Arbeitsrecht

Schwerbehindertenvertretung, Betriebsratsmitglied, Zustimmung des Betriebsrates

Aktenzeichen  11 Sa 332/20

Datum:
29.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 57536
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 626
BetrVG § 26, § 27, § 28, § 103

 

Leitsatz

Verfahrensgang

12 Ca 4164/19 2020-01-16 Endurteil ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes A-Stadt – Az.: 12 Ca 4164/19 vom 16.01.2020 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 und 2, 64 Abs. 6 Satz ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie ist daher zulässig.
II.
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet, da die Kündigung vom 04.04.2019 das Arbeitsverhältnis wirksam außerordentlich beendet hat.
1. Die Unwirksamkeit der Kündigung ergibt sich nicht daraus, dass etwa das Verfahren zur Einholung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung nicht ordnungsgemäß durchlaufen worden wäre. Weder wurde die Zustimmung vom falschen Gremium erteilt, noch ist die Information gegenüber dem Betriebsrat fehlerhaft, weil über den Betriebsratsvorsitzenden als falschen Empfänger der Information, noch inhaltlich mangelhaft im Sinne einer irreführenden oder unzureichenden Information erfolgt.
a) Gemäß § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrates der Zustimmung des Betriebsrats. Der Arbeitgeber hat im Rahmen des Zustimmungsersuchens an den Betriebsrat diesem die Kündigungsgründe wie nach § 102 Abs. 1 BetrVG mitzuteilen. Damit dieser über die Zustimmung entscheiden kann, muss er die Gründe kennen, die für die Maßnahme des Arbeitgebers ursächlich sind. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, dem Betriebsrat die Gründe für die außerordentliche Kündigung mitzuteilen. Hinsichtlich der Art und des Umfangs der Informationen gelten hierbei dieselben Grundsätze wie zur Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat seine Kündigungsabsicht mitzuteilen, die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers genau zu bezeichnen und die Kündigungsgründe anzugeben. Er muss den Betriebsrat über alle Aspekte unterrichten, die ihn zur Kündigung veranlasst haben (vgl. BAG vom 23.04.2008 – 2 ABR 71/07). Der notwendige Inhalt der Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG richtet sich nach Sinn und Zweck der Anhörung. Dieser besteht darin, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht, d. h. gegebenenfalls zu Gunsten des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber einzuwirken. Der Betriebsrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können. Die Anhörung soll dem Betriebsrat nicht die selbständige – objektive – Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern gegebenenfalls eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen. Der Inhalt der Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist deshalb grundsätzlich subjektiv determiniert. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Dem kommt der Arbeitgeber dann nicht nach, wenn er dem Betriebsrat einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt unterbreitet. Schildert er dem Betriebsrat bewusst einen unrichtigen oder unvollständigen – und damit irreführenden – Kündigungssachverhalt, der sich bei der Würdigung durch den Betriebsrat zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken kann, ist die Anhörung unzureichend und die Kündigung unwirksam. Eine zwar vermeidbare aber unbewusst erfolgte, bloß objektive Fehlinformation führt dagegen für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber bei größerer Sorgfalt die richtige Sachlage hätte kennen können. Maßgeblich ist, ob er subjektiv gutgläubig war und trotz objektiv falscher Unterrichtung dem Sinn und Zweck der Betriebsratsanhörung genüge getan ist. Dies ist bei einer unbewussten Falschinformation dann der Fall, wenn sich der Inhalt der Unterrichtung mit dem tatsächlichen Kenntnisstand des Arbeitgebers deckt und der Betriebsrat damit auf derselben Tatsachenbasis wie dieser auf dessen Kündigungsabsicht einwirken kann (vgl. BAG vom 16.07.2015 – 2 AZR 15/15; vom 21.11.2013 – 2 AZR 797/11).
Diese Grundsätze gelten daher auch für die Unterrichtung des Betriebsrats im Rahmen eines Zustimmungsantrages nach § 103 BetrVG.
b) Berechtigt für die Entgegennahme von Mitteilungen zur Kündigungsabsicht des Arbeitgebers im Sinne des § 102 BetrVG und damit auch im Sinne des § 103 BetrVG ist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 BetrVG der Betriebsratsvorsitzende oder, falls dieser verhindert ist, der Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden. Ist ein besonderer Ausschuss (Personalausschuss) gebildet, dem der Betriebsrat die Mitbestimmung bei Kündigungen übertragen hat, dann ist der Ausschussvorsitzende zur Entgegennahme der Erklärungen des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren berechtigt. Mitteilungen, insbesondere über Kündigungsgründe, die der Arbeitgeber im Rahmen des § 102 oder auch § 103 BetrVG einem nicht nach diesen Grundsätzen zur Entgegennahme ermächtigten Mitglied des Betriebsrates macht, werden erst dann für den Betriebsrat wirksam, wenn sie vom unzuständigen Mitglied als Erklärungsbote des Arbeitgebers an den Vorsitzenden oder ein zum Empfang ermächtigtes Mitglied des Betriebsrates oder eines zuständigen Ausschusses weitergeleitet werden (vgl. BAG vom 27.06.1985 – 2 AZR 412/84).
c) Der Betriebsrat kann die Ausübung der Mitbestimmung bei Kündigungen einem besonderen Ausschuss (Personalausschuss) zur selbständigen Erledigung übertragen (BAG vom 04.08.1975 – 2 AZR 266/74). In diesem Fall entscheidet dann dieses Gremium, also der Personalausschuss über den Zustimmungsantrag. Denn gemäß § 28 Abs. 1 BetrVG kann der Betriebsrat im Betrieb mit mehr als 100 Arbeitnehmern Ausschüsse bilden und ihnen bestimmte Aufgaben übertragen. Ist ein Betriebsausschuss gebildet, kann der Betriebsrat den Ausschüssen Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen, wobei § 27 Abs. 2 Satz 2 – 4 entsprechend gilt, insbesondere bedarf insoweit die Übertragung der Aufgaben der Schriftform, gleichermaßen gelten entsprechend für den Widerruf der Übertragung dieser Aufgaben auch § 27 Abs. 2 Sätze 2 und 3, wonach auch für den Widerruf die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder erforderlich ist und der Widerruf der Schriftform bedarf.
d) Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint die vorgenommene Durchführung des Zustimmungsverfahrens nach § 103 BetrVG nicht als fehlerhaft.
