Aktenzeichen 19 Ca 6915/18
HBG § 84 Abs. 1 S. 2
Leitsatz
1. Hängt der Klageerfolg auch von Tatsachen ab, die zugleich für die Bestimmung des Rechtswegs entscheidend sind (sog. Sic-non-Fall), eröffnet bei streitiger Tatsachengrundlage die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 623 BGB findet nur auf Arbeitsverhältnisse Anwendung. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wer seine Dienstleistungen im Rahmen einer vom Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt, ist Arbeitnehmer. Dabei ergibt sich diese Eingliederung im Wesentlichen aus der Auslegung des Weisungsrechtes hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit. Ob der Grad der Abhängigkeit besteht, wird dabei üblicherweise anhand von Indizien beurteilt, zum Beispiel der Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation, Eigenart und Organisation der Tätigkeit, Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit, Dauer und Art der Tätigkeit, persönliche Leistung oder Art und Modalitäten der Entgeltzahlung. Im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung sind nicht alle Indizien gleichrangig. Entscheidend ist die mit der Eingliederung verbundene Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber. (Rn. 27) (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
4. Zwischen einem Auftraggeber und einem Crowdworker besteht kein Arbeitsverhältnis, wenn der Crowdworker hinsichtlich des zeitlichen Umfangs und der zeitlichen Lage seiner Tätigkeit nicht dem für Arbeitnehmer typischen Weisungsrecht unterliegt, weder inhaltlichen noch tätigkeitsbezogenen Weisungen unterworfen ist, nicht in die betriebliche Organisation des Auftraggebers eingebunden ist, seine Tätigkeit nicht höchstpersönlich erbringen muss und zeitlich vollkommen selbstbestimmt entscheiden kann, ob er einen Auftrag annimmt oder nicht. (Rn. 31 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf € 8.746,70 festgesetzt.
4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Gründe
I.
Die Klage ist nur zum Teil zulässig.
1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gegeben. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a und b ArbGG sind Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis und über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Die Klage enthält ausschließlich Klageanträge, die nur dann begründet sein können, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist. Der Klageerfolg hängt folglich auch von Tatsachen ab, die zugleich für die Bestimmung des Rechtswegs entscheidend sind (sog. Sic-non-Fall). In diesen Fällen eröffnet bei streitiger Tatsachengrundlage die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten (BAG, Urteil vom 22.10.2014 – 10 AZB 46/14, NZA 2015, 60 ff.).
a. Mit seinem Feststellungsantrag I. macht der Kläger den Fortbestand eines seines Auffassung nach bestehenden Arbeitsverhältnisses geltend. Mit seinem unechten Hilfsantrag (= Klageantrag IV) begehrt er die vorläufige Weiterbeschäftigung in diesem Arbeitsverhältnis. Auch der insoweit gestellte Hilfsantrag ist nur begründet, wenn tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Denn andernfalls ist keine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Beschäftigungsantrag gegeben. Diese ergibt sich weder aus dem vorgelegten Rahmenvertrag vom 13.12.2016/06.02.2017 („Umgekehrt besteht keine Verpflichtung für den Auftraggeber Aufträge anzubieten.“, dort § 1) noch aus sonstigen Umständen.
