Arbeitsrecht

staatliche Kenntnisprüfung gemäß § 37 ÄApprO, Aufhebung der Prüfungsentscheidung, Mitteilung des Nichtbestehens der Kenntnisprüfung durch den Vorsitzenden der Prüfungskom-mission als Verwaltungsakt (bejaht), nachträgliche rückwirkende Bestellung eines Mitglieds der Prüfungskommission unzulässig, Unterschreitung der vorgegebenen Mindestprüfungsdauer, Unzumutbarkeit der unverzüglichen Rüge des Verfahrensfehlers in der mündlich-praktischen Prüfung

Aktenzeichen  AN 4 K 20.02740

Datum:
18.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 39914
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Prüfungsentscheidung, wonach die Klägerin die dritte ärztliche Kenntnisprüfung am 29. Oktober 2020 in … nicht bestanden hat, wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die Entscheidung der Prüfungskommission über das Nichtbestehen des dritten Versuchs der Kenntnisprüfung nach § 37 ÄApprO vom 29. Oktober 2020 ist aufzuheben. Damit hat die Klägerin Anspruch auf Wiederholung des dritten Versuchs der staatlichen Kenntnisprüfung nach § 37 ÄApprO.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) ist statthaft, da es sich bei der Mitteilung des Nichtbestehens der Kenntnisprüfung durch den Vorsitzenden der Prüfungskommission im Anschluss an die Prüfung am 29. Oktober 2020 um einen mündlichen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG handelt.
Die Mitteilung des Nichtbestehens der Kenntnisprüfung durch den Vorsitzenden der Prüfungskommission stellt eine Maßnahme einer Behörde im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar (vgl. OVG NW, U.v. 21.3.2017 – 14 A 1689/16 – juris Rn. 34 für den Prüfungsausschuss). Nach § 37 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 15 Abs. 9 Satz 3 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) vom 27. Juni 2002 (BGBl. I S. 2405), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) teilt der Vorsitzende der Prüfungskommission dem Prüfling das Ergebnis der mündlich-praktischen Prüfung mit. Der Vorsitzende der Prüfungskommission wird zur Mitteilung des Prüfungsergebnisses durch § 37 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 15 Abs. 9 Satz 3 ÄApprO ausdrücklich ermächtigt. Diese Mitteilung ist der Prüfungsbehörde zuzurechnen, da die Prüfungskommission der Prüfungsbehörde als Organ mit selbstständigen nach außen gerichteten Wahrnehmungskompetenzen zugeordnet ist und mit Dritten nicht in selbstständiger Rechtsbeziehung steht (Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 358).
Die Mitteilung, dass die Kenntnisprüfung nicht bestanden wurde, hat Regelungswirkung. Eine Regelung liegt vor, wenn die Maßnahme der Behörde darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h. wenn Rechte des Betroffenen unmittelbar begründet, geändert, aufgehoben, mit bindender Wirkung festgestellt oder verneint werden (BVerwG, U.v. 16.1.2007 – 6 C15.06 – juris Rn. 22). Die Regelungswirkung der Mitteilung über das Nichtbestehen der Kenntnisprüfung besteht in der verbindlichen Feststellung, dass der konkrete Prüfungsversuch nicht bestanden wurde und – bei den ersten beiden erfolglosen Versuchen – dass die Prüfung zu wiederholen ist (NdsOVG, B.v. 21.3.2019 – 2 ME 325/19 – juris Rn. 10; OVG NW, U.v. 21.3.2017 – 14 A 1689/16 – juris Rn. 35 ff. jeweils zum Nichtbestehen einer Modulprüfung) bzw. – beim dritten erfolglosen Versuch – dass eine Prüfungswiederholung nicht mehr möglich ist.
Die mündliche Mitteilung durch den Vorsitzenden der Prüfungskommission hat auch die für einen Verwaltungsakt erforderliche Außenwirkung. Der Vorsitzende der Prüfungskommission teilt dem Prüfling das Ergebnis der mündlich-praktischen Prüfung mit (§ 37 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 15 Abs. 9 Satz 3 ÄApprO). Damit ist die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses gegenüber dem Prüfling als einer außerhalb der Behörde stehenden Person bereits gesetzlich vorgesehen. Die Feststellung des Nichtbestehens der Kenntnisprüfung stellt damit nicht lediglich eine verwaltungsinterne Maßnahme zur Vorbereitung eines späteren Prüfungsbescheides über das Bestehen oder Nichtbestehen der Kenntnisprüfung dar, die dem Prüfling lediglich aus bloßer Verwaltungspraxis mitgeteilt wird (vgl. OVG NW, U.v. 21.3.2017 – 14 A 1689/16 – juris Rn. 40 für Bachelorprüfung).