aa) Zunächst hat nicht das falsche Gremium über die Zustimmung entschieden. Jedenfalls wäre eine Beschlussfassung durch ein falsches Gremium nicht dem Arbeitgeber anzulasten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitgliedes und im Rahmen des Verfahrens nach § 103 BetrVG Grundsätze, die das BAG für die Deckung der Mängel beim Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG entwickelt hat (Sphärentheorie), auf das Zustimmungsverfahren nach § 103 BetrVG nicht übertragbar sind, weil die erforderliche Zustimmung zur Kündigung nach § 15 KSchG an sich einen wirksamen Beschluss voraussetzt. Jedoch darf der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes grundsätzlich auf die Wirksamkeit eines Zustimmungsbeschlusses nach § 103 BetrVG vertrauen, wenn ihm der Betriebsratsvorsitzende oder sein Vertreter mitteilt, der Betriebsrat habe die beantragte Zustimmung erteilt. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Tatsachen kennt oder kennen muss, aus denen die Unwirksamkeit des Beschlusses folgt. Eine Erkundigungspflicht des Arbeitgebers besteht insoweit allerdings nicht (vgl. BAG vom 23.08.1984 – 2 AZR 391/83).
Demgemäß konnte es dahingestellt bleiben, ob tatsächlich ein wirksamer Rückübertragungsbeschluss durch den Betriebsrat als Gremium getroffen wurde. Jedenfalls durfte die Beklagte hierauf vertrauen, nachdem sie durch den Betriebsratsvorsitzenden darüber informiert worden war, dass die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung erteilt wird und der Betriebsrat als Gremium dies beschlossen hat. Zwar wäre tatsächlich ein Beschluss, soweit keine Rückübertragung erfolgt wäre, fehlerhaft und insoweit unwirksam, weil dann der Personalausschuss hierfür zuständig gewesen wäre. Die Kammer geht dabei auch davon aus, dass aufgrund der Kenntnis der Geschäftsordnung des Betriebsrates die Beklagte Kenntnis davon hatte, dass entsprechende Entscheidungen im Rahmen der Zustimmung zur Kündigung auf Personalausschüsse übertragen worden waren. Denn dies hat sie letztlich in der Berufungserwiderung durch den geschilderten Kontakt zum Zeugen Dr. E., bestätigt. Jedoch beinhaltet nach Auffassung der Kammer die Mitteilung des Zustimmungsbeschlusses zur beabsichtigten Kündigung unter Darlegung, dass der Betriebsrat als Gremium dies beschlossen habe, auch die Mitteilung konkludent, dass die Rückübertragung beschlossen wurde. Der Kläger geht davon aus, dass aufgrund der Kenntnis der Geschäftsordnung die Beklagte Kenntnis davon haben musste, dass an sich für derartige Entscheidungen der Personalausschuss zuständig ist. Gleichermaßen muss man aber auch davon ausgehen, dass gerade der Betriebsrat selbst sich dieses Umstandes bewusst ist. Dies zeigt im Übrigen auch die vom Kläger selbst dargestellte Einladung zur Sitzung des Betriebsrates vom 19.03.2019, bei der als Tagesordnungspunkt auch die Rückübertragung vorgesehen war. Wenn daher der Betriebsrat über die Zustimmung entscheidet und die Zustimmung auch dem Arbeitgeber mitteilt, darf dieser das so verstehen, dass der Betriebsrat die Befugnis im Rahmen der Zustimmung von Kündigungen, die er vorher auf einen Personalausschuss übertragen hatte, wieder an sich gezogen hat. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass der Arbeitgeber gegebenenfalls auf Grund der von Seiten der Beklagten geschilderten Kontakte im März 2019 vor Zugang der Anhörung an den Betriebsrat Informationen an den Betriebsratsvorsitzenden oder etwa auch an den Vorsitzenden eines gegebenenfalls falschen Personalausschusses weitergegeben hat. Auf Grund der Zustimmungsmitteilung durfte die Beklagte davon ausgehen, dass in jedem Fall das Gremium die Befugnis zur Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung an sich ziehen wollte und an sich gezogen hat, egal welchem Personalausschuss letztlich die Befugnis ursprünglich zugestanden hat. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass etwa die Beklagte Kenntnis von dieser Einladung hatte und aus ihr ersehen konnte, dass gegebenenfalls, sollte die Ansicht des Klägers zutreffend sein, dass der Personalausschuss für den Bereich P für ihn nicht zuständig gewesen wäre, einen fehlerhaften Rückübertragungsbeschluss geschlossen hatte. Der Kläger hat lediglich moniert, dass die Ladung fehlerhaft erfolgt sei und insoweit Kenntnis der Beklagten bestanden hätte, weil die Ladung zur entsprechenden Sitzung vom 19.03.2019 durch Herrn N. im Auftrag von Herrn R. als Betriebsratsvorsitzenden erfolgt sei, wobei die Mail zu dieser Ladung (Bl.838f. d.A.), von R., Vorsitzender Gesamt- und Eurobetriebsrat unterzeichnet war. Zum einen wäre diese Ladung jedoch nicht zu beanstanden, da sie durch Herrn R. unterzeichnet ist und lediglich per Email und zwar auch erkennbar im Auftrag des Betriebsratsvorsitzenden R. lediglich durch den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden hinausgeschickt wurde. Dies zeigt also, dass die Ladung nicht etwa durch den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden im eigenen Namen erfolgt ist, sondern dass er im Auftrag des Betriebsratsvorsitzenden gehandelt hat und dieser auch selbst zur Sitzung einlädt. Darüber hinaus wäre ohnehin dieser Sachvortrag, der erst im Rahmen des Schriftsatzes vom 28.07.2020, mithin einen Tag vor der Kammersitzung erfolgt ist, verspätet, da der Vortrag nicht im Rahmen der Berufungsbegründung erfolgt ist und entsprechend § 67 Abs. 4 S. 2 ArbGG später vorgebrachte Angriffs- und Verteidigungsmittel nur dann zuzulassen sind, wenn sie nach der Berufungsbegründung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgericht die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde. Dies ist jedoch schon deswegen der Fall, weil es der Beklagten, wie sie es auch in der mündlichen Verhandlung beantragt hat, gegebenen Falls eine Schriftsatzfrist eingeräumt hätte werden müssen, um auf diesen Sachvertrag Stellung nehmen zu können, weil insbesondere hier auch bestimmte Kenntnisse der Beklagten behauptet wurden und es der Beklagten möglich sein musste, hierzu Stellung zu nehmen.