b. Auch die Zahlungsanträge (Klageantrag V) unter dem insoweit allein in Betracht kommenden Gesichtspunkt des Annahmeverzugs (§ 615 BGB) können nur entstanden sein, wenn von einem Arbeitsverhältnis auszugehen ist und die E-Mail-Kündigung vom 10.04.2018 unwirksam war. Nachdem der Rahmenvertrag gerade nicht von einer pauschalen Zahlungspflicht ausgeht, sondern nur festlegt, dass korrekt durchgeführte Aufträge bezahlt werden, ist bereits eine Anspruchsgrundlage für die Bezahlung nicht durchgeführter Aufträge trotz unwirksamer Kündigung nicht gegeben. Hinzu kommt, dass die E-Mailkündigung allein gegen § 623 BGB verstoßen könnte. Zwar haben die Parteien im Rahmenvertrag vereinbart, dass eine Kündigung schriftlich zu erfolgen hat. Gemäß § 127 BGB ist hierfür jedoch ausreichend, dass die Übermittlung der Erklärung durch Telekommunikationsanlagen im Sinne des § 3 Nr. 23 TKG, also z.B. eine E-Mail, erfolgt (Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, § 127 Rn. 10, m.w.N.). Insofern entspricht eine Mitteilung der zwischen den Parteien vereinbarten Schriftform im Sinne des § 127 BGB, wenn sie in ausgedruckter Form keinerlei Unklarheiten entstehen lässt, von wem dieses Schreiben stammt und dass damit die Kündigung des Vertragsverhältnisses begehrt wird (z.B. OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.03.2015 – 4 U 265/14, zitiert nach juris). Die Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da sich der Mail des Geschäftsführers der Beklagten eindeutig entnehmen lässt, von wem sie stammt und dass die Beendigung des Vertragsverhältnisses („keine weiteren Aufträge mehr anbieten“, „Account deaktivieren und anschließend löschen“) gewollt ist. Zu einer wirksamen Kündigung braucht der Kündigende insbesondere nicht die Worte „Kündigung“ oder „kündigen“ zu gebrauchen, ausreichend ist vielmehr jedes Verhalten, durch das der Erklärende eindeutig den Willen kundtut, dass das Vertragsverhältnis gelöst werde (vgl. bereits BAG, Urteil vom 19.01.1956 – 2 AZR 80/54, zitiert nach juris). Dieser Lösungswille lässt sich dem Wortlaut der Mail vom 10.04.2018 unschwer entnehmen. Welchen Sinn und Zweck sollten die oben zitierten Formulierungen sonst haben? Vor diesem Hintergrund konnte die Beklagte gemäß § 127 BGB das Vertragsverhältnis mit dem Kläger per Mail beenden. Dem steht auch die unter § 9 Ziffer 1 der Basis-Vereinbarung vom 13.12.2016/06.02.2017 vereinbarte doppelte Schriftformklausel nicht entgegen, weil die Beklagte bei der Kündigungserklärung nicht von der vereinbarten Schriftform abgewichen ist, sondern die Schriftform im Sinne des § 127 BGB eingehalten hat (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.03.2015, a.a.O.). Damit kann die Kündigung per Mail allein gegen das gesetzliche Schriftformerfordernis des § 623 BGB verstoßen. Das ist wiederum nur der Fall, wenn das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren wäre, weil § 623 BGB nur auf Arbeitsverhältnisse Anwendung findet. War der Kläger dagegen nicht Arbeitnehmer, sondern selbständiger Auftragnehmer, konnte das Vertragsverhältnis auch per Mail gekündigt werden, da das vertragliche Schriftformerfordernis über § 127 BGB als gewahrt anzusehen ist. Annahmeverzugslohnansprüche scheiden dann von vornherein aus. Entsprechendes gilt für die Feststellungsanträge II. und III. und den Antrag V., welche nur im Falle des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses Erfolg haben könnten.
2. Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts M. ergibt sich aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 12, 17 ZPO.
3. Das Feststellungsinteresse hinsichtlich der Frage des Bestands eines Arbeitsverhältnisses bzw. der Frage der Beendigung des Vertragsverhältnisses durch die E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten vom 10.04.2018 ist gemäß § 256 ZPO gegeben, da der Kläger ein rechtliches Interesse an der beantragten Feststellung hat.
4. Der Klageantrag III ist dagegen mangels erforderlichem Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO unzulässig, das der Kläger keine weiteren als den bereits streitgegenständlichen Beendigungstatbestand in den Rechtsstreit eingeführt hat.
5. Der Klageantrag V ist bereits zu unbestimmt, da unklar bleibt, was der Kläger mit einer Beeinflussung der Algorithmen auf der App der Beklagten und dem Benutzerkonto des Klägers zu dessen Nachteil meint.
II.