Soweit der Beklagte ausführte, dass die Mitteilung über das Ergebnis der Kenntnisprüfung der Approbationsbehörde lediglich als Grundlage für die Entscheidung über die Erteilung der Approbation diene und die Prüfungskommission bei der Kenntnisprüfung keine letztgültige Entscheidung treffe, sondern nur eine gutachterliche Stellungnahme dahingehend abgebe, ob die Klägerin über die für die Ausübung des ärztlichen Berufes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge, verkennt der Beklagte den Unterschied zwischen der Entscheidung über das Bestehen der staatlichen Kenntnisprüfung und der Entscheidung über die Erteilung der Approbation sowie die jeweils bestehenden Zuständigkeiten.
Für die Entscheidung über die Erteilung der Approbation ist in den Fällen, in denen die Erteilung von der Feststellung der Gleichwertigkeit des Ausbildungs- und Kenntnisstandes abhängt, gemäß § 12 Abs. 3 der Bundesärzteordnung (BÄO) i.d.F. d. Bek. vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über die zuständigen Behörden zum Vollzug des Rechts der Heilberufe (HeilBZustV) i.d.F. vom 17. Dezember 1996 (GVBl. S. 549), zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. August 2020 (GVBl S. 511) die Regierung von Oberbayern zuständig. Die Entscheidung über das Bestehen der Kenntnisprüfung und damit die fachlich-inhaltliche Bewertung der Leistung des Prüflings weist die Approbationsordnung für Ärzte jedoch ausschließlich der Prüfungskommission zu. Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 ÄApprO ist die Kenntnisprüfung erfolgreich abgeschlossen, wenn die Prüfungskommission in einer Gesamtbetrachtung die Patientenvorstellung und die Leistungen in den Fächern und Querschnittsbereichen als bestanden bewertet. Damit entscheidet die Prüfungskommission allein und letztverbindlich über das Bestehen der Kenntnisprüfung.
Das Bestehen der Kenntnisprüfung ist zwar lediglich eine von mehreren Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation. So bedarf es für die Erteilung der Approbation unter anderem auch der Würdigkeit und Zuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BÄO) und der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO). Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass bereits die – allein von der Prüfungskommission zu treffende – Entscheidung über das Bestehen der Kenntnisprüfung ein eigenständiger Verwaltungsakt ist. Hierin unterscheidet sich die staatliche Kenntnisprüfung im Sinne des § 37 ÄApprO auch nicht von der ärztlichen Prüfung im Sinne der §§ 22 ff. ÄApprO. Das Bestehen der Kenntnisprüfung ersetzt quasi das gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO grundsätzlich erforderliche Bestehen der ärztlichen Prüfung, wenn der Drittstaatangehörige die Gleichwertigkeit seines Ausbildungsstandes nicht (vollständig) auf schriftlichem Weg nachweisen konnte.
Soweit der Beklagte weiter vorträgt, dass die Approbationsbehörde anders als bei der ärztlichen Prüfung deutscher Ärzte nicht in allen Fällen an die fachliche Einschätzung der Prüfungskommission gebunden sei, sondern bei Zweifeln an einem fehlerfreien Zustandekommen des Prüfungsergebnisses vom mitgeteilten Ergebnis der Prüfungskommission abweichen könne, wird bereits nicht ersichtlich, inwiefern hier ein relevanter Unterschied zwischen der Entscheidung über das Bestehen der ärztlichen Prüfung und der Entscheidung über das Bestehen der staatlichen Kenntnisprüfung im Sinne des § 37 ÄApprO bestehen sollte.