Insoweit durfte die Beklagte auf Grund der Mitteilung der erteilten Zustimmung und des Umstandes, dass sie keine Kenntnis davon hatte, dass gegebenenfalls hier Mängel im Rahmen der Beschlussfassung bestehen, darauf vertrauen, dass die Zustimmung ordnungsgemäß erfolgt ist. Dies gilt auch in Bezug etwa auf eine fehlerhafte Schriftform, wie sie nach § 28 S. 1, S. 3 in Verb. mit § 27 Abs. 2 S. 3 und 4 BetrVG erforderlich für die Rückübertragung wäre. Zwar hat sich der Kläger insoweit darauf berufen, dass es der Beklagten auf Grund der Regelungen der Geschäftsordnung bekannt gewesen sei, dass das Protokoll erst im Rahmen der nächsten Sitzung erstellt wird und insofern die Schriftform, welche durch Unterzeichnung eines Protokolls durch den Betriebsratsvorsitzenden gewahrt wäre, noch nicht vorgelegen haben kann. Jedoch ist die Unterzeichnung des Betriebsratsprotokolls nur eine Möglichkeit, die Schriftform zu wahren. Die Schriftform kann auch etwa durch einfachen, schriftlich niedergelegten Beschluss, gewahrt sein. Nachdem nach der oben zitierten Rechtsprechung aber im Rahmen einer Mitteilung der getroffenen Zustimmungsentscheidung keine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht, sich etwa hinsichtlich bestimmter Verfahrensumstände zu erkundigen, durfte die Beklagte darauf vertrauen, dass der Beschluss auch insoweit ordnungsgemäß gefasst wurde. Dies gilt insbesondere auch für die Einhaltung von Ladungsfristen oder etwa die Mitteilung von Tagesordnungspunkten, nachdem der Beklagten keine entgegengesetzten Tatsachen bekannt waren oder bekannt sein mussten.
Insoweit ergibt sich darüber hinaus auch keine Unwirksamkeit etwa schon allein aus der zeitlich kurzen Abfolge zwischen der Übergabe der Anhörung an den Betriebsratsvorsitzenden um ca. 18 Uhr des 18.03.2019 und der Sitzung, die bereits am nächsten Tag anberaumt wurde. Zu Recht verweist das Arbeitsgericht darauf, dass insoweit Ladungen durchaus im heutigen digitalen Verkehr per E-Mail, wie es im Übrigen hier auch unstreitig erfolgt ist, übermittelt werden könne. Auch insoweit besteht daher kein maßgeblicher Grund davon auszugehen, insbesondere für die Beklagte, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäß gefasst worden wäre. Gerade da es bei außerordentlichen Kündigungen um kurze Fristen geht, ist es auch nicht zu beanstanden, dass später noch eine weitere Betriebsratssitzung stattgefunden hat, die bereits vorher anberaumt war. Der Betriebsrat ist nicht verpflichtet im Rahmen dieser Sitzung erst entsprechend über die Zustimmung zu beraten. Er kann dies auch im Rahmen einer vorher angesetzten Betriebsratssitzung tun. Maßgeblich ist, dass die entsprechende Information an das entscheidende Gremium vollständig und rechtzeitig erfolgt. Entsprechende Rügen, dass dies etwa nicht erfolgt wäre, hat der Kläger schon nicht vorgebracht, sie waren insbesondere aber für die Beklagte auch nicht ersichtlich. Allein die zeitlichen Zusammenhänge führen nicht bereits zu einem Entfallen des Vertrauensschutzes des Arbeitgebers (vgl. BAG vom 22.11.2012 – 2 AZR 732/11 Rnr. 45 zitiert nach Juris).
Darüber hinaus ist es etwa auch nicht zu beanstanden im Sinne, wie von Seitens des Klägers behauptet, eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen Arbeitgeber und gegebenenfalls dem Betriebsratsvorsitzenden oder Gruppierungen im Rahmen des Betriebsrates, dass hier das Gremium die Entscheidung an sich gezogen hat. Ein kollusives Zusammenwirken mit dem Betriebsratsvorsitzenden ist hier schon nicht erkennbar, vorausgesetzt, der Sachverhalt, den an und für sich der Kläger ja bestritten hat, wäre tatsächlich so erfolgt, das heißt, es hätte bereits vor der Anhörung Kontakte zwischen Arbeitgeber und dem Betriebsratsvorsitzenden gegeben. Es bleibt dem Arbeitgeber ja unbenommen, anzufragen, an wen er die Anhörung richten soll und dies mit dem Betriebsrat zu besprechen. Es ist dann Sache des Betriebsrates selbst, hierüber letzten Endes zu entscheiden, wie es auch augenscheinlich im Rahmen der Betriebsratssitzung erfolgt ist. Letztlich wird hier nur von rechtlich und im Rahmen des BetrVG vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch gemacht. Dem entsprechend war es auch nicht erforderlich, da insbesondere es auch auf den Vortrag der Beklagten im Rahmen der Berufungserwiderung nicht angekommen ist, etwa dem Kläger noch eine weitere Schriftsatzfrist dementsprechend einzuräumen, zumal der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 28.07.2020 hinreichend Stellung genommen hatte. Auch die Schriftsatzfrist dahingehend, näher zu kollusiven Zusammenwirken vortragen zu können, war nicht geboten. Auch hierdurch wäre der Rechtstreit verzögert worden. Zudem hat der Kläger sich insoweit auf ein Zusammenwirken des Arbeitgebers mit einem Betriebsratsmitglied im Rahmen einer erfolgten Strafanzeige berufen. Dies stellt einen völlig anderen Sachverhalt dar, sodass es maßgeblich auch hierauf nicht angekommen wäre und insoweit ein weiterer Schriftsatz nicht erforderlich war, zumal in der Sitzung vom 29.07.2020 auch zu diesem Vorfall eine Erörterung stattgefunden hat, die nicht näher Aufschlüsse dahingehend gegeben hat, in wie weit dieser Sachvortrag im vorliegenden Verfahren von Bedeutung sein könnte. Entsprechend durfte also die Beklagte darauf vertrauen, dass der Betriebsrat einen Rückübertragungsbeschluss wirksam gefasst hat, indem ihr die erteilte Zustimmung mitgeteilt wurde.
