Arbeitsrecht

Sonderurlaub aus Anlass eines Dienstjubiläums; naher zeitlicher Zusammenhang zwischen Urlaubsanlass und Urlaubstag

Aktenzeichen  5 A 77/19 MD

Datum:
27.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Magdeburg 5. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:VGMAGDE:2022:0127.5A77.19MD.00
Normen:
§ 20 Abs 2 UrlV ST 2014
§ 40 VwVfG
§ 20 Abs 2 UrlV ST 2014
§ 40 VwVfG
Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Anders als bei der Bewilligung von Sonderurlaub aus wichtigen persönlichen Gründen (Eheschließung, Niederkunft der Ehefrau, Tod eines nahen Angehörigen, Erkrankung eines Angehörigen) setzt die Bewilligung von Sonderurlaub aus Anlass eines Dienstjubiläums keinen nahen zeitlichen Zusammenhang zwischen Urlaubsanlass und Urlaubstag voraus.(Rn.14)

2. Eine Ermessensbetätigung, die einen solchen zeitlichen Zusammenhang zu einer im Gesetz nicht vorgesehenen weiteren Voraussetzung für die Bewilligung von Sonderurlaub macht, entspricht nicht dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung.(Rn.19)

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides der C. vom 08.11.2018 und des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2019 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Sonderurlaub erneut zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Sonderurlaub. Sie erreichte am 30.09.2018 ihr 25-jähriges Dienstjubiläum. Mit der der Klägerin am 01.10.2018 ausgehändigten Urkunde vom 22.08.2018 dankte der Dienstherr der Klägerin für 25-jährige gewissenhafte Pflichterfüllung. In dem Begleitschreiben vom selben Tag wies die C. darauf hin, dass der Klägerin aus Anlass des Dienstjubiläums ein Tag Dienstbefreiung gewährt werde. Die Dienstbefreiung müsse in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Termin des Dienstjubiläums stehen. Unter dem 22.10.2018 beantragte die Klägerin für den 02.11.2018 Sonderurlaub und gab an, aus dienstlichen Gründen sei es ihr nicht möglich gewesen, den Sonderurlaub bereits vorher in Anspruch zu nehmen. So hätte sie etwa langfristig im Voraus geplante Termine (z.B. für Vernehmungen) verschieben müssen.
Nachdem der Klägerin auf ihre Nachfrage am 29.10.2018 fernmündlich mitgeteilt worden war, dass ihre dienstlichen Dispositionen ein Abrücken von der Monatsfrist nicht rechtfertigten, lehnte die C: den Antrag mit Bescheid vom 08.11.2018 ab. Der Urlaubstag stehe nicht mehr in einem genügend nahen zeitlichen Zusammenhang mit dem Dienstjubiläum, weil zwischen der Übergabe der Urkunde am 01.10.2018 und dem vorgesehenen Urlaubstag mehr als ein Monat liege.
Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Dienstjubiläum und dem Sonderurlaub sei nach der Urlaubsverordnung nur für andere Fälle vorgesehen. Sonderurlaub könne nach der auch zu einem späteren Zeitpunkt beansprucht werden. Da eine vorherige Inanspruchnahme des Sonderurlaubs aus dienstlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, beantrage sie die Bewilligung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2019, zugestellt am 18.02.2019, zurück. Nach der Urlaubsverordnung und den Runderlassen des MI vom 28.01.1997 und 26.05.2014 müsse zwischen der Dienstbefreiung aus Anlass des Dienstjubiläums und dem Tag des Dienstjubiläums ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestehen. Entsprechendes sähen auch die Durchführungshinweise zur Urlaubsverordnung im Erlass des MF vom 04.07.2016 vor. Aufgrund der Erlasslage sei der Ermessensspielraum der Behörde eingeschränkt. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der eintägige Ausfall der Klägerin als Sachbearbeiterin Kriminalitätsbekämpfung mit einer Gefährdung der Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes einhergegangen wäre. Deshalb komme auch eine Bewilligung zum nächstmöglichen Zeitpunkt, bzw. eine Gutschrift des Sonderurlaubs nicht in Betracht.
