Arbeitsrecht

Rentenrechtliche Anerkennungszeit – Schulausbildung – Fernstudium Türkei

Aktenzeichen  S 31 R 987/15

Datum:
25.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NZS – 2016, 830
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VI SGB VI § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4

 

Leitsatz

1. Die Anadolu Universität erfüllt mit ihrem Fernstudien Angebot nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung als Hochschule im Sinne von § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI. (amtlicher Leitsatz)
2 Zeiten eines Fernstudiums an der Anadolu Universität/Türkei sind keine rentenrechtlichen Anerkennungszeiten im Sinne einer schulischen Ausbildung. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI sind Anrechnungszeiten unter anderem solche Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung).
Die Klägerin hat hinsichtlich ihres Fernstudiums an der Anadolu- Universität keinen Anspruch auf Feststellung einer solchen schulischen Ausbildungszeit.
Wie das Bayerische LSG in einem Urteil vom 31.03.1992 (Az.: L 6 Ar 246/90) nach umfangreichen Ermittlungen bei der Anadolu- Universität bereits entschieden hat, erfüllt die Anadolu- Universität nicht die von der Rechtsprechung (vgl. Urteil des BSG vom 25.11.1976, SozR 2002, § 1262 Nr. 9) gestellten Anforderungen an die Anerkennung als Hochschule im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI. Voraussetzung hierfür ist nämlich, dass Gewähr für eine Stetigkeit und Regelmäßigkeit der Ausbildung gegeben und die Dauer nicht allein der Verantwortung des Schülers überlassen ist. Dies ist laut BayLSG im Hinblick auf die Ausbildungsordnung der Anadolu- Universität nicht der Fall, nachdem dort ein Studium, das regelmäßig 3 Jahre dauert, auch über einen Zeitraum von 7 Jahren gestreckt werden kann. Schon aus diesem Grunde besteht also kein Anspruch auf Anrechnung einer schulischen Ausbildungszeit für das Fernstudium der Klägerin an der Anadolu-Universität.
Darüber hinaus kann eine Anrechnungszeit auch deshalb nicht zuerkannt werden, weil die Klägerin nicht nachweisen kann, durch das Fernstudium zeitlich überwiegend, also mindestens 20 Stunden pro Woche, in Anspruch genommen worden zu sein. Dieser Nachweis wäre ebenfalls Voraussetzung einer Anerkennung gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI (vgl. Kreikebohm, beckOK SGB VI § 58, Rn. 17a; Gürtner in Kasseler Kommentar, § 58 SGB VI, Rn. 36). Die Klägerin hat selbst angegeben, in den Jahren 1989 bis 1991 einer Vollzeit- Berufstätigkeit in der Türkei nachgegangen zu sein, weshalb ausgeschlossen werden kann, dass die Klägerin in dieser Zeit überwiegend durch ihr Fernstudium in Anspruch genommen war. Ab 1993 hatte die Klägerin keinerlei Fächer mehr belegt und war lediglich noch immatrikuliert, woraus ersichtlich ist, dass sie auch in diesem Zeitraum nicht überwiegend durch ein Studium in Anspruch genommen war. Auch im Hinblick auf das Studienjahr 1992 ist dies nicht der Fall, da die Klägerin hier lediglich ein Fach belegt hatte (also vom Umfang her nur 1/6 bzw. 1/7 desjenigen Pensums, das sie 1989/1990 neben ihrer Vollzeit- Berufstätigkeit absolviert hatte), weshalb nicht davon auszugehen ist, dass sie im Jahr 1992 mehr als 20 Wochenstunden durch das Studium in Anspruch genommen war.
Eine Anerkennung der Jahre von 1989 bis 1993 als schulische Ausbildungszeit kommt daher nicht in Betracht. Soweit die Klägerin die Anerkennung auch noch für die Jahre 1987 und 1988 beantragt hat, kommt eine solche Anerkennung erst recht nicht in Betracht, da sie in diesen Jahren laut Auskunft der Anadolu- Universität nicht einmal immatrikuliert war.
Nach allem hat die Beklagte die Anrechnung einer schulischen Ausbildungszeit zu Recht abgelehnt, die Klage war vollumfänglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt die Tatsache, dass die Klägerin mit ihrem Begehren vollumfänglich unterlegen ist.


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