Auch die Beteiligung des Betriebsratsvorsitzenden an der Sitzung vom 19.03.2019 ist nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger eine Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden zitiert, wonach dieser im Zusammenhang mit der Aufsichtsratswahl und etwaigen rechtswidrigen Vorgängen hierbei die Beklagte zu umfassenden Schritten auffordert, um zu zeigen, dass dies nicht geduldet wird, ist keine Aufforderung zu entnehmen, die gezielt etwa gegen den Kläger gerichtet ist. Hier wird nur zu entsprechenden Maßnahmen aufgefordert, die ja den Kläger, sollte seine Sachdarstellung stimmen, auch nicht betreffen würden, weil er dann richtig gehandelt hat.
bb) Die Mitteilung im Rahmen des Ersuchens um Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung erfolgte zumindest letztlich auch zulässigerweise an den Betriebsratsvorsitzenden. Dem Kläger ist zwar insoweit Recht zu geben, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Information erfolgt ist, also am 18.03.2019 gegen ca. 18 Uhr die Information und Übergabe an den Betriebsratsvorsitzenden zumindest hinsichtlich ihrer Zulässigkeit zweifelhaft erscheint. Die Kammer ist allerdings der Auffassung, dass mit der Übertragung von Aufgaben an den Personalausschuss, wie sie nach § 28 BetrVG möglich ist, nicht zwingend auch die gleichzeitige Aufhebung von § 26 Abs. 2 S. 2 BetrVG beinhaltet ist und insoweit Erklärungen nicht mehr gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden abgegeben werden durften. Zwar ist nach der oben genannten Rechtsprechung grundsätzlich der Vorsitzende des Personalausschusses auch berechtigt, die entsprechende Erklärung entgegenzunehmen. Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass dies nicht auch weiterhin entsprechend der gesetzlichen Regelung gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden erfolgen dürfte, da davon auszugehen ist, dass dieser letztlich auch den Personalausschuss etwa in Person des Vorsitzenden informieren wird. Im vorliegenden Fall ist dies auch schon insoweit geschehen, als der Vorsitzende des Personalausschusses jedenfalls auch Mitglied des Betriebsratsgremiums war und daher schon im Rahmen der Betriebsratssitzung vom 19.03.2019 informiert wurde, wie im Übrigen auch die restlichen Ausschussmitglieder.
Letztlich kommt es aber auf diese Frage nicht an, selbst wenn man die Auffassung vertreten würde (vgl. insoweit z. B. Raab in GK – BetrVG § 26 Rnr. 59) wonach ein Übertragungsbeschluss bezüglich des Ausschusses dahingehend auszulegen ist, dass der entsprechende Vorsitzende dann ausschließlich für die Entgegennahme zuständig sein soll, so wäre jedenfalls nach der oben zitierten Rechtsprechung der Betriebsratsvorsitzende, wenn er dann unzutreffender Weise die Information erhalten hat, jedenfalls Erklärungsbote der Beklagten und würde letztlich, wenn die Information dann an die richtige Person weitergegangen ist, das entsprechende Verfahren dennoch in Gang gesetzt werden. Hier wäre dies zum einen deshalb der Fall, weil die Information eben über das Gremium dann an auch an den Ausschussvorsitzenden erfolgt ist. Zum anderen ist aber zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt, als letztlich der Rückübertragungsbeschluss gefasst wurde, das Betriebsratsgremium wieder richtiger Adressat war und insoweit auch der Betriebsratsvorsitzende. Jedenfalls in diesem Zeitpunkt, die Kammer versteht einen etwaig getroffenen Beschluss des Betriebsrates tatsächlich dahingehend, dass in jedem Fall die Angelegenheit auf das Betriebsratsgremium wieder rückübertragen werden sollte, wäre entsprechend die Information an die richtige Stelle gelangt.
cc) Die Information gegenüber dem Betriebsrat ist auch ordnungsgemäß erfolgt. Die Beklagte hat den Betriebsrat nicht unvollständig oder irreführend informiert.
aaa) Soweit der Kläger sich insoweit darauf berufen hat, dass die irreführende Information dahingehend erfolgt sei, dass dem Betriebsrat im Rahmen der Betriebsratsanhörung mitgeteilt worden sei, dass im Rahmen der Anhörung vom 18.03.2019 des Klägers der Gruppenleiter der Gruppe TV- 611, Herr M. erklärt habe, das der Begriff „Schwarzkopf“ ein Begriff sei, mit dem M.A. ihn, den Gruppenleiter bezeichnen würde und für Mitarbeiter dieser Begriff noch nie verwendet wurde, ist schon nicht ersichtlich, in wie weit hier tatsächlich eine Falschaussage erfolgt ist. Die Aussage sollte ja von dem Gruppenleiter Herrn M. stammen und nicht etwa vom Kläger. Insoweit der Kläger daher rügt, dass in der Anhörung des Inklusionsamtes vom 20.03.2019 der Begriff Schwarzkopf insoweit angesprochen wurde, als dargelegt wurde, dass der Kläger gegenüber Herrn M. geäußert habe, dass Mitarbeiter türkischer Herkunft so angesprochen würden, steht es nicht in unmittelbaren Wiederspruch. Hier können unterschiedliche Aussagen vorliegen. Zudem ist dieser Umstand auch nicht etwa in einer Form entlastend, dass angesichts des Vorwurfs, der Gegenstand der Kündigung war, nämlich wie sich der Kläger in seiner E-Mail gegenüber dem türkischen Generalkonsulat geäußert hat und dieses eingeschaltet hat, ohnehin kein entlastender Umstand darin gesehen werden kann. Dies gilt im Übrigen auch für die Ansicht des Klägers, dass dem Betriebsrat das Schreiben vom 20.03.2019 des türkischen Generalkonsulats hätte vorgelegt werden müssen. Hierbei ist zum einen zu beachten, dass die Anhörung des Betriebsrats ja schon am 18.03.2019 erfolgt ist, zu einem Zeitpunkt also, als das Schreiben des türkischen Generalkonsulats noch gar nicht vorgelegen hat. Darüber hinaus würde die nach Ansicht des Klägers entlastende Funktion dieses Schreibens, nämlich dass sich hieraus ergeben würde, dass das türkische Generalkonsulat zumindest auch durch andere Personen informiert wurde und bereits Kenntnis hatte, nichts an der Tatsache