Arbeitsrecht

Nichtannahme einer unter erheblichen Substantiierungsmängeln leidenden Verfassungsbeschwerde – Auferlegung einer Missbrauchsgebühr iHv 500 Euro zu Lasten des Bevollmächtigten

Aktenzeichen  1 BvR 791/11

Datum:
27.4.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110427.1bvr079111
Normen:
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG
§ 34 Abs 2 BVerfGG
§ 92 BVerfGG
Spruchkörper:
1. Senat 1. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 17. Februar 2011, Az: OVG 1 N 32.10, Beschlussvorgehend VG Cottbus, 12. Februar 2010, Az: 4 K 1255/07, Urteilvorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 17. Februar 2011, Az: OVG 1 N 31.10, Beschlussvorgehend VG Cottbus, 12. Februar 2010, Az: 4 K 487/06, Urteil

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird, ohne dass über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entschieden zu werden
braucht, nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 € (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.

Gründe

1
1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie ist offensichtlich unzulässig. Denn sie leidet an
ganz erheblichen Begründungsmängeln.

2
Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrunde liegenden einfachen Recht sowie
mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert
darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 ). Der Beschwerdeführer muss darlegen,
mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370 ). Dies
erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Vorlage der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen
Entscheidungen oder zumindest die Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts, weil nur das eine Beurteilung dahin erlaubt, ob die
gerügten Verfassungsverstöße tatsächlich gegeben sind (vgl. BVerfGE 88, 40 ; 93, 266 ). Entsprechendes gilt für Unterlagen,
auf die die angegriffenen Entscheidungen Bezug nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. Dezember
1999 – 1 BvR 195/96 -, www.bverfg.de, Rn. 3). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche
Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme
verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 ; 101, 331 ; 102, 147 ). Bei Urteilsverfassungsbeschwerden ist zudem in
der Regel eine ins Einzelne gehende argumentative Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung erforderlich.

3
Den genannten Anforderungen genügt die Begründung der Verfassungsbeschwerde in keinerlei Hinsicht. Der Bevollmächtigte des
Beschwerdeführers hat die Entscheidungen in den vorausgegangenen verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren, auf die die angegriffenen
Urteile mehrmals verweisen, nicht vorgelegt und auch nicht deren wesentlichen Inhalt mitgeteilt. Ohne dessen Kenntnis ist
eine Prüfung, ob die vom Beschwerdeführer gerügten Grundrechtsverstöße vorliegen, nicht möglich. Darüber hinaus enthalten
die Ausführungen des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers keinerlei verfassungsrechtliche Substanz. Es ist nicht ersichtlich,
von welchen verfassungsrechtlichen Maßstäben der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers bei seinen Rügen ausgeht. Einschlägige
verfassungsgerichtliche Entscheidungen, insbesondere zu Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. speziell zur vorliegend im Mittelpunkt stehenden
straßen- und wegerechtlichen Problematik BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. April 2009 – 1 BvR 3478/08
-, www.bverfg.de mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts) werden nicht herangezogen.
Eine argumentative Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen ist nahezu gänzlich unterblieben. Der Bevollmächtigte
des Beschwerdeführers beanstandet lediglich bestimmte Begründungselemente der Entscheidungen und hält sodann zweimal pauschal
fest: “Dies ist unzulässig und verletzt den Beschwerdeführer in seinen Rechten.”

4
Einer Entscheidung über den im Hinblick darauf, dass die angegriffenen Entscheidungen nicht vollständig innerhalb der Frist
des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG vorgelegt worden sind, hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
bedarf es danach nicht.

5
2. Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG.

6
a) Das Bundesverfassungsgericht kann nach § 34 Abs. 2 BVerfGG eine Gebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung
der Verfassungsbeschwerde einen Missbrauch darstellt. Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich
unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung deshalb von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden
muss (vgl. etwa BVerfGK 6, 219; 10, 94 ), etwa bei einer – wie hier – völlig substanzlosen Verfassungsbeschwerde (vgl.
BVerfGK 10, 94 ). Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, an der Erfüllung seiner Aufgaben durch erkennbar
substanzlose Verfassungsbeschwerden gehindert zu werden, wodurch anderen Bürgern der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur
verzögert gewährt werden kann (vgl. BVerfGK 6, 219; 10, 94 ).

7
b) Gerade von einem Rechtsanwalt, der ein Mandat zur Führung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht annimmt, ist
zu verlangen, dass er sich mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde auseinandersetzt, die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts zu den aufgeworfenen Fragen prüft, die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde
eingehend abwägt und sich entsprechend den Ergebnissen seiner Prüfung verhält (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten
Senats vom 8. Dezember 2010 – 1 BvR 2704/10 -, www.bverfg.de, Rn. 6 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird der Bevollmächtigte
des Beschwerdeführers nicht gerecht; nicht zuletzt entbehrt sein Vorbringen jeder verfassungsrechtlichen Substanz. Dies rechtfertigt
es, ihm die Missbrauchsgebühr aufzuerlegen.

8
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


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