Selbst wenn man nicht bereits in der mündlichen Mitteilung des Ergebnisses des dritten Versuchs der Kenntnisprüfung durch den Vorsitzenden der Prüfungskommission einen Verwaltungsakt sehen wollte, so wäre dieser doch spätestens im Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 8. November 2020 zu erblicken. In diesem teilte die Regierung der Klägerin mit, dass auch nach der dritten Kenntnisprüfung weiterhin grundlegende Defizite beim ärztlichen Kenntnisstand der Klägerin vorlägen und die Klägerin keine Möglichkeit zur nochmaligen Teilnahme an der Kenntnisprüfung habe. Spätestens damit hat sich die Regierung von Oberbayern die Feststellung der Prüfungskommission über das Nichtbestehen des dritten Versuchs der Kenntnisprüfung zu eigen gemacht und gegenüber der Klägerin mit Außenwirkung zum Ausdruck gebracht, dass sie den dritten Versuch der Kenntnisprüfung nicht bestanden hat und eine Wiederholung nicht möglich ist.
b) Weder die mündliche Mitteilung des Prüfungsergebnisses durch den Vorsitzenden der Prüfungskommission am 29. Oktober 2020 noch das Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 8. November 2020 waren mit einer Rechtsbehelfsbelehrungversehen. Insofern gilt gemäß § 58 Abs. 2 VwGO für die Anfechtung der Prüfungsentscheidung die Jahresfrist, die mit Erhebung der Klage am 10. Dezember 2020 gewahrt wurde.
2. Die Anfechtungsklage ist auch begründet, da die Entscheidung der Prüfungskommission über das Nichtbestehen des dritten Versuchs der Kenntnisprüfung nach § 37 ÄApprO vom 29. Oktober 2020 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Die Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Prüfungskommission über das Nichtbestehen des dritten Versuchs der Kenntnisprüfung vom 29. Oktober 2020 folgt zunächst daraus, dass der als weiteres Mitglied der Prüfungskommission tätig gewordene Prüfer … im Zeitpunkt der Kenntnisprüfung am 29. Oktober 2020 nicht ordnungsgemäß als Mitglied der Prüfungskommission bestellt war (aa). Dieser Verfahrensfehler ist für die Prüfungsentscheidung erheblich (bb). Es war der Klägerin nicht zumutbar, die fehlerhafte Besetzung der Prüfungskommission in der Prüfung unverzüglich zu rügen (cc).
aa) Der als weiteres Mitglied der Prüfungskommission tätig gewordene Prüfer* … war im Zeitpunkt der Kenntnisprüfung am 29. Oktober 2020 nicht ordnungsgemäß als Mitglied der Prüfungskommission bestellt.
Nach § 37 Abs. 4 Satz 2 ÄApprO wird die Prüfungskommission von der nach § 12 Abs. 3 BÄO zuständigen Behörde des Landes bestellt. Nach § 12 Abs. 3 BÄO trifft die Entscheidungen nach § 3 Abs. 3 BÄO die zuständige Behörde des Landes, in dem der ärztliche Beruf ausgeübt werden soll. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 HeilBZustV obliegt der Vollzug der Bundesärzteordnung in Fällen, in denen die Erteilung der Approbation von der Feststellung der Gleichwertigkeit des Ausbildungs- oder Kenntnisstandes abhängt, der Regierung von Oberbayern. Mithin war für die Bestellung der Prüfungskommission vorliegend die Regierung von Oberbayern zuständig.
Die Approbationsordnung für Ärzte enthält in § 37 Abs. 4 Satz 5 und 6 lediglich Vorgaben zur erforderlichen Qualifikation der Prüfer, jedoch keine Regelung dazu, in welcher Form die Prüferbestellung zu erfolgen hat. Bei der Bestellung zum Prüfer handelt es sich um einen Verwaltungsakt (VGH BW, U.v. 8.2.2017 – 9 S 1128/16 – juris Rn. 75; VG Berlin, B.v. 11.6.2010 – 3 L 233.10 – juris Rn. 21; VG Bayreuth, B.v. 11.4.2003 – B 5 S 03.307 – juris Rn. 20). Als Verwaltungsakt kann die Bestellung schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erfolgen (Art. 37 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG). In jedem Fall bedarf es zu ihrer Wirksamkeit aber der Bekanntgabe gegenüber dem Prüfer (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Der Beklagte hat ausgeführt, dass die Prüferbestellung durch Übersendung eines einmaligen Schreibens der Regierung von Oberbayern an die Prüfer erfolgt, in dem diese über ihre Bestellung informiert werden (Muster Anlage B6). …, der beim dritten Versuch der Kenntnisprüfung am 29. Oktober 2020 als weiteres Mitglied der Prüfungskommission tätig wurde, wurde mit Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 18. November 2020 als Mitglied der Prüfungskommission gemäß § 37 Abs. 4 Satz 3 und 4 ÄApprO bestellt (Anlage B9). Damit erfolgte die Prüferbestellung von … jedoch erst nach Durchführung des dritten Versuchs der Kenntnisprüfung. Dass die Prüferbestellung dem Prüfer bereits zuvor in anderer Weise bekannt gegeben wurde, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Folglich war … zum Zeitpunkt des dritten Versuchs der Kenntnisprüfung (noch) nicht wirksam als Mitglied der Prüfungskommission bestellt.