ändern, dass der Kläger sich an das türkische Generalkonsulat gewandt hat und in welcher Form er dies getan hat. Des Weiteren ergibt sich auch keine irreführende Mitteilung etwa in der Form, dass die Beklagte dem Betriebsrat gegenüber in der Betriebsratsanhörung die Auffassung vertreten hat und dies entsprechend so dargestellt hat, dass ein etwaiges Verbot türkisch zu sprechen zumindest sich nicht auf den Privaten – oder Pausenbereich bezogen hätte, sondern lediglich die dienstliche Kommunikation erfasst hätte. Dies ist zwar im Rahmen der Betriebsratsanhörung von Seiten der Beklagten so dargestellt worden. Insbesondere stellt sie dar, dass im Rahmen erneuter Ermittlungen und Nachfragen bei den Führungskräften sich dies so ergeben hätte. Der Kläger rügt insoweit, dass dem Betriebsrat aber auch hätte mitgeteilt werden müssen, dass etwaig die Beklagte andere Kenntnisse hatte auf Grund der Befragung von Mitarbeitern dieser Führungskräfte. Dieser entsprechende Sachvortrag, dass die Beklagte hier Kenntnis hatte auf Grund der Mitteilung von vier Mitarbeitern, erfolgte allerdings wiederum erst im Schriftsatz vom 28.07.2019 und damit, wie oben dargelegt, verspätet. Die Mitarbeiter hätten insoweit als Zeugen befragt werden müssen, beziehungsweise hätte jedenfalls der Beklagten eine Stellungnahmefrist eingeräumt werden müssen. Darüber hinaus ist die Kammer auch der Auffassung, dass jedenfalls keine vorsätzliche Irreführung stattgefunden hat. Nach der Befragung der Vorarbeiter war dies wohl Kenntnisstand der Beklagten auf Grund von deren Aussagen. Die Beklagte hat aber auch im Rahmen der Betriebsratsanhörung dargestellt, unter Ziffer 4, dass ein Vorarbeiter erklärt hätte, dass die türkische Sprache sowohl in Arbeitsbelangen als auch in der Brotzeitpause / Pausenräumen verboten worden sei und dies der Kläger dargelegt habe. Es wird hier also durchaus gegenüber dem Betriebsrat nicht etwa verheimlicht, dass es entsprechende Äußerungen von Mitarbeitern gegeben hat und insofern eine Irreführung betrieben. Darüber hinaus ist außerdem auch ersichtlich und im Rahmen des Grundsatzes der subjektiven Determination auch nicht zu beanstanden, dass letztlich diese Frage für die Arbeitgeberseite keine Rolle gespielt hat. Im Rahmen der Betriebsratsanhörung teilt die Beklagte unter c 1. auf Seite 10 mit, dass unabhängig davon, wie sich der von Herrn A. dargestellte Sachverhalt tatsächlich konkret darstellt, ob also tatsächlich das Türkischverbot umfassend war oder sich nur auf dienstliche Belange bezogen hat, ein entsprechender vehementer Verstoß und damit ein Kündigungsgrund nach Ansicht der Beklagten bestanden hat. Die Beklagte zeigt also, dass dieser Punkt für sie nicht maßgeblich war, hat aber auch einen entsprechenden Sachvortrag nicht vollständig ausgeblendet. Insofern kann von einer irreführenden Darstellung insoweit auch nicht ausgegangen werden.
bbb) Die inhaltliche Darstellung gegenüber dem Betriebsrat erfolgte auch nicht insoweit unzutreffend und unzulässig, als die Beklagte im Rahmen der Betriebsratsanhörung darauf hingewiesen hat, dass die Unterlagen insoweit Betriebsgeheimnisse darstellen würden. Zum einen ist der Betriebsrat ohnehin schon verpflichtet, Dinge nicht nach außen zu tragen oder unzulässig zu offenbaren und insoweit an eine Geheimhaltungsverpflichtung gebunden. Des Weiteren kann dieser Hinweis auch nicht so verstanden werden, das hierdurch, wie von Seiten des Klägers beanstandet, etwa die Aufklärungstätigkeit des Betriebsrates behindert worden wäre. Es erfolgte lediglich der Hinweis darauf, dass die Unterlagen Betriebsgeheimnisse wären. Dass hierdurch auch zum Ausdruck gebracht wurde, dass etwa der Betriebsrat diesbezüglich keine Mitarbeiter befragen dürfte, kann diesem Hinweis nicht entnommen werden.
ccc) Des Weiteren scheitert die Anhörung inhaltlich auch nicht etwa daran, dass die Beklagte dem Betriebsrat in der Darstellung des Sachverhaltes und des Ablaufs des Arbeitsverhältnisses des Klägers Abmahnungen dargestellt hat, die zum Teil auf Grund gerichtlicher Entscheidungen an sich aus der Personalakte des Klägers zu entfernen waren. Eine Betriebsratsanhörung, das zeigt die oben genannte Rechtsprechung, ist nur dann irreführend, wenn sie tatsächlich fehlerhaft ist. Die Beklagte hat aber den Sachverhalt durchaus zutreffend dargestellt, da sie nämlich auch im Rahmen der Betriebsratsanhörung darauf hingewiesen hat, bei den jeweils betroffenen Abmahnungen, dass diese an sich aus der Personalakte zu entfernen waren. Sie hat damit gerade den zutreffenden Sachverhalt mitgeteilt. Soweit eine Ermahnung betroffen ist, besteht auch kein Verstoß etwa gegen § 17 DS-GV, da die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen hat, dass an sich diese Ermahnung Bestandteil der Personalakte sein müsste und insofern auch nicht etwa der Tatbestand erfüllt ist, nach Art. 17 Abs. 1 a DS-GV, dass hier personenbezogene Daten vorliegen würden, für einen Zweck, für den sie nicht mehr notwendig wären. Die Ermahnung war noch nicht Gegenstand etwa eines Entfernungsverlangens des Klägers. Sie ist daher an sich Bestandteil der Personalakte und in diese aufzunehmen und auch weiterhin insofern notwendig. Soweit der Kläger zuletzt darauf hingewiesen hat, dass bestimmte Abmahnungen nicht gerechtfertigt gewesen seien, so ist im Hinblick auf die Argumentation im Rahmen des so genannten Notstoppschalters darauf hinzuweisen, dass gerade diese Abmahnung und ein Entfernungsverlangen Gegenstand eines Rechtstreits waren, der rechtskräftig entschieden ist. Soweit etwa sich der Kläger mit dem Inhalt der Ermahnung auseinandersetzt und diese für unzutreffend erachtet, erfolgt dieser Sachvortrag wiederum erst im Schriftsatz vom 28.07.2019 und damit ebenfalls nach den bereits dargestellten Grundsätzen verspätet.
