Arbeitsrecht

Rückforderung Bezügezahlung – Entlassung aus Beamtenverhältnis

Aktenzeichen  B 5 K 18.662

Datum:
10.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 51132
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBesG § 3 Abs. 1, § 12 Abs. 2, § 61
BGB § 389, § 812 Abs. 1 S. 1 u 2, § 818 Abs. 1
BPolBG § 2

 

Leitsatz

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen.
2.    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Rückforderungsbescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 06.12.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2018 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde der Kläger unter dem 13.11.2017 schriftlich gem. § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zu der beabsichtigten Rückzahlung angehört.
Auch materiell ist der Bescheid rechtmäßig. Der Anspruch auf Rückzahlung ist auf der Tatbestandsseite dem Grunde und der geltend gemachten Höhe nach entstanden (dazu unter a)), nicht durch Aufrechnung erloschen (dazu unter b)) und durchsetzbar (dazu unter c)). Die Behörde musste auch nicht auf der Rechtsfolgenseite aus Billigkeitsgründen von der Rückforderung absehen (dazu unter d)).
a) Der Anspruch besteht dem Grunde und der Höhe nach. Rechtsgrundlage für die Rückforderung überzahlter Bezüge ist § 12 Abs. 2 BBesG i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 1
1. Alternative, bzw. § 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Voraussetzung für die Rückforderung ist demnach, dass der (ehemalige) Beamte durch Leistung des Dienstherrn Bezüge ohne Rechtsgrund bzw. bei späterem Wegfall des Rechtsgrundes erlangt hat. Rechtsgrund für die Zahlung von Dienstbezügen ist das Beamtenverhältnis, im Falle des Klägers das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Polizeimeisteranwärter bei der Bundespolizei. Durch die sofort vollziehbare Verfügung vom 10.07.2017 zur fristlosen Entlassung am 18.07.2017 (dem Zustellungstag) endete das Beamtenverhältnis des Klägers mit Ablauf dieses Tages. Die aufschiebende Wirkung wurde nach erfolglosem Verlauf des Eilverfahrens nicht wiederhergestellt und auch die Hauptsacheklage gegen die Entlassungsverfügung ist erfolglos geblieben. Mit dem Tag der Entlassung endete gem. § 3 Abs. 2 BBesG auch der Anspruch auf Besoldung.
Hinsichtlich des im Voraus für Juli 2017 gezahlten Anwärtergrundbetrags entfiel damit der Rechtsgrund nachträglich, soweit die Besoldung der Alimentation des Klägers für den Zeitraum vom 19.07. bis 31.07.2017 dienen sollte. Hinsichtlich des für August 2017 gezahlten Anwärtergrundbetrags fehlte schon bei Leistung der Rechtsgrund.
Die Höhe der Rückforderung bemisst sich gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG,§ 818 Abs. 1 BGB nach dem Erlangten. Das sind die erhaltenen Bruttobeträge (vgl BVerfG, B.v. 11.10.1977 – 2 BvR 407/77 – BVerfGE 46, 97/115; BVerwG, U.v. 22.9.1966 – VIII C 109/64 – BVerwGE 25, 97/103). Die Beträge wurden in der Bezügemitteilung vom 14.08.2017 im Einzelnen aufgeschlüsselt. Für Juli 2017 wurde der Anwärtergrundbetrag tagesanteilig für den Zeitraum vom 19.07. bis zum 31.07.2017 zurückgefordert (13 Tage á 37,7092 EUR), das entspricht einer Summe von 490,22 EUR. Für August 2017 wurde der gesamte Anwärtergrundbetrag zurück gefordert. Insgesamt ergibt sich der angegebene Betrag von 1.659,21 EUR.
b) Der Anspruch auf Rückzahlung ist nicht gem. § 389 BGB durch Aufrechnung mit Ansprüchen auf Urlaubsabgeltung erloschen. Zwar ist die Aufrechnung mit öffentlich-rechtlichen Forderungen grundsätzlich möglich (vgl. BVerwG, U.v. 27.10.1982 – 3 C 6/82 – NJW 1983, 776). Allerdings besitzt der Kläger keinen der Rückforderung entgegenstehenden Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Denn eine entsprechende Rechtsgrundlage, vergleichbar mit § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) für den privatrechtlichen Bereich, gibt es im Beamtenrecht nicht. Vielmehr regelt § 10 Abs. 1 der Erholungsurlaubsverordnung (EUrlV) klar, dass bei Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis nicht genommener Erholungsurlaub nur dann abzugelten ist, wenn der Beamte wegen Dienstunfähigkeit daran gehindert war, den Mindesturlaub zu nehmen. Dazu ist beim Kläger nichts ersichtlich und auch nichts vorgetragen.
c) Die Einrede der Entreicherung gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB ist vom Kläger nicht erhoben worden, sodass auch der Durchsetzbarkeit des Rückforderungsanspruchs nichts entgegensteht.
d) Liegen alle Voraussetzungen des Rückforderungsanspruchs vor, kann die Behörde nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG nach ihrem Ermessen von der Geltendmachung aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise absehen. Ermessensfehler sind diesbezüglich aber nicht ersichtlich. Insbesondere musste kein behördliches Verschulden hinsichtlich der Überzahlung berücksichtigt werden. Die Überweisung insbesondere der Bezüge für August 2017 erfolgte allein deshalb, weil aus technischen Gründen ein Rückruf zum Zeitpunkt der Entlassung nicht mehr möglich war. Zudem wusste der Kläger, dass die Überweisung der Bezüge ohne Rechtsgrund erfolgte (vgl. OVG Hamburg, U.v. 7.4.2011 – 1 Bs 37/11 – juris).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegender Beteiligter hat der Kläger die Verfahrenskosten zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Die Einräumung von Vollstreckungsschutz war aufgrund der allenfalls geringen vollstreckbaren Kosten der Beklagten nicht angezeigt.


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