Ob in dem Schreiben an … vom 18. November 2020 eine nachgeholte, rückwirkende Prüferbestellung gesehen werden kann, ist bereits deshalb fraglich, weil in dem Schreiben kein Zeitpunkt für die Bestellung als Prüfer benannt wird. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre eine solche rückwirkende Bestellung als Prüfer unzulässig, da die Regierung von Oberbayern dadurch eine verfahrensfehlerhaft getroffene Prüfungsentscheidung nachträglich, d.h. unter Berücksichtigung des bereits festgestellten Ergebnisses, heilen könnte (VG Hamburg, U.v. 18.12.2018 – 2 K 1233/18 – juris Rn. 29). Es stünde somit im Ermessen der Regierung von Oberbayern, ob eine bisher rechtswidrige, weil von einer (teilweise) unzuständigen Prüfungskommission getroffene Prüfungsentscheidung rechtmäßig wird oder nicht. Selbst wenn das Ermessen der Regierung insofern auf null reduziert sein sollte, würde doch ein Missbrauchspotential eröffnet werden und die in § 37 Abs. 6 Satz 1 ÄApprO eigentlich der Prüfungskommission zugewiesene Aufgabe der Entscheidung über das Bestehen der Prüfung von einem weiteren Akt der Regierung abhängig gemacht werden.
bb) Die unrichtige Besetzung der Prüfungskommission mit …anstelle eines ordnungsgemäß bestellten Mitgliedes der Prüfungskommission ist ein für das Prüfungsergebnis erheblicher Verfahrensfehler.
Ein im Prüfungsverlauf aufgetretener Verfahrensfehler führt grundsätzlich nur dann zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung, wenn er wesentlich ist und ein Einfluss auf das Prüfungsergebnis nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, B.v. 12.11.1971 – VII B 71.70 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 18.5.2016 – 7 CE 15.2806 – juris Rn. 22). Eine Aufhebung der Prüfungsentscheidung kommt nicht in Betracht, wenn ausgeschlossen werden kann, dass der Verfahrensfehler für die Prüfungsentscheidung kausal gewesen ist (BVerwG, U.v. 12.11.1997 – 6 C 11.96 – BVerwGE 105, 328 – juris Rn. 12).
Die unrichtige Besetzung der Prüfungskommission durch Beteiligung eines unzuständigen Prüfers ist ein erheblicher Verfahrensfehler, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei der Beteiligung des zuständigen Prüfers ein besseres Prüfungsergebnis erreicht worden wäre (BayVGH, B.v. 18.5.2016 – 7 CE 15.2806 – juris Rn. 22; Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 373). Die prüfungsspezifischen Wertungen des Prüfers hängen von seiner Einschätzung der Leistungen des Prüflings und von seinen Erfahrungen hinsichtlich des für ein positives Prüfungsergebnis grundsätzlich vorauszusetzenden Leistungsniveaus ab (VGH BW, U.v. 26.6.2019 – 9 S 1209/18 – juris Rn. 41; SächsOVG, B.v. 17.7.2013 – 2 B 310/13 – juris Rn. 18; Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 362). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Beteiligung eines anderen, zuständigen Prüfers dieser in der mündlich-praktischen Prüfung andere Fragen gestellt und seinen Beurteilungsspielraum bei der Bewertung der Leistungen der Klägerin anders ausgeübt hätte und damit ein anderes Ergebnis erzielt worden wäre.
cc) Es war der Klägerin nicht zumutbar, die fehlerhafte Besetzung der Prüfungskommission in der Kenntnisprüfung unverzüglich zu rügen.