Die Statusklage ist unbegründet, d.h. es besteht kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Mangels eines Arbeitsverhältnisses und der wirksamen Beendigung des Vertragsverhältnisses durch die Mail vom 10.04.2018 hat der Kläger weder einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung noch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn.
1. Wie nunmehr in § 611 a BGB ausdrücklich normiert, wird der Arbeitnehmer durch den Arbeitsvertrag im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
Das Arbeitsverhältnis ist ein auf dem Austausch von Arbeitsleistungen und Vergütung gerichtetes Dauerschuldverhältnis. Die vertraglich geschuldete Leistung ist im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen. Typisch für den Arbeitnehmer ist insbesondere die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation. Wer seine Dienstleistungen im Rahmen einer vom Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt, ist Arbeitnehmer. Dabei ergibt sich diese Eingliederung im Wesentlichen aus der Auslegung des Weisungsrechtes hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit (BAG, Urteil vom 17.04.2013 – 10 AZR 668/12; BAG, Urteil vom 29.08.2012 – 10 AZR 499/11, jeweils zitiert nach juris).
Selbstständig ist nach § 84 Absatz 1 Satz 2 HBG dem gegenüber, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.
Ob der Grad der Abhängigkeit besteht, wird dabei üblicherweise anhand von Indizien beurteilt, zum Beispiel der Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation, Eigenart und Organisation der Tätigkeit, Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit, Dauer und Art der Tätigkeit, persönliche Leistung oder Art und Modalitäten der Entgeltzahlung. Dabei ist im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung zu ermitteln, welchem Typus das Vertragsverhältnis zuzuordnen ist. Dabei sind nicht alle Indizien gleichrangig. Entscheidend ist die mit der Eingliederung verbundene Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber (BAG, Urteil vom 15.02.2012 – 10 AZR 301/10-, zitiert nach juris).
Entscheidend für diese Gesamtbetrachtung ist der wirkliche Geschäftsinhalt. Dieser objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Absprachen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung, ist letzteres maßgebend. Das bedeutet aber nicht, dass die Vertragstypenwahl der Parteien gänzlich bedeutungslos wäre. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbstständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Parteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 17.04.2013 – 10 AZR 668/12, zitiert nach juris).
2. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze ist vorliegend nicht von einem Arbeitsverhältnis auszugehen. Vorab bleibt festzuhalten, dass die Basis-Vereinbarung vom 13.12.2016/06.02.2017 jedenfalls keinen Arbeitsvertrag darstellt (vgl. BAG, Urteil vom 31.07.2002 – 7 AZR 181/01, zitiert nach juris). Der Kläger hat sich in dieser Vereinbarung nicht zu Dienstleistungen verpflichtet. Der Beklagten wurde auch nicht das Recht eingeräumt, durch Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts gemäß § 315 BGB die konkrete Leistungspflicht des Klägers herbeizuführen. Vielmehr heißt es in der Rahmenvereinbarung ausdrücklich, „dem Auftragnehmer steht es jederzeit frei einen verfügbaren Auftrag anzunehmen, eine Verpflichtung dazu besteht nicht“. Demnach konnte vorliegend frühestens im Zeitpunkt der Auftragsannahme durch den Kläger und der dann erfolgenden Auftragsbeschreibung durch die Beklagte ein Arbeitsverhältnis entstehen. Dies würde jedoch voraussetzen, dass der Kläger im Rahmen der Auftragserledigung fremdbestimmte und persönlich weisungsabhängige Arbeit erbracht hat. Davon kann vorliegend unter Abwägung aller Gesamtumstände jedoch nicht ausgegangen werden. Im Einzelnen:
