff.; ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn. 44 ff.).
1.2. Nach diesen Grundsätzen ist die streitbefangene Befristung mit Blick auf die Kunstfreiheit durch den sachlichen Grund gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt.
1.2.1. Der Kläger schuldete als Schauspieler eine künstlerische Tätigkeit. Es kommt dabei nicht darauf an, ob er sich bei der Darstellung des „F“ um die Verkörperung einer Haupt- oder einer Nebenrolle handelte. Für die Relevanz einer derartigen Differenzierung bietet die Regelung der Kunstfreiheit keinen Anhaltspunkt.
Ebenso ist unerheblich, dass der Kläger sich bei der Darstellung der genannten Figur an Weisungen des Regisseurs halten musste. Bindungen an Weisungen des Regisseurs sowie die Einflussmöglichkeiten des Produzenten, auf die der Kläger ebenfalls hingewiesen hat, sind für die Tätigkeit eines Schauspielers allgemeinkundig typisch. Es ist daher nicht nachzuvollziehen, wenn der Kläger annehmen möchte, nur die schauspielerische Betätigung ohne (wesentliche) Beeinflussung durch einen Regisseur sei als künstlerische Tätigkeit anzusehen. Auf welche Grundlage er diese Ansicht stützen möchte, bleibt unerfindlich. Soweit der Kläger nur vorbringen möchte, er sei hier einer untypisch engen Bindung unterworfen worden, lässt sein Vortrag Tatsachen vermissen, die eine entsprechende Einschätzung rechtfertigen könnten.
Unbehelflich ist auch der Hinweis des Klägers, der habe auf den gedanklichen Inhalt der Serie keinen Einfluss nehmen können. Auch diese – wiederum untypische – Möglichkeit der Einflussnahme ist nicht erforderlich, um schauspielerische Tätigkeit als künstlerisch zu werten.
1.2.2. Bei Vereinbarung der streitbefangenen Befristung stand fest, dass die vom Kläger verkörperte Rolle mit dem Ende der Folge 392 wegfällt. Das Drehbuch sah unbestritten vor, dass „F“ das aus vier Kommissaren bestehende Team verlässt. Der Kläger hat selbst eingeräumt, dass ein – seines Erachtens sehr konstruierter – Abgang des Kommissars in das Drehbuch aufgenommen worden sei. Dies wurde dem Kläger unbestritten auch bereits am 17.09.2014 (mündlich) mitgeteilt.
1.2.3. Der Wegfall der Rolle ist auch Ausdruck der von Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Kunstfreiheit.
Dies gilt unabhängig von den Sachverhaltsvarianten, zu denen die Parteien Erwägungen angestellt haben.
a) Wenn die Gestaltung des Drehbuchs der Beklagten vorbehalten war, sie jedoch auf Wunsch des ZDF die Rolle des „F“ entfallen ließ, hat sie – wie ausgeführt -mit der Berücksichtigung dieses Wunsches im Drehbuch für die Folge 392 von ihrer künstlerischen Gestaltungsfreiheit Gebrauch gemacht.
b) Wenn die Gestaltung des Drehbuchs der Beklagten vorbehalten war, und sie ohne einen entsprechenden Wunsch des ZDF die Rolle hat entfallen lassen, so gilt dies gleichfalls. Denn dann hätte sie ihre eigenen Vorstellungen vom Geschmack des Publikums oder ihre autonomen Wünsche vom Fortgang des in den künftigen Folgen zu erzählenden fiktiven Geschehens und der darin handelnden fiktiven Charaktere, in jedem Falle also künstlerische Erwägungen über die Gestaltung der Serie, umgesetzt.
c) Wenn die Gestaltung des Drehbuchs dem ZDF vorbehalten war, so steht der darin vorgesehene Wegfall der vom Kläger verkörperten Rolle dem entsprechenden Wunsch des Fernsehsenders an die Produktionsfirma gleich, den diese bei der Umsetzung des Drehbuchs in die Filmproduktion zu beachten hat.
Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass der Fortfall der Rolle dann nicht Ausdruck der Kunstfreiheit des Arbeitgebers sei.