Grundsätzlich muss der Prüfling Mängel im Prüfungsverfahren unverzüglich rügen. Zum einen soll verhindert werden, dass der Prüfling in Kenntnis des Verfahrensmangels die Prüfung zunächst fortsetzt, das Prüfungsergebnis abwartet und sich sodann mit einer späteren Rüge eine zusätzliche Prüfungschance verschafft, die ihm im Verhältnis zu den anderen Prüflingen nicht zusteht und ihnen gegenüber das Gebot der Chancengleichheit verletzen würde. Zum anderen soll der Prüfungsbehörde eine eigene zeitnahe Überprüfung mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Aufklärung und gegebenenfalls noch rechtzeitigen Behebung oder zumindest Kompensation eines festgestellten Mangels ermöglicht werden, um auch hierdurch die Chancengleichheit mit den anderen Prüflingen zu wahren (BVerwG, U.v. 27.4.1999 – 2 C 30.98 – juris Rn. 26). Eine solche Mitwirkung kann vom Prüfling allerdings nur im Rahmen des ihm Zumutbaren verlangt werden. Eine Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit besteht damit nur, wenn der Prüfling der Mitwirkung hätte nachkommen können und müssen (BVerwG, U.v. 7.10.1988 – 7 C 8.88 – BVerwGE 80, 282 – juris Rn. 13). Dem Prüfling kann kein Verstoß gegen die Rügeobliegenheit vorgeworfen werden, wenn er den Mangel überhaupt nicht gekannt hat, was bei Zuständigkeitsfragen regelmäßig der Fall ist (Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018. Rn. 217).
Vorliegend hatte die Klägerin während des dritten Versuchs der Kenntnisprüfung keine Kenntnis von den Abläufen der Bestellung der Mitglieder der Prüfungskommission. Der Fehler der unrichtigen Besetzung der Prüfungskommission lag in der Sphäre der Prüfungsbehörde und war für einen Außenstehenden nicht erkennbar. Es war der Klägerin auch nicht zumutbar, sich in der Prüfungssituation nach den Umständen der Bestellung der Prüfungskommission zu erkundigen und insoweit anlasslos auf Fehlersuche zu gehen. Im Ergebnis war der Klägerin eine unverzügliche Rüge des Zuständigkeitsmangels unzumutbar.
b) Des Weiteren folgt die Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Prüfungskommission über das Nichtbestehen des dritten Versuchs der Kenntnisprüfung vom 29. Oktober 2020 auch aus einer Unterschreitung der Mindestprüfungsdauer. Die von der ÄApprO zwingend vorgegebene Mindestprüfungsdauer wurde bei der Prüfung der Klägerin unterschritten (aa). Diese Unterschreitung der Mindestprüfungsdauer ist ein für die Prüfungsentscheidung erheblicher Verfahrensfehler (bb). Eine unverzügliche Rüge dieses Verfahrensfehlers war der Klägerin in der konkreten Prüfungssituation nicht zumutbar (cc).
aa) Die von der ÄApprO zwingend vorgegebene Mindestprüfungsdauer wurde bei der Prüfung der Klägerin unterschritten.
Nach § 37 Abs. 3 Satz 2 ÄApprO dauert die Kenntnisprüfung bei maximal vier Antragstellern für jeden Antragsteller mindestens 60 Minuten. Es handelt sich insofern um eine zwingende Vorgabe („dauert“).
An der Kenntnisprüfung am 29. Oktober 2020 nahmen vier Prüflinge teil. Laut Niederschrift (Bl. 541 Behördenakte) dauerte die Prüfung von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr, sprich 180 Minuten. Der Beklagte führte aus, dass es nach Angaben der Prüfungskommission zu einer Pause von ca. 10 Minuten gekommen sei, sodass die Prüfungsdauer 170 Minuten betragen würde. Der Klägervertreter trug demgegenüber vor, dass die Pause 15 Minuten gedauert (von 15:30 Uhr bis 15:45 Uhr) und die Prüfung bereits um 16:45 Uhr geendet habe. Nach den Angaben des Klägervertreters hätte die Prüfung somit nur 150 Minuten gedauert.