a. Der Kläger unterlag hinsichtlich des zeitlichen Umfangs und der zeitlichen Lage seiner Tätigkeit nicht dem für Arbeitnehmer typischen Weisungsrecht. Dies gilt zum einen unstreitig bezüglich Zeiten, in denen der Kläger keine Aufträge der Beklagten angenommen hat. So war der Kläger gerade nicht dazu verpflichtet, Aufträge für die Beklagte zu bearbeiten. Es bestand also von vornherein keine zeitliche Weisungsbefugnis der Beklagten. Der Kläger konnte frei darüber entscheiden, ob und wenn ja, welche Aufträge er für die Beklagte bearbeitet. Diese zeitliche Souveränität des Mitarbeiters ist absolut unüblich für ein Arbeitsverhältnis. Entgegen der Auffassung des Klägers wird diese zeitliche Freiheit auch nicht durch eine Auftragsannahme in der Weise beendet, dass nun von einem Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses auszugehen wäre. Zwar steht dem Mitarbeiter mit der Auftragsannahme ein bestimmtes Zeitfenster zur Verfügung, in welchem der Auftrag zu erledigen ist. Dies liegt zum einen aber daran, dass die Aufträge abhängig vom jeweiligen Kundenauftrag nicht zeitlich unbegrenzt, sondern regelmäßig nur für einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen bei der Beklagten eingestellt sind. In dieser Zeit hat die Crowd die Gelegenheit die eingestellten und noch nicht erledigten Aufträge anzunehmen. Daraus wird aber auch deutlich, dass demjenigen, der einen Auftrag angenommen hat, nicht unbegrenzt Zeit gegeben werden kann, damit er diesen Auftrag erledigt. Auch erscheint es vollkommen nachvollziehbar, dass demjenigen der einen Auftrag annimmt, hierfür nur ein bestimmtes Zeitfenster eingeräumt wird, damit dieser Auftrag – falls er nicht ordnungsgemäß erledigt oder abgebrochen wird – nicht über längere Zeit für andere Nutzer blockiert ist. Hinzu kommt, dass der Kläger nicht nur frei darin war, in welcher zeitlichen Reihenfolge er die jeweiligen Fragen beantwortete bzw. die jeweiligen Fotos aufnahm, sondern sogar einen angenommenen Auftrag aus welchen Gründen auch immer jederzeit wieder abbrechen konnte und zu einem späteren Zeitpunkt erneut versuchen konnte den Auftrag – falls weiterhin verfügbar – korrekt zu erbringen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger während seiner Tätigkeit für die Beklagte in 17 Fällen den Auftrag abgebrochen hat. Maßgeblich ist vielmehr, dass die seitens der Beklagten zur Verfügung gestellte App unbestritten die Funktion „Abbruch“ enthält. Dass der Kläger tatsächlich nur in Ausnahmefällen von dieser Funktion Gebrauch gemacht hat, ändert nichts daran, dass angenommene Aufträge über die App jederzeit wieder abgebrochen werden konnten, ohne dass dies die typischen arbeitsrechtlichen Konsequenzen – wie Abmahnung und Kündigung – nach sich gezogen hätte. Insofern bestand hier entgegen der Auffassung des Klägers keine arbeitnehmertypische Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Es ist hier gerade nicht von einer persönlichen Abhängigkeit des Klägers, sondern allenfalls von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit auszugehen. Dies begründet jedoch keine Arbeitnehmereigenschaft.