ddd) Insoweit der Kläger beanstandet hat, dass dem Betriebsrat der Inhalt der Anhörung vom 18.03.2019 des Klägers nicht hinreichend mitgeteilt worden ist, so ist insoweit nicht ersichtlich geworden, welche Bestandteile dieser Anhörung letzten Endes noch dem Betriebsrat hätten mitgeteilt werden müssen. Die Beklagte hat jedenfalls Teile dieser Anhörung tatsächlich dem Betriebsrat dargelegt. Der Anhörung sind zudem keine maßgeblichen, entlastenden Umstände etwa für den Kläger zu entnehmen, gerade was die vorliegende Kündigung vom 04.04.2019 betrifft. Schließlich kann der Beklagten auch nicht vorgeworfen werden, dass sie im Zeitpunkt der Betriebsratsanhörung noch nicht vollständig ermittelt hatte. Die Beklagte hat im Zeitpunkt, als sie den Kündigungsentschluss gefasst hatte, den jeweiligen Stand ihrer Ermittlungen mitgeteilt. Entsprechend dem Grundsatz der subjektiven Determination war dies daher auch zutreffend und zulässig. Dem entsprechend ist insbesondere unter dem oben genannten Gesichtspunkt der subjektiven Determination die Information des Betriebsrats nicht zu beanstanden und damit auch das Verfahren nach § 103 BetrVG ordnungsgemäß durchlaufen worden.
2. Soweit der Kläger die Information der Schwerbehindertenvertretung oder des Inklusionsamtes angegriffen hat, hat er insoweit keine substantiierten Darlegungen erbracht und ist insofern die entsprechende Beteiligung ordnungsgemäß erfolgt.
3. Die Kündigung vom 04.04.2019 hat auch wirksam das Arbeitsverhältnis beendet, da die Kündigung auf einem wichtigen Grund basiert, der es der Beklagten unzumutbar gemacht hat, wenigstens eine fiktive ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten, § 626 BGB.
a) Zunächst ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten, da jedenfalls die Beklagte noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist das Inklusionsamt beteiligt hat und hierdurch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten ist, wenn dies noch während des Laufs der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erfolgt und unmittelbar nach Zustimmung die Kündigung ausgesprochen wird (Vergl. BAG vom 27.02.2020 – 2 AZR 390/19). Dies war hier der Fall.
b) Die Kammer ist insoweit der Auffassung, dass hier nicht nur die Grunds ätze der Verdachtskündigung zum Tragen kommen und es insoweit auch nicht auf die Wirksamkeit der Anhörung vom 18.03.2019 ankommt, sondern vielmehr die hilfsweise auch gegenüber dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung zum Ausdruck gebrachte Tatkündigung, die ebenfalls ausgesprochen wurde, maßgeblich das Arbeitsverhältnis beendigt hat. Der Kläger hat durch Mitteilung und Weiterleitung seiner E-Mail vom 07.03.2019 an das türkische Generalkonsulat seine Nebenpflichten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses in Form der Loyalitätspflicht derart verletzt, dass es der Beklagten nicht zumutbar war, das Arbeitsverhältnis fortzusetzten.
aa) Im Rahmen der Beurteilung der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung ist zunächst immer die Frage zu stellen, ob der Sachverhalt an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darzustellen. Dies wäre zum Beispiel zu verneinen, wenn es sich bei dem Verhalten des Klägers lediglich um eine Betriebsratstätigkeit und eine Verletzung einer Betriebsratspflicht gehandelt hätte, weil derartige Verstöße lediglich mit den Maßnahmen nach § 23 BetrVG zu ahnden gewesen wären und nicht mit einer Kündigung bezogen auf das Arbeitsverhältnis. Maßgeblich ist insoweit, ob ein bestimmtes Verhalten lediglich ausschließlich eine Amtspflichtverletzung darstellt oder ob eine Vertragspflichtverletzung vorliegt auf Grund der Verletzung einer Pflicht, die für alle Arbeitnehmer gleichermaßen gilt (vgl. insoweit z. B. BAG vom 05.11.2009 – 2 AZR 487/08). Die Loyalitätspflicht als Bestandteil der Nebenpflicht im Rahmen des Arbeitsvertrages, insbesondere also eine Schädigung des Arbeitgebers nicht herbeizuführen, in welcher Form auch immer, ist aber eine Pflicht, die allen Mitarbeitern und Arbeitnehmern der Beklagten obliegt. Auch wenn der Kläger die E-Mail vom 07.03.2019 im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit verfasst und verschickt haben sollte, so verletzt er aber auch gleichzeitig diese allen Arbeitnehmern obliegende Loyalitätspflicht, wenn er hierbei Äußerungen tätigt, die geeignet sind, das Ansehen der Beklagten zu schädigen, wie es hier der Fall war. Insofern liegt nicht eine bloße Amtspflichtverletzung vor, sondern tatsächlich auch eine Verletzung der Pflichten, wie sie jedem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses auferlegt sind.
bb) Der wichtige Grund liegt insoweit darin, dass der Kläger die E-Mail an das türkische Generalkonsulat geschickt hat und insbesondere auch Bestandteile dieser Email den Ruf der Beklagten entsprechend beschädigen konnten, andererseits auch kein wirklich schutzwürdiges Interesse des Klägers ersichtlich ist, wieso diese Mitteilung gerade gegenüber dem türkischen Generalkonsulat erfolgen sollte. Gleiches gilt für die Weiterleitung an einen ehemaligen Mitarbeiter.