Mit der dagegen am 15.03.2019 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, eine vorherige Inanspruchnahme des Sonderurlaubs sei aufgrund dienstlicher Notwendigkeit nicht möglich gewesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten gehöre ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Dienstjubiläum und Sonderurlaub nicht zu den tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung. Ermessen habe die Beklagte nicht ausgeübt. Die Klägerin habe auch nicht gewusst, dass es der gängigen Verwaltungspraxis der Beklagten entspreche, Sonderurlaubsanträge nur bei Einhaltung der Monatsfrist zu bewilligen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.11.2018 und des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2019 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Sonderurlaub anlässlich ihres 25-jährigen Dienstjubiläums unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, die Ablehnung der Bewilligung von Sonderurlaub sei aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Behörde habe ihr Ermessen unter Berücksichtigung der von ihr im Widerspruchsbescheid genannten Erlasse ausgeübt. Die Beklagte gehe in langjähriger Praxis davon aus, dass ein naher zeitlicher Zusammenhang im Sinne der Durchführung Hinweise zur Urlaubsverordnung nur dann vorliege, wenn eine Zeitspanne von einem Monat nicht überschritten werde. Die Monatsfrist diene einer einheitlichen Handhabung und berücksichtige zum anderen „wohlwollend die Interessen der Beamtenschaft“, die wegen der Dispositionsmöglichkeiten auch die dienstlichen Interessen berücksichtigen müssten. Dass die Klägerin von dieser Verwaltungspraxis keine Kenntnis gehabt habe, sei nicht glaubhaft, zumal hierauf auch in dem Schreiben vom 22.08.2018 hingewiesen worden sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Zwar kann der Klägerin für den 02.11.2018 nicht rückwirkend Sonderurlaub bewilligt werden, weil sie aufgrund der Ablehnung ihres Sonderurlaubsantrages an diesem Tag Dienst versehen musste und versehen hat. Gleichwohl ist das Rechtsschutzbedürfnis für die von der Klägerin erhobenen Klage damit nicht entfallen, weil sie mit der Widerspruchsbegründung unter dem 03.12.2018 die Bewilligung des Sonderurlaubs zum „nächstmöglichen Zeitpunkt“ beantragt hatte. Auch diesen Antrag lehnte die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 06.02.2019 ab.
Die statthafte Verpflichtungsklage ist begründet, weil die Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Ist die Behörde – wie hier – ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, so prüft das Gericht auch, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten hat und ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt hat (vgl. §§ 113 Abs. 5 Satz 2, 114 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Bewilligung des beantragten Sonderurlaubs ist § 20 Abs. 2 S. 2 UrlVO LSA. Danach kann im Falle einer förmlichen Würdigung einer Tätigkeit von 25 Jahren im öffentlichen Dienst (Dienstjubiläum) ein Arbeitstag Sonderurlaub bewilligt werden. Diese Tatbestandsvoraussetzungen dieser Regelung sind erfüllt. Die Klägerin hatte am 30.09.2018 ihr 25-jähriges Dienstjubiläum, das entsprechend den Maßgaben im Runderlass des Ministeriums des Innern vom 09.07.1997 (MBL LSA 1997, S. 1434) mit der Aushändigung der Dankesurkunde am 01.10.2018 gewürdigt wurde.
Anders als bei der Bewilligung von Sonderurlaub aus wichtigen persönlichen Gründen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 UrlVO LSA setzt die Bewilligung von Sonderurlaub aus Anlass eines Dienstjubiläums nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UrlVO LSA einen nahen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Anlass und dem Sonderurlaubstag nach der Gesetzessystematik und dem Zweck der gesetzlichen Regelung nicht voraus.
Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UrlVO LSA kann aus wichtigen persönlichen Gründen Sonderurlaub im notwendigen Umfang und im nahen zeitlichen Zusammenhang bewilligt werden. Konkretisierend bestimmt § 20 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 UrlVO LSA in den Ziffern 1 bis 6 die Urlaubsanlässe und den notwendigen Umfang (Eheschließung, Niederkunft der Ehefrau, Tod eines nahen Angehörigen, Umzug, Erkrankung eines Angehörigen). Bei dem Sonderurlaub aus den in § 20 Abs. 2 Halbs. 2 UrlVO LSA genannten wichtigen persönlichen Gründen folgt die Notwendigkeit eines engen zeitlichen Zusammenhangs aus der inhaltlichen Bezugnahme der dort in den Ziffern 1 bis 6 genannten einzelnen wichtigen persönlichen Gründe auf die Regelung im Halbsatz 1. Diese gesetzessystematische Verknüpfung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Die wichtigen persönlichen Gründe für die Bewilligung von Sonderurlaub knüpfen an Tatbestände und Umstände an, die den Beamten typischerweise entweder in besonderer Weise emotional berühren werden (wie Niederkunft der Ehefrau oder der Tod des Ehegatten, eines Kindes oder eines Elternteils) oder ihn in eine rechtliche oder sittliche Zwangslage bringen (Erkrankung einer Betreuungsperson oder eines im Haushalt lebenden Angehörigen oder im Falle der Eheschließung), sodass es geboten und recht und billig erscheint, den Beamten in diesen Fällen ausnahmsweise von der im Übrigen vorrangigen Pflicht zur Verrichtung des Dienstes zu befreien, ohne dass der Beamte hierfür Erholungsurlaub in Anspruch nehmen müsste. Dieser Gesetzeszweck verdeutlicht indes zugleich, dass etwa die Bewilligung des Sonderurlaubs dann nicht dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung dienen würde, wenn zwischen dem Urlaubsanlass und dem Urlaubstag kein genügend enger zeitlicher Bezug mehr zu erkennen ist. Es versteht sich von selbst, dass die Bewilligung von Sonderurlaub zur Betreuung eines minderjährigen Kindes im Sinne des §§ 20 Abs. 1 Satz auch 1 Nr. 6 UrlVO LSA nicht in Betracht kommt, wenn das erkrankte Kind bereits wieder genesen ist.