Es bedurfte keiner weiteren Aufklärung dahingehend, ob die Prüfung 170 Minuten oder 150 Minuten gedauert hat, denn selbst wenn man eine Gesamtprüfungsdauer von 170 Minuten zugrunde legen würde, wäre es im Fall der Klägerin zu einer wesentlichen Unterschreitung der Mindestprüfungsdauer von 60 Minuten pro Prüfling gekommen. Bei gleichmäßiger Verteilung der 170 Minuten auf die vier Prüflinge wäre jeder Prüfling, so auch die Klägerin, 42,5 Minuten und damit 17,5 Minuten bzw. 29,16% zu kurz geprüft worden. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass für die Klägerin die Mindestprüfungsdauer von 60 Minuten durch das Stellen von Zusatzfragen erreicht wurde. Der Beklagte machte insoweit geltend, dass laut der Stellungnahme von … (Anlage B2) die Klägerin mehrfach Zusatzfragen erhalten habe, um ihr ein Bestehen der Prüfung zu ermöglichen und die Prüfungszeit der Klägerin somit wohl deutlich über der Prüfungszeit der anderen Prüflinge gelegen habe. Diesen pauschalen Vortrag konnte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht weiter substantiieren. Nähere Aufzeichnungen zum zeitlichen Ablauf der Prüfung seien laut Beklagtenvertreterinnen nicht vorhanden. Somit ist nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin tatsächlich in einem solchen zeitlichen Umfang Zusatzfragen erhalten hat, dass ihre Prüfungszeit die vorgegebene Mindestprüfungsdauer von 60 Minuten (zumindest annäherungsweise) erreicht hat. Dies erscheint auch vor dem Hintergrund unwahrscheinlich, dass in diesem Fall die Prüfungsdauer der anderen drei Prüflinge jeweils nur noch ca. 36 Minuten betragen hätte (170 Minuten – 60 Minuten für Klägerin: 3 Prüflinge) und die Klägerin somit über 20 Minuten bzw. ein Drittel länger geprüft worden wäre als ihre Mitprüflinge. Eine derartige Diskrepanz zwischen der Prüfungszeit der Klägerin und der Prüfungszeit der anderen Prüflinge hätte den Prüfern auffallen müssen und wäre von den anderen beiden Prüfern in ihren Stellungnahmen zur Unterschreitung der Mindestprüfungsdauer erwähnt worden. Dies ist nicht der Fall. … führte in seiner Stellungnahme (Anlage B1) aus, dass die Prüfung von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr mit einer 5- bis 10-minütigen Pause gedauert habe, eine schwangere Prüfungskandidatin auf die Toilette gemusst habe und der Darstellung der Klägerin widersprochen werde. Auch … erwähnte in seiner Stellungnahme (Anlage B1) etwaige Zusatzfragen an die Klägerin nicht, sondern verwies bezüglich der Prüfungsdauer auf das Protokoll und benannte eine Pause von ca. 10 bis 15 Minuten.
bb) Die Unterschreitung der Mindestprüfungsdauer von 60 Minuten um ca. 29% ist ein für die Prüfungsentscheidung erheblicher Verfahrensfehler.
Wie bereits oben ausgeführt, führt ein Verfahrensfehler grundsätzlich nur dann zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung, wenn ein Einfluss auf das Prüfungsergebnis nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, B.v. 12.11.1971 – VII B 71.70 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 18.5.2016 – 7 CE 15.2806 – juris Rn. 22). Umgekehrt scheidet eine Aufhebung der Prüfungsentscheidung aus, wenn ausgeschlossen werden kann, dass der Verfahrensfehler für die Prüfungsentscheidung kausal gewesen ist (BVerwG, U.v. 12.11.1997 – 6 C 11.96 – BVerwGE 105, 328 – juris Rn. 12). Die Beweislast für das Fehlen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verfahrensfehler und dem Prüfungsergebnis trägt die Prüfungsbehörde (BVerwG, U.v. 20.9.1984 – 7 C 57.83 – BVerwGE 70, 143 – juris Rn. 27 ff.; OVG Bremen, B.v. 12.2.2018 – 2 PA 293/16 – juris Rn. 15; VGH BW, U.v. 12.7.1991 – 9 S 1538/91 – juris Rn. 22).
Nur geringfügige Unter- oder Überschreitungen der vorgegebenen Prüfungsdauer wirken sich erfahrungsgemäß nicht auf die Verlässlichkeit des in der Prüfung gezeigten Leistungsbildes eines Prüflings aus und können daher allein noch nicht zu einer Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen (VG München, GB.v. 25.1.2021 – M 3 K 20.4193 – juris Rn. 26; VG Hannover, U.v. 12.3.2009 – 6 A 5912/08 – juris Rn. 25; Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 407). Die Grenze einer unwesentlichen Abweichung von der vorgegebenen Prüfungsdauer wird von Einzelfall zu Einzelfall anders gezogen (z.B. Überschreitung der Prüfungshöchstdauer von 12 Minuten um 5 Minuten nicht wesentlich BayVGH, B.v. 29.5.2000 – 7 ZB 00.229 – juris Rn. 8; Unterschreitung der Mindestprüfungsdauer von 20 Minuten um mehr als 10% wesentlich VG Hannover, U.v. 12.3.2009 – 6 A 5912/08 – juris Rn. 26; Überschreitung der Prüfungshöchstdauer um mehr als 50% nicht geringfügig VG Hannover U.v. 17.12.2003 – 6 A 5940/02 – juris Rn. 29; Überschreitung der Höchstprüfungsdauer um 61% wesentlich VGH BW, U.v. 12.7.1991 – 9 S 1538/91 – juris Rn. 18 f.).