Zum einen ist zu beachten, dass, so wie die E-Mail formuliert ist, jedenfalls es bei dem Empfänger dieser Email, also auch beim türkischen Generalkonsulat, so erscheinen musste, als wäre die türkische Sprache generell bei der Beklagten verboten. Jedenfalls wird hier nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Vorfall sich nur in einer Abteilung ereignet hat, da auf Führungskräfte (Mehrzahl!) abgestellt wird. Hierdurch wird der Eindruck erweckt, dass das Verbot bei der Beklagten breit angelegt ist. Des Weiteren werden hier Parallelen gezogen, zum einen zur Militärdiktatur in der Türkei, dadurch, dass hier erwähnt wird, dass dort etwa durch die Militärdiktatur die kurdische Sprache verboten wurde, zum anderen werden auch Parallelen zum Faschismus gezogen, da der Kläger zum Ausdruck bringt, dass er diesen bekämpfen will, also dieses Verhalten als Faschismus versteht, welcher wiederum über bestimmte Führungskräfte bei der Beklagten verbreitet sein soll. Selbst wenn man im Rahmen der letztlich zu treffenden Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls darauf abstellen würde, dass die Äußerung unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit des Klägers diesen zulässigen Rahmen der Meinungsfreiheit nicht sprengt, so liegt der eigentliche Vorwurf aber nicht so sehr darauf, dass der Kläger hier eine Meinung geäußert hat, sondern dass er diese gegenüber dem türkischen Generalkonsulat zum Ausdruck gebracht hat. Dabei hat insbesondere der Kläger am Ende seiner E-Mail die Personalabteilung dazu aufgefordert, Aufklärung zu betreiben und nicht zu vertuschen. Dies muss wiederum gegenüber dem Empfänger dieser EMail so wirken, als würde die Personalabteilung üblicherweise oder zumindest in bestimmten Einzelfällen eine Vertuschung betreiben. Diese Mitteilung gegenüber dem türkischen Generalkonsulat hatte, und dies hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, den Sinn, Druck auf die Beklagte auszuüben. Dem Kläger ging es also nicht so sehr darum, dass über die Mitteilung an das türkische Generalkonsulat durch dieses letzten Endes eine Beseitigung des Vorgefallenen erreicht wird, dies wäre auch über das türkische Generalkonsulat gar nicht möglich gewesen. Denn das türkische Generalkonsulat hat keinerlei Befugnisse hier einzuwirken auf die Beklagte oder bestimmte Sachverhalte zu korrigieren. Hier ging es lediglich darum, Druck auf die Beklagte auszuüben über das türkische Generalkonsulat, was letzten Endes vor allem in Form von politischem Druck möglich gewesen wäre. Der Fall ist insoweit daher aus Sicht der Kammer auch nicht vergleichbar mit den typischen Whistleblowingfällen, in denen der Mitarbeiter etwa eine Behörde, zum Beispiel die Strafverfolgungsbehörde berechtigterweise in Anspruch nimmt und damit von seinen staatsbürgerlichen Rechten Gebrauch macht, da entsprechende Befugnisse gerade beim türkischen Generalkonsulat nicht bestanden. Hier geht es lediglich darum, etwas nach außen zu tragen und, wie der Kläger es zugegeben hat, hierüber Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben. Dabei wird insbesondere im Rahmen der Formulierungen die Beklagte in ein äußerst schlechtes Licht gestellt und tatsächlich eine Rufschädigung der Beklagten billigend in Kauf genommen. Gerade die Tatsache, dass eine Vielzahl von Mitarbeitern der Beklagten die türkische Nationalität besitzen, kann für die Beklagte, deren Ruf insoweit geschädigt wird, negative Auswirkungen haben. Dies gilt zum einen für den Arbeitsmarkt, aber auch für den Absatzmarkt. Ob derartige Beeinträchtigungen tatsächlich eingetreten sind, spielt allenfalls im Rahmen der Gesamtabwägung eine Rolle. Jedenfalls hat der Kläger eine entsprechende Schädigung letztlich in Kauf genommen. Der Kläger selbst hat dabei betont, dass er selbst nur die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die Einschaltung des türkischen Generalkonsulats erfolgte daher nicht etwa durch einen türkischen Staatsangehörigen, der die Möglichkeit eventuell nutzt, auf das für ihn zuständige Generalkonsulat zuzugehen. Der Kläger wollte dies gerade nicht und distanziert sich grundsätzlich auch von der Türkei, insbesondere als Kurde. Er hat aber dennoch diese Möglichkeit genutzt, um den entsprechenden Druck auf die Beklagte auszuüben. Auch der europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt an, dass Arbeitnehmer eine Pflicht zur Loyalität, Zurückhaltung und Diskretion haben. Dies ist abzuwägen mit dem Recht eines Arbeitnehmers auf freie Meinungsäußerung unter Hinweis auf etwaiges rechtswidriges Verhalten seitens des Arbeitgebers. Aber auch der europäische Gerichtshof für Menschenrechte weist darauf hin, dass Hinweise insoweit in erster Linie gegenüber Vorgesetzten oder anderen zuständigen Stellen oder Einrichtungen vorgebracht werden sollen und nur, wenn dies eindeutig unpraktikabel ist, als Ultima Ratio die Öffentlichkeit informiert werden darf. Es geht darum, ob dem Beschwerdeführer andere wirksame Mittel zur Verfügung standen, um etwas gegen den angeprangerten Zustand zu tun (vgl. EGMR vom 21.07.2011 – 28274/08). Diese anderen Möglichkeiten hätten aber durchaus für den Kläger bestanden. Insoweit ist schon zum einen nicht erkennbar, in wie weit gerade die Einschaltung des türkischen Generalkonsulats überhaupt einen Effekt dahingehend haben konnte, dass ein etwaiges rechtswidriges Verhalten der Beklagten hierdurch beseitigt werden konnte, da das Generalkonsulat keine Befugnisse hat, etwa anders als Strafverfolgungsbehörden. Hinzukommt, das der Kläger sich ja mittels der E-Mail bereits an die Personalabteilung gewandt hatte und auch etwa die Compliance-Abteilung mit einbezogen wurde. Dem Kläger hätte daher tatsächlich die Möglichkeit offen gestanden, zunächst einmal abzuwarten, in wie weit hier für Abhilfe gesorgt wird und nicht gleichzeitig schon die Mail an das türkische Generalkonsulat zu verschicken. Selbst wenn man dem Kläger zugesteht, dass auf Grund der Auseinandersetzungen, wie sie von Seiten des Klägers geschildert werden im Rahmen vor allem auch des Schriftsatzes vom 22.07.2020, mit den anderen Betriebsratsmitgliedern, dass insoweit also eine Möglichkeit, dies über den Betriebsrat näher zu regeln, nicht bestanden hätte, so gilt gleiches jedoch nicht etwa durch die Möglichkeit sich, wie hier gerade geschehen, an die Personalabteilung zu wenden, um entsprechend Aufklärung und Beseitigung zu erwirken. Diesen Vorfall, insbesondere unter den genannten Begrifflichkeiten, nach außen zu tragen, erscheint als ein vehementer Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten. Dabei kann insbesondere den im Schriftsatz vom 22.07.2020 geschilderten Vorfällen auch keine maßgebliche Bedeutung beigemessen werden. Hier handelt es sich insbesondere um eine Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Betriebsrat. Inwieweit dies als maßgeblich für den von Seiten der Beklagten genannten Kündigungsgrund, dem Nachaußentragen, ist, erklärt sich der Kammer nicht. Insbesondere ist hier nicht erkennbar, dass der Kläger etwa wegen seiner Gewerkschaftszugehörigkeit oder wegen seiner Nichtzugehörigkeit zur W. oder den entsprechend über die Liste der W. in den Betriebsrat gewählten Mitgliedern benachteiligt würde. Hier liegt ein klarer Verstoß vor, den die Beklagte auch als Kündigungsgrund heranziehen durfte.