Anders verhält es sich indes bei der Bewilligung von Sonderurlaub aus Anlass eines Dienstjubiläums im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 2 UrlVO LSA. Dabei handelt es sich nicht um einen wichtigen persönlichen Grund im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 UrlVO LSA. Das Dienstjubiläum ist weder geeignet, den Beamten in eine rechtliche oder sittliche Zwangslage zu bringen, noch wird es sich dabei um ein Ereignis handeln, das den Beamten typischerweise emotional so tief berührt, dass er – psychisch aus der Bahn geworfen – nicht in der Lage sein wird, an dem Jubiläumstag und oder in engem zeitlichen Zusammenhang damit seinen Dienst zu verrichten. Vielmehr handelt es sich bei der Bewilligung von Sonderurlaub aus Anlass eines Dienstjubiläums um eine Anerkennung des Dienstherrn für die langjährige treue und gewissenhafte Diensterfüllung des Beamten.
Soweit nach den Durchführungshinweisen zur Urlaubsverordnung Sachsen-Anhalt im Runderlass des Ministeriums der Finanzen vom 04.07.2016 (MBL 2016, S. 430) auch für die Bewilligung von Sonderurlaub im Zusammenhang mit einem Dienstjubiläum ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ereignis und dem Urlaub bestehen soll, handelt es sich um norminterpretierende Hinweise, die keinen eigenständigen Rechtsgrund für die Versagung von Sonderurlaub darstellen und das Gericht nicht binden. Sie geben eine Rechtsauffassung wieder, die aus den oben genannten Gründen nach Auffassung des Gerichts nicht überzeugt.
Sind somit die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Bewilligung von Sonderurlaub aus Anlass des 25-jährigen Dienstjubiläums der Klägerin gegeben, so steht die Bewilligung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UrlVO LSA im Ermessen der Behörde. Nach § 40 VwVfG hat die Behörde, wenn sie ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Die Ermächtigung, Ermessen auszuüben, bezieht sich nach dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung in § 20 Abs. 2 Satz 2 UrlVO LSA nicht auf die Frage, ob Sonderurlaub aus Anlass eines Dienstjubiläums überhaupt bewilligt werden soll. Diese Frage ist durch den Verordnungsgeber (bejahend) entschieden. Vielmehr bezieht sich die Ermächtigung zur Ausübung des Ermessens in erster Linie auf die Frage, ob dem Beamten für den im Sonderurlaubsantrag näher konkretisierten Tag Urlaub bewilligt werden kann oder ob im Hinblick auf überwiegende dienstliche Interessen die Bewilligung des Sonderurlaubs für diesen Tag abgelehnt werden muss.
Die Beklagte hat ihr Ermessen im vorliegenden Fall entgegen § 40 VwVfG nicht ausgeübt. Im Bescheid vom 08.11.2018 hat die Beklagte ausgeführt, zwischen Dienstjubiläum und dem beantragten Sonderurlaub liege mehr als ein Monat, sodass ein naher zeitlicher Zusammenhang nicht mehr gegeben und der Antrag aus diesem Grunde abzulehnen sei. Diese Begründung lässt erkennen, dass der Beklagten nicht bewusst gewesen ist, dass der Bewilligung von Sonderurlaub Rechtsgründe nicht entgegenstehen und ihr wegen der Bewilligung von Sonderurlaub Ermessen eingeräumt ist. Auch mit dem Widerspruchsbescheid vom 06.02.2019 ist dieses Ermessensdefizit nicht ausgeräumt. Denn dort ist ausgeführt, dass der nahe zeitliche Zusammenhang sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur auf die Fälle des § 20 Abs. 2 S. 1 UrlVO LSA, sondern auch auf die weiteren Regelungen im Abs. 2 bezögen. Damit macht die Beklagte deutlich, dass nach ihrer Auffassung bereits aus Rechtsgründen eine Bewilligung ohne genügenden zeitlichen Bezug zwischen Anlass und Urlaubstag nicht in Betracht komme.