b. Was die inhaltliche Weisungsgebundenheit des Klägers angeht, war dieser weder inhaltlichen noch tätigkeitsbezogenen Weisungen unterworfen. Der Kläger meint zwar, dass die Auftragsbeschreibung nicht die Beschreibung eines Werks darstelle, sondern die Bestimmung der Art und Weise der Arbeitsdurchführung. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, inwiefern Weisungsrechte ausgeübt werden und in welchem Maß der Auftragnehmer in einen bestellerseitig organisierten Produktionsprozess eingegliedert ist (BAG, Urteil vom 25.09.2013 – 10 AZR 282/12, zitiert nach juris). Insofern übersieht der Kläger vorliegend, dass die im Rahmen der Auftragsannahme erteilten Weisungen ausschließlich dem jeweiligen Kundenauftrag der Beklagten geschuldet sind, d.h. es handelt sich um auftragsbezogene Vorgaben, die für den Kläger schlichtweg erforderlich sind, dass er den Auftrag überhaupt erledigen kann. Würde der Kläger diese Auftragsbeschreibungen nicht erhalten, wüsste er bereits nicht, was er für Daten und Informationen zu erheben hat. Davon abzugrenzen ist aber die Ausübung von Weisungsrechten bezüglich des Arbeitsvorgangs und der Zeiteinteilung. Bezüglich letzterer kann auf die Ausführungen unter II. 2 a. verwiesen werden, wonach eine zeitliche Weisungsgebundenheit des Klägers, wie sie ein Arbeitsverhältnis verlangen würde, gerade nicht gegeben ist. Bezüglich des Arbeitsvorgangs ist der Kläger zwar nicht darin frei, welche Informationen er der Beklagten zur Verfügung stellt. Dies ergibt sich wiederum aus der Natur der zu leistenden Auftragserfüllung. Frei ist der Kläger jedoch darin, wie und in welcher zeitlichen Abfolge er die jeweiligen Aufträge erledigt. So konnte der Kläger frei darüber entscheiden, aus welcher Perspektive er die erforderlichen Aufnahmen machte sowie in welcher Reihenfolge er die Fragen abarbeitete. Dass dem Kläger bei der Erledigung seiner Aufgaben insgesamt kein allzu großer Spielraum zustand, lag zum einen an den Auftragsvorgaben an sich, die jedoch erforderlich waren, damit der Kläger überhaupt wusste, was zu tun ist und zum anderen an der geringen Komplexität der zu erfüllenden Aufgabe. Die seitens des Klägers aufgeführten Weisungen – z.B. Kassiervorgänge nicht zu stören, ordentliches Outfit zu tragen, Vorstellung bei Mitarbeiter des Ladenlokals – sind insofern selbstverständlich und für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses nicht prägend. Auch das beschriebene Vorgehen als sog. „Mystery Guest“ ist notwendig, damit ein Firma D.-Mitarbeiter überhaupt weiß, wie er sich in dieser Konstellation zu verhalten hat. Welche inhaltliche Weisungsbindung dann aber im Übrigen konkret bestanden haben soll, inwiefern er konkret bei welchen Tätigkeiten wie ein Arbeitnehmer fachlichen Weisungen unterworfen gewesen wäre, lässt sich diesem Vorbringen wiederum nicht entnehmen.
c. Der Kläger war auch nicht wie in einem Arbeitsverhältnis in die betriebliche Organisation der Beklagten eingebunden. Zuzugeben ist dem Kläger jedoch, dass die seitens der Beklagten zur Verfügung gestellte App das entscheidende betriebliche Kommunikationsmittel ist, auch wenn diese App über das eigene Smartphone des Klägers genutzt wurde. Dies allein reicht wiederum nicht aus, um eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers zu begründen. Maßgeblich ist hierbei, dass diese App nicht zu einer betrieblichen Eingliederung des Klägers im Sinne eines Arbeitsverhältnisses führte. Der Kläger trägt hierzu nur pauschal vor, dass er in enger Abstimmung mit den Innendienstbeschäftigten der Beklagten gearbeitet habe. Dies wurde seitens der Beklagten bestritten, ohne dass der Kläger hierzu ergänzenden Sachvortrag geleistet hätte. Allein der Umstand, dass ein Firma D.-Mitarbeiter nach Ablehnung eines bearbeiteten Auftrags dies gegenüber dem Innendienst der Beklagten monierte, rechtfertigt jedenfalls nicht die Annahme einer betrieblichen Eingliederung. Der Kläger ist zudem weder in einem Organigramm der Beklagten aufgeführt noch ist er in sonstiger Weise räumlich oder organisatorisch bei der Beklagten eingebunden.
d. Weiterhin spielt die Art der Vergütung keine Rolle, da sich die persönliche Abhängigkeit danach bestimmt, inwieweit die Ausführung der versprochenen Dienste weisungsgebunden und damit fremdbestimmt erfolgt. Entscheidend sind demnach allein die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Entgeltzahlung (BAG, Urteil vom 21.07.2015 – 9 AZR 484/14, zitiert nach juris).
