Arbeitsrecht

PKH für Schuldner nach Insolvenzeröffnung

Aktenzeichen  4 Ta 18/20

Datum:
27.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZInsO – 2020, 1592
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 240

 

Leitsatz

Beantragt der Insolvenzschuldner als Beklagter Prozesskostenhilfe in einem Zeitpunkt, in dem die Insolvenz eröffnet worden ist, können Prozesskostenhilfebewilligung und  Anwaltsbeiordnung nicht mehr erfolgen, da der Insolvenzschuldner nicht mehr  verfügungsbefugt und der Prozess unterbrochen ist.    (Rn. 4)

Verfahrensgang

5 Ca 560/19 2019-12-27 Bes ARBGBAMBERG ArbG Bamberg

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg vom 27.12.2019, Az. 5 Ca 560/19, wird zurückgewiesen.

Gründe

Die zulässige, insbesondere fristgerecht beim Landesarbeitsgericht eingereichte sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die beantragte Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung abgelehnt. Das Beschwerdegericht folgt den zutreffenden Gründen des Arbeitsgerichts im Beschluss vom 27.12.2019 sowie im Nichtabhilfebeschluss vom 05.02.2020 und schließt sich ihnen an.
Zu den Einwendungen der Beklagten im Beschwerdeverfahren ist hinzuzufügen: Die Beklagte verkennt, dass Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft bewilligt werden kann, dass auch eine Beiordnung eines Rechtsanwalts nur für Prozesshandlungen erfolgt, die in der Zukunft vorgenommen werden sollen. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO gestattet die Bewilligung nur für eine „beabsichtigte“ Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Zweck der Vorschrift ist es, der Partei die Prozessführung zu ermöglichen, nicht aber, ihr nachträglich die Kosten für einen bereits geführten Prozess zu erstatten (ausdrücklich Schultzky in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 114 Rn. 17 mwN). Für den Zeitraum vor Antragstellung kann grundsätzlich keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden (Schultzky, a.a.O., § 119 Rn. 5 mwN). Eine Rückwirkung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist grundsätzlich ausgeschlossen (BAG 30.04.2014, 10 AZB 13/14, Rn. 9, zitiert nach juris). Eine rückwirkende Erstreckung ist nur dann möglich und geboten, wenn Bewilligungsreife gegeben war und das Gericht erst später entschieden hat. Dann kommt es auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife an.
Vorliegend hat die Beklagte Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung erstmals mit Schriftsatz vom 08.11.2019, beim Arbeitsgericht eingegangen am selben Tag, gestellt. Vor Antragstellung kann Bewilligungsreife nie gegeben sein. Die Beklagte selbst hat jedoch vortragen lassen, dass das Insolvenzverfahren bereits am 21.10.2019 eröffnet worden war. Im Zeitpunkt der Antragstellung war die Beklagte nicht mehr verfügungsbefugt, der Prozess ist durch die Insolvenz unterbrochen und kann nur durch bzw. gegen den Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Der Insolvenzschuldner selbst kann erst nach eventueller Freigabe wieder selbst verfügen (zum Ganzen vgl. Greger in Zöller, a.a.O., § 240 Rn. 12 ff.). Aufgrund des Wegfalls der materiellen Verfügungsbefugnis ist die Beklagte selbst nicht mehr befugt, Prozesshandlungen durch ihren Prozessbevollmächtigten vornehmen zu lassen – im Hinblick auf § 240 ZPO wären solche Handlungen im Übrigen unwirksam. Für derartige unbeachtliche Handlungen kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt, Beiordnung nicht angeordnet werden.
Nach alldem kann Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung – zumindest derzeit, solange das Vermögen nicht freigegeben ist bzw. solange kein Auftrag zur Fortführung durch den Insolvenzverwalter vorliegt – nicht bewilligt werden. Die sofortige Beschwerde ist zurückzuweisen.


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