Denn wenn bei der Herstellung eines Kunstwerks mehrere Rechtsträger arbeitsteilig zusammenwirken, kann sich die für die Produktion und damit für die Verträge mit den Künstlern zuständige Person auch auf die künstlerische Gestaltungsfreiheit derjenigen Person berufen, die das künstlerische Konzept verantwortet. Denn andernfalls wäre letztere praktisch außerstande, ihre Vorstellungen von der Rücksichtnahme auf den Publikumsgeschmack oder ihren autonomen Wünsche über den Fortgang der fiktiven Geschichte und der darin vorkommenden Charaktere Rechnung zu tragen. Sie müsste nämlich letztlich die wirtschaftliche Belastung durch das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Darsteller einer entfallenen Rolle und der Produktionsfirma tragen, weil nicht zu erwarten ist, dass eine Produktionsfirma sich ohne entsprechende vertragliche Regelung zur Herstellung von Serienfilmen bereitfinden würde.
d) Es kann mithin dahinstehen, wer die Entscheidung hinsichtlich des Fortfalls der vom Kläger verkörperten Rolle getroffen hat.
1.2.4. Unzutreffend ist der klägerische Einwand, es sei kein Innovationsbedürfnis ersichtlich gewesen. Denn bei Fernsehschauspielern ist – wie etwa bei Solo-Sängern – ein sachlich begründetes Abwechslungsbedürfnis als gegeben zu erachten (vgl. BAG, Urteil vom 05.03.1970 – 2 AZR 175/69, Juris, insbesondere Rn. 6), dessen Aktualisierung grundsätzlich dem vorbehalten ist, der das Drehbuch verantwortet. Eine konkrete Analyse der Attraktivität der Rolle im Einzelfall ist, anders, als der Kläger meint, nicht zu fordern.
Dass die Relevanz des Innovationsbedürfnisses hier nur – wahrheitswidrig – vorgeschoben worden wäre und andere Gründe für die Beendigung der Zusammenarbeit maßgeblich gewesen wären, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht nachvollziehbar geltend gemacht.
Dass nach 28 Jahren vom Fehlen eines Innovationsbedürfnisses auszugehen sei, wie der Kläger wohl meint, trifft nicht zu. Das Gegenteil dürfte richtig sein: Ein Innovationsbedürfnis wird mit dem Fortschreiten des Zeitraums steigen, in dem eine Serie gesendet wird, während es am Anfang der Laufzeit regelmäßig nicht vorhanden sein dürfte.
1.2.5. Damit ist für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund gegeben.
1.3. Dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses auch mit Blick auf die Rundfunkfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt sein wird, muss mangels Entscheidungserheblichkeit nicht näher dargestellt werden.
2. Zutreffend macht der Kläger geltend, dass eine Befristung nicht nur wegen fehlenden Sachgrunds, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) unwirksam sein kann. Ein solcher liegt hier jedoch nicht vor.
2.1. Die Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn er gegenüber einem bereits langjährig be schäftigten Arbeitnehmer trotz der vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Beschäftigung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.
Die Gerichte dürfen sich bei einer Befristungskontrolle daher nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds beschränken, sondern sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreift.
Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Neben der Gesamtdauer der mit derselben Person zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinander folgenden befristeten Verträge sowie der Anzahl der Vertragsverlängerungen kann auch der Zahl und der Dauer von Unterbrechungen Bedeutung zukommen. Längere Unterbrechungen können dazu führen, dass nicht von aufeinanderfolgenden Arbeitsverträgen auszugehen ist. Grundrechtlich gewährleistete Freiheiten sind ebenfalls zu berücksichtigen; dazu zählt namentlich die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit der Kunst. Bei zunehmender Anzahl befristeter Verträge und zunehmender Dauer der befristeten Beschäftigung kann sich nach den Gesamtumständen ergeben, dass die an sich gegebene Befristungsmöglichkeit vom Arbeitgeber missbräuchlich ausgenutzt wird, wenn er gegenüber einem langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.
Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Ist ein Sachgrund gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravie rendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften. Von diesen Grundsätzen abweichende Beurteilungen können geboten sein, wenn aufeinanderfolgend oder mit kurzen Unterbrechungen eine Vielzahl von Verträgen mit kurzer Laufzeit (von wenigen Wochen) abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer dadurch keine Planungssicherheit auf Dauer hat. In derartigen Fällen kann schon aufgrund der Vielzahl der Verträge trotz eines relativ kurzen Gesamtzeitraums aus befristeten Arbeitsverhältnissen eine Rechtsmissbrauchsprüfung veranlasst oder nach Lage der Umstände ein institutioneller Rechtsmissbrauch indiziert sein (vgl. zum Ganzen: BAG, Urt. v. 29.04.2015 – 7 AZR 310/13; Urt. v. 19.02.2014 – 7 AZR 260/12; Urt. v. 24.09.2014 – 7 AZR 987/12; Urt. v. 10.07.2013 – 7 AZR 761/11, alle Juris; HWK-Rennpferdt, § 14 TzBfG Rn. 100 ff.).).
2.2. Ein Rechtsmissbrauch liegt hier nicht vor.
2.2.1. Die missbräuchliche Ausnutzung der Sachgrundbefristung wird hier ungeachtet der hohen Zahl von 274 befristeten Verträgen und einer Gesamtdauer der Zusammenarbeit von 28 Jahren nicht indiziert.
Denn es liegen keine aufeinander folgenden Arbeitsverträge vor; vielmehr handelte es sich um von Pausen unterbrochene Phasen, in denen die Folgen der Serie gedreht wurden.
Es geht auch nicht um eine Vielzahl von Verträgen mit kurzer Laufzeit, die nur durch kurze Unterbrechungen voneinander getrennt gewesen wären. Denn bereits die Zahl von 51 Drehtagen im Kalenderjahr 2014 zeigt, dass die Unterbrechungen zwischen den Drehtagen ein erhebliches Ausmaß hatten. Wenn der Kläger unter der Prämisse der Berücksichtigung des Urlaubs von einem Beschäftigungszeitraum ohne relevante Unterbrechungen spricht, ist dies nicht nachzuvollziehen.
Am Fehlen der Indizwirkung kann auch der Umstand nichts ändern, dass in den Jahren von 1998 bis 2013 Rahmenverträge geschlossen wurden. Denn diese waren geeignet, die Planungssicherheit des Klägers, um die es letztlich geht, hinsichtlich seines Engagements in der Serie gegenüber den bloßen Einzelverträgen zu verbessern.
2.2.2. Selbst wenn ein Gestaltungsmissbrauch aber indiziert wäre, wäre die Indizwirkung hier durch die (unstreitigen) Umstände des Einzelfalls entkräftet.
Der Beklagten konnte schon aufgrund des zeitlichen Umfangs der klägerischen Tätigkeit nicht angesonnen werden, den Kläger durchgehend und unbefristet als Arbeitnehmer zu beschäftigen; die tatsächlich vorhandene Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung des Klägers ist nicht ersichtlich.
Im Jahre 2014 wurden an 51 Drehtagen acht Folgen der Serie gedreht. Aus dem exemplarisch (vom Kläger) vorgelegten Rahmenvertrag für 2013 ergibt sich ebenfalls die Fertigung von acht Folgen in diesem Kalenderjahr. Es kann daher angenommen werden, dass die Zahl der Drehtage über die Jahre der für das Jahr 2014 vorgetragenen Anzahl zumindest annähernd entsprochen hat. Bei dieser Anzahl der Drehtage kann jedoch auch unter Berücksichtigung von – im Einzelnen nicht vorgetragenen – Vorbereitungszeiten und Nacharbeiten selbst bei unterstellter Urlaubsgewährung nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Arbeitskraft andauernd und vollständig der Beklagten zur Verfügung zu stellen hatte. Dass ein Dauerarbeitsplatz bestanden hätte oder bestehen würde, ist also nicht zu erkennen.