Doch auch wenn man unter Berücksichtigung der im Widerspruchsbescheid sodann folgenden Ausführungen zu Inhalt und Bedeutung der Runderlasse des MI und des MF davon ausgehen wollte, die Beklagte habe im Grundsatz erkannt, dass ihr Ermessen eröffnet ist, so wäre die Ermessensbetätigung gleichwohl rechtsfehlerhaft. Die Beklagte führt hier nämlich aus, dass ihr Ermessensspielraum unter Berücksichtigung der Runderlasse soweit eingeschränkt sei, „dass von einem zeitlichen Zusammenhang nicht abgerückt werden“ könne. Eine solche Ermessensausübung, die letztlich darauf hinausläuft, dass die Behörde aufgrund der Erlasslage meint, kein Ermessen zu haben, stellt ebenfalls keine Ermessensausübung dar. Auch wenn die Ermessensausübung von Behörden durch Verwaltungsvorschriften im Interesse einer dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG genügenden einheitlichen Handhabung des Ermessens gesteuert werden können, so muss die Behörde indes dabei die Möglichkeit eröffnet bleiben, in den vom Regelfall abweichenden Ausnahmefällen eine die Interessen des Beamten und die dienstlichen Belange des Dienstherrn gleichermaßen berücksichtigende abwägende Entscheidung treffen zu können. Die Klägerin hatte bereits mit Stellung des Urlaubsantrages geltend gemacht, sie habe den Urlaub für einen früheren Zeitpunkt aus dienstlichen Gründen nicht in Anspruch nehmen können und wollen, weil sie sonst „lange geplante Termine (z.B. Vernehmungen)“ hätte verschieben müssen. Ob diese von der Klägerin behaupteten dienstlichen Belange einer früheren Inanspruchnahme des Sonderurlaubs entgegengestanden hätten, hat die Beklagte nicht überprüft. Damit hat sie sich den Zugang zu der Frage, ob im vorliegenden Fall das Vorliegen eines atypischen Ausnahmefalles eine Abkehr von der im Übrigen geübten Verwaltungspraxis rechtfertige, versperrt. Die Beklagte hat anstelle dessen im Widerspruchsbescheid lediglich ausgeführt, dass die Klägerin als Sachbearbeiterin Kriminalitätsbekämpfung eingesetzt sei und dass dies „grundsätzlich keine Verwendung“ sei, „bei deren Ausfall für einen Tag die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes derart gefährdet würde, dass (…) die Dienstbefreiung besagt werden müsste.“ Das ist indes keine einzelfallbezogene Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Klägerin, sondern eine abstrakt generalisierende Betrachtung ohne konkreten Bezug zu dem Einzelfall der Klägerin.
Ungeachtet dessen ist die Ermessensbetätigung der Beklagten rechtsfehlerhaft, weil sie ihr Ermessen entgegen § 40 VwVfG nicht entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt hat. Die Ermächtigung, über den Sonderurlaubsantrag gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 UrlVO LSA nach Ermessen zu entscheiden, bezweckt, der Behörde die Möglichkeit zu geben, die Belange der Klägerin in Bezug auf die Wahl eines Tages, für den sie von der Dienstleistung befreit werden möchte, mit den betrieblichen Belangen der Beklagten, namentlich der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und der Sicherstellung einer nach Maßgabe der konkreten Verhältnisse an dem vom Beamten in Aussicht genommenen Sonderurlaubstag hinreichenden Personalausstattung zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben, in Einklang zu bringen. Da die gesetzliche Ermächtigung in § 20 Abs. 2 S. 2 UrlVO LSA für das Dienstjubiläum, anders als für die Fälle des §§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1-6 UrlVO LSA keinen nahen zeitlichen Zusammenhang zwischen Urlaubsanlass und Sonderurlaub vorsieht, widerspricht es dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung, einen solchen zeitlichen Zusammenhang nunmehr bei der Ausübung des Ermessens zu einer im Gesetz nicht vorgesehenen weiteren Voraussetzung für die Bewilligung des Sonderurlaubs zu machen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im ersten Rechtszug auf 5.000,- € festgesetzt.
Gründe
Die Bemessung der Höhe des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.


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