e. Gleiches gilt im Hinblick auf die Bezeichnung der Firma D.-Mitarbeiter als „Mitarbeiter“ in Legitimationsschreiben der Beklagten – unerheblich, ob diese nun von ihr stammen oder nicht. Allein die Verwendung des Begriffs „Mitarbeiter“ spricht nicht zwingend für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Über die rechtliche Einordnung eines Vertrages entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem Geschäftsinhalt tatsächlich nicht entspricht (LAG München, Urteil vom 23.11.2011 – 5 Sa 575/10, zitiert nach juris).
f. Die Tätigkeit war vom Kläger auch nicht höchst persönlich zu erbringen. Wie sich § 5 der Basis-Vereinbarung vom 13.12.2016/02.06.2017 entnehmen lässt, war der Kläger berechtigt zur Erfüllung seines Auftrags eigene Mitarbeiter einzusetzen oder Unteraufträge zu erteilen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger von dieser Möglichkeit – wie er meint aus wirtschaftlichen Gründen – keinen Gebrauch gemacht hat. Entscheidend ist, dass ihm grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt wurde, dass Dritte seine Auftragserledigung übernehmen. Insofern bestand für den Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung. Es stand ihm vielmehr frei, ob er den angenommenen Auftrag persönlich bearbeitet oder durch Dritte durchführen lässt. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst entscheiden konnte, zu welchem Zeitpunkt und damit auch zu welchem Preis er für die Beklagte tätig wird. So konnte der Kläger frei darüber entscheiden, welchen Auftrag er annimmt und zu welcher Bezahlung er tätig werden will. Auch dies spricht eindeutig mehr für eine unternehmerische Tätigkeit, als eine abhängige Beschäftigung.
g. Nachdem der Kläger zeitlich vollkommen selbstbestimmt entscheiden konnte, ob er einen Auftrag der Beklagten annimmt oder nicht, hat er die Beklagte auch zu keinem Zeitpunkt über Abwesenheitszeiten, Krankheit und Urlaub etc. informiert.
h. Schließlich ergibt die Gesamtwürdigung aller Umstände, dass der Kläger seine Tätigkeit nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht hat. Der lediglich in einem Umfang von ca. 20 Stunden wöchentlich bei der Beklagten und im Übrigen für weitere Auftraggeber tätige Kläger, der mit der Beklagten ausdrücklich eine Basis-Vereinbarung als Auftragnehmer geschlossen hat, war weder zeitlich weisungsgebunden, noch organisatorisch in den Betrieb der Beklagten wie ein Arbeitnehmer eingegliedert, noch ist er aus sonstigen Gründen als Arbeitnehmer der Beklagten zu betrachten.
3. Mangels Arbeitsverhältnisses waren damit die Anträge I und IV als unbegründet abzuweisen. Das Vertragsverhältnis wurde zudem durch die Mail des Geschäftsführers der Beklagten vom 10.04.2018 formwirksam beendet, da § 623 BGB keine Anwendung findet und das vertraglich vereinbarte Schriftformerfordernis über § 127 BGB als gewahrt anzusehen ist (vgl. bereits I 1b). Damit ist der Feststellungsantrag II als unbegründet abzuweisen. Gleiches gilt für die Hilfsanträge unter IV und VI.
III.
Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG festzusetzende Streitwert beträgt für die Feststellungsanträge insgesamt drei Monatsbeträge in Höhe von jeweils 1.749,34 €. Für den Beschäftigungsantrag sowie den Antrag unter V wurde jeweils ein weiteres Gehalt angesetzt. Nachdem der Antrag VI mit den Feststellungsanträgen wirtschaftlich identisch ist, erfolgt hierfür keine gesonderte Festsetzung.
Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen, da sie ohnehin gemäß § 64 Abs. 2 b) und c) ArbGG eingelegt werden kann.