Vor diesem Hintergrund kommt im Übrigen auch den Behauptungen des Klägers, er habe sich wegen seiner in jungen Jahren begonnenen und nahezu ausschließlich durchgeführten Betätigung für die Beklagte keine eigene Karriere und damit keine weitere wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen können, und könne dies auch künftig allenfalls mit Schwierigkeiten, da „sein Gesicht verbraucht sei“, kein großes Gewicht zu. Der Kläger mag sich darauf eingerichtet haben, mit der Verkörperung des „F“ sich und seine Unterhaltsberechtigten unterhalten zu können. Es musste ihm aber stets klar sein, dass er nicht davon ausgehen konnte, auf Dauer, letztlich bis zum Eintritt in den Ruhestand, mit der Darstellung des „F“ betraut zu bleiben. Neben der offenkundig ohne weiteres bestehenden Möglichkeit eines Fernsehsenders, eine – nur der Unterhaltung dienende – Serie jederzeit beenden zu können und den mannigfachen denkbaren Gründen hierfür (etwa: Kosten, Publikumsgeschmack), mussten auch die Rahmenverträge dem Kläger vor Augen führen, dass die Beklagte jeweils nur für einen bestimmten Zeitraum plante. Die in den Verträgen enthaltenen Optionen ändern daran nichts; auch wenn sie regelmäßig gezogen wurden, unterstreichen sie doch den begrenzten Planungshorizont der Beklagten. Einen unbefristeten Rahmenvertrag hat die Beklagte eben nicht abgeschlossen. Aus dem Umstand, dass der Kläger sich auf die – objektiv erkennbar unsichere – Tätigkeit bei der Beklagten allein verlassen hat, obwohl aus den von ihm dargestellten Zeiten nicht nachvollziehbar machen, dass er keine anderen Rollen annehmen und keine andere Karriere aufbauen konnte, kann kein Missbrauch des Befristungsrechts durch die Beklagte hergeleitet werden.
Ohne Erheblichkeit ist auch der Hinweis des Klägers auf eine fehlende „Vorwarnzeit“. Ihr Fehlen liegt in der Natur des zeitbefristeten Arbeitsvertrages und gibt keinen Hinweis auf eine rechtsmissbräuchliche Nutzung der Befristungsmöglichkeit.
Ein Rechtsmissbrauch ist bereits nach all dem ausgeschlossen. Erst recht gilt dies, weil die Beklagte sich überdies für ihre Betätigung, wie schon oben ausgeführt, auf die Kunstfreiheit berufen kann.
2.2.3. Hieraus folgt gleichzeitig, dass der Kläger der ihm bei Fehlen der Indizwirkung obliegenden Darlegungslast hinsichtlich des Rechtsmissbrauchs nicht genügt hat.
3. Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26.02.2015 – C – 238/14. Der Regelung in § 5 der am 18.03.1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 ist mit dem Vorliegen eines sachlichen Grundes und dem Fehlen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs genügt. Die hier angewandten Vorschriften des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KSchG und des § 242 BGB führen nicht dazu, dass im Kulturbereich die Beschäftigung mit aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen ohne Weiteres zulässig wäre, wie der Kläger wohl durch seine Bezugnahme geltend machen will.
Der Ansicht des Klägers, der Entscheidung sei das Erfordernis zu entnehmen, die künstlerischen Gründe näher darzustellen als vorliegend geschehen, vermag das Berufungsgericht nicht zu folgen. Es verbleibt dabei, dass es ausreicht, wenn die Rolle nach dem Drehbuch ihr Ende findet.
4. Das Arbeitsverhältnis endete mit dem Ablauf der Befristung. Einer Ankündigung der Beendigung bedurfte es nicht, da es sich um eine kalendermäßige Befristung im Sinne von § 15 Abs. 1 TzBfG handelte, und nicht um eine Zweckbefristung bzw. um eine auflösende Bedingung, bei denen eine Ankündigung erforderlich ist (§§ 15 Abs. 2, 21 TzBfG).
II.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch die Kündigungsschutzklage vollumfänglich abgewiesen.
Ihr musste der Erfolg versagt bleiben, da bei Zugang der Kündigungen vom 09.12.2014 das Arbeitsverhältnis bereits durch die wirksame Befristung zum 18.11.2014 beendet war. Der Bestand des Arbeitsverhältnisses bei Zugang der Kündigung ist jedoch notwendige Voraussetzung für den Erfolg der Kündigungsschutzklage.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.
Der Beklagten steht gleichwohl kein Rechtsmittel zur Verfügung, da sie durch die vorliegende Entscheidung nicht beschwert ist Der Kläger kann Revision nach näherer Maßgabe der nachfolgenden Rechtsmittelbelehrungeinlegen.


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