cc) Aufgrund dieses vehementen Verstoßes ist die Kündigung auch unter Berücksichtigung des Prognoseprinzips, also des Umstandes, dass eine Kündigung keine Bestrafung für bereits erfolgtes Verhalten darstellt, sondern wegen der Störung des Arbeitsverhältnisses in der Zukunft ausgesprochen wird, etwa wegen der Erwartung gleichartigen Verhaltens, gerechtfertigt.
Das Prognoseprinzip wird in der Regel dadurch gewahrt, das eine gleichartige Abmahnung bereits erfolgt ist und auf Grund dieser Abmahnung ersichtlich ist, dass der Kläger auch künftig sich fehlverhalten wird. Insoweit schließt sich die Kammer auch der Argumentation des Arbeitsgerichtes an, dass die Abmahnung bezüglich des Notstoppschalters, welche auch im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung als wirksam bestätigt wurde, die Einstellung des Klägers zeigt, seine Position über die Position der Beklagten zu stellen. Dass er hier letzten Endes durch die Einschaltung einer externen Stelle nicht erst eine Abhilfemaßnahme abwartet, sondern sofort handelt und damit Druck aufbauen will, zeigen beide Vorgänge. Insoweit besteht tatsächlich eine Gleichartigkeit der Abmahnung. Darüber hinaus bedarf es auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einer Abmahnung nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 in Verbindung mit § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnisgrundsatzes dann nicht, wenn bereits klar erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich auch für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen ist (vgl. z. B. BAG vom 25.10.2012 – 2 AZR 495/11). Insoweit liegt hier ein derart gravierender Verstoß vor, dass der Kläger auch nicht davon ausgehen hätte dürfen, dass die Arbeitgeberseite, selbst wenn es nur ein einmaliger Vorfall gewesen ist, dieses hinnehmen würde. Es kann in keiner Weise von Seiten der Beklagten ein Interesse daran bestehen, dass derartige Vorgänge insbesondere unter entsprechenden Erwähnungen von zum Beispiel Vertuschungstendenzen an das türkische Generalkonsulat herangetragen werden. Dann besteht schon insoweit kein Abmahnungserfordernis. Letztlich hat die Kammer auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, dass der Kläger auch künftig seine entsprechenden Handlungen nicht anders auslegen wird und gegebenenfalls zum Beispiel auch weitergehende andere Stellen informieren wird. Dies hat er zum Ausdruck gebracht, dahingehend, dass zunächst nur das türkische Generalkonsulat informiert wurde, an sich auch eine weitere Information der Öffentlichkeit in Betracht gezogen wurde und dahingehend, dass er auch den entsprechenden Verstoß als solchen nicht eingeräumt hat.
Daher ist die Kammer der Auffassung, dass auch unter Gesamtabwägungsgesichtspunkten, insbesondere der sozialen Situation des Klägers und der langen Betriebszugehörigkeit, wie auch der Berührungspunkte zur Betriebsratstätigkeit es der Beklagten nicht zumutbar war, den Kläger weiter zu beschäftigen, da insbesondere auch das Arbeitsverhältnis durch eine Vielzahl von Abmahnungen bereits beeinträchtigt und gestört erscheint. Soweit der Kläger insoweit im letzten Schriftsatz hinsichtlich einzelner Abmahnungen deren mangelnde Berechtigung dargelegt hat, so ist auch dieser Vortrag verspätet. Insbesondere unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Urteils hätte bereits in der Berufungsbegründung eine entsprechende Argumentation erfolgen müssen. Die Darlegungen des Klägers diesbezüglich hätten dazu geführt, würde man sie noch als maßgeblich erachten, dass der Beklagten zu den einzelnen Sachverhalten Möglichkeit hätte gegeben werden müssen, Stellung zu nehmen und etwa die Berechtigung der Abmahnungen, die der Kläger vorher jedenfalls nicht in Frage gestellt hat, abzuklären. Dies hätte eine Verzögerung des Rechtstreits herbeigeführt. Selbst wenn man von keiner nachweislichen und im Verfahren verwertbaren Schädigung der Beklagten ausgeht, so hat der Kläger jedenfalls billigend eine solche mögliche Schädigung in Kauf genommen. Weiter ist auch nicht erkennbar, dass die von Seiten des Klägers geschilderten kritischen Äußerungen des Betriebsratsvorsitzenden R. in der Presse einen vergleichbaren Charakter hatten, wie vorliegend beim Kläger und der Kläger hier mit der Kündigung bewusst härter behandelt wird. Denn der Adressat der Äußerungen des Betriebsratsvorsitzenden ist ein gänzlich anderer und es geht lediglich um Kritik an der Unternehmenspolitik, anders als beim Kläger z.B. um den Vorwurf von Diskriminierungen und Vertuschungen.
Daher erscheint auch unter diesem Gesichtspunkt des gestörten Arbeitsverhältnisses letztlich die Kündigung als gerechtfertigt und war daher auch die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
IV
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
V
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, da dem Rechtstreit insbesondere über den Einzelfall hinaus keine maßgeblich grundsätzliche Bedeutung beikommt, auch im Hinblick auf das Zustimmungsverfahren nach § 103 BetrVG nicht, da hier die speziellen Einzelfallvorfälle maßgeblich sind. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird verwiesen.

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