Vorliegend hält die Kammer die Unterschreitung der verbindlich vorgegebenen Mindestprüfungsdauer von 60 Minuten um 29% für nicht so geringfügig, dass eine Auswirkung auf das Prüfungsergebnis ohne weiteres ausgeschlossen werden kann. Die Kammer schließt sich insoweit der Einschätzung des Verwaltungsgerichts Hannover an, dass bei einer Unterschreitung der vorgeschriebenen Prüfungszeit ein strengerer Maßstab an die Auslegung des Begriffs der „Geringfügigkeit“ anzulegen ist, da anders als bei einer Überschreitung der Prüfungszeit, welche die Gefahr der übermäßigen Belastung und Fehlerhäufung mit sich bringt, bei einer Verkürzung der Prüfungszeit eine weitaus größere Gefahr für eine chancenungleiche Verfälschung des Prüfungsergebnisses besteht. Der Prüfling erhält im Vergleich zu anderen Prüflingen generell nicht dieselbe Chance zum Nachweis seiner Kenntnisse, zur Korrektur oder zum Ausgleich seiner Aussagen oder Darlegung eines weiteren themenrelevanten Wissens (VG Hannover, U.v. 12.3.2009 – 6 A 5912/08 – juris Rn. 26).
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin bei Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestprüfungsdauer im weiteren Prüfungsgespräch eine Leistung gezeigt hätte, die doch noch zu einem Bestehen der Kenntnisprüfung hätte führen können. Die Kausalität der Unterschreitung der Mindestprüfungsdauer für das Prüfungsergebnis kann nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil bereits zum Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung der mündlich-praktischen Prüfung festgestanden hätte, dass die Klägerin die Kenntnisprüfung nicht mehr bestehen konnte. Eine Abkürzung der mündlichen Prüfung wegen offensichtlich unzulänglicher Leistungen kann nur ausnahmsweise hingenommen werden, wenn das Erreichen einer ausreichenden Leistung in der verbleibenden Zeit mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist (OVG Berlin-Bbg, B.v. 4.4.2014 – OVG 10 N 84.11 – juris Rn. 32; Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 407). Dies hat der Beklagte vorliegend nicht nachgewiesen. Die Entscheidung über das Bestehen der Kenntnisprüfung wird gemäß § 37 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 15 Abs. 9 Satz 1 ÄApprO durch die Prüfungskommission mit Stimmenmehrheit getroffen. Dies bedeutet, dass die drei Mitglieder der Prüfungskommission sich bereits vor dem Zurückziehen zur Beratung darüber hätten verständigen müssen, dass die Klägerin aufgrund ihrer bisher gezeigten Leistung die Kenntnisprüfung unter keinen Umständen mehr bestehen konnte und deshalb die Prüfungsdauer abgekürzt wird. Eine solche zumindest konkludente Verständigung unter den Prüfern hat keiner von ihnen in seiner Stellungnahme auch nur angedeutet. Des Weiteren spricht gegen eine solche Einigkeit der Mitglieder der Prüfungskommission, dass … in ihrer Stellungnahme erklärte, man habe der Klägerin Zusatzfragen gestellt, um ihr ein Bestehen der Kenntnisprüfung doch noch zu ermöglichen. Wenn aber der Klägerin durch Zusatzfragen die Möglichkeit des Bestehens eröffnet werden sollte, kann sich die Prüfungskommission nicht zugleich einig gewesen sein, dass die Klägerin keinesfalls mehr bestehen konnte. Dass der Bewertungsspielraum der Prüfer zum Zeitpunkt der Beendigung der mündlich-praktischen Prüfung aus besonderen Gründen „auf null“, d.h. auf ein Nichtbestehen der Kenntnisprüfung reduziert war, wurde vom Beklagten ebenfalls weder behauptet noch nachgewiesen. … führte in seiner Stellungnahme zwar insoweit aus, dass die Klägerin zu Beginn der Prüfung keinen ordnungsgemäßen Bericht im Sinne des § 37 Abs. 5 Satz 2 ÄApprO vorgelegt habe und deshalb die Prüfung bereits hätte beendet werden können. Dies ist aber offensichtlich nicht geschehen und steht erneut in Widerspruch zur Aussage von …, man habe der Klägerin durch Zusatzfragen ein Bestehen ermöglichen wollen.
cc) Eine unverzügliche Rüge dieses Verfahrensfehlers war der Klägerin in der konkreten Prüfungssituation nicht zumutbar.
Die oben bereits beschriebene grundsätzlich bestehende Obliegenheit des Prüflings zur unverzüglichen Rüge eines Mangels des Prüfungsverfahrens besteht nur im Rahmen des ihm Zumutbaren (BVerwG, U.v. 7.10.1988 – 7 C 8.88 – BVerwGE 80, 282 – juris Rn. 13). Dem Prüfling kann ein Verstoß gegen die Rügeobliegenheit nur dann vorgeworfen werden, wenn er zum einen den Mangel gekannt und seine Bedeutung für die Prüfung erfasst hat und wenn er zum anderen ausreichend Zeit und Raum für eine Abwägung hatte, ob er im Vertrauen auf ein positives Prüfungsergebnis den Mangel hinnimmt oder ihn rügt (Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 217). Besonders in der mündlichen Prüfung ist dem Prüfling in der Regel die Rüge eines Verfahrensmangels unzumutbar, da er sich fortwährend auf das Prüfungsgespräch konzentrieren muss und für eine sorgfältige Entscheidung kaum ausreichend Raum und Zeit sein wird (OVG Bremen, B.v. 12.2.2018 – 2 PA 293/16 – juris Rn. 16; SächsOVG, U.v. 25.10.2016 – 2 A 308/15 – juris Rn. 16; Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 217).
Danach war es der Klägerin nicht zumutbar, die Unterschreitung der Mindestprüfungsdauer bereits während der mündlich-praktischen Prüfung zu rügen. Der Klägerin verblieb für das Erkennen des Verfahrensfehlers und die Abwägung ihrer Optionen nur ein kurzer Zeitraum zwischen der Erklärung der Prüfungskommission, die Prüfung jetzt zu beenden, und dem Hinausschicken der Prüflinge zur Beratung der Prüfer. Darüber hinaus handelt es sich bei der Unterschreitung der vorgegebenen Mindestprüfungsdauer auch nicht um einen im subjektiven Empfinden der Klägerin liegenden Mangel, zu dessen Behebung möglichst noch während der laufenden Prüfung die Prüfungskommission auf eine entsprechende Mitwirkung der Klägerin in Form einer förmlichen Rüge angewiesen ist, sondern um einen von den persönlichen Befindlichkeiten der Prüflinge losgelösten und für jedermann, mithin auch die Prüfungskommission, leicht erkennbaren Verfahrensfehler. Unter diesen Umständen war der Klägerin eine unverzügliche Rüge nicht zumutbar.
II.
Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung am 18. November 2020 den Klageantrag zu 4) zurückgenommen hat, ist das Verfahren unmittelbar beendet worden. Eines gesonderten Einstellungsbeschlusses nach § 92 Abs. 3 VwGO bedarf es in diesem Fall nicht. Die Kostenentscheidung kann bei einer teilweisen Klagerücknahme vielmehr im Urteil über den noch anhängig gebliebenen Teil des Rechtsstreits getroffen werden (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2005 – 3 C 50.04 – juris Rn. 32; B.v. 7.8.1998 – 4 B 75.98 – juris Rn. 2 zur Kostenentscheidung bei Teilerledigung der Hauptsache; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 92 Rn. 24; Clausing in Schoch/Schneider, VwGO, 41. EL Juli 2021, § 92 Rn. 76).
Die Entscheidung über das Nichtbestehen des dritten Versuchs der Kenntnisprüfung wird antragsgemäß aufgehoben, sodass der Beklagte als unterliegender Teil insoweit gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Soweit der Klägervertreter den Antrag auf Feststellung, dass der Klägerin noch drei Prüfungsversuche zustehen, zurückgenommen hat, hat zwar grundsätzlich gemäß § 155 Abs. 2 VwGO die Klägerin die Kosten hierfür zu tragen. Da jedoch dieser Feststellungsantrag von der Kammer nicht streitwerterhöhend berücksichtigt wird, sind durch ihn auch keine weiteren Kosten entstanden, die von der Klägerin zu